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Jun 2011

Auf die Bäume, ihr Affen: Die uncharmant süffisante Gewaltbereitschaft von "Tim & Struppi"

Themen: Film, TV & Presse |

Es ist keine neue Erkenntnis, dass “Tim & Struppi”-Schöpfer Hergé sich gerne mal in kolonialen Bimbo-Klischees und antisemitischen Ausfällen erging. Die Comics sind, wie ihr Zeichner, ein Kind der Zeit und der Nation. Trotzdem kann ich nicht umhin, “Tim im Kongo” selbst in diesem Kontext für ein ungewöhnlich rassistisches Machwerk zu halten, auch oder gerade weil der Hauptplot banal und uninteressant ist.

Eine unglaubliche Szene hat aber weniger mit der skandalösen Darstellung von Schwarzafrikanern zu tun, sondern dem nonchalanten Umgang mit Großwildjagd und Gewalt. Es fällt auf, dass gerne geschossen und getötet wird, Blut aber selbst im Extremfall nicht fließen darf.

Ich bezweifle, dass diese Sequenz in einem der neuen “Tim & Struppi”-Filme zu sehen sein wird:
tim
Ihr glaubt, das sei schon nicht mehr zu übertreffen? Narren! Als Bonus ein Moment, der in den normalen Alben-Editionen gerne weg gelassen wird:
struppi
Der Hergé muss doch was geraucht haben!



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32 Kommentare
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Achim
Achim
21. Juni, 2011 20:22

Jups, das Nashorn (es steht im Grasland mit Bäumen, also ein Breitmaul) wird zerfetzt, nur wo ist das Blut?

Peroy
Peroy
21. Juni, 2011 20:25

Hah, das Viech einfach weggebombt ! Geil ! *LOL* ;*D

Lukas
21. Juni, 2011 20:39

Klassiker. 8)

Marcus
Marcus
21. Juni, 2011 21:00

Ich konnte noch nie nachvollziehen, was die Leute an dieser ollen Comic-Kamelle finden.
Aber der gehäutete Affe und das gesprengte Nashorn haben was – unerwartete Ultraviolence in Kinderbüchern FTW!

Dr. Peroya
Dr. Peroya
21. Juni, 2011 21:34

Aber wieder was gelernt: “Dokumentarfilm” = Tiersnuff 8)

Snyder
Snyder
21. Juni, 2011 21:34

Tim und Struppi war nach diesem Comic komplett anders. Da war der gute Pseudojournalist ja ein Überpazifist und das pure Gegenteil eines Tierquälers (hat ja sogar Freundschaft mit einem schaurigem Yeti geschlossen=

PabloD
PabloD
21. Juni, 2011 21:43

Wär das ein Computerspiel, gäbs sofort ‘ne Expertenrunde bei der Maischberger 🙂

Marcus
Marcus
21. Juni, 2011 21:59

@PabloD: mit Prof. Christian Pfeiffer.

DMJ
DMJ
21. Juni, 2011 22:20

Immer wieder schön, wie Tim da zum Leatherface der Affenwelt wird!
Wie es der Zufall will, arbeite ich gerade selbst an einem Comic, der sich an “Tim im Kongo” anlehnt – leider noch nichts fertig, so dass ich hier mal nicht schleichwerben kann.

Ackbarjones
Ackbarjones
21. Juni, 2011 22:24

Tim wollte nur seine alten Dynamit-Bestände nützlich loswerden. Siehe USA – Irak 🙂

Karsten
Karsten
21. Juni, 2011 22:28

Erinnert mich an “Dynamitfischen” ^^
Ich habe in meiner Jugend (also Anfang der 90er.. ) auch Tim und Struppi gelesen, aber ich kann mich an solche Szenen irgendwie nicht erinnern. Oder ich habs einfach nicht gerafft.. wer weiss. 😉

Wortvogel
Wortvogel
21. Juni, 2011 22:37

@ Karsten: Viele dieser Szenen waren aus den regulären Alben getilgt worden und werden mittlerweile in Sammlerausgaben wieder gedruckt.

Mencken
Mencken
22. Juni, 2011 07:52

Fairerweise sollte man erwähnen, daß dies eigentlich nur bei “Tim im Kongo” der Fall ist. War das erste (bzw. 2., wenn man “im Lande der Soviets” auch zählt) Album und Hergé hat sich von seinen Frühwerken und insbesondere den aufgeführten Szenen später immer deutlich (und glaubwürdig) distanziert. “Koloniale Bimbo Klischees und antisemitische Ausfälle” kann ich zumindest in späteren Werken nicht finden, die sind eigentlich alle sogar eher recht progressiv ausgefallen (für den Entstehungszeitraum).

Merlin
22. Juni, 2011 11:14

Ich musste bei der zweiten Szene spontan an diesen Klassiker denken:
http://www.youtube.com/watch?v=79tl2H3QzT0

Wortvogel
Wortvogel
22. Juni, 2011 15:49

@ Mencken: Meine Kritik an Hergé bezog sich nicht explizit auf die “Tim & Struppi”-Comics. Der Mann war, wenn man den Quellen trauen darf, wirklich so.

Mencken
Mencken
22. Juni, 2011 16:11

Mag sein, ich kenne nur eine Doku, die mal bei Arte lief, und da wurde eigentlich sehr deutlich gesagt, daß dies nur in seinen Jugendjahren der Fall war, was Hergé dann auch zeitlebens bitterlich bereute.

Comicfreak
Comicfreak
22. Juni, 2011 17:56

*facepalm*
..und wieder was velernt ^^

Stefan
Stefan
24. Juni, 2011 17:24

Die Affen sollen wirklich ernsthaft Schwarzafrikaner darstellen? Bin etwas geschockt…

Wortvogel
Wortvogel
24. Juni, 2011 17:27

@ Stefan: Sollen sie nicht.

labernicht
labernicht
25. Juni, 2011 15:01

Hanibal lässt grüßen^^

Jeeves
25. Juni, 2011 16:45

“sich gerne mal in kolonialen Bimbo-Klischees und antisemitischen Ausfällen erging.”
Das ist unter Kennern seit Jahrzehnten bekannt, aber jede Generation entdeckt’s wohl immer wieder neu. Gut so.
Übrigens hat Herge das nicht “mal gerne” getan sondern nur in seinen beiden ersten Geschichten, das oben Zitierte eigentlich nur in seiner zweiten (der Kongo-) Geschichte. Es hat auch was mit dem Zeitgeist zu tun, dem war er leider nicht 30 Jahre voraus. Das hat ihm wohl am meisten weh getan. Denn:
Alle folgenden, späteren Geschichten betonen eher das Gegenteil, die Menschlichkeit (Siehe z.B. “in Tibet”).
PS:
Ich seh’ gerade, Mencken hat das auch schon erklärt. Sehr gut und hilfreich, dass man hier seinen Kommentar noch verbessern kann. Danke.

Achim
Achim
25. Juni, 2011 18:27

Jean-Christophe Victor hat ja gerne die Comics empfohlen.

B. Kamm
B. Kamm
28. Juni, 2011 13:24

Also in meiner Band (von 1980) läuft das mit dem Nashorn aber anders ab. Tim legt sich an nen Baum und schläft ein. Sein Gewehr hat er an einen abgebrochenen Ast gehängt. Ein vorbeigrasendes Nashorn gerät das Gewehr dann versehentlich ans Horn, es ärgert sich, das Gewehr fällt auf den Boden, dabei löst sich ein Schuss. Das Nashorn läuft vor Schreck davon. Nix Dynamit. Ausgebombtes Nashorn, etc. Wobei direkt danach dann die Szene mit dem Büffel kommt, welches er dann aus Rache mit nem Felsbrocken erschlägt. Nicht wirklich schön. Die Affenszene ist aber so ungefähr auch in meinem Album. Nur der Text ist teilweise verändert. Beim Bild, in dem Tim gerade in das Fell schlüpft steht: “Ein Maßanzug ist das nicht…Aber (…)” – das “gerade” wurde also hinzugefügt bei Deinem Band. Und im nächsten Bild sagt er: “Hinter dieser Maske wird er den Menschen nicht vermuten!”, statt wie bei Dir: “So kann ich mich ihm nähern, ohne dass er Verdacht schöpft.”. Nächstes Bild (Tim klettert auf Baum): “(…)hat er keinen Verdacht geschöpft!”, statt:”(…)hat er nichts bemerkt.”
Im Vorletzten Bild drückt sich der Affe bei Dir sprachlich gewählter aus:”(…)Tauscht du den gegen das Beutetier?”, bei mir steht stattdessen:”(…)Tauschste ihn gegen das Beutetier?”. Aber ich fand die Szene als Kind schon reichlich gruslig. Dafür hat mir damals die Szene mit dem Krokodil super gefallen, wo Tim ihn mit dem Gewehr unschädlich macht. Böses Krokodil aber auch. 😉

Jan
Jan
7. Juli, 2011 18:13

Wasn Zufall, genau das Teil fiel mir letzte Woche auf ner Party in die Hände und ich war mir am nächsten Morgen nicht mehr ganz sicher, ob das wirklich so gewesen ist… in der Ausgabe schiesst er aber auch noch ohne Not ca. 15 größere Paarhufer über den Haufen, komplett bekloppt.
Eigentlich mag ich die anderen Tim&Struppi Comics ganz gerne, aber diese Geisteshaltung ist doch recht fragwürdig.

tomtom
tomtom
15. Juli, 2020 09:39

Hergé war wie wir alle ein Kind seiner Zeit. Er war Belgier und seinesgleichen hat damals im Kongo bestialisch gewütet. Die Sicht auf die Kongolesen und Achtung der Tiere war damals eine andere als heute, ihm das jetzt vorzuwerfen ist nicht fair

Anonymia
Anonymia
15. Juli, 2020 12:39
Reply to  Torsten Dewi

Meinens Wissens nach hat sich Hergé später aber deutlich davon distanziert.

Dietmar
15. Juli, 2020 13:12
Reply to  Anonymia

Boah, das ist wieder ein so interessantes Thema! Die Frage, was man wem in der Vergangenheit vorwerfen darf, wenn man aus heutiger Sicht auf Aussagen und Taten guckt, beschäftigt mich auch gerade, weil in den USA die Idee aufgekommen ist, namentliche Bezüge zu Kolumbus aufzuheben. Einerseits: Kann man Rassismus und auch daraus motivierte Rücksichtslosigkeit und Brutalität auch nur irgendwie mit “Zeitgeist” oder ähnlichem rechtfertigen? Andererseits: Sind solche Widerwärtigkeiten ein sinnvoller Maßstab, um von solchen Menschen Geleistetes nicht anzuerkennen und zu wertschätzen? Tom Cruise ist ein Religiot, bleibt ein Religiot und ist Sprachrohr und Posterboy eines widerwärtigen als Religion getarnten Unternehmens. Und trotzdem ist er ein grandioser Actionheld.

Anonymia
Anonymia
15. Juli, 2020 13:24
Reply to  Dietmar

Hmm – also altes kritisch hinterfragen meiner Meinung nach immer. Vorwerfen – ja, wenn der*diejenige die Meinung/das Verhalten nicht geändert hat. Deswegen alles zu vernichten? Das nicht. Ich weiß nicht, in welcher Form der Tim und Struppi-Band aktuell herausgegeben wird. Aber ich hoffe, dass falls sie Änderungen vorgenommen haben, wenigstens darauf hinweisen. Meiner Meinung nach, sollte man aber keine Änderungen vornehmen, sondern die kritischen Zeichnungen/Texte deutlich in irgendeiner Form markieren und kommentieren. Also zum Beispiel am Anfang des Heftes auf generelles eingehen – wie die Darstellung der Afrikaner. Und dann auf jeder Seite, auf der kritisches einzeln vorkommt, untendrunter einen Text stellen, in dem darauf hingewiesen wird. Wenn man nämlich alles einfach unkommentiert “reinwäscht” kann irgendwann eine Vergessens-Kultur entstehen – in der dann die alten Fehler wieder gemacht werden.

Alexander Freickmann
Alexander Freickmann
17. Juli, 2020 04:10
Reply to  Anonymia

Da er später sich so deutlich gegen distanziert hat, kann es auch sein, das Hergè grade am Anfang nicht volle Kontrolle über sein Werk hatte. Sein Herausgeber (ironischerweise ein Priester) war wohl ein strammer Nationalrechter (Fan von Mussolini usw) und bestimmte auch die ersten drei Reiseziele. Da würde es mich nicht wundern, wenn er auch bei einigen Stellen im Comic beeinflusst wurde oder einfach blauäugig vorging.
Die Entwicklung in Europa mag ihn dann vielleicht doch sensitiver für dieses Thema gemacht haben. Jedenfalls änderte sich sein Stil doch recht drastisch (zum positiven) ab 1934. Menschen sollen ja auch lernen können.