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Aug 2011

Fantasy Film Fest 2011: Valdemar Legacy 1 & 2

Themen: Fantasy Filmf. 11, Neues |

Spanien 2010 / 35 MM / 192 MIN / SPANISCHE OMEU

REGIE José Luis Alemán
DARSTELLER Daniele Liotti / Óscar Jaenada / Laia Marull / Silvia Abascal / Paul Naschy / Rodolfo Sancho / Ana Risueño

Story (offizielle Synopsis): Die ehrgeizige Immobiliengutachterin Luisa Llorente soll das alte viktorianische Herrenhaus der Valdemars unter die Lupe nehmen … und verschwindet spurlos. Mit den Nachforschungen wird Nicolás Tremel betraut. Schon bald erfährt der mit allen Wassern gewaschene Privatdetektiv von dem mysteriösen Fluch, der über dem Anwesen und der Familie liegen soll: Der Legende nach zockten am Ende des 19. Jahrhunderts Lázaro Valdemar und seine Frau wohlhabende Bürger ab: Um ihr Waisenhaus zu finanzieren, inszenierten sie sehr eindrucksvoll gruselige Séancen. Als der Schwindel aufflog, schien für die beiden Valdemars ein Schicksal hinter Gittern besiegelt. Da tauchte plötzlich der Okkultist Aleister Crowley höchstpersönlich auf und ernannte sich zu Lázaros Anwalt.

Kritik:

Abteilung “Die Großen Alten und die Jungen Wilden”

Für jeden echten Horrorfan gibt es einzigen und wirklich guten Grund, sich “Valdemar Legacy” anzschauen:


Das ist die Legende Paul Naschy, der berühmte Werwolf “Waldemar Daninsky”, sicher neben Jess Franco die bedeutendste Stimme des spanischen Horrorkinos der 60er und 70er Jahre. Selten ist Karma so fair wie hier: einen besseren, klassischeren Abgang hätte sich der oft unterschätzte, kürzlich verstorbene Mime nicht wünschen können.

“Valdemar Legacy” ist besser als alles, was Naschy je selber gestemmt hat.

Außerdem gibt es von “Valdemar Legacy” keine zwei Teile, wie das FFF-Programmheft suggeriert. Es sind zwei Teile EINES Films, und es macht keinen Sinn, sich nur einen Teil anzuschauen. Da müsst ihr durch.

Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass Spanien eine solche Produktion stemmen konnte, die neben aufwändigen Kostümen und Bauten im Stile großer BBC-Serien oder Hammer-Filme auch ziemlich gelungene CGI mitbringt und dazu einen Score, der angenehm an die ganz großen Melodrama-Soundtracks der Hollywood-40er erinnert. Es ist eine Sahnetorte, üppig und hübsch dekoriert. Hat vielleicht nicht den Nährwert eines Salats, schmeckt aber allemal besser.

Man muss sich allerdings drauf einlassen, dass “Valdemar Legacy” keine sehr geradlinige Story mit fixem Protagonisten und ebenso fixem Grundkonflikt. Es ist eher ein über 100 Jahre reichendes Panorama mit verschiedenen Erzählsträngen und wechselnden Hauptfiguren. Teil 1 konzentriert sich dabei auf Lázaros Schicksal, eingepackt in die Rahmengeschichte der entführten Maklerin, während Teil 2 dann den Bogen in die Gegenwart schlägt und alles zum Finale zusammen führt. Das wirkt weniger wie ein stromlinienförmiger Film und mehr wie ein ausladendes Gruselmelodram, dessen literarische Eigenschaften auf die Leinwand gehievt wurden. “Vom Winde verweht” mit urzeitlichen Monstergottheiten, romantisch und kitschig, vollgepackt mit Gastauftritten von Lovecraft und Lizzie Borden, Bram Stoker und Aleister Crowley.

Riesige Höhlen mit heidnischen Messen, Ordensbrüder in Kutten, alte Gemäuer, antike Bücher, Gewitter, prasselndes Kaminfeuer und schnaufende Dampflokomotiven: “Valdemar Legacy” ist weniger für die Fans von Hardcore-Horror geeignet. Er ist aber ideales Futter für Leute, die das Musical “Phantom der Oper” toll finden, gerne “Charmed” geschaut haben und “John Sinclair” für große Literatur halten. Deren liebste “Dracula”-Verfilmung die von Badham war.

Fest steht für mich auf jeden Fall, dass der charismatische Hauptdarsteller Daniele Liotti sowohl den perfekten “Dr. Strange” als auch den perfekten “Robert Craven” spielen könnte:
Hier noch mal eine Nahaufnahme:

Man kann bemäkeln, dass “Valdemar Legacy” es trotz faszinierender Figuren unterlässt, einen klaren Helden aufzubauen (Detektiv Nicolás wird dafür eingeführt, bleibt aber letztlich immer im Hintergrund). Und im Finale sind zwar alle Protagonisten beisammen, bieten dem Lovecraft-Monster aber kaum effektiv die Stirn. Somit bleibt der große Erzählbogen trotz des massiven Einsatzes aufwändiger CGI seltsam unbefriedigend. Und wie ein Roman oder ein Comic scheint der Epilog Fortsetzungen anzudeuten, die aber bisher unterblieben sind.

Fazit: Eine der Lovecraft-Mythologie verpflichtete Schauermär im Groschenroman-Stil, die mit üppiger Laufzeit und oppulenter Ausstattung Fans von Hohlbein, “Zamorra” und den Zeichungen Bernie Wrightsons begeistern dürfte.


http://www.youtube.com/watch?v=S1-vBOgY2Bk



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Nikolai
Nikolai
22. August, 2011 08:55

Bereits bei “mit urzeitlichen Monstergottheiten” musste ich an den Cthulhu Mythos denken, und siehe da “Lovecraft-Mythologie”.
Ich freu mich drauf 🙂

DMJ
DMJ
22. August, 2011 13:32

“vollgepackt mit Gastauftritten von Lovecraft und Lizzie Borden, Bram Stoker und Aleister Crowley.”
Und gekauft! 😉
Ich mag all das erwähnte Pulp-Zeug (na gut, Badhams “Dracula” nicht so sehr) und stimme den Bildern nach der Assoziaton zu Strange & Craven zu. Klingt also nach einer guten Mischung.

TomHorn
TomHorn
23. August, 2011 11:25

“Es sind zwei Teile EINES Films, und es macht keinen Sinn, sich nur einen Teil anzuschauen. Da müsst ihr durch.”
Bei 100 Minuten scheint mir das machbar. Wieso haben die den denn überhaupt zersplittet?

Wortvogel
Wortvogel
23. August, 2011 11:28

@ Tom: Das hatte ich nicht angepasst, weil es ursprünglich ein Review von Teil 1 sein sollte. Korrekte Laufzeit steht jetzt oben.

TomHorn
TomHorn
23. August, 2011 11:56

Okay, 192 Minuten old-schooliges Grusel-Melodram gehen aber auch noch in Ordnung. Das wäre ja ungefähr die Laufzeit einer vierteiligen Mini-Serie. Ja, das ist was für Papa…

Dr. Acula
31. August, 2011 16:18

So, wie üblich, nachdem ich meins gelesen habe, les ich das Vogel-Review und stimme zu. Wunderschöner Film, der den Bogen von plüschigem viktorianischen Grusel zum FX-Spektakel erfolgreich schlägt und wirklich eine mehr als würdige Abschiedsvorstellung für Naschy ist. Und wie dem Vogel scheint mir dieses Universum noch nicht auserzählt (was meint Herr Dewi zu den kleinen Steampunk-Andeutungen?)

Marcus
Marcus
1. September, 2011 01:17

Abermals: what he said. 8/10

Peroy
Peroy
1. September, 2011 01:19

“Abermals: what he said. 8/10”
Oh Wunder… noch ein toller Film. Zwei. 8)

Marcus
Marcus
1. September, 2011 13:49

@Peroy: Problem?

G
G
12. März, 2012 00:25

Sagt mal, gibt es eigentlich irgend eine Info, ob und wann der Film hierzulande auf DVD erscheinen wird?

Frankie
Frankie
12. März, 2012 00:53

Das würde mich auch interessieren. Irgend einer muss sich doch einfach erbarmen die Filme zu lizensieren.

G
G
12. März, 2012 01:13

Bis dato gibt es ja leider nur die spanische DVD mit leider nur spanischem Ton und da ich schon sehr gerne verstehe, was denn gesprochen wird, sind die leider nichts für mich…

Peroy
Peroy
12. März, 2012 02:59

Leider…

G
G
12. März, 2012 12:09

Leider ist das so, ja. *g*

Wortvogel
Wortvogel
12. März, 2012 12:24

Ich muss gestehen, dass ich heilfroh bin, den auf der fetten Leinwand gesehen zu haben. Es lohnt sich einfach.

G
G
12. März, 2012 12:32

Schon klar. Nur bevor ich ihn gar nicht sehe, kaufe ich ihn mir eben auf DVD- Und nach nem Kinorelease schauts momentan ja noch weniger aus.