27
Okt 2011

Groupon: Gutschein-Geiz noch geiler?

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Ihr wisst ja, dass der Wortvogel tragisch unhip ist – was soziale Netzwerke angeht, lebe ich in der Steinzeit. Ich chatte nicht, habe Profile bei Xing und LinkedIn verwaisen lassen, schere mich nicht um Chatroulette, Podcasts oder Farmville. Eine gepflegte Linkliste, meinen Newsgroup-Provider und dieses Blog sind alles, was ich im digitalen Dschungel brauche.

Daher kommt es auch, dass ich manche Sachen sehr spät mitbekomme, was meinem Anspruch als Netizen oder Mitglied der digitalen Bohéme natürlich nicht gut tut.

So war es auch bei Groupon. Irgendso eine Art Online-Gemeinschaftsshopping, hatte ich gehört. Wollte Google für 7 Milliarden Dollar kaufen, was sich die Eigner abzulehnen leisten konnten. Beachtlich. Aber nach den hier und da aufgeschnappten Info-Bits klang mir das zu sehr nach einem der großen eCommerce-Flops der Jahrtausendwende – dem mit den Ameisen und der Synchronstimme von Captain Picard:

http://www.youtube.com/watch?NR=1&v=63OkG9yTCMg&start=320

Vor drei Monaten hatte ich eine ruhige Minute (2011 eher die Ausnahme) und entschied mich, mir diesen Kram doch mal anzusehen…

Ich registrierte mich bei Groupon, schmiss die Seite an – und bin seit diesem Tag treuer, wenn auch nicht restlos begeisterter Kunde.

Für Groupon-Frischlinge wird hier mal ganz kurz das Konzept erklärt:

http://www.youtube.com/watch?v=_M-02aZGhh0

Meine Freunde musste ich damit übrigens noch nie belästigen: Es kommen IMMER genug Interessenten für die Deals zusammen. Somit wird das Prinzip in der Praxis noch einfacherer: Man sieht einen Deal, der einem zusagt, liest sich die Details durch, schlägt zu und wartet dann, bis der Gutschein per Email kommt.

Selbst “Akte 2010” ist es nicht gelungen, den Rabatt-Seiten wie Groupon irgendwie ans Bein zu pinkeln – auch wenn sie es mit maximaler Dummdreistigkeit probiert haben:

http://www.youtube.com/watch?v=UUdqDboGTHQ

Ich weiß: An Groupon scheiden sich trotzdem die Geister. Thomas Lückerath und Mario Sixtus hätten mir für meinen Enthusiasmus fast die Freundschaft gekündigt. Sie stehen dem Rabatt-Konzept eher kritisch gegenüber. Andere Bekannte, zumeist aus dem Finanzsektor, halten das Modell für zukunftsweisend. Nach mir vorliegenden Informationen wäre der neue Internet-Gigant schon in deutlich mehr deutschen Städten präsent, wenn man denn nur genügend “Agenten” finden würde – so nennt man wohl die Vertreter, die Deals aushandeln.

Und ja, ich habe auch mit ein paar Leuten von der anderen Seite der Medaille gesprochen, die selber Deals bei Groupon angeboten haben – Kosmetikerinnen, Restaurants. Die berichten tatsächlich von vielen Neukunden, die z.B. über Anzeigen nicht zu erreichen gewesen wären und die auch (zum Normalpreis dann) wiedergekommen sind.

Groupon schafft über den Rabatt eine erstaunliche Werbewirkung für die teilnehmenden Firmen, das ist auf jeden Fall sicher. Wer Als Anbieter seine Produkte oder seine Dienstleistungen nicht derart in den Keller subventionieren kann, sollte es lassen. So oder so: Am Ende muss sich der Deal immer noch für alle Seiten rechnen. Das Prinzip Marktwirtschaft.

Aber es ist nicht alles eitel Sonnenschein bei Groupon und nach drei Monaten mit ungefähr einem Dutzend Deals (und einem weiteren Dutzend, von dem ich nach Lektüre der Details die Finger gelassen habe), kann ich zumindest rein subjektiv eine halbwegs tragfähige Zwischenbilanz ziehen.


Generell gilt: IMMER das Kleingedruckte lesen. Sich NIE von der Deadline unter Druck setzen lassen. KEINE Scham haben, den Coupon dann auch persönlich einzulösen. NICHT ärgern, wenn man doch mal was verpasst hat. Damit sind schon mal 95 Prozent der Fallstricke umschifft.

Gleich unser erster Deal bei Groupon war ein Volltreffer: Die LvA stellte fest, dass ihre Masseurin um die Ecke ihre Dienstleistung bei Groupon deutlich verbilligt anbot. Wir kauften mehrere Gutscheine und sparten auf diese Weise für Massagen, die wir so oder verabredet hätten, eine dreistellige Summe. WIN!

Dann gab es einen der beliebten Restaurantgutscheine, was uns sehr zupass kam, denn wir wollten nach unserem Umzug Schwabing kulinarisch etwas genauer kennen lernen. Klingt doch gar nicht schlecht:

Das Problem: Der Gutschein gilt tatsächlich nur für den Pasta-Teil der Speisekarte, alle Getränke sind extra und man muss schon SEHR viel Hunger mitbringen, um bei Speisen, die gerade mal zwischen fünf und sieben Euro kosten, den angeblichen rabattierten Grundpreis von 33 Euro weg zu futtern. Und selbst wenn Magen und Auswahl mitspielen, wird man vom Kellner angepampt, dass man die bestellten Portionen bitte doch aufessen möge, der Koch könne die Pasta-Selektion nicht häppchenweise anliefern.

Kein schöner Abend, der ohne Coupon vermutlich billiger gewesen wäre und eine größere Auswahl erlaubt hätte. FAIL.

Bei Restaurantgutscheinen empfiehlt es sich demnach, das Angebot genau mit dem eigenen Hunger abzustimmen und etwaige Extrakosten einzurechnen. Es ist nicht hilfreich, wenn man sich bis zur Schmerzgrenze vollstopfen muss, damit es sich rentiert.

Eine ähnliche Erfahrung machte ich mit meinem nächsten Gutschein, der mir ein gesünderes Frühstück ermöglichen sollte:

Ja, ich habe die angegebene Menge Müsli für den angegebenen Preis auf der Webseite zusammen stellen können. Nur sind das schnell mehr als zwei Kilo, in meinem Fall mehr als fünf Päckchen. Soviel kann ich erst mal gar nicht brauchen, zumal ich das Müsli auf diese Weise auch nicht antesten kann. Hinzu kommen ein paar Schwächen des Anbieters, die ich allerdings schlecht Groupon in die Schuhe schieben kann: Bei Mischungen sind einzelne Inhaltsstoffe nicht angegeben (nur durch Zufall konnte ich den Kauf von Sultaninen vermeiden) und es lässt sich nicht festlegen, in welche Grundmischungen ich welche Extras gemixt haben will. Der Anbieter rührt einfach alles zusammen: Beeren, Nüsse, Schokolade. Das ist verbesserungsfähig. Aber das Müsli kam wie bestellt, es schmeckt lecker, und der Rabatt ist ordentlich, also: halbwegs WIN!

Groupon ist kein Kaufhaus. Natürlich haben die nicht gerade einen neuen Elektrorasierer, wenn man einen neuen Elektrorasierer braucht. Umso erfreulicher, wenn Notwendigkeit und Angebot mal so perfekt zusammen fallen wie im nächsten Beispiel:

Das war ideal, um meinen Multifunktionsdrucker endlich mal wieder mit Tinte abzufüllen. Bei solchen Versandaktionen muss man allerdings das Porto oft extra bezahlen, das sich NICHT in den Rabatt einrechnen lässt. Trotzdem eine solide Ersparnis und deshalb: WIN!

Wir hatten danach, was sicher auch unserer sorgfältigen Auswahl geschuldet ist, eine echte “Groupon-Glückssträhne”. Eins unserer Autos war durch den Umzug und diverse Trips zum Wertstoffhof und zu Ikea in diesem Jahr arg in Mitleidenschaft gezogen worden und die Sitze waren auch extrem fleckig. Da kam uns das hier sehr zupass:

Wir lernten hier erstmals das Prinzip der “Optionen” kennen: manchmal kann man ein Angebot in verschiedenen Varianten wählen, was eventuell Zusatzkosten verursacht. Wir legten also 20 Euro für eine extrafette Tiefenreinigung der Polster drauf. Was soll ich sagen? Der Wagen wurde sauberer, als ich es für möglich gehalten hätten, die Polster sehen aus wie neu und die Versiegelung des Lacks lässt ihn auch nach Wochen noch strahlen wie meine LvA, der sowas wichtiger ist als mir. Absoluter WIN!

Wie hervorragend sich mit Groupon für neue Geschäftsideen werben lässt, beweist die nächste Aktion:

Oh yeah, komm zu Papa! Ohne Groupon hätte ich den Laden nie entdeckt – und er ist ein Rausch! Seitdem gibt es keinen Stadtbummel mehr ohne einen Abstecher zu Frogis. Ein weiterer WIN!

Ihr kennt ja meine Begeisterung, wenn ich im Food-Bereich experimentieren kann, und sei es bloss beim Discounter. Was zumindest Doc Acula weiß: Der Wortvogel steht auf Cider. Leider sind die Marken, die man hierzulande außerhalb von Irish Pubs bekommt, geradezu unverschämt hochpreisig. Aber was sehen meine trüben Augen neulich bei Groupon:

Ich darf mal die Rechnung aufmachen: 54 Cent pro Flasche, oder knapp 1,70 Euro der Liter. Die Flaschen schick, der Cider lecker, der Versand kosten- und bruchfrei. Danke, Monsun. WIN!

Für heute Abend (also gestern, wenn ihr das lest) ist auch schon wieder was gebongt:

Was soll ich sagen: “99 shirts, but black ain’t one of ’em!”. Und Kent-Kragen ist der einzige Kragen, der mir an den Hals kommt. WIN!

Liest man die Deals täglich, stellt man schnell fest, dass es in anderen Warengruppen durchaus beachtenswerte Details gibt:

  • Reisen gehen zwar gerne in exotische und teure Länder (Dubai, Bali), aber ebenso gerne zu ungünstigen Jahreszeiten (45 Grad im Schatten, Monsun) und der Flug ist auch nicht immer dabei
  • Netbooks und Tablets locken mit rasanten Nachlässen, sind aber immer wieder mal “refurbished”, also lediglich geprüfte Kundenrückläufer. Das muss man mögen.
  • Bei frei verkäuflichen Waren ist es grundsätzlich nie verkehrt (und sehr einfach), die tatsächlichen Preise im Netz zu checken, bevor man zuschlägt.
  • Manche Angebote mögen redlich sein, aber ich würde mir dreimal überlegen, ob ich mir wirklich Fett absaugen oder Augen lasern über einen Gutschein im Discount machen lassen möchte.
  • In den USA hat man bei einer Untersuchung festgestellt, dass die meisten Angebote von Handwerkern (z.B. 2 Stunden Parkett abschleifen und neu versiegeln) keine Schnäppchen sind und man die Dienstleistungen auf dem freien Markt mindestens genau so preiswert bekommt.
  • Die spektakulärsten Deals kann man oft nicht brauchen: So wurde kürzlich ein kompletter Führerschein-Kurs inklusive aller Pflichtstunden und Gebühren samt Prüfungen für pauschal 499 Euro angeboten.

Und natürlich kann man leicht sagen, dass es uneffektiv ist, sich über verpasste Deals zu ärgern, man tut es mitunter aber doch: Ich hätte im August die Vespa nehmen sollen, die ein sattes Drittel billiger im Angebot war. Aber ich habe zu lange gezögert. Pech gehabt.

Es macht übrigens Spass, sich auch bei Groupon USA und England anzumelden. Die Deals in London, Los Angeles oder Las Vegas sind vielleicht für unsereiner selten erreichbar, aber dafür exotisch und spannend zu lesen.

Mein persönliches Fazit nach drei Monaten Groupon: Sechseinhalb WIN, eineinhalb FAIL. Geile Sache, wenn man nicht zu Impulskäufen neigt und gerne auch mal das Kleingedruckte liest. Es gibt viel zu sparen, viel zu entdecken – und am Ende kauft man zwar nur, was man auch braucht, aber vielleicht doch mehr, als man dachte. Damit ist dem Bruttosozialprodukt genau so gedient wie der Geldbörse. Kapitalismus kann so schön sein…



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Hans
Hans
27. Oktober, 2011 09:55

“Die LvA stellte fest, dass ihre Masseurin um die Ecke ihre Dienstleistung bei Groupon deutlich verbilligt anbot. Wir kauften mehrere Gutscheine und sparten auf diese Weise für Massagen, die wir so oder verabredet hätten”

Na, die Masseurin wird sich bedankt haben. Wollte mit dem Schnupperpreis neue Kunden gewinnen und muss nun einen guten Teil ihres Stundenlohns bei einem Stammkunden verzichten. Ist natürlich euer gutes Recht sowas zu nutzen. Aber gerade im Dienstleistungsbereich ist man als Kunde auf die Motivation des Dienstleisters angewiesen. Und topmotiviert war die Masseurin wohl eher nicht, wenn sie jetzt mehrere Termine lang für die Hälfte arbeiten durfte (tatsächlich sogar noch für viel weniger, Groupon kassiert ja angeblich die Hälfte des Gutscheinwertes als Gebühr).

Das mit der Motivation des Anbieters ist generell ein Problem bei Groupon: Mit dem Verkauf des Gutscheins hat der Anbieter das Geld eingestrichen (in den USA wird Groupon daher auch durchaus als Vorfinanzierungsinstrument von klammen Firmen genutzt, weniger als Kundengewinnungsmaßnahme). An der Erbringung der Leistung hat er dann oft kein großes Interesse mehr, zudem er diese oft nicht kostendeckend verkauft hat. Da wird dann auch gerne versucht, aggressiv Upgrades, Zusatzprodukte und -dienstleistungen zu verticken, um auf seine Kosten zu kommen.

Ganz davon abgesehen ist es auch nicht jedermanns Sache, in ein schönes Restaurant zu gehen und sich erstmal gutscheinwedelnd als Sparbrötchen zu outen.

Wortvogel
Wortvogel
27. Oktober, 2011 10:14

@ Hans: “Na, die Masseurin wird sich bedankt haben”, “Und topmotiviert war die Masseurin wohl eher nicht”, “An der Erbringung der Leistung hat er dann oft kein großes Interesse mehr”… das sind alles unbewiesene Unterstellungen. Ich habe mit der Masseurin ausführlich darüber gesprochen, sie hatte KEIN Problem damit, im Gegenteil: Warum soll der Stammkunde bestraft werden? Und solange sich der Deal für ALLE Beteiligten rechnet, sehe ich auch kein Motivationsproblem.

Ein Anbieter, der nur unwillig den versprochenen Rabatt tatsächlich einräumt, ist schnell wieder raus, weil der Kunde dafür nicht als B-Klasse behandelt werden will (siehe das Restaurant – da gehen wir sicher nicht wieder hin).

Es ist sehr deutsch, die Verwendung eines Gutscheins gleich als “Sparbrötchen” zu sehen. In den USA z.B. ist das “Couponing” selbstverständlich.

Fastjack
Fastjack
27. Oktober, 2011 10:51

Ich glaube das es auch viel mit der deutschen Mentalitaet zu tun hat, die eher dazu geneigt ist alles was mit Rabatt oder Coupon zu tun hat grundsaetzlich eher erstmal abzulehnen weil es irgendwie dieses “das muss doch Ramsch sein” Stempel hat.
Kommt man dann mal in andere Laender ist man dann verwundert das es auch anders gehen kann. Seit ich vor kurzem nach Wales gezogen bin, bin ich immer noch total erstaunt darueber das mir an jeder Ecke Rabatte angeboten werden. Kauf 2, nimm 4 usw. alles viel zu selten in Deutschland. Natuerlich muss man immer schauen ob sich solche Deals lohnen, aber ich bin zumindest froh das ich jetzt in nem Land lebe wo ich im Alltag immer wieder die Wahl habe und nicht einfach alles nach dem Motto “Friss oder stirb” vorgesetzt bekomme.

Wortvogel
Wortvogel
27. Oktober, 2011 10:57

@ Fastjack: “Ich glaube das es auch viel mit der deutschen Mentalitaet zu tun hat, die eher dazu geneigt ist alles was mit Rabatt oder Coupon zu tun hat grundsaetzlich eher erstmal abzulehnen weil es irgendwie dieses “das muss doch Ramsch sein” Stempel hat.”

Genau das ist der Punkt. Mit meinem Artikel hoffe ich, ein wenig dagegen anzugehen. Wie gesagt: Ausbeutung ist schändlich und niemand soll sich an den Deals ruinieren. Aber solange alle Seiten etwas davon haben, gibt es keinen Grund, das pauschal abzulehnen.

Mencken
Mencken
27. Oktober, 2011 10:57

Gerade in den USA wird “Couponing” aber auch zusehends kritisch gesehen, u.a. aufgrund der von Hans angesprochenen Problematik (und ihrem Gegenstück, teilweise rechnen sich die Aktionen nämlich überhaupt nicht für Unternehmen und die Drückerkolonnen, die als “Agents” Verwendung finden, haben da durchaus schon diverse Geschäfte geworben, für die die Angelegenheit überhaupt keinen Sinn macht).

I

Mencken
Mencken
27. Oktober, 2011 10:58

Halte ich nicht für zutreffend, gerade die “Geiz ist geil” Mentalität ist doch sehr deutsch.

Hans
Hans
27. Oktober, 2011 11:46

“das sind alles unbewiesene Unterstellungen” – naja, sagen wir mal das sind recht naheliegende Mußmaßungen. Wenn es bei euch besser lief, ist das natürlich super.

“Es ist sehr deutsch, die Verwendung eines Gutscheins gleich als “Sparbrötchen” zu sehen.” – das stimmt, ändert sich aber leider in den letzten Jahren zusehends. Ich sehe es nicht als Vorteil für den Kunden, dass man mittlerweile kaum noch guten Gewissens irgendwo einkaufen kann, ohne zu handeln, Gutscheine zu sammeln oder Rabattaktionen abzuwarten, weil man als regulärer Käufer keinen fairen Preis mehr bekommt. Es ist ja nicht so, dass man durch den grassierenden Rabattwahn jetzt insgesamt weniger bezahlt als früher, denn die Firmen können Geld nach wie vor nicht drucken. Sie kalkulieren halt mittlerweile die erwarteten Rabatte einfach vorher in die die Preise ein, um trotzdem profitabel zu bleiben. Das Preisniveau in Ländern mit starker “Rabattkultur” ist daher ja auch oft insgesamt deutlich höher als anderswo. Konkretes Beispiel: es gibt kaum ein Land, in dem Lebensmittel oder Drogerieartikel so günstig sind wie in Deutschland, obwohl in Deutschland das Handeln und Feilschen im Supermarkt eher noch nicht zu den alltäglichen Gepflogenheiten gehört.

Ich persönlich schätze es, wenn ein Unternehmen ein ordentliches Produkt anbietet und dafür einen sauber kalkulierten Preis verlangt, so dass ich mir als Kunde nur die Frage stellen muss, ob mir das Produkt diesen Preis wert ist oder nicht. Es macht die Sache insgesamt nicht billiger, sondern nur umständlicher und mühsamer, wenn ich mir jetzt erstmal überlegen muss, wie weit ich den aufgerufenen Preis drücken muss durch Coupons, Feilschen & Co, um auf ein “faires” Niveau zu kommen.

Wortvogel
Wortvogel
27. Oktober, 2011 12:00

@ Hans: Das ist grundsätzlich richtig. Ich bin auch kein Freund der fanatischen Feilsch- und Vergleichskultur. Zumal ich glaube, dass viele Leute das gesparte Geld durch die verbrauchte Zeit wieder rauswerfen. Aber Groupon ist schnell und stimmig. Internet-Preisvergleiche helfen mir, einen Durchschnittspreis für ein Produkt zu ermitteln.

Ich besitze keine Payback-Karten, sammle keine Points oder Miles. Was aber wichtig ist: Ich KÖNNTE. Jeder kann es handhaben, wie er mag.

Wer Groupon kritisch gegenüber steht, sollte es nicht nutzen. End of story.

Howie Munson
Howie Munson
27. Oktober, 2011 12:35

Wie hans schon sagte Groupon selbst will die Hälfte vom Gutscheinwert auch noch haben, von daher ist es eher unwahrscheinlich das das Firmen immer wieder zur Kundengewinnugn einsetzen, Coupons kann man ja auch anders unters Volk bringen, wenn man schon mit Schnupperangeboten werben will…

Angeblich soll die Anzahl der Dealanbieter in den Anfangsstädten schon rückläufig sein und für den Börsengang gibt es auch eher weniger gute Nachrichten…
http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Medien-Groupon-dampft-Boersengang-ein-1364042.html

Aber das kan eine als Kunde ja eher egal sein, solange man halt darauf achtet nicht Dinge zu erwerben mit denen man nix anfangen kann…

Wortvogel
Wortvogel
27. Oktober, 2011 12:50

@ Howie: Ich kann es nur noch einmal wiederholen: Ich würde Firmen auch dringlich raten, sich nicht in den Ruin zu rabattieren. Aber das ist schlichter gesunder Menschenverstand. Andererseits: Wenn man durch zeitlich begrenzte Rabattierung unter den Herstellungspreis tatsächlich genug Neukundschaft werben kann, um das zu amortisieren, spricht nichts dagegen.

Howie Munson
Howie Munson
27. Oktober, 2011 13:39

ich sag ja nur das es für die Firmen eben günstiger ist denselben Rabbat ohne Groupon zu gewähren, es lohnt sich daher halt nur um Kundschaft anzulocken, die man nicht über Gutscheine im “kostenlose Anzeigenblatt” erreicht.
Es lohnt sich also am ehesten für Online-Shops, das deutlich öfter als nur ein oder zweimal zu machen. Aber wie schon gesagt aus Kundensicht ist das egal, das meinte ich auch nicht ironisch. Nur ich würde weder Aktien von Groupon kaufen, noch darauf wetten das es in 10 Jahren noch “vor Ort” Angebote gibt, die keine Neueröffnungen oder stark eingeschränkt (wie “nur pasta” oben) sind.

Gutscheinhefte gibt es schliesslich auch für viele Dinge und das lange vor Groupon…

Trantor
Trantor
27. Oktober, 2011 14:11

Klasse Thema, klasse Blog-Artikel, mal wieder! Hatte gestern Abend zufälligerweise Dein Blog nach “London” durchsucht und da erschien schon dieser Artikel hier als ein Treffer, leider aber nur die Headline.. von daher hab ich seitdem sehr ungeduldig auf das Onlinestellen gewartet :).

Von meiner Seite einfach zwei Dinge, bei der ich Torsten nur Recht geben kann:

1. Für uns Nutzer gibt es durchaus einige Deals, die sich wirklich lohnen (als Kontaktlinsenträger schwärme ich immer noch von den 50EUR-für-20-EUR Gutscheinen für Mr. Spex und Konsorten, die es in den Anfangstagen noch gab!), aber man muss genau wie Torsten sagt extrem vorsichtig auf das Kleingedruckte schauen. Vor allem bei Reisegutscheinen!

Ich selber bin da nämlich auch das erste Mal drauf reingefallen und hab mich von einem dieser 100EUR-für-10EUR Reisegutschein locken lassen, nur um dann Monate später bei der Einlösung zu merken, dass der Gutschein nur auf Last Minute und Pauschalreisen eingelöst werden kann, natürlich aber NICHT auf Flüge, Hotels, normale Reisen, Mietwagen und und und.

Was viele übrigens nicht wissen: Man hat das Recht, den Kaufpreis für abgelaufene (und natürlich nicht eingelöste) Gutscheine zurückzubekommen! Natürlich nur den Preis, den der Gutschein gekostet hat und nicht den Face Value. Das ist übrigens wie im “wirklichen” Leben mit generell allen Gutscheinen, nur wissen das viele nicht! Das ausgebende Unternehmen MUSS nach Ablauf den Kaufpreis des Gutscheins erstattet.

2. Aus Unternehmenssicht sollte man sich wirtschaftlich mit einem eigenen Groupon Deals sehr vorsichtig sein. Das rechnet sich nämlich nichtmal in der Mehrheit der Fälle. Ein ehemaliger Kollege von mir ist früh zu Groupon gegangen und kann da einiges erzählen. Aber so skeptisch ich auch bin, jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, ob es einen Groupon Deal macht oder nicht, und ist entsprechend dann auch dafür verantwortlich, wenn es wegen dieses Deals Miese macht! Viele, vor allem Kleinunternehmer lassen hier jeglichen gesunden Menschenverstand vermissen und rechnen nichtmal ansatzweise vorher kurz durch, ob die von Groupon vorgeschlagenen/gewünschten Dealdetails überhaupt realistisch ist. Wenn ein Frisör etwa sich von Groupon etwa eine Maximalmenge an Gutscheinen von über 1000 aufschwatzen lässt, muss man sagen “selber schuld”! Hätte er vorher nur einmal kurz gerechnet, dann würde ihm klar werden, dass bei einer durchschnittlichen Schnittdauer von 1 Stunde und 8 möglichen Terminen pro Frisör pro Tag, er und seine sagen wir einmal zwei angestellten Frisöre 42 Tage NUR mit den Groupon-Kunden beschäftigt wäre, das wären also über 8 Wochen (Montags geschlossen), die er NUR mit denen beschäftigt ist und keinen einzigen anderen Kunden bedienen kann.

Doc Knobel
Doc Knobel
27. Oktober, 2011 14:18

Habe auch schon mehrfach bei Groupon zugeschlagen, in knapp 14 Tagen steht auch ein kleiner Wochenendtrip an. Bin da zwiegespalten, weil meine Ausbeute nicht ganz so gut ausfiel wie beim Wortvogel. Allerdings kann man das nicht Groupon anlasten, da die gemachten Negativ-Erlebnisse nichts mit Groupon an sich, sondern eher mit dem tatsächlichen Anbieter zu tun hatten. Allerdings hat mich der Artikel daran erinnert, auch mal wieder auf der Seite zu stöbern. Das CK-Hemd hätte ich mir z.B. auch gerne zugelegt. Da hättest du den Artikel ruhig mal eher einstellen können. 😉

Tyler
Tyler
27. Oktober, 2011 15:33

Kurze Abschweifung:
Kann es sein, dass Radeberger immer noch denselben Werbespot hat wie ersten Video der Werbespots vor elf Jahren?

Montana
Montana
27. Oktober, 2011 17:00

“Synchronstimme von Captain Picard”

Sicher? Der wird gern verwechselt. Ich könnte wetten, dass das Christian Schult ist, Picard war Papa Rolf Schult. Wer hält dagegen?

“Der Wortvogel steht auf Cider”

Wäre da nicht Cidre/Äbbelwoi eine Alternative? Das trinke auch ich ab und zu gern. Cidre gibts manchmal im Aldi, vom Äbbelwoi habe ich mal in Frankfurt reichlich genascht. Das Zeug ist da wie Weißbier in Bayern Grundnahrungsmittel. Also von hochpreisig kann bei beiden jedenfalls keine Rede sein. Oder ist das etwas völlig anderes?

Wortvogel
Wortvogel
28. Oktober, 2011 08:50

@ Mencken: Sorry, keine Ahnung, warum deine Beiträge im Spam-Ordner gelandet sind.

Zum Thema: Ich bin nicht bereit, ein System zu verurteilen, nur weil manche es missbrauchen oder missverstehen. Wenn Agenten wie Drücker auftreten, ist das nicht okay. Wenn Firmen sich unter Wert verkaufen, auch nicht. Aber das invalidiert nicht das gesamte Coupon-System. Man verbietet ja auch nicht Email, weil es Spammer gibt.

Bernhard
28. Oktober, 2011 11:15

Mit Groupon oder auch DailyDeals kann ich nix anfangen, weil viel zu selten mal einer der Deals für mich auch passend ist. Ich kaufe eben nur dann, wenn ich es ohnehin kaufen würde. Als Student würde ich gerne sparen. Aber es sind in der Regel Geschäfte mit Luxusgütern und -dienstleistungen, die man kauft, wenn Geld man über hat. Also nicht für das tägliche Leben benötigt.
Ab und an sind meist Kinogutschein-Aktionen dabei. Kino leiste ich mir gerne. Aber die Aktionen rechneten sich zuletzt nicht mehr. Und als Student komme ich eigentlich immer zum Kinotag-Preis rein.

Michael
Michael
29. Oktober, 2011 08:42

Ich habe bei Groupon auch schon einige Käufe getätigt und so einige Anbieter entdeckt, die ich sonst nicht gefunden hätte. Inzwischen habe ich den täglichen Newsletter allerdings abbestellt, weil ich diese schwurbelig gesülzten, aufgeblasenen Beschreibungstexte einfach nicht mehr ertragen habe.

Gerd
Gerd
30. Oktober, 2011 13:12

Schöner Artikel, werde mich evtl. auch mal bei Groupon umschauen.

Aber eine Sache: Der Preis des CK-Hemdes ist nicht wirklich billig. Es gibt mittlerweile in allen größeren Städten die Kette “TKmaxx”, welche Markenartikel, wie u.a. jene CK Hemden (€36) deutlich billiger verkauft.

Wortvogel
Wortvogel
30. Oktober, 2011 14:00
Reply to  Gerd

@ Gerd: Der nächste TKmaxx-Shop ist in Erding – zu weit. Und für mich ist der Preis absolut okay, zumal ich mir keine Gedanken über Farbe und Größe machen muss (oft ein Ärgernis in Outlet-Stores).

gerrit
gerrit
31. Oktober, 2011 00:53

Unsere Erfahrungen sind durchwachsener. Schon zweimal FAIL in Restaurants: Besitzerwechsel, neuer Inhaber kennt keine Gutscheine.

Bei einem Wellness-Studio dasselbe Schema. Wobei ich mich frage, wenn ich eine Firma übernehme, da gucke ich doch vorher in die Bücher, oder täte das nur ich?

Wortvogel
Wortvogel
31. Oktober, 2011 09:03

@ Gerrit: das klingt extrem verdächtig. Da müsstest du außerdem von Groupon dein Geld zurück verlangen können.

Marcus
Marcus
31. Oktober, 2011 09:17

@gerrit: tja, Theorie und Praxis.

Du bist dann halt davon abhängig, wie sorgfältig die Bücher geführt sind. Wenn einer schon seine Firma aufgibt, spricht das ja meistens nicht dafür, dass er im Führen derselben – insb. auf der kaufmännischen Seite – besonders kompetent gewesen ist.

Und da Restaurants und Wellness-Studios idR nicht buchführungspflichtig sind, läuft da meistens die Schuhkarton-Methode der Belegablage. 😉

gerrit
gerrit
31. Oktober, 2011 12:43

Die sind nicht buchführungspflichtig? In Deutschland? *staun*
Damit öffnet man ja Scientologen Tür und Tor. (Scientology lehnt doppelte Buchführung ab.)

Bisher immer das Geld zurück bekommen, aber es ist kein Spass, vor verschlossenen Türen zu stehen, bzw. sich mit Indern, die weder Englisch noch Deutsch passabel sprechen, über spontane Ersatzrabatte zu unterhalten. Schliesslich buche ich eine Massage zur Entspannung und nicht um mich stressen zu lassen…