07
Okt 2010

Wortvogel: ist Rindvieh – hat Schwein

Themen: Neues |

Ihr erinnert euch an diese hässliche Geschichte – Mietwagen putt, Eigenverschulden, keine Vollkasko, dumm gelaufen.

Zusätzlichen Selbsthass generierte der Vorfall, weil ich ja problemlos Vollkasko hätte buchen können. Die Redaktion zahlt. Oder mein ADAC Gold-Rabatt. Aber nein, ich wußte es besser. Bumm.

Nun ist es so, dass man als Vielreisender immer diverse Karten in der Brieftasche hat, die angeblich lauter tolle Services bieten – mit hoher Treffsicherheit immer die, die man gerade nicht braucht. Aus lauter Verzweiflung studierte ich das Kleingedruckte der ADAC Gold Card. Null. Nicht deren Problem. Als nächstes war meine American Express-Karte dran, immerhin Business Gold. Da stand was von Mietwagen-Versicherung, Unfallschutz, etc. Ich hatte den Wagen auch mit der Karte bezahlt. Aber bei meinem Glück gilt sowas natürlich nur, wenn man auch über den telefonischen Amex-Reiseservice bucht.

Was blieb mir übrig? Ich ließ mich von American Express an die Axa vermitteln, die den Versicherungsschutz für die Karte übernimmt. Mietwagen ist Mietwagen. Wenigstens diese Minimalchance wollte ich nicht ungenutzt lassen. Es folgte ein nerviges hin und her von Unterlagen, denn aus Datenschutzgründen dürfen Sixt und Axa sich nicht direkt austauschen. Dann war lange Funkstille.

Vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon zum Verlag kriechen: “War doch irgendwie eine Dienstreise, und wieso muss ich das selber buchen, und wieso könnt ihr da nicht…?” Die Erfolgschancen der Strategie könnt ihr euch selbst ausrechnen.

Gestern um 11.05 holte ich das Protokoll von Sixt aus dem Briefkasten. Seitenlange Aufstellungen der gemachten Reparaturen, Ausfallgebühr, Verwaltungsaufwand, etc. Euch braucht nur diese Zahl zu interessieren:

zahl

Soviel kostet also der Spass, wenn man einem 3er BMW die Vorderachse bricht. Und genau diese Summe wollte Sixt nun von mir haben, und fragte flugs an, ob man das Geld der Einfachheit halber gleich von meiner Kreditkarte abbuchen könne.

Womit bewiesen war: Mit einer Selbstbeteiligung komme ich in diesem Fall nicht davon.

Mir wurde für ein paar Momente richtig schlecht.

Zehn Minuten später brachte ein City Kurier ein weiteres Schreiben. Hier der relevante Teil:

ax

Zwei Briefe in zehn Minuten. Katastrophe und Erlösung.

Ich habe mehreren Karten in der Brieftasche, mit denen ich zahlen kann. Meistens greife ich willkürlich eine heraus. Hätte ich an jenem Morgen bei Sixt eine andere Karte als die Amex gezogen, wären die 7521,06 Euro nun fällig. Es war Zufall. Kein Karma. Keine Vorhersehung. Kein Wink des Schicksals. Zufall.

Ich habe den ganzen Nachmittag gebraucht, um das zu verdauen. Dass mal NICHT der GAU eintritt. Dass mal NICHT der Kunde gefickt wird. Dass mal NICHT der Dusel das ist, was immer andere haben.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

23 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
faby, botschafter des lächelns
7. Oktober, 2010 22:11

hahaha 🙂 Krass! Weißt du, wenn du sowas in einer Geschichte schreiben würdest, würde jeder sagen: Ach was, im echten Leben passiert sowas nie…

MisterPink
MisterPink
7. Oktober, 2010 22:11

Ich beglückwünsche dich zu deinem Dusel, und verfluche dich dafür, dass du das Glück hattest, welches Tausende nach dir nun schmerzlich vermissen werde.

Das heißt, in nächste Zeit aus wahrscheinlichkeitstechnischen Gründen kein Auto zu mieten. Oder zumindest 3er keinen BMW.

The Riddler
The Riddler
7. Oktober, 2010 22:22

Glückwunsch, Junge! Diese Mischung aus Katastrophe und Erlösung innerhalb kurzer Zeit habe ich auch schon mal durchgemacht. Ich hatte danach das dringende Bedürfnis, Geld für irgendeinen wohltätigen Zweck zu spenden.

Torsten
7. Oktober, 2010 22:25

Sixt (bzw. u. U. der damit beauftragte Dienstleister) verhält sich etwas suboptimal, was Schadensregulierung einschließlich der Einforderung bereits bestehender und protokollierter Schäden angeht. Das habe ich selbst erlebt und das ist nur lustig, wenn man nicht selbst betroffen ist. Denn den Stress, Anrufe und Faxe und v. a. die Zeit bekommt man ja nicht bezahlt.

Wegen des grundsätzlich seltsamen Verhaltens (Google ist unser Freund) vermute ich, dass hier versucht wurde, über einen Deckelbetrag (1000 Euro? 2000 Euro oder mehr?) hinaus eine Summe vom Kunden abzugreifen, ohne dass dies eine Rechtsgrundlage hätte.

jack
jack
7. Oktober, 2010 22:32

Da kann man nur gratulieren!

Marko
7. Oktober, 2010 22:36

Glückwunsch! Deine Erleichterung ist gut “mitfühlbar”. 😉

Dietmar
Dietmar
7. Oktober, 2010 23:25

Hammer!

Achim
Achim
7. Oktober, 2010 23:29

Danke, das wollte ich unbedingt wissen!

Ich bin entrissen. Neugierde gestillt.

Shinjy
8. Oktober, 2010 00:38

Da kommt mir nur eine Frage auf: “Wo ist der *gefällt mir*-Button?” =)

Montana
Montana
8. Oktober, 2010 07:46

Und was lernen wir daraus? Vollkasko braucht man nicht. Das wäre überversichert. 😉

Jetzt, wo der Betrag beglichen ist: Ich hätte mit mehr gerechnet. Wenn man mal bedenkt, was Werkstätten heute für “Pipi-Kram” wie Ölwechsel verlangen, oder Autovermieter für nicht volle Tanks. War ja sicher nicht nur die “Achse” (sprich Radaufhängung) beschädigt, sondern auch Stoßfänger, evtl. Lenkung, Rahmen und was weiß ich. Dazu der Rattenschwanz von Sixt, also Wertminderung usw.

Chabneruk
Chabneruk
8. Oktober, 2010 08:21

Herzlichen Glückwunsch dazu 🙂

@Shinjy: Mach doch ne Wortvogel-Facebook-Gruppe, wenns die noch nicht gibt *g*

Der Steffen
8. Oktober, 2010 09:22

Da siehst du’s mal wieder: Das Leben schreibt immer noch die besten Drehbücher! Freut mich für dich, echt jetzt…

Comicfreak
Comicfreak
8. Oktober, 2010 13:32

..herzlichen Glückwunsch!

DMJ
DMJ
8. Oktober, 2010 14:49

Puh…das war verdammt knapp – praktisch wie das Feuerzeug in der Brusttasche, welches die fürs Herz bestimmt Kugel abhält.

Lukas
8. Oktober, 2010 15:02

Beim Schreiben eines Drehbuchs hätte ich mich nicht getraut, so eine Wendung unterzubringen. Weil: “Truth is stranger than fiction, but this is because fiction is obliged to stick to probability; truth is not.” – Good ol’ Mark Twain

Peroy
Peroy
8. Oktober, 2010 15:04

“Puh…das war verdammt knapp – praktisch wie das Feuerzeug in der Brusttasche, welches die fürs Herz bestimmt Kugel abhält.”

Soll gelegentlich vorkommen… deshalb zielt man besser auf den Kopf…

Peter Krause
8. Oktober, 2010 17:22

Wo is die Party?

Marcus
Marcus
8. Oktober, 2010 20:15

@DMJ, Lukas und Mister Pink: besser hätte ich es nicht sagen können.

@Wortvogel: Dir ist aber schon klar, dass dein Duselkonto damit für den Rest der Dekade überzogen ist, oder? Und zwar so hemmungslos, dass Du lieber gar nicht mehr vor die Tür gehst – falls über München ein Meteorit in die Erdatmosphäre eintritt, ein Flugzeug ein Triebwerk verliert o.ä., mache ich mir ernste Sorgen um dein Wohlergehen…. 😉

Andy
Andy
8. Oktober, 2010 20:27

Ich hatte so was ähnliches auch schon:
erst Schweißausbruch leichter Anfall von Verzweiflung
und ein paar Minuten später die Erlösung.
Tja und von der einen auf die anderen Sekunde ist das ”Leben” wieder schön.

Burner
Burner
9. Oktober, 2010 07:07

Du hattest ja in zweifacher Hinsicht Glück, weil keinem etwas passiert ist und Du nicht zur Kassa gebeten wurdest. Was Deinen Glückskontostand betrifft, so schliesse ich mich Marcus an. Aber wie dem auch sei: Weiterhin viel Glück!

Howie Munson
Howie Munson
10. Oktober, 2010 07:56

um es mit der Konkurenz zu sagen:
eine Firma die ihre Werbeversprechen hält = unbezahlbar…
http://www.youtube.com/watch?v=0Uj8MR-9mjg&#t=1m10s
http://www.youtube.com/watch?v=77PaqNiktYQ&#t=1m15

Umbra
Umbra
10. Oktober, 2010 11:43

“Puh…das war verdammt knapp – praktisch wie das Feuerzeug in der Brusttasche, welches die fürs Herz bestimmt Kugel abhält.”
Musst du mal auf Myth-Buster machen und es “testen”.

trackback

[…] kaum noch eine andere Möglichkeit als die Kündigung der Amex-Karte, die mir seit 15 Jahren treue Dienste geleistet hatte und die mit Dutzenden meiner Online-Konten verknüpft […]