Disposable Dozen (10): Dylan Dog – Dead of Night
Themen: Film, TV & Presse, Neues |USA 2010. Regie: Kevin Munroe. Darsteller: Brandon Routh, Anita Briem, Sam Huntington, Taye Diggs, Dan Braverman, Peter Stormare, Kurt Angle u.a.
Story: Dylan Dog lebt in New Orleans. Früher war er mal der “go to guy”, wenn die Welt der Lebenden und die Welt der Untoten sich ungünstig überschnitten. Nachdem man seine Verlobte ermordet hatte, verspielte sich Dylan allerdings durch ein Massaker an den Vampir-Clanchefs so ziemlich alle Sympathien. Darum will er auch nichts mit dem Fall eines Schmugglers zu tun haben, der augenscheinlich von einem Werwolf getötet wurde. Doch dessen Tochter und die Tatsache, dass finstre Mächte seinen Assistenten Marcus zu Zombie-Nachwuchs verarbeitet haben, zwingen Dylan, zum Silber-Schlagring und den Holz-Kugeln zu greifen. Wie es scheint, werden zwischen den untoten Clans die Karten neu gemischt…
Kritik: Dylan Underdog, sage ich mal. Ich habe mich gegen jede Vernunft auf den Film gefreut. Trotz der Tatsache, dass es mit “Cemetary Man” schon eine Quasi-Dog-Verfilmung gibt, in der mit Ruperett Everett sogar das Vorbild für die Comicfigur die Hauptrolle spielt. Trotz Brandon Routh, der hauptsächlich deshalb in “Superman returns” gut gecastet war, weil er genau so ein Brett spielt wie Christopher Reeve (there, I said it). Trotz der Tatsache, dass es wieder mal so eine obskure internationale Produktion ist, von der man nicht weiß, woher sie kommt – und die irgendwann unerwartet im DVD-Regal der Müller Drogerie auftaucht. Trotz des Trailers, der sich zwar rechtschaffen müht, Dylan irgendwie cool wirken zu lassen, aber jeden Ansatz von Storytelling vermissen lässt.
Ich habe mich also auf den Film gefreut. Und ich habe durchaus in Betracht gezogen, dass er scheiße sein könnte. Was ich nicht erwartet hatte, war die totale blah-igkeit des Film, die absolute Verweigerung jeglichen Ausschlags nach oben oder unten. “Dylan Dog – Dead of Night” ist die Gruselversion von “mit 15 Prozent echtem Fruchtsaft”. Eine verwässerte Angelegenheit, die sich nie entscheiden kann, ob sie Horrorfilm oder Komödie sein will und konsequenterweise zwischen allen Stühlen verhungert. Und wo der Hauptdarsteller mit all dem Charisma eines Porno-Doubles von Tom Cruise agiert, sehe ich auch keine Chance für eine Franchise.
Noch mal: Der Film ist nicht schlecht, er ist nur… zu wenig.
Es fängt ganz ordentlich an: New Orleans wurde wohl selten so bunt und knackig gefilmt, hier zahlt sich der nagelneue Hochkontrast-Film von Fuji wirklich aus (allerdings darf vermutet werden, dass eine gut eingestellte Red One keine schlechteren Ergebnisse gebracht hätte). Die Ausstattung ist üppig, die Musik von Klaus Badelt passend, und es wird tatsächlich solide ein Mystery aufgebaut, das Dog zu klären hat. Der “Tod” seines Assistenten setzt das notwendige “this time it’s personal”, eine hübsche Frau als Love Interest wird eingeführt und es bleiben zwei, drei Minuten für Dogs tragische Backstory.
Auch wenn die Monster erstmals auftauchen, ist noch eitel Freude angesagt: “Dylan Dog” setzt voll auf Latexschaum, Kunstfell und Plastikzähne. CGI wird nur in Notfällen eingesetzt, die meisten Kämpfe haben eine erfreulich Handwerkermentalität. Respekt vor einer Produktion, die im Jahr 2010 nicht den bequemen Weg über die Festplatte wählt! Sogar der “Superzombie” funktioniert und beweist, dass es vielleicht keine schlechte Idee gewesen wäre, den “Hulk” auch mal “in echt” zu versuchen.
An dieser Stelle hofft man noch, dass “Dylan Dog” genau das ist, was “Constantine” im Big Budget-Wahn verloren ging; ein cooles B-Movie über einen coolen Typen, der coole Monster platt macht. Ein Horrorfilm mit Held. Gibt es sowieso zu wenig.
Nun ist es aber leider so, dass genau dieser Genre-Mix aus Detektivkrimi und Okkultthriller bereits dutzendfach vorexerziert wurde, von “Dresden Files” bis “To cast a deadly spell”, von “Angel Heart” bis “Rag and bone” (die beide auch in New Orleans spielen), von “Gotham” bis “Demon Hunter”. Und im Gegensatz zu den meisten dieser Beispiele müht sich “Dylan Dog” an keiner Stelle, auch nur einen Zentimeter von der Formel abzuweichen. Es gibt die pseudo-coolen Voice Over, die Verhöre, Klischees von “Ich dachte, du bist tot” bis “Du solltest dich da raus halten”, die üblichen Schlägereien, Verrat und das stete Gerangel um irgendein beliebiges Artefakt, das Macht verspricht. Nicht mal den väterlichen Freund, der für Dylan Dog in einem alten Buch den Kupferstich des Artefakts findet, lässt man aus.
Dafür, dass es eigentlich permanent um Werwölfe, Vampire, Zombies und Ghouls geht, ist “Dylan Dog” erschreckend frei von phantastischen Elementen: Man prügelt sich, schießt aufeinander, betreibt forensische Studien, verfolgt die Spur von Drogen, etc. Mit wenig Aufwand ließe sich daraus auch ein stinknormaler Gangsterfilm stricken. In dieser Beziehung erinnert der Streifen an “Alien Agent“, der zwar von Außerirdischen handelt, es aber nicht fertig bringt, auch nur einen Hauch Science Fiction zu verströmen. Oder an “Hunter Prey“, der trotz des Settings auf einem anderen Planeten nur ein verkleideter Western ist.
“Dylan Dog” hat die richtigen Zutaten, findet aber einfach nicht die passende Rezeptur, um sie zu einem schmackhaften Gericht zu kochen.
Weil Brandon Routh komplett unfähig ist, den harten Detektiv mit der gebrochenen Seele zu spielen, kommt so etwas wie echtes Drama nie auf, was den finalen Verrat und den erneuten Verlust seiner Liebe komplett verpuffen lässt. Es ist bezeichnend, wenn Marcus sich an einer Stelle wundert, dass Dylan sich rausgeputzt hat – und wir keinen wirklichen Unterschied beim geschniegelten und glatt rasierten Brandon erkennen können. Der Rest des Casts spielt auch nicht mehr, als bei der Ausgburger Puppenkiste verlangt würde.
Weiter torpediert wird der Horrorgehalt von einem ungesunden ironischen Tonfall und dem Marcus-Subplot, der konsequent auf Hysterie und Slapstick setzt. Nun sind auch die “Dylan Dog”-Comic bestenfalls albern und nie wirklich gute Gruselliteratur, aber in einem Film von über 100 Minuten braucht es mehr echte Emotionen, an denen man als Zuschauer andocken kann. Das hier ist alles zu lässig, zu nonchalant, zu beiläufig, um uns wirklich zu packen.
Über weite Strecken wirkt “Dylan Dog” wie der Versuch, eine neue Franchise im “Buffy”-Stil zu etablieren, vielleicht als Serie für HBO (Doppelpack mit “True Blood”?) oder Showtime. Leider fehlt den Autoren allerdings das Talent oder der Ehrgeiz, die Protagonisten so interessant zu gestalten, dass wir ihnen über 10, 20 oder gar 100 Episoden folgen wollen. Wenn Dog am Ende mit Marcus in die Nacht schlendert, ist uns erschreckend wurst, was ihr nächstes Abenteuer sein wird.
Fazit: Mit zunehmender Laufzeit fader werdendes Oldschool-Monster-Remmidemmi, das sicher im Kontext und in richtiger Begleitung auf dem Fantasy Film Fest einen gewissen Fun Factor besitzt, als großer Neustart der “Dylan Dog”-Kinofranchise aber einfach zu blass bleibt. Schick, aber leer.
Der Trailer zeigt alles, was halbwegs interessant ist – mehr braucht ihr von dem Film nicht gesehen zu haben:
“Weiter torpediert wird der Horrorgehalt von einem ungesunden ironischen Tonfall und dem Marcus-Subplot, der konsequent auf Hysterie und Slapstick setzt.”
Es tut mir Leid…. 🙁
Und Brandon Routh fand ich in seinen (zugegebenermaßen kurzen) Auftritten in “Scott Pilgrim Vs. The World” und “Zack & Miri Make A Porno” ganz lustig. Vielleicht ist der einfach nur als “Held” fehlbesetzt.
@ Marcus: Routh kann posen, aber eben nicht schauspielern.
“Weil Brandon Routh komplett unfähig ist, den harten Detektiv mit der gebrochenen Seele zu spielen, kommt so etwas wie echtes Drama nie auf, was den finalen Verrat und den erneuten Verlust seiner Liebe komplett verpuffen lässt.”
Christian Bale soll sich endlich klonen lassen, dann kann er in jedem Film mitspielen…
Nun ja, es bleibt einem ja immer noch “Dellamorte Dellamore”…
Das klingt so ziemlich nach genau dem, was ich nach dem Trailer befürchtet hatte…obwohl ich natürlich hoffen wollte. Dass es mit der Vorlage bis auf den Namen der Hauptfigur und die Elemente “Detektiv” und “Übernatürliches” nichts gemein hat, steht noch auf einem ganz anderen Blatt.
Widersprechen muss ich aber natürlich der Aussage, auch die Comics wären kein brauchbarer Horror. Bei den Aberhunderten von Ausgaben ist natürlich auch eine Menge halbgares Zeug dabei, aber WENN DD richtig funktioniert hat, war es meines Erachtens einer der besten und auch horribelsten Horrorcomics überhaupt. Ob durch die Vermischung mit Problemen der realen Welt, oder einfach die Verwirrung in den mindfuck-stories, in denen die Logik und Narrative zerbrochen wird, die melancholische Stimmung hat bei mir absolut funktioniert.
@ DMJ: Mag sein. Ich habe eine Handvoll Sammelbände gelesen – die haben mich nicht wirklich überzeugt.
Schließe mich da DMJ an. Da gibt es einfach bei der Vorlage sehr viel Stoff, mit viel “Auf” und ‘ner Menge “Ab”.
Was mich gerade nochmal interessieren würde: Ist sein Groucho-Marx-Kumpel da irgendwie eingebaut worden?
@ Mollari: Als Verkleidung auf Fotos.
Okay. Immerhin.
Das ist in der Tat eine positive Überraschung und ein hübscher Kompromiss für den Zuschauer!
Willkürlich werfe ich hier noch ein paar DD-Stories ein, die meines Erachtens zu den besten gehören, so dass der Vogel – sollte er sich da mal näher umgucken wollen – Ahnhaltspunkte nach meinem glorreichen Geschmack hat (deutsche Nummern und Titel):
#1 “Schatten”
#3 “Der lange Abschied”
#8 “Johnny Freak” (okay, etwas gutmenschlich)
#9 “Morgana” (meines Erachtens der beste Mindfuck)
# 33 “Necropolis”
# 54 “Erinnerungen aus dem Unsichtbaren”
Ahhhhhhhhhhhhhh ich hatte wie Wortvogel gehofft das der Film doch
irgendwie gut wird!
Na ja das war dann wohl nichts.
Danke für die Review.
Gruß
@ Andy: Wie gesagt – SCHLECHT ist er nicht. Und man hat genug Stoff, den Abend rum zu bringen. Es ist nur kein adäquater “Dylan Dog” geworden.
Na ja wenn Er auf DVD/Blu-Ray kommt werde ich Ihn mir ansehen.
So jetzt warte ich auf Green Lantern….aber das lese ich bisher auch nur …..durchwachsen!?
”das lese ich”
Ohh Gott ich glaube ich werde alt! oder Blind!
Routh hat es ja als Nebendarsteller in der dritten Staffel Chuck fast geschafft das die Serie gecancelt wurde. Seine Schauspielerei als hölzern zu bezeichnen würde Holz beleidigen.
Dazu kommt noch die unheimliche Ähnlichkeit zu Christopher Reeve.
..klingt, als hätten die Macher ähnlich wie die Verantwortlichen für “Van Helsing” gedacht..