21
Aug 2011

Fantasy Film Fest 2011: A horrible way to die

Themen: Fantasy Filmf. 11, Neues |

USA 2010 / DCP / 85 MIN / ENGLISCHE O

REGIE ADAM WINGARD
DARSTELLER AJ BOWEN / AMY SEIMETZ / JOE SWANBERG / BRANDON CARROLL / LANE HUGHES

Story (offiziell Synopsis): Zwei Geschichten, ein düsteres Geheimnis: Sarah freundet sich bei den anonymen Alkoholikern mit Teilnehmer Kevin an. Sie lässt sich mit ihm ein, obwohl sie ihre letzte Beziehung noch nicht verarbeitet hat, in der Garrick eine unrühmliche Rolle spielte. Derweil zieht dieser eine Spur des Grauens: Nachdem ihm unerwartet die Flucht bei einem Gefangenentransport gelungen ist, trampt er von Opfer zu Opfer quer durchs Land.

Kritik: „A horrible way to die“ kam mit vielen Vorschusslorbeeren von einigen Jungs, die der bisherigen Arbeit des Regisseurs sehr wohlgesonnen sind, ganz nach dem Motto „Der macht bei seinen Filmen echt alles selber“. Für mich ist sowas eigentlich immer ein Alarmsignal – ich stehe nicht so auf No Budget-Nummern, bei denen man den selben Namen in den Credits 18 mal lesen kann. Das verspricht selten großes Entertainment.

Im Fall von „A horrible way to die“ war ich doppelt gewarnt, denn die Mär vom heimkehrenden Serienkiller mag kein „true crime“ sein, klingt aber verdächtig danach. Und ihr wisst ja alle, was ich vom allgemeinen Schlitzerfilm halte.

Aber das ist das Gute an bösen Vorahnungen: Man kann immer positiv überrascht werden. AHWTD ist eine verflucht spannend und verschachtelt erzählte Indie-Produktion, die irgendwo in Amerika spielt, wo das Leben dröge und der Tod eine Abwechslung ist. Es werden Parallelen zwischen der Mordlust und dem Alkoholismus gezogen, immer wieder erweisen sich Rück- und Vorblenden als trügerisch und in Charakterführung und Dialogen gibt sich der bescheiden ausgestattete Streifen keine Blößen: Das hier ist authentisches Americana, fast schon dokumentarisch in seiner beiläufigen Dramaturgie.

Die größte Überraschung ist aber sicher das Finale: Wir WISSEN, worauf die beiden Handlungsstränge hinaus laufen müssen und werden genau deswegen fies überrascht, als es doch nicht so kommt. Nichtsdestotrotz ist das blutige Finish absolut glaubwürdig und folgerichtig. Da ist Regisseur Winters sogar deutlich besser beleumundeten Kollegen überlegen.

Natürlich hat AHWTD nicht den Entertainment-Wert eines Hollywood-Blockbusters oder einer schrägen Zombiekomödie. Es regiert eine finstere, unheilvolle Schwere die drögen Bilder, die Dramaturgie kriecht wie eine Schlange durch die knappe Laufzeit – und wir sehen sie auf uns zukommen. Technisch steht sich Winters manchmal sogar selbst im Weg: Der Gimmick, jede Aufblende mit ein paar Sekunden Unschärfe einzuleiten, nervt nach einer Weile gewaltig. Und die parkinson-esk wackelnde Handkamera, wenn psychischer Druck auf die Protagonisten ausgeübt wird, deutet auch auf mangelndes Vertrauen in die eigene Inszenierung hin.

Aber das ist Kleinkram, AHWTD ist ein kleines Schmuckstück des Indie-Crime-Films, eine weitere würdige und einzigartige Facette im Juwel, das wir Fantasy Film Fest nennen.

Fazit: Low Budget, aber in der Dramaturgie und bei den Darstellern souverän erzählter Serienkiller-Thriller, der seinen Regisseur für größere Aufgaben empfiehlt.


Wir wissen übrigens immer noch nicht, worauf sich der Titel „A horrible way to die“ bezieht…

http://www.youtube.com/watch?v=H8RHD7ofCGg



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Zakus
Zakus
21. August, 2011 10:46

Also bei uns ist der gar nicht angekommen. Deine und Fredis Meinungen sind die einzigen positiven Stimmen, die ich dazu vernehmen konnte. Und das da genügend Leute ausgegangen sind ist dir hoffentlich auch aufgefallen…

Marcus
Marcus
21. August, 2011 14:03

Kritiken zu Filmen, die ich selber auf dem Zettel habe, wollte ich ja nicht lesen. Klappt super, wie man sieht. 🙁
“Wir wissen übrigens immer noch nicht, worauf sich der Titel „A horrible way to die“ bezieht…”
Ich glaube, da ist den FFF-Machern was in der Zeile verrutscht. Damit wollten sie eigentlich “Showgirls: Exposed” und “Virus Undead 2 – Electric Boogaloo” fürs nächste Festival ankündigen….

DMJ
DMJ
21. August, 2011 16:28

Zum Problem der zu vielen Kreditierungen derselben Person lobe ich ja immer wieder Rob Schrabs Miniserie “Twigger’s Holiday” (wer’s nicht kennt, sehe es sich sofort gratis auf robschrab.com an – es ist ein MEISTERWERK!), wo er selbst als “Me” geführt wird.

TomHorn
TomHorn
22. August, 2011 10:07

Hm. Klingt auf jeden Fall interessant. Wird vorgemerkt…

Marcus
Marcus
26. August, 2011 03:02

“Der Gimmick, jede Aufblende mit ein paar Sekunden Unschärfe einzuleiten, nervt nach einer Weile gewaltig.”
Oh ja!!!!
Ansonsten ist der zugegebenermaßen gut gespielt und solide inszeniert, mit so einer trostlosen Amerika-am-Arsch-der-Welt-Hinterlandsatomsphäre. Aber ehrlich gesagt war ich die ersten 70 Minuten lang geneigt, den Film in “A rather boring way to die” umzubenennen. Men Gott, zieht der sich! Aber zugegeben: das Ende zieht einem mit dermaßen Schmackes den Boden unter den Füßen weg, dass man danach mit einigem versöhnt ist.
Ein Film wie ein Pokerspieler, der die ganze Zeit nur unauffällig mitgeht, bis man sich sicher ist, dass er blufft – aber der eben am Ende wirklich was auf der Hand hat. 7/10

John
1. September, 2011 16:50

Super Rezi. 🙂
Und ich hoffe mal, dass der Vorgänger, Pop Skull, hierzulande sein Publikum findet, irgendwann mal… http://www.youtube.com/watch?v=uYYOsU5W6XQ

WillTippin
WillTippin
5. September, 2011 10:48

“Der Gimmick, jede Aufblende mit ein paar Sekunden Unschärfe einzuleiten, nervt nach einer Weile gewaltig. Und die parkinson-esk wackelnde Handkamera, wenn psychischer Druck auf die Protagonisten ausgeübt wird, deutet auch auf mangelndes Vertrauen in die eigene Inszenierung hin.”
Das sind auch die Punkte,warum ich diesen Film nach 30 Minuten abgrundtief gehasst habe. Ich hatte außerdem das Bedürfnis,die Beteiligten auf der Leinwand für die ständigen Stammel-Dialoge zu ohrfeigen. Für mich persönlich der Tiefpunkt des Festivals. Das Ende hat mich dafür dann doch irgendwie völlig unvorbereitet getroffen, insofern hatten die qualvollen 85 Minuten davordoch was Gutes. Nein, das war bisher die einzige miese Empfehlung von dir 🙂

Will Tippin
Will Tippin
9. September, 2011 00:48

Ich ergänze: Tiefpunkt des Festivals war eindeutig Yellowbrickroad.