07
Dez 2011

Kino-Kritik: Mission: Impossible – Phantom Protokoll

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

USA 2011. Regie: Brad Bird. Darsteller: Tom Cruise, Jeremy Renner, Simon Pegg, Paula Patton, Michael Nyqvist, Tom Wilkinson u.a.

Offizielle Synopsis: Eine gewaltige Explosion erschüttert den Kreml: Ein verheerender Bombenanschlag, der den Frieden zwischen den Weltmächten und damit der gesamten zivilisierten Welt gefährden kann. Für Geheimagent Ethan Hunt bedeutet dieser katastrophale Zwischenfall die bislang brisanteste Mission seiner Karriere. Denn der Kopf der "Impossible Missions Force" wird mit seinem gesamten Team für den brutalen Terrorakt verantwortlich gemacht. Der US-Präsident aktiviert daraufhin das "Phantom Protokoll", das den IMF fortan verleugnet. Sollte es Hunt und seinem Team rund um Jane Carter, Benji Dunn und dem undurchsichtigen Brandt nicht gelingen, die Drahtzieher zu fassen, werden sie für das Attentat verantwortlich gemacht und weltweit als Terroristen gebrandmarkt und gejagt werden. Ohne Unterschlupf, Rückendeckung oder Verbündete führt ihr Weg sie von Prag über Moskau nach Vancouver und Dubai, um dem geheimnisvollen Mann auf die Spur zu kommen, der im Hintergrund die Fäden zieht. Doch eines ist klar: eine Mission: Impossible gibt es für sie nicht…

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Kritik: Ich muss zuerst einmal gestehen, dass ich den dritten Teil MI-Franchise nicht gesehen habe.

Teil 1 fand ich bekanntermaßen eine Frechheit, weil er Jim Phelps zum Verräter macht und ein klassisches Team-Konzept zur bedingungslosen Heldenverehrung (all hail Tom Cruise!) umbaut.

Teil 2 fand ich deutlich schnittiger, aber das mag daran gelegen haben, dass ich ihn in LA im Kino des Paramount-Studios im Beisein von Cast & Crew gesehen habe. Ich kann mich (bis auf den einen Motorrad-Stunt) an nichts mehr erinnern, und das ist kein gutes Zeichen.

Teil 3 hat keinen schlechten Leumund und keinen schlechten Cast, aber ehrlich gesagt – ich finde bei der Franchise nichts, was mich jedes Mal aufs Neue reizt. Keinen supertollen zentralen Charakter wie bei James Bond oder Iron Man, keine knalligen Weltraumabenteuer wie bei Star Trek. Es ist eine Franchise, die jenseits der Titelmusik wenig "pull" besitzt.

That being said, ist "Mission Impossible – Phantom Protokoll" ein krachender, flüssig inszenierter, internationaler Actionthriller mit beeindruckenden Schauwerten, sehenswerten Stunts, genügend Highlights für drei Blockbuster, und einem gut aufgelegten Cast, der schick zu den Locations passt und immer mal wieder dezent zwinkert. Brad Bird ist sympathisch old school, wenn es um Action geht – selbst die absurdesten Verfolgungsjagden riechen noch handgemacht, so dass man mit den Protagonisten durchaus fiebern kann. Es kommt (fast) nie das Gefühl auf, man schaue ein paar gerenderten Charaktermodellen zu, die durch pfiffige Partikelanimationen geschleudert werden.

Was den Film auszeichnet, ist ein unterhaltsamer Einfallsreichtum bei den "Missions", die oft sehr traditionell angelegt sind, dann aber völlig außer Kontrolle geraten und den Einsatz immer weiter erhöhen. Hunt und sein Team werden wirklich bis an die Grenzen getrieben – und es macht Spass, dabei zu zu schauen.

Müsste ich einen Vergleich anstellen, wäre "Phantom Protokoll" weniger mit den "Bourne"-Filmen oder "Ocean’s Eleven" verwandt, sondern mit den Bond-Filmen der Roger Moore-Ära. Ironie und Absurdität sind nicht verpönt, Gadgets regieren, der zentrale Held kämpft sich souverän und unbesiegbar durch die postkartigsten Metropolen der Welt – und der Gegner ist ein durchgeknallter Megalomane, der den Russen eine Atomrakete geklaut hat. Sogar die Darstellung Russlands ist geradezu lachhaft altmodisch: Uniformen, Kreml, gebellte Befehle, dröhnende Männerchöre.

So weit, so gut.

Leider teilt "Phantom Protokoll" auch ein paar Probleme mit den Moore-Bonds. Der Held ist einfach zu glatt (was in der letzten Szene noch ein wenig herum gerissen wird), die Bedrohung zu albern, und die sekundären Charaktere haben so viel Tiefe wie die Bundesliga-Sammelbildchen in Duplo und Hanuta. Es tut mir leid, aber ich werde Cruise nie verzeihen, dass er MI zu seinem persönlichen Spielzeug umfunktioniert hat. Die ständig wechselnden Teammitglieder verhindern jegliche Weiterentwicklung der Charaktere. Paula Patton is einfach mal wieder "das Leckerchen", Simon Pegg zum zweiten Mal "der Nerd". Das wäre, als wenn man bei "Star Trek" mit jedem Film alle Charaktere außer Kirk auswechselt. Im Gegensatz zu James Bond braucht MI auch im Cast eine Kontinuität, die der zu Grunde liegenden Serie geschuldet ist. Mit Hopkins, Rhames, Reno, Pegg und einer Schauspielerin vom Schlage Scarlett Johannsson permanent an Cruise' Seite wäre die Franchise in deutlich besserer Verfassung. Der Epilog deutet an, dass der Versuch zumindest im Raum steht. Das lässt für die Zukunft hoffen, ist im aktuellen Film aber noch nicht zu erkennen. Der Team-Aspekt ist erneut schmerzhaft unterentwickelt, um Cruise ja seinen Platz im Rampenlicht nicht streitig zu machen.

Ebenfalls einen Punkt Abzug gibt es dafür, dass der ganze "Phantom Protokoll"-Kram mal wieder Augenwischerei ist. Das Team steht allein, das tut es aber sowieso immer. Ich hatte gehofft, dass diesmal alle anderen Geheimdienste Jagd auf Hunt machen würden – vielleicht sogar ein konkurrierendes IMF-Team? Leider nein.

Es bleibt ein unterhaltsames Stück Popcorn-Kino, das "Mission Impossible" (leider) nicht revolutioniert, aber zumindest für Teil 5 frisch hält. Kann man prima mit der Freundin gucken, muss sich keiner für schämen. Hätte aber besser sein können.



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Julian
7. Dezember, 2011 22:27

Ich muss sagen, mich ärgert ein wenig, dass es immer dasselbe ist: Es muss immer gleich die ganze Welt gerettet werden, und dazu muss in einen Serverraum eingebrochen werden, auf total crazy Weise.

Wie schön war doch Topkapi, wo man nur was klauen wollte, und ein zerzauster Peter Ustinov mit Schmerbauch und Höhenangst plötzlich auf dem zugigen Dach steht und mit verschwitzten Händen ein Seil halten muss.

Bei Mission Impossible werden so viele Nebenhandlungen nicht abgeschlossen oder als Chance wahrgenommen, die den Film so viel sympathischer machen könnten. Zum Beispiel wundert es mich, dass keiner von innen oder unten mitbekommt, dass am hellichten Tag jemand außen am Burj Khalifa herumklettert, Scheiben eintritt und dass auch noch herumgeballert wird. Oder dass z.B. der Agent im Vorbeirennen Klamotten klauen muss, was er später ja ruhig bezahlen oder sonstwie entschädigen könnte. Oder dass in einem Gebäude von über 130 Stockwerken scheinbar kein Mensch außer den Guten und den Bösen den Lift benutzt. Das sind alles lauter Kleinigkeiten, die das Salz in der Suppe wären.

Sicher habe ich mich amüsiert, und die Stunts waren ja auch toll, seien sie nun echt oder gerendert, aber ganz ehrlich: Die Leichtathletik-WM ist spannender, da weiß man nämlich nicht, wie’s ausgeht.

Ach ja: Ein Magnet, der stark genug ist, einen Menschen zum Schweben zu bringen, kann einem Server nichts anhaben? Bitch, please!

Peroy
Peroy
7. Dezember, 2011 22:39

Der erste war großartig und der dritte ist auch sehr gut (der Hoffman ist dafür, dass er so’n Fettsack ist, eine ganz schön fiese Drecksau). Teil 2 ist furzlangweilig und vollkommen blöd.

milan8888
milan8888
7. Dezember, 2011 23:08

Sollte der nicht Ghost Protocol heißen?

TomHorn
TomHorn
8. Dezember, 2011 05:09

Also ist der auch scheiße (wie 2 & 3)…

Dietmar
8. Dezember, 2011 07:49

Ich finde keinen von denen wirklich sehenswert. Das liegt auch an Tom Cruise, dessen Performance mich nicht mehr reizt.

Rex Kramer
8. Dezember, 2011 08:01

Cruise hat für mich nach seinen zwei megageilen Auftritten in "Magnolia" und "Tropic Thunder" ein Stein im Brett. Und das Franchise mag ich auch. Werd mir MI:4 auf jeden Fall geben.

Reptile
Reptile
8. Dezember, 2011 08:53

Ich werde mir den Film natürlich ansehen, schon mangels Action Alternativen im Kino.

Der Anfang von Teil 1 hatte noch dieses Team Feeling bevor dann die große Cruise Show losging. Trotzdem finde ich den Ersten immer noch ganz gut. Teil 2 total beliebig und hatte nix mit dem Franchise mehr zu tun.

Teil 3 war wirklich gut, da hat J.J. Abrams einiges an Respekt für die Serie aufgebracht. Trotzdem musste man natürlich auch hier wieder Rücksicht auf Cruise nehmen. Hatte meiner Meinung nach aber noch am ehesten das MI-Feeling.

Der Vergleich mit Star Trek könnte nicht passender sein. MI war eine Teamplayer Serie, so müsste dass auch im Kino sein. Sonst ist das wie A-Team wo nur Faceman was zu tun hat. Wie das mit dem Team richtig funktioniert kann man übrigens gut in der aktuellen Serie "Leverage" sehen.

Comicfreak
Comicfreak
8. Dezember, 2011 10:31

..nichts, was mich reizt.

dermax
dermax
12. Januar, 2012 20:06

OK, mein Senf dazu: Kanns wieder mal grossteils unterschreiben, ein Fortschritt gegenüber Teil 3, überhaupt der erste Teil ohne wirklich ärgerliches Storyloch, ausser vielleicht die nun wirklich groteske Motivation des Bösewichts, "er ist halt crazy. Punkt. Aus." Aber fast besser als irgendein anderer hergezogener Humbug.

Super Actionsszenen, einfach schön, wenn noch kreativ nach was gesucht wird, was man so noch nicht gesehen hat.

Und ich finds auch gut, dass da noch halbwegs ein eigener Stil gesucht und ned auf der "Bourne"-Welle gesurft wird.

Noch ein Punkt für die Zukunft: Vielleicht sollte in Sachen Humor mal mehr kommen als die dummen Gesichter, wenn klar wird, wie wahnsinnig die nächste Mission wird…