Kath.net vs. Titanic: FIGHT!!!
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Ach, es ist zu schön, gerade weil es so erwartbar ist: Die Titanic nimmt den Mißbrauch-Skandal der Kirche aufs Korn und auf den Titel – und prompt empören sich eifrige Christen, fordern Zensur und Strafe, wo kommen wir denn da hin, etc. pp.
Die Reflexe funktionieren also bestens, und die indignierten Betbrüder und Schwestern bemerken nicht einmal, dass sie dem Frankfurter Satiremagazin in die Hand spielen: Je mehr Publicity, desto besser für die Auflage.
Heute gab es auf Kath.net einen Kommentar von Helmut Matthies, der exemplarisch die Humorlosigkeit und den masochistischen Opferinstinkt der Kirche widerspiegelt. Da gehe ich gerne mal in die Details…
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Wider die feigen Gotteslästerer
Anzeigen gegen 'Titanic'-Magazin
Ein deutsches Magazin bricht ein Tabu – und niemand in Kirche und Politik protestiert – Ein Kommentar von Helmut Matthies
Entweder hat Herr Matthies eine neue Definition des Begriffes "Tabu" gefunden, oder er kennt das Satiremagazin nicht besonders gut: "Der Papst kommt!" und "Ich war eine Dose" fand ich seinerzeit deutlich happiger.
Außerdem: Bleiben wir doch erstmal bei dem Tabu, kleine Jungs ungebührlich anzufassen…
München (kath.net/idea)
Wer je geglaubt hat, alle Tabus seien schon gebrochen, erlebte zum Osterfest, dass er sich getäuscht hat.
Hier hatte ich noch gehofft, es ginge um die Missetaten verschiedener Kirchenvertreter.
Hunderttausendfach prangt an Kiosken oder in Buchhandlungen das Titelblatt eines Magazins, auf dem in Großaufnahme zu verstehen gegeben wird, dass sich ein Geistlicher am Geschlechtsteil von Jesus Christus zu schaffen macht, während der Heiland der Welt auf schlimmste Weise stirbt: Er verreckt am Kreuz.
Das soll jetzt sicher schön krass klingen – bloß: Den Heiland verreckend am Kreuz zu zeigen, ist das Logo der Kirche, nicht der Titanic.
Sex mit dem sterbenden Jesus – das war bislang geradezu undenkbar.
Undenkbar war bislang auch der massenhafte Missbrauch von Schutzbefohlenen. Schön aber, was man in das Cover alles rein interpretieren kann, wenn man will.
Es ist schon ein Unterschied, ob man mit dem sterbenden Jesus "Sex hat", oder ob eine Cartoon-Figur in einer satirischen Zeichnung etwas andeutet, das als Sex mit einem hölzernen Abbild des Heiland gedeutet werden könnte.
Ich bin ziemlich sicher, dass Herr Matthies "Der Exorzist" nie gesehen hat.
Jetzt ist es Wirklichkeit geworden durch das deutsche Satiremagazin „Titanic“ aus Frankfurt am Main. So viel Blasphemie gab es noch nie!
Das würde ich so pauschal nicht stehen lassen. Da fallen mir noch ganz andere Sachen ein. Und genau genommen: So viel widerliche Enthüllungen aus der Kirche gab’s ja auch noch nie. Karma, Herr Matthies, Karma…
Die Herausgeber bieten den Titel auch noch als Hintergrundbild für den Computerbildschirm zum Herunterladen an.
Das macht es natürlich doppelt schlimm! Blasphemie hin oder her – aber bei Wallpapern hört der Spass auf!
Darf Satire sogar eine solche Grenze an Schamlosigkeit gegenüber dem Sohn Gottes, nach dem sich immerhin fast zwei Drittel der Deutschen nennen, überschreiten?
Sicher darf sie das. Die Natur der Satire ist die Provokation, und gerade Repliken wie diese beweisen ihre Wirkung.
Dabei war das Blatt mit nach eigenen Angaben hunderttausend Auflage feige: Warum dann nicht auch Mohammed im Sex mit einem Imam vereint – um sozusagen religiös ausgewogen zu diffamieren?
Weil die große gesellschaftliche Diskussion eben nicht darum wogt, wieviele Imame junge Moslems missbrauchen. Alles zu seiner Zeit – und gekniffen hat die Titanic bisher eher selten.
Aber schön, dass der Opferreflex funktioniert: Warum denn immer wir, warum denn nicht mal die anderen?
Das wagte das Blatt natürlich nicht! Das hätte ja nicht nur einen Aufschrei gegeben. Zahllose deutsche Botschaften in aller Welt hätten in Flammen gestanden, und halb Deutschland wäre über Ostern im bürgerkriegsähnlichen Zustand gewesen, denn auch die mittlerweile 4,3 Millionen Muslime in Deutschland hätten sich das nicht bieten lassen.
Möglicherweise. Das wäre aber auch nicht okay gewesen. Bereut Herr Matthies, dass die Christen mittlerweile nicht mehr zur Inquisition neigen?
Das zeigen die Erfahrungen mit den vergleichsweise harmlosen dänischen Anti-Mohammed-Karikaturen 2005.
Genau. Und es wäre angemessen, wenn die katholische Kirche (insbesondere angesichts der erwiesenen Missetaten) etwas mehr Demut beweisen würde. Wer so aus der Spur gerät, muss sich gefallen lassen, dass man mit dem Finger auf ihn zeigt.
Dass zu Ostern in Berlin von mutmaßlich Linksradikalen am Karfreitag eine nackte Jesus-Figur verkehrt herum ans Kreuz genagelt wurde, regte immerhin das Boulevardblatt „Berliner Kurier“ auf.
Ja und? Habt ihr Angst, ihm fließt zu viel Blut in den Kopf? Es ist EURER Logo. Ihr stellt euch seit 2000 Jahren in den Schatten dieses widerlichen Wahrzeichens des angeblichen Martyriums. Täglich gehen Millionen Kinder an dem gerne lebensgroßen und detailfreudigen Abbild eines Mannes vorbei, der an Händen und Füßen angenagelt verreckt ist. Dieser Sadomasochismus ist ekelhaft, und es wäre mehr als angebracht, das Kreuz auf breiter Front und grundsätzlich zu "entchristen".
Doch zu der unvergleichlich schlimmeren Gotteslästerung des „Titanic“-Magazins gab es keinen Aufschrei, obwohl täglich Hunderttausende mit dem blasphemischen Titelblatt an Kiosken und in Buchhandlungen konfrontiert werden.
Spekulieren wir mal über die Gründe:
Gerne. Vielleicht verstehen andere Menschen Satire besser. Sind toleranter. Definieren "Meinungsfreiheit" nicht bloß an dem, was ihnen in den Kram passt. Oder sind in dieser Zeit nicht geneigt, mit der Institution Kirche besonders viel Mitleid zu haben.
Hat das Schweigen damit zu tun, dass man sich sagt: Es ist eben Satire? Doch darf man einfach hinnehmen, dass an den wichtigsten christlichen Feiertagen der Kreuzestod Jesu derart gotteslästerlich missbraucht wird?
Ich finde das Verhalten der Kirche, den Missbrauch wie die Vertuschungen und die gerade trendige Medienkritik als erheblich gotteslästerlicher als alles, was die Titanic macht. Und ich habe das Gefühl, dass sich dereinst viele Priester deutlich mühsamer verteidigen müssen als der Chefredakteur eines Witzblatts.
Merkwürdig ist jedenfalls: Wenn einmal irgendein Kirchenleiter in idea kritisiert wird, wird er meist sofort von anderer Seite in Schutz genommen. Ist der Herr der Kirche weniger wichtig als der Kollege oder die Kollegin?
Jau. So ist das. Der ist nämlich ein Phantasieprodukt. Ich könnte auch Superman folgenfrei beleidigen. Ist er kein Phantasieprodukt, kann er sich prima wehren – Allmacht und so.
Und wenn Sie mal genau hinschauen: Eigentlich wird mit dem Cartoon ja nicht Jesus kritisiert, gelle?
Oder hat man Angst, als humorlos, prüde oder altmodisch zu gelten, wenn man den Herrn der Kirche vor so viel Schweinerei in Schutz nimmt?
Ich würde den Herrn derzeit gerne vor seinen eigenen Schäfchen in Schutz nehmen. Kann nicht leicht sein, momentan bei euch Chef zu sein. Wahrscheinlich ärgert der sich bodenlos über die mangelnde Voraussicht bei der Abfassung der Gebote: "Hätte ich wohl doch noch Nummer 11 reinnehmen sollen: Keine Kinder betatschen!"
Finde ich eigentlich sowieso spannend, dass Kindesmissbrauch genau genommen keinem Gebot widerspricht…
Oder ist man kirchlicherseits so erschüttert über die sexuellen Missbrauchsskandale, dass man lieber schweigt?
Wäre durchaus angemessen.
Doch kann das Versagen Einzelner in den Kirchen je diese Blasphemie rechtfertigen?
Kein Versagen Einzelner. Ein systemisches Versagen eines korrupten und lebensfremden Konstrukts, das nicht auf die Bedürfnisse der Menschen eingeht, sondern sie in barbarischer Weise knechtet. Der Missbrauch läuft dem katholischen Dogma nicht zuwider – er ist die konsequente Folge davon.
Im Übrigen haben der Papst, katholische Bischöfe wie evangelische Kirchenleiter die Missbrauchsfälle mit scharfen Worten missbilligt, um Verzeihung gebeten und Maßnahmen getroffen, die Ähnliches künftig verhindern sollen.
Na, dann ist ja alles okay. Schwamm drüber.
Das hättet ihr wohl gerne. Ich will die Täter vor Gericht und im Knast sehen. Ich erwarte konsequente Exkommunizierung. Wo sind die Schuldigen, wo sind die Strafen?
… und was ist mit den anderen?
Darauf habe ich gewartet. Schnell mal mit dem Finger auf andere zeigen. Aus dem Angeklagten wird fix wieder der Ankläger – hat ja historisch gesehen auch immer prima funktioniert.
Im Gegensatz dazu hat sich die vor allem aus der SED hervorgegangene Linkspartei bisher mit keinem Wort für die zahllosen Missbrauchsfälle zur DDR-Zeit in den 474 staatlichen Kinderheimen – besonders den 32 sogenannten Jugendwerkhöfen für Schwererziehbare – entschuldigt, die Honecker & Co. errichten ließen.
Die Linkspartei ist aus einer Fusion zweier Parteien hervorgegangen, von der die eine Rechtsnachfolger der SED war. Eine Entschuldigung für Unrecht in DDR-Kinderheimen wäre diskutabel, vielleicht angebracht – aber es ist schon sehr schmierig, jetzt den Scheinwerfer auf andere richten zu wollen, um sich dann wegzuducken.
Tatsache ist, dass auch von den jetzt die Kirchen scharf kritisierenden „Grünen“ bisher keine Distanzierung von sogar pro-pädophilen Aussagen einzelner Repräsentanten aus den 1970er und 1980er Jahren erfolgte.
Wenn einen Grünen-Politiker sich an Kindern vergeht und es rauskommt, wird er wie jeder andere Bürger der Gerichtsbarkeit ausgeliefert. Ich glaube nicht, dass die Grünen versuchen würden, solche Fälle erstmal stickum "intern zu lösen"…
Die Kirchen wissen, dass sie auf Sündern – angefangen vom „Fels“ Petrus – aufbauen. Sie haben im Falle des sexuellen Missbrauchs schmerzlich erfahren müssen, dass sie Sünden nicht erkannt oder benannt haben. So versuchen sie gegenwärtig, Buße zu tun und sich um Wiedergutmachung zu bemühen.
Es wird nur zugegeben, was nicht mehr zu verheimlichen ist, es werden immer noch Schuldige und Verantwortlichkeiten gedeckt, und bisher sehe ich KEINE Bereitschaft, die unzähligen Fälle als etwas anderes als tragische "Einzelfälle" zu bezeichnen. Strukturelle Konsequenzen? Bisher Fehlanzeige.
Das unterscheidet sie von anderen – auch anderen Religionen.
Und schon sitzen wir wieder auf dem hohen Ross der moralischen Überlegenheit. Man müsste drüber lachen, wenn nicht so viele Leute dran gelitten hätten.
Zu dem furchtbaren Massaker mit 40 Toten in Moskau haben sich Islamisten bekannt. Wo sind die muslimischen Führer, die erklären, Gewalt im Namen des Korans sei nicht legitim?
Die gibt es. Sicher sind sie nicht konsequent genug, aber es gibt sie.
Wieder wird auf andere gezeigt, wie beim Falschparker, der die Politesse anraunzt, sie solle doch lieber mal "echte Kriminelle" fangen gehen…
Übte jemand Gewalt, ob sexuell oder anderer Art, im Namen Jesu aus, könnte er sich nicht auf das Neue Testament und schon gar nicht auf den Herrn der Kirche berufen.
Ich mag den Konjunktiv in diesem Satz, dieses bezaubernd relativierende Element. Würde jemand, dann könnte er nicht. Aber jemand hat. Und jemand tut.
Zusammenfassend: Wenn die Kirche umfassende Reformen angeht, um massivem Missbrauch in Zukunft stärker zu begegnen, und wenn diese Maßnahmen erfolgreich und transparent umgesetzt werden – dann hat die Kirche vielleicht 100 wohlverhaltene Jahre später genug Buße getan, um sich über ein läppisches Satireblatt aufregen zu dürfen.
Dieser Beitrag von Herrn Matthies ist aber eher ein Hinweis, dass darauf nicht zu hoffen ist.
Bravo.
Besteht eine entfernte Chance, dass Herr Matthies dies a) liest und b) dazu Stellung bezieht?
Servus Torsten,
so leid es mir tut, aber ich finde Deine Replik bewegt sich auf einem ähnliche Niveau, wie der recht einfach gestrickte Kommentar von Herrn Matthes (sollte man den kennen?).
Im übrigen geht Dein Angriff fehl: Ich konnte nirgends entdecken, daß der Autor zu einem Verbot der Titanic aufgerufen hat. Wenn Du Dich also dafür einsetzt, daß die Titanic sowas darf (und ich finde den Titel lustig), musst Du auch damit leben können, daß damit gallige Reaktionen hervorgerufen werden. Freiheit des Andersdenkenden und so…
Im übrigen muß ich Herrn Matthes schon zugestehen, daß er im Vergleich mit den Mohammed-Karrikaturen nicht unrecht hat. Viele Präponenten des "linken Zeitgeists" wiesen damals darauf hin, daß man sowas ja nicht dürfe, weil das ja die armen Muslime beleidigt. Genau die gleichen, die danach in eine Kunstperformance gehen, in der nackte Menschen am Kreuz mit Schweineblut übergossen werden. Wenn schon, denn schon.
Im übrigen ist es ein wenig albern, hier "die Kirche" anzugreifen, wenn ein einsamer Kreuzritter von kath.net Luft verschafft.
Der Punkt in dem ich Dir in der Sache zustimme ist, daß die katholische Kirche konsequent gegen "echte" Fälle von Kindesmißbrauch vorgehen, bei der Strafverfolgung helfen und sich der Opfer annehmen muß. Hier wurden in der Vergangenheit massive Fehler begangen – jetzt ist die Chance da, wiedergutzumachen, was noch gutzumachen ist.
Yo, cooler Artikel…
ich finde, das ganze ist noch eher harmlos für titanic-Verhältnisse, der Kollege vom kath.net scheint wirklich nicht viel über dieses Blättchen zu wissen.
Und den Jungs Feigheit vorzuwerfen, ist mal so richtig witzig…
Schöner Beitrag – ich selbst habe es nicht über mich gebracht, die schleimige Moralverdrehung des Herrn Matthies im Blog zu verarbeiten: Mir ist einfach immer noch kotzübel.
Besonders schön ist ja auch, dass er der titanic "Feigheit" vorwirft – kath.net selbst aber keine Kommentarfunktion für nichtregistrierte Besucher anbietet. Man bleibt in solchen Fällen eben auch in virtueller Hinsicht lieber unter sich.
"Die Herausgeber bieten den Titel auch noch als Hintergrundbild für den Computerbildschirm zum Herunterladen an." – Und das sogar in allen denkbaren Größen und Formaten!
Seit ein paar Tagen gibt es auf der Titanic-Homepage außerdem die schönsten katholischen Wortmeldungen zu begutachten, die sich in der Redaktion eingefunden haben (Texte, Telefonanrufe, göttliche Eingebungen).
Auch wenn Herr Mathies nicht in einer für die katholische Kirche repräsentativen Position sein sollte, ist seine Reaktion meiner Meinung nach beschämend. Deine Antwort auf seine Äußerungen mag überzogen sein, aber im Kern stimme ich dir zu. Allerdings hat Jesus am Kreuz und die "Unterwerfung" der Gläubigen unter seine Bedeutung mal absolut gar nichts mit Sadomsochismus zu tun, denn es handelt sich hier um anerzogenes Verhalten, nicht um angeborene Neigungen.
Wunderbar, ich hab mir das Heft erst heute gekauft, unter den verächtlichen Blicken der Verkäuferin.
Mal was anderes: Wie gefällt Dir die Rubrik "Landratte"?
"Ich bin ziemlich sicher, dass Herr Matthies “Der Exorzist” nie gesehen hat."
Ich habe den Film 7 Mal gesehen und eine Sache kapier' ich bis heute nicht: In wirklich jedem Artikel zu dem Film wird die Szene mit dem Kruzifix als "Masturbation" bezeichnet. Sorry, I don’t get it. Es ist eindeutig keine Masturbation, sondern eine Selbstverstümmelung. Was geht bei den Rezipienten im Kopf vor… ?!?
Yep, so sehr interessieren mich die katholische Kirche und die Titanic, dass ich mir den kleinen Satz aussuche, um drauf zu antworten… bezeichnend…
Satire sollte das dürfen, was die Titanic gemacht hat. Ich find die Titelseite witzig und treffend.
Der Umgang der katholischen Kirche (das kann ich selber als Katholik sagen) ist ziemlich skandalös, insbesondere in der Verschleierung und der fehlenden Fähigkeit zur Selbstkritik. Das ist ein jahrhunderte alter Apparat, der so in der Gegenwart einfach nicht mehr funktioniert (nicht, dass dieses Verhalten früher besser gewesen wäre)
"Ich will die Täter vor Gericht und im Knast sehen. Ich erwarte konsequente Exkommunizierung. Wo sind die Schuldigen, wo sind die Strafen?" – das kann ich nur so unterschreiben. Letztendlich würde es anderswo nicht wesentlich anders laufen – macht die Sache aber keinen Deut besser.
Davon abgesehen muss ich aber Stephan in großen Teilen zustimmen. Den Artikel hier hättest du dir schenken können, der ist in weiten Teilen nicht besser als das Geschreibsel von Herrn Matthies. Du forderst Meinungsfreiheit, ziehst auf der anderen Seite über den katholischen Glauben her. Herr Matthies versteht das Konzept der Satire nicht, du akzeptierst keine Religiösität – beides zeigt von ziemlicher Intoleranz.
Kleiner Nachtrag:
Nein, ich glaube eine entsprechende Mohammed-Karikatur auf dem Cover würde sich selbst die Titanic nicht trauen.
Man sollte doch meinen, er wär wenigstens so schlau, nicht "gotteslästerlich missbraucht" zu schreiben, wenn’s nicht um den Missbrauch von Kindern geht. Das ist echt frech.
"so leid es mir tut, aber ich finde Deine Replik bewegt sich auf einem ähnliche Niveau, wie der recht einfach gestrickte Kommentar von Herrn Matthes"
OMFG! Es liegt mir fern, den Chef hier zu verteidigen, weil der das selber wesentlich besser kann. Bin schon mal gespannt auf die Antwort, falls es eine gibt. Aber wie jemand ernsthaft diesen Beitrag auf Niveau des Matthies-(ja, er heisst "Matthies")Artikels sehen kann, ist mir jenseits von schleierhaft.
@Mohammed-Karikaturen-Argument:
Eine Mohammed Kariakatur wäre erst angebracht, wenn es den gleichen Skandal im Islam gäbe. Ich weiß wirklich nicht, was der Vergleich mit Mohammed soll. Die Muslime regen sich im Übrigen im Allgemeinen über jede Abbildung Mohammeds auf, egal in welcher Form. Darstellungen von Gott und Jesus sind im Christentum allgemein nicht verpönt. Von daher entbeert solch ein Vergleich von vornerein jeglicher Logik.
@Kruzifix:
Ich finde die Stellung vom Wortvogel zum Thema leidender Jesus am Kreuz auch folgerichtig. Jahrtausende lang wird ein Sterbender in seiner schlimmsten Stunde gezeigt und gehuldigt. Eine Darstellung, die heute mit Phantasie und dem Faktenhintergrund als Wissen nun einen Missbrauch an dieser Figur deuten lässt, soll schlimmer sein, als tatsächlicher Kindsmissbrauch? Ich glaube auch nicht, dass nur irgendein Kind dabei solch einen glücklichen Gesichtsausdruck dabei hatte.
Gibt es eig. schon ein Godwin’s Law – Pendant für Mohammed-Karikaturen / Islam im Allgemeinen? So langsam wirds doch glaube ich Zeit.
Den Kern trifft der Wortvogel aber ganz super: Dieses Kleinkindhafte Wegzeigen: "Aber die haben doch auch…:!" Als ob ein Übel ein anderes ungeschehen macht oder relativiert. Moralische Überlegenheit hat doch so gut wie niemand in dieser Welt, vor allem nicht solche Institutionen.
Und selbst wenn muslimische Führer das verurteilen – wen juckts? Im Islam gibts keine bindende geistliche Führungspersönlichkeit. Aber so weit reicht der Blick über den Rand mal wieder nicht.
Irgendwer sagte doch neulich "Die Toleranz des einen hört bei der Intoleranz des anderen auf"……finde ich sehr treffend.
Sorry, aber ist dieser Beitrag hier um Leserzahlen zu erhöhen? Wissen wir denn nicht alle, was für ein riesen Scheiß bei der Kirche abgegangen ist und leider immer noch abgeht? Und wissen wir nicht auch alle, was die Titanic ist? Naja aber auf fahrende Züge springen ist immer gut. Nur leider find ich den Artikel ziemlich öde. Aber gut, du sagst ja oft, dass du einfach nur über Dinge schreibst die dich interessieren und wenn dir beim Lesen der Titanic und dieser besagten Diskussion das alles durch den Kopf ging und du es mit deinen Lesern teilen möchtest. Gut. Deine Sache. Ach übrigens, auch wenn ich den Beitrag doof und nichtssagend fand, werde ich trotzdem Leserin deines Blockes bleiben.
Hallo Wortvogel,
ein paar Gedanken von mir zum Thema:
1.) Das Titanic-Titelbild finde ich, unabhängig vom "Darf man das?", nicht sehr gelungen. Plump, grob, auf selbstzweckhafte Provokation aus, und, was das Schlimmste ist, absolut nicht lustig.
2.) Die wahre Pointe ist dir aber entgangen: Matthies' Replik an sich ist eine viel lustigere und biterbösere Satire als alles, was die Titanic sich hätte ausdenken können. Die ganze widerliche Engstirnigkeit und Selbstgerechtigkeit der Kirchenoberen konzentriert auf den Punkt gebracht. Und das Sahnehäubchen auf der Pointe: es ist ECHT.
3.) Du schreibst: "mehr als angebracht, das Kreuz auf breiter Front und grundsätzlich zu “entchristen”. " Was meinst du damit?
4.) Und hier gehst Du, bei aller angebrachten Empörung, zu weit:
"Der Missbrauch läuft dem katholischen Dogma nicht zuwider – er ist die konsequente Folge davon."
Hui. Denk darüber bitte nochmal nach. Der erste Teil ist sachlich schlicht falsch – vgl. "Nächstenliebe". Und den zweiten hast du vielleicht im Eifer des Gefechts falsch formuliert: ich glaube, du meinst "die Vertuschung desselben ist die direkte Folge der Kirchenstruktur und der damit verbundenen Weltsichten und Denkweisen: denn 'es kann nicht sein, was nicht sein darf'."
5.) Man liest aus deinen Kommentaren leicht heraus, dass du mit der katholischen Kirche und organisierter Religion im Allgemeinen ein Problem hast. Davon wird ein Großteil der richtigen Dinge, die du sagst, nicht falsch, aber es verleiht dir hier einen leicht hysterisch-aggressiven Unterton (z.B. in der Tirade zum "SM-Kruzifix" oder dem Tiefschlag "Kindesmissbrauch verstößt nicht gegen die zehn Gebote" – das tun Folter, Vergewaltigung und Steuerhinterziehung, um nur ein paar Beispiele zu nennen, streng genommen auch nicht), der es denen, die nicht ohnehin mit dir einer Meinung sind, zu leicht macht, deine Argumente als "Anti-Kirchen-Propaganda" abzutun.
@Peroy: die Exorzist-Szene mit dem Kruzifix "Masturbation" zu nennen, fand ich auch schon immer absonderlich: ich meine, sie rammt sich das Ding ihr-wisst-schon-wohin, bis es blutet. Jesses… Die wirklich interessante Frage aber ist doch: wieso schaust du dir diesen überschätztesten und drögsten aller Horrorfilme so oft an?
@Marcus: Christliche Dogmen mit einem Verweis auf die "Nächstenliebe" verteidigen zu wollen, ist im Kontext der aktuellen Debatte eventuell minimal unglücklich.
@Lari
Kinderfickerei als Ausfluß christlicher Dogmen zu bezeichnen, ist zu jeder Zeit maximal dämlich.
@Thema Mohammend-Karikaturen
Einfach mal lesen, was ich dazu geschrieben habe und nicht wilde Behauptungen durch die Gegend posaunen.
@Stephan: Das sagst Du. 120 Jahre Psychoanalyse sagen was anderes.
@Lari:
Also bitte.
1.) Du kennst mich nicht. Ich bin das genaue Gegenteil eines Verteidigers der Kirche. Im Gegenteil, ich sehe organisierte Religion genauso negativ wie vermutlich die meisten hier.
2.) Du bist hier nicht ernsthaft auf den naheliegenden Kalauer zum Wort Nächsten"LIEBE"aus, oder? Falls doch: har-frakkin'-har. Falls nicht: siehe nächster Punkt.
3.) Zu sagen, "Missbrauch läuft dem katholischen Dogma" nicht zuwider, ist einfach FALSCH. Das Grunddogma des christlichen Glaubens lautet doch, wie Jesus selber sagte: "Liebe deinen Nächsten mehr als dich selbst." Die katholische Kirche sagt (neben vielen anderen, oft vollkommen schwachsinnigen Dingen) im Kern nichts anderes. Und wie das Konzept "Kindesmissbrauch" da reinpassen soll, geht wirklich über meinen Verstand. Dieser eine Satz "Liebe deinen Nächsten" sagt jedem Christen, der es ernst meint mit seinem Glauben, unmissverständlich, was von Kindesmissbrauch und der Vertuschung desselben zu halten ist. Und nichts anderes wollte ich sagen: wenn man die Haltung der katholischen Kirche in diesem Skandal mit den Prinzipien des christlichen Glaubens vermischt, indem man erstere durch Angriffe auf letztere kritisiert, so ist das einfach inhaltlich falsch. Leider machen das aber viele, insbesondere dann, wenn sie mit der Kirche eh ein Hühnchen zu rupfen haben oder von der Borniertheit der Reaktion der Kirchenoberen frustiert sind und deshalb so hinlangen wollen, dass es "weh tut". Letzteres ist verständlich, aber für die Debatte nicht hilfreich. Der Glaube "deckt" die Missbrauchsfälle nicht, die Kirche tut das.
Kurz gesagt: ja, natürlich agiert die katholische Kirche hier im Widerspruch mit den Prinzipien des Glaubens (die eben auch ihre eigenen sind oder ihrem eigenen Anspruch gemäß zumindest sein sollen). Aber nochmal: das ist die Schuld der Kirche, nicht die der Prinzipien. Nicht die Prinzipien sind falsch, die Handlungen der Kirche sinds. Das wollte ich damit sagen: mit seinem Statement zeigt der Wortvogel auf der Suche nach Schuldigen einfach auf das Falsche. Es ist ein Problem der Kirche, nicht des Glaubens.
Kleiner Nebensatz: Für mich stellt sich das ganze Thema wieder einmal ein Beispiel für das Hauptproblem dar, dass ich persönlich habe, wenn mir einer mit einer Bibel vor der Nase herumwedelt: das Problem mit Religion ist nicht der Glaube an Gott an sich, sondern dass, was organisierte Religionen (nicht nur das Christentum!) im Laufe der Jahrtausende draus gemacht haben.
"während der Heiland der Welt auf schlimmste Weise stirbt: Er verreckt am Kreuz."
Naja, es gibt schon schlimmere Todesarten, als am Kreuz zu sterben. Verbrannt werden zum Beispiel.
Kreuzigung ist Firlefanz.
Nun ja Gregor, kreuzigen ist deswegen so unfein, weil es schön lange dauert. 48 h und mehr, je nach Witterung und Publikum. Da haben die Knochen die Gelegenheit sich durch die mürben Innereien zu drücken. Verbrennen wäre mir da lieber. Die Römer verstanden etwas von Öffentlichkeitsarbeit.
B.t.w, diese Titanic hat mir wieder 30 min U Bahn versüßt.
Wieder einmal ein schoenes Beispiel fuer Fatwa-Neid. Ein Christ, der genussvoll-sehnsuechtig beschreibt, was die Muslime alles an Gewalttaten verueben wuerden, die ihm leider versagt bleiben. Ebenfalls nicht ueblich, dass die Fakten dabei verdreht werden. Titanic hatte zB ihren Mohammedsaehnlichkeitswettbewerb, der wohl auch so manchen Muslim geaergert hat.
"@Peroy: die Exorzist-Szene mit dem Kruzifix “Masturbation” zu nennen, fand ich auch schon immer absonderlich: ich meine, sie rammt sich das Ding ihr-wisst-schon-wohin, bis es blutet. Jesses… Die wirklich interessante Frage aber ist doch: wieso schaust du dir diesen überschätztesten und drögsten aller Horrorfilme so oft an?"
Ist ein guter Film und läuft oft inner Glotze.
@par ci val: Mag sein, aber dafür ist man an der frischen Luft.
(Tut mir leid, aber den konnte ich mir jetzt nicht verkneifen.) 😉
"Nun ja Gregor, kreuzigen ist deswegen so unfein, weil es schön lange dauert. 48 h und mehr, je nach Witterung und Publikum. "
Immerhin, Jesus hat nicht so lang gebraucht.
@ Dr.No -Das Leben des Brian ! 😉 . ich empfehle der kath. Kirche. 10x täglich diesen Film und dann 10x noch einen von Russ Meyer hinterher ,zur Zölibatsüberwindung. Zusätzlich die tägliche Lektüre aller Titanic-Ausgaben von 1517 bis heute!
Lustig und erstaunlich ehrlich, dass er seine Schlussbemerkung auf das Neue Testament beschränkt. Weil er weiß, dass sie sonst nicht mehr stimmt.
Und das letzte Mal, als ich nachsah, waren noch beide Teile das Wort Gottes.
Okay, full disclosure vorneweg: Ich bin Atheist, war aber zuvor lange Zeit in der katholischen Kirche aktiv und hab' mich mit dem Thema entsprechend intensiv auseinandergesetzt.
Zum Thema "Pädophilie und christliche Dogmen": Es muss unterschieden werden zwischen "christlich" und "katholisch".
Nächstenliebe ist ein christliches Gebot. (Kein christliches Dogma, denn Dogmen gibt’s m.W. nur bei den Katholiken.) Der Zölibat, dem von vielen Seiten eine Mitschuld an den Missbrauchsfällen gegeben wird (m.E. zu Recht, denn vollkommene sexuelle Abstinenz läuft den natürlichen Trieben des Menschen zuwider), ist ein katholisches Dogma, aber nicht im christlichen Glauben verankert. Er leitet sich nicht direkt aus der Bibel ab, und es gibt jede Menge christlicher Gemeinschaften (sogar bei den "Die Bibel ist wörtlich zu interpretieren"-Spielarten der Evangelikalen), die kein Problem mit verheirateten Familienvätern als Priester haben.
Der Grund, aus dem die Katholiken den Zölibat einführten, war auch ganz und gar weltlicher Natur: So sollte im Mittelalter vermieden werden, dass die Kirche – damals eine politische Großmacht – durch Erbfolge an Geld, Land und Macht verlöre. Eine rein politische Entscheidung also, die weder mit Jesus noch mit Glauben zu tun hatte.
Der Papst könnte sie mit einer Unterschrift ändern, dafür müsste kein Satz in der Bibel umgeschrieben oder umgedeutet werden, niemand müsste seine Priesterweihe oder sein Taufversprechen erneuern, und die katholische Kirche wäre nicht weniger "christlich" als zuvor.
Wenn der Wortvogel also den Kindesmissbrauch als "konsequente Folge des katholischen Dogmas" bezeichnet, attackiert er nicht den christlichen Glauben sondern das Ehelosigkeits-Dogma der Katholiken. Er macht’s als Atheist, aber sogar Christen könnten sich dieser Kritik problemlos anschließen, ohne das Gefühl haben zu müssen, ihren Glauben zu verraten.
Du sprichst mir aus der Seele. Danke dafür.
Wortvogel bleib bei Deinen Leisten. Als Kirchenkritiker bist Du eine Fehlbesetzung. Überflüssig und banal.
@Baumi:
Zu deinen Ausführungen zum Zölibat: d’accord.
Ich hatte den Begriff des Wortvogels "katholisches Dogma" etwas allgemeiner verstanden und entsprechend argumentiert.
Wenn man darunter aber nur den Zölibat versteht, dann hat der Wortvogel ja im Endeffekt auch nichts grundlegend anderes gesagt als ich.
Full disclosure hintendran: ich bin Agnostiker mit Tendenz zum Atheisten. 😉
@Marcus: Mir ging’s umgekehrt – ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, es auf was Anderes als den Zölibat zu beziehen. Kann aber natürlich sein, dass ich den Vogel da falsch interpretiert hab. (Jetzt fangen wir schon an, Dewi-Exegese zu betreiben. 😀 )
nochmals @Baumi:
Nur bei der Frage einer Mitschuld des Zölibats an Missbrauchsfällen muss man freilich aufpassen. Der Zölibat schafft ja keine Pädophilie, aber er zieht Menschen an, die (aus welchen Gründen auch immer) ihre sexuellen Bedürfnisse unterdrücken wollen oder müssen. Deshalb ist m.E. der Zölibat bestenfalls mitschuldig an der Häufing solcher Fälle in der katholischen Kirche, nicht aber an deren Vorkommen an sich.
Und das nur die Katholiken Dogmen kennen, stimmt so auch nicht. Die haben die Protestanten auch, sie nennen sie nur nicht "Dogmen". Und ich vermute, auch die Scharia des Islams (die, so hab ich mir sagen lassen, ja mehr umfasst als nur ein mittelalterlich anmutendes Strafrechtskonzept) enthält Glaubensgrundsätze, die man als "Dogmen" bezeichnen kann.
Aber zugegeben, die Katholiken haben unter allen christlichen Kirchen wahrscheinlich die meisten und die penetrantesten Dogmen (Zölibat, Heiligenverehrung, Reliquien, die Unfehlbarkeit des Papstes unter bestimmten Umständen).
@Baumi:
Undifferenziertes Christen-Bashing ist (besonders bei all dem Schwachsinn, den man dieser Tage zum Thema Missbrauch und Kirche so oft hört) so ein bisschen mein privat liebstes rotes Tuch. Ich gönne jedem seine Meinung, aber es ist schon auffällig, wieviele Schwätzer in den Medien heutzutage undifferenziert daherreden dürfen, um sich wichtig zu machen. Man kann ja nicht mehr Maischberger, Plasberg, in die FAZ o.ä. gucken, ohne mit den Zähnen knirschen zu müssen.
Will sagen: kann auch gut sein, dass ICH im Eifer des Gefechts in des Wortvogels weise Worte was reininterpretiert habe, was gar nicht da ist.
Das mit den Dogmen war von mir tatsächlich Wortklauberei. Und durch einen Blick in die Wikipedia hab' ich jetzt auch noch gemerkt, dass ich doppelt daneben lag: Nicht nur, dass auch andere Kirchen als die Katholische Dogmen haben, die sie auch so nennen, nein, der Zölibat gehört eben genau nicht zu den Dogmen – sonst wäre er nämlich ein von Gott offenbarter Glaubenssatz, der sich eben gerade nicht per Federstrich wieder ändern ließe. Das ist nämlich das Besondere an Dogmen und deshalb gibt’s auch nur so wenige davon.
Ist umgangssprachlich wie im Wortvogel-Post recht egal, aber peinlich, wenn man wie ich mit Halbwissen den Besserwisser spielt. :-/
Was undifferenziertes Christen-Bashing angeht: Klar, undifferenziertes Bashing ist immer schädlich – allerdings geht es doch im Moment in den Medien eher gegen die Institutionen als gegen den Glauben, oder?
Mehr als das übertriebene Draufhauen auf die Amtskirche in Krisenzeiten stört mich auch die unreflektierte Akzeptanz der Religion, die ja bisher in den Medien der Normalfall war und u.A. auch dadurch bedingt sein dürfte, dass bei den ÖR-Programmen Kirchenvertreter mit im Boot sind.
Mich irritiert es schon, wenn ich an jedem Sonntag Morgen auf WDR 5 statt der üblichen scharfsichtigen (wenn auch deutlich linkslastigen) politischen und gesellschaftlichen Analysen plötzlich nur noch christliches Programm höre.
Ich finde es ja gar nicht schlimm, dass es Sendungen für religiöse Menschen gibt, aber es ist doch befremdlich, wie sehr der christliche Glaube als selbstverständlich und positiv besetzt vorausgesetzt wird.
Kann aber auch sein,dass ich da einfach nur verstärkt sensibilisiert bin, weil ich im Moment privat viel in der Türkei bin, wo der Widerstreit zwischen Religion und säkularisierter Gesellschaft eine ganz andere politische Dimension hat als bei uns.
also ich mag auch undifferenziertes Christenbashing(und auch all der anderen Vereine natürlich)
Wegen dem verrecken am Kreuz – da scheinen ja auch manche Christen ihre Freude dran zu haben – zumindest beim zuschauen. Sonst hätte der Gewaltporno Passion Of Christ nicht so viele Zuschauer gehabt. Das passende Video dazu: http://www.youtube.com/watch?v=l4P6wBz-xOc
@Oibert: In dem Film wurde heftigst übertrieben, aber nicht wegen des Folterns an sich, sondern um zu betonen, wie groß das Opfer war. Es gab und gibt sicher erheblich brutalere Foltermethoden als die Kreuzigung.
Ansonsten kann man doch nur sagen, dass es unglaublich und widerwärtig ist, wie sich eine Organisation verhält, die für sich in Anspruch nimmt, durch den unfehlbaren Papst Nachfolger Christi zu sein! Die Kirche hat schlimmstmöglich versagt. Ich mag da nicht mehr streiten über Fragen, ob Jesus tatsächlich gelebt habe, wie das gerne mal angezweifelt wird, auch hier im Artikel angedeutet. Ob etwas ein Dogma oder Sakrament oder was auch immer ist, ist mir an dieser Stelle auch herzlich egal. Und ganz bekloppt ist, zu recht laut werdende Kritik substanzlos abzubügeln (,,bleib bei Deinen Leisten", ,,Beitrag ist öde"). Hier darf es keine Zurückhaltung geben, hier sollten alle, die klaren Verstandes sind, Position beziehen: Die Kirche hat versagt, als es darum ging, Schutzbefohlene zu schützen, und jetzt missbraucht sie die Traumatisierten ein zweites Mal, indem sie in dieser ganz richtig kritisierten Art und Weise damit umgeht. Der Begriff ,,Skandal" ist da nicht weitreichend genug.
Ich erwähne an der Stelle mal nur kurz den Bischof von Teneriffa:
Bernando Alvarez said that there are 13 year olds who are wanting to be abused, and 'if you are careless they will provoke you'
Okay, 40 Kommentare sind genug, um mich auch mal wieder klärend zu äußern:
Wie einige Schreiber schon vermuteten, geht es eben NICHT um undifferenziertes Christen-Bashing. Ich klage nicht einmal die Institution Katholische Kirche wegen der Missbrauchs-Fälle an. Ich beschwere mich nur konkret wegen des Umgangs der organisierten Kirche mit den Vorwürfen, und dem in meinen Augen verstörenden Versuch, durch Fingerzeige auf andere Fälle von der eigenen Schuld abzulenken. Außerdem ärgert mich die Weigerung, das Problem über den Einzelfall hinaus auch nur zu analysieren.
Nächster Punkt: Ich meinte in der Tat, dass das Zölibat (und einige andere Praktiken und Rituale in der KK) Heuchelei, Missbrauch und Vertuschung fördert. Es muss gar nicht so schlimm sein wie in den genannten Fällen: Die Geschichte ist voll von schwangeren Nonnen, und Priestern mit erstaunlich intimen "Haushälterinnen". Auch hier: Kein Versuch der Kirche, das Problem mal grundlegend anzugehen.
Der Vorwurf, meine Kritik als Atheist sei natürlich vorhersehbar und deshalb weniger glaubwürdig, ist wieder einmal sehr entlarvend: Die meisten in sich geschlossenen Systeme bevorzugen das Prinzip "Kritik ja, aber nur von innen". Gerade weil ich als Atheist nie die Dogmen unterstützt habe, die zu den Missbrauchsfällen geführt haben, besitze ich durchaus das Recht, den ersten Stein zu werfen (pardon). Um es anders zu sagen: Kath.net wirft Steine im Glashaus. Ich werfe auch Steine – sitze aber eben nicht im Glashaus. Wer das in einen Topf wirft (Steinewerferei ist Steinewerferei), klammert willkürlich die Schuldfrage aus.
Noch ein paar konkrete Antworten:
@ Acula: Er wird sich hier wohl kaum zur Diskussion stellen. Solche Menschen wollen proklamieren, nicht diskutieren.
@ Stephan: Wenn ich Anzeige wegen eines Covers erstatte, äußere ich damit den Vorwurf, dass es veröffentlicht wurde. Es ist nur deswegen keine Zensur, weil die Katholen nicht vorab Gelegenheit hatten, dagegen vor zu gehen. Und wie ich schrub: Ich greife Herrn Matthies an, weil sein "offener Brief" sehr exemplarisch für das Verhalten der Katholischen Kirche in dieser Sache ist.
@ Heino: Ich glaube schon, dass sich die KK als Machtstruktur hinter dem Opfergedanken versteckt, wie es Religionen gerne tun. Es wird mit der Entschuldigung unterdrückt, dass man sich gegen Unterdrückung wehren wolle. Das gebrachte Beispiel von "Die Passion Christi" und der Verweis auf den Menschen als Sünder in Herrn Matthies Brief scheint mir da sehr deutlich. Der Christ der Katholischen Kirche ist ein Opfer, weil sein Gott ein Opfer war. Das erklärt vieles, was Christen nicht gerne hören.
@ AlphaOrange: "Du forderst Meinungsfreiheit, ziehst auf der anderen Seite über den katholischen Glauben her." – ganz genau. Das ist EINE Seite der Medaille, nicht zwei. Ich fordere und habe die Meinungsfreiheit, die KK zu kritisieren, und dafür kann man wiederum mich kritisieren. So läuft das. Anzeigen, Anklagen, und Rufe nach Zensur sind hingehen keine probaten Mittel, sich gegen Kritik zu wehren.
@ Marcus: Ob man das Cover lustig findet, ist nicht relevant. Mit "entchristen" meinte ich die Entfernung der Jesusfigur vom Kreuz. Ich habe nichts gegen das Kreuz als "Logo" einer Religion, aber die brutale Darstellung eines Foltertods gehört vielleicht in die Kirchen, nicht aber in die Öffentlichkeit. Ich bin nicht hysterisch oder aggressiv. Meine Kritik richtet sich nicht gegen Religion, nicht gegen Christen, sondern gegen Verteidiger der KK, die selbst angesichts der massenhaften bewiesenen Missbrauchsfälle lieber auf andere zeigen, und jetzt schon stöhnen, man müsse doch auch mal gut sein lassen können.
@ Baumi: Danke, deine Beiträge ersparen mir hier viel Schreiberei.
Das Zitat des Bischofs von Teneriffa ist symptomatisch: Hauptsache, jemand anders ist schuld, egal wie tief dafür in die Gülle gegriffen werden muss. Es wurde ja auch schon mehrfach angemerkt, dass eigentlich die permissive Gesellschaft schuld ist, die 68er, etc. Besonders zynisch fand ich die Ausssage aus dem Umfeld von Zollitsch, die Vorfälle dürften eben NICHT dazu führen, dass man jetzt das Zölibat und die Ehelosigkeit zur Diskussion stellt. Dass die KK so offensichtliche Zusammenhänge immer noch hartnäckig bestreitet, lässt mich an einem Reformwillen doch ganz klar zweifeln.
Und tatsächlich wartet ich immer noch auf die monothematische Rede von Papst Benedikt, der als unfehlbarer Stellvertreter des Herrn die eigene Fehlbarkeit einräumt, sich ohne wenn und aber entschuldigt, und nicht wieder verklausuliert die Medien attackiert. Es reicht einfach nicht, wenn Bischöfe der Presse stecken, man könne private Äußerungen des Papstes durchaus als Sorge um den Zustand der Kirche deuten. Bei sowas könnte ich immer vor Wut mein Radio treten…
Tatsächlich finde ich, dass man hier tatsächlich die Institution an sich anklagen sollte: Das würde ich verlangen, wenn beispielsweise in einem Sportverein nachhaltig, über Jahre und Jahrzehnte und vom Vorstand vertuscht Kinder missbraucht worden wären. Die Kirche nimmt für sich aber in Anspruch, quasi gottgesandt moralische Instanz zu sein. Als solche kann sie den Schutz aufgrund menschlicher Fehlbarkeit nicht in Anspruch nehmen.
Als Institution muss sie ihrer selbst formulierten Aufgabe gerecht werden und institutionelle Mechanismen etablieren, die dafür sorgen, menschliche Verfehlungen zu minimieren; schließlich geht es um nicht weniger als die Nachfolge Christi.
Hier versagt die katholische Kirche schändlich. Hier versagt auch der aktuelle Papst. Die Kirche muss in der Lage sein, dieses menschliche Versagen zu kompensieren. Sie kann sich nicht auf die Nächstenliebe oder ähnliches herausreden.
Wie soll man glaubhaft als Kirche Trost spenden, wenn man so kriminell für Leid sorgt, bei denen, die sich am wenigsten wehren können, bei Kindern, die dort gut aufgehoben sein sollten? Wie kann man sich weiter aufschwingen, aufgrund höherer Wahrheit das Weltgeschehen und persönliches Leben zu beurteilen und Leitlinien zu geben, wenn man diese höhere Wahrheit nicht auf sich selbst anzuwenden in der Lage ist?
Die Liste kirchlichen Versagens ist lang und zieht sich über weite Zeiträume. Nach allem, was man von der historisch Person Jesus als wahrscheinlich annehmen kann, wollte er keine Kirche gründen (genausowenig wie Luther eine Kirchentrennung herbeiführen wollte). Und nach allem, was ich für wahrscheinlich halte, würde er sich mit Entsetzen abwenden.
Weil der Spruch hier noch nicht kam: ,,Lasset die Kinder zu mir kommen" bekommt durch die aktuelle Katastrophe eine besondere Würze.
"Es reicht einfach nicht, wenn Bischöfe der Presse stecken, man könne private Äußerungen des Papstes durchaus als Sorge um den Zustand der Kirche deuten."
Ostermesse 2011: Der Papst schaut aus dem Vatikan zur Menge der Gläubigen herunter und spricht folgende Worte "Die katholische Kirche hat viele Fehler gemacht, es tut mir Leid."
Das wäre mal eine Schlagzeile 😀
der großartige Stewart mal wieder:
http://www.thedailyshow.com/watch/wed-april-7-2010/pope-opera
@ Asmodeus: Beeindruckender fände ich "Die katholische Kirche hat viele Fehler gemacht, es tut mir leid – und darum werden wir ab heute…", vielleicht gefolgt von "Mir ist klar, dass ich durch mein Verhalten als Papst in meiner Funktion beschädigt bin, und darum überlasse ich das Amt dem Kardinal…"
@Wortvogel: Und wie wahrscheinlich ist so eine Aussage vom Papst?
Wohl nicht SEHR wahrscheinlich.
@Wortvogel: Exakt, gehört doch zum Alltag: Fehler einräumen ist ja ganz nett, interessant wird erst, wie man zukünftig diese Fehler vermeidet.
Aber als oberster Verantwortlicher seine Position zur verfügung zu stellen ist nun eher nicht die Politik der Kirche…
Danke, Wortvogel, für die schöne Erwiderung.
Wäre es nicht toll, wenn der Papst sagen würde:
"Es wurden Fehler gemacht. Das tut uns leid. Die Verantwortlichen werden bestraft, die Strukturen verbessert. Allen Opfern bezahlen wir die psychologische Betreuung, hierfür verkaufen wir ein paar Seidenroben an Souvenirliebhaber. "
Er müsste für mich nicht mal abtreten oder so. Nur sagen: da ist Scheiße gelaufen. Ist das für einen demütigen Diener Gottes denn so schwer?
Noch schöner wäre es natürlich, wenn die Christen endlich mal aufhören würden, diesem korrupten Verein dafür Geld in den Rachen zu werfen, dass er das Vermittlungsmonopol zu ihrem Gott innezuhaben behauptet. Sollte der christliche Gott zwar allwissend und allmächtig, aber dabei so grundlegend dämlich zu sein, seinen geliebten Schöpfungen nur zu helfen, wenn ein Anderer vermittelt…?
Das ist für mich der wirklcihe Skandal: dass die Christen das mit sich machen lassen. Wofür braucht ihr die Institution Kirche? (Der Glaube sei euch gelassen, auch wenn ich einen Glauben, der sich auf das Buch Leviticus mitbegründet, nicht für mich wählen könnte…).
Der Papst sich entschuldigen? Der deutsche Papst? Der "Wir sind Papst"-Papst? – Ich fürchte, das wird in der Form, die nötig wäre niemals geschehen.
@Earonn
"Das ist für mich der wirklcihe Skandal: dass die Christen das mit sich machen lassen. Wofür braucht ihr die Institution Kirche?"
Ich brauche die Institution Kirche eigentlich nicht. Ich lasse mir weder von einem Weltkonzern vorschreiben, was ich zu glauben habe, noch lass ich etwas auf meinen Glauben kommen, wenn eine Kirche selbigem Mist baut.
Allerdings bin ich auch der Meinung, dass die Idealvorstellung einer Kirche (die ja so nun leider nicht existiert) eine überaus positive Institution in der Gesellschaft wäre und besser als ihre Abschaffung. Insofern wäre es zumindest zu begrüßen, dass sie sich in diese Richtung bewegt – dafür müssen aber besonders in der KK Strukturen aufgebrochen werden, die sich über Jahrhunderte und oft nicht im Sinne des Glaubens, sondern zur Monopolsicherung, verfestigt haben und in denen die Gegenwart noch längst nicht angekommen ist. Deshalb hab ich die Wahl von Ratzinger zum Papst damals auch schwer bedauert. Es gab durchaus innovative und liberale Kräfte – entschieden hat man sich für den Erzkonservatismus.
Zum Zölibat @Wortvogel:
"Nächster Punkt: Ich meinte in der Tat, dass das Zölibat (und einige andere Praktiken und Rituale in der KK) Heuchelei, Missbrauch und Vertuschung fördert."
Das Zölibat ist (mindestens) überholt, darüber brauchen wir uns nicht streiten. Und wie weiter oben belegt wurde, ging es historisch nicht einmal aus den Glaubensgrundsätzen hervor. Ich halte das Zölibat u.a. daher für unsinnig.
Dass es wirklich Missbrauch fördert, halte ich dagegen für ziemlich spekulativ. Das würde zum Einen bedeuten, dass man Menschen Pädophilie antrainieren könnte, was ein recht unangenehmer Gedanke ist. Und auf der anderen Seite steht die Plausibilitätsfrage: Wenn der Priester unbedingt vögeln will, geht dann nicht anderswo einfacher? Und ungefährlicher? Und moralisch eher zu rechtfertigen? Zumindest der nächste Straßenstrich ist ist sicher nicht weit.
Die umgekehrte Erklärung finde zumindest ich einleuchtender, nämlich, dass Zölibatsämter Verstecke für Pädophile darstellen, in denen sie unauffällig bleiben können und sich gleichzeitig problemlos Nähe zu ihren Opfern schaffen, sodass es sie in diese Rollen zieht.
Dann aber bewirkt eine Aufhebung des Zölibats im Kern der Missbrauchs-Problematik rein gar nichts. Die Pädophilen bleiben, sie gehen dann bloß woanders hin. Oder bekennen sich zu einem freiwilligen Zölibat und es bleibt alles beim Alten.
Ich sehe in dem aktuellen Fall nicht nur ein Versagen der Katholischen Kirche, sondern auch ein Versagen der Gläubigen.
Wo bleibt ihre öffentliche Empörung über das Verhalten der Kirche und die Weigerung des Papstes sich mit diesem Thema öffentlich auseinanderzusetzen? Wo bleibt der Wille der Gläubigen ihre Kirche mitzugestalten und zu verbessern?
Stattdessen werden die Nachrichten über den Kindesmissbrauch, auch von den Gläubigen, nur zur Kenntnis genommen und nicht als Aufforderung verstanden, sich selbst zu engagieren.
@AlphaOrange: Auch wenn ich deinen Kommentar sehr konstruktiv und angenehm fand und zum Thema Zölibat ganz deiner Meinung bin, sehe ich doch eins ganz, ganz anders:
"Allerdings bin ich auch der Meinung, dass die Idealvorstellung einer Kirche (die ja so nun leider nicht existiert) eine überaus positive Institution in der Gesellschaft wäre und besser als ihre Abschaffung."
Jeder hat das Recht, zu glauben, was er will. Aber Glaube ist schon definitionsgemäß keine Beschreibung der Realität und steht im Widerspruch zu Empirie und der Suche nach Erkenntnis. Eine Institution, deren Aufgabe es ist, Glauben an (nach allem menschlichen Ermessen) unwahre Ideen zu verbreiten, kann in meinen Augen keine gute Sache sein.
Natürlich brauchen wir Ethik, aber sie sollte auf der Realität und auf Vernunft basieren, und auf keinen Fall sollten wir sie aus jahrtausendealten Büchern beziehen, die teilweise von Leuten geschrieben wurden, die meinten, dass man seine Töchter zu Tode steinigen muss, wenn sie ihren Vergewaltiger nicht heiraten will.
Wenn deine Idealvorstellung einer Kirche natürlich nicht auf Religion und Glauben basiert, sondern auf einer rationalen Ethik, können wir uns einigen. So habe ich dich aber nicht verstanden.
@Wortvogel: Ich bin mit dir weitesgehend einer Meinung. Allerdings möchte auch ich nicht unbedingt dem Zölibat die Schuld am Missbrauch geben.
Warum müssen Menschen sich ihre sexuelle Befriedigung bei Kindern holen? Viele Missbrauchsfälle findet man in Bereichen in denen Kinder Schutzbefohlenen unterstellt sind (Eltern, Erzieher, Pfleger und halt auch Priester jedweder Religion).
Ginge es rein um den Sex, könnten sich diese Priester den auch mit erwachsenen Sexualpartnern holen.
Ich sehe das Problem auch generell im moment bei den Kirchlichen Institutionen die sich ihre eigene Fehlbarkeit nicht eingestehen wollen.
Umkehr der Schuldzuweisung als antrenierten Jahrtausende alten Reflex, von Generation zu Generation weiter gereicht und jeden Vorstoss in die Moderne unterdrückend.
Ich bin selber auch Atheist (oder wie es neuerdings bei den Amerikanern heist "Bright" http://de.wikipedia.org/wiki/Brights ), lasse aber gerne jedem seinen Glauben, solange er sich nicht dazu berufen fühlt mich konvertieren zu wollen.
Und jetzt noch ein persöhnlicher Wunsch. Eine Welt ohne Religion (gibt es dafür keine Funtion im Gehirn die man abschalten kann? Vieleicht übernimmt das irgenwann die Evolution für uns)
@Torsten
Ich habe grade wenig Zeit, deshalb nur ein kurze Erwiderung zum Thema Anzeige:
Dafür gibt es die Institution Presserat und diverse Schutzgesetze. Man kann sich über den Sinn trefflich streiten, meine persönliche (auch juristische) Meinung ist, daß es keiner strafrechtlichen Sanktionen für den Ehren- und Persönlichkeitsschutz Einzelner oder Gruppen braucht – zivilrechtliche Maßnahmen reichen hier völlig aus.
Aber um ein ketzerisches Beispiel zu bringen: Würde die Titanic mit Udo Jürgens mit Bärtchen und der Überschrift "Mit sechs Millionen fängt der Spaß erst an" titeln, würde sie auch mit Anzeigen überzogen. Dafür gibt es halt die Gesetze – ob wir die nun gut finden oder nicht.
"Würde die Titanic mit Udo Jürgens mit Bärtchen und der Überschrift “Mit sechs Millionen fängt der Spaß erst an” titeln, würde sie auch mit Anzeigen überzogen."
Aber doch nur, weil es in diesem Fall einen Menschen gibt, der durch Titanic beleidigt werden kann.
Gruß,
Marko
@Muriel:
"Wenn deine Idealvorstellung einer Kirche natürlich nicht auf Religion und Glauben basiert, sondern auf einer rationalen Ethik, können wir uns einigen. So habe ich dich aber nicht verstanden."
Ohne religiöse Komponente ist es natürlich keine Kirche mehr, hast mich also schon richtig interpretiert.
Eine Institution auf rationaler Ethik können wir aber gerne gleichberechtigt daneben in diese Utopie stellen.
Zur Idealvorstellung der Kirche:
Zunächst einmal musst du den Aspekt "unwahre Ideen zu verbreiten" da rausnehmen. Ein Glaubenskomplex kann nicht mehr als ein Angebot sein, dem man sich anschließen kann oder eben nicht. Offensive Missionarsarbeit sehe ich nicht gerne (die von Atheisten übrigens eingeschlossen).
Bei den positiven Aspekten steht auf der einen Seite jener der Ethikinstanz. Man kann insbesondere der KK vieles Versagen vorwerfen, die Impulse in ethischen Diskussionen darf man aber auch nicht verkennen (die wegen besagtem Konservatismus leider auch nicht immer einwandfrei sind).
Auf der anderen Seite – und das ist die Stelle, an der ich Kirche und rationale Ethik trenne – steht der Glaube als psychologische Stütze. Man braucht sicherlich nicht groß zu diskutieren, dass Glaube anders als das Befolgen ethischer Regeln eine enorme Kraftquelle sein kann. Sei es als Antrieb für humanitären Einsatz oder auch als Hoffnungsspender für Kranke und Hilfebedürftige. Und sei es wissenschaftlich betrachtet noch so irrational.
Gibt man hierfür als kirchliche Institution einen konstruktiven Leitfaden, dann wäre das imo eine ziemlich positive Sache, auch in unserer heutigen rational-aufgeklärten Zeit.
Ob der Leitfaden nun auf einem jahrhundertealten Buch beruht, ist da eher zweitrangig. Ich bin jetzt wahrlich kein Bibelkundler, deshalb verzichte darauf ins Detail zu gehen. Das sind aber alles Symbole und Gleichnisse und zugleich Geschichten, die in einer völlig anderen Zeit verankert sind. Da sollte man hinterfragen und selber interpretieren – wie bei modernem Journalismus übrigens auch ^^
Es geht um die Grundsätze und nicht das, womit sie illustriert wurden.
In der taz gibt es eine pro/contra-Spalte zum Thema – dem "contra"-Redakteur unterstelle ich fast schon wieder Satire, zumal er in der Wortwahl ein Geistesbruder von Herrn Matthies zu sein scheint: "Warum zeigt die Titanic denn keinen Mohammed, der von einem Imam verwöhnt wird? Vielleicht, weil es dafür einfach keinen Grund gäbe. Aber sicher auch, weil sie sich einfach nicht traut, die feine Titanic!"
@AlphaOrange: Wieder vieles, mit dem ich einverstanden bin, aber wieder auch noch etwas, das mich zum Widerspruch reizt:
Die Funktion als Stütze gibt es ohne Zweifel. Es ist wohl Geschmackssache, ob man das gut findet. Ich neige eher dazu, psychologische Stützen schlecht zu finden, erkenne aber an, dass es Leute geben könnte, die sie brauchen.
In Diskussionen um Religion taucht häufig dieser Aspekt auf, den ich auch bei dir herauslese – korrigier mich bitte, wenn falsch liege -, und der im Grunde in die Richtung geht: Man kann glauben oder nicht, und niemand kann sagen, ob das richtig ist oder falsch, jeder entscheidet das für sich selbst…
Daraus kommt dann die Idee, dass Atheisten "missionieren", was aus meiner Sicht begrifflich schon nicht passt.
Ich lehne die Idee ab, dass die Ablehnung von Religion atheistische Missionarsarbeit ist. Religionen machen Aussagen über die Wirklichkeit. Diese Aussagen sind der wissenschaftlichen Überprüfung und der empirischen Falsifizierbarkeit nicht enthoben. Wenn also jemand sagt, dass viele Grundlagen des christlichen Glaubens (z.B. Leiden, Tod und Auferstehung Jesu Christi oder die Schöpfung durch Gott) einfach evident Bullshit sind, dann macht er nichts anderes als jemand, der darauf hinweist, dass Astrologen entweder lügen oder geistig nicht ganz gesund sind, oder jemand, der öffentlich davon abrät, informiertes oder vitalisiertes oder sonstwie aufgewertetes Wasser zu kaufen.
Es gibt eine Realität und eine Wahrheit. Dass wir die nicht umfassend kennen (können), gibt uns nicht die Freiheit, sie uns (teilweise) einfach selbst auszudenken.
Whoa, da habe ich eine ganze Menge geschrieben, um eigentlich ziemlich wenig zu sagen. Aber um es wieder zu löschen, ist mir die Mühe dann doch zu schade…
@Muriel: "Daraus kommt dann die Idee, dass Atheisten “missionieren”, was aus meiner Sicht begrifflich schon nicht passt. Ich lehne die Idee ab, dass die Ablehnung von Religion atheistische Missionarsarbeit ist."
Nein, ganz so war das nicht gemeint. Ich wollte keineswegs sagen, dass Atheisten generell "missionieren", genauso wie das Gläubige nicht generell tun (was ich wie oben geschrieben sogar eher ablehne). Aber es gibt unter den Atheisten genauso wie unter den Gläubigen nunmal jene, die einem erklären, dass der eigene Glaube grundsätzlich falsch ist, dich auf ihre Seite konvertieren wollen und in ihren Argumenten auf einem Standpunkt verharren, der argumentativ mit der anderen Seite gar nicht vereinbar ist.
Du nennst die Auferstehung Jesu Christi und die Schöpfung der Welt durch Gott ja bereits als Beispiel. Bei letzterem wären wir schon beim Kreationismus, also in ziemlich fundamentalistischen Gefilden. Ich denke, jeder ausreichend aufgeklärte Katholik/Christ glaubt nicht an die Schöpfungsgeschichte der Bibel. Und kein fortschrittlicher Katholik wird wissenschaftliche Erkenntnisse bestreiten wie auch die, dass eine Auferstehung von den Toten auf die in der Bibel beschriebene Weise wohl kaum stattgefunden hat. Das sind alles Dinge, die sind falsifizierbar, die tangieren den Glaubenskern allerdings kaum. Es sind – wie oben schon genannt – Symbole und Gleichnisse. Die Bibel erzählt Geschichten – sie erzählt nicht die Wirklichkeit. Zumindest nicht wirklichkeitsgetreu. Es mag sicherlich genügend Gläubige geben, die das anders sehen, aber wir diskutieren ja immer noch über eine Utopie 😉
Das meine ich mit "argumentativ nicht vereinbar". Atheisten versuchen mir auf wissenschaftlichem Wege zu beweisen, das mein Glaube verkehrt ist (ich hab einen solchen in der Familie) mit der Folge, dass wir in den einzelnen Argumenten vollkommen konform sind, in der Schlussfolgerung aber nicht, weil sie vom einen aus den genannten Argumenten hervorgeht, für den anderen von diesen unabhängig ist (und zwar ironischerweise haben sich die Rollen an dieser Stelle umgekehrt: der Atheist argumentiert mit der Bibel, der Katholik betrachtet sie als redundant).
Atheisten, die meinen, ständig diese Diskussion anfachen zu müssen, nerven mich.
Entsprechend stimme ich auch
"Religionen machen Aussagen über die Wirklichkeit. Diese Aussagen sind der wissenschaftlichen Überprüfung und der empirischen Falsifizierbarkeit nicht enthoben."
nicht ganz zu.
Alles, was falsifizierbar ist, ist Symbolik. Das was übrig bleibt ist der Glaubenskern. Und der ist somit der wissenschaftlichen Überprüfung tatsächlich per se enthoben. Meine Interpretation von Glaube.
Zur Astrologie:
In dem Kontext, in dem du es genannt hast, hast du absolut Recht. Der Unterschied kommt aber dann ins Spiel, wenn es um Folgerungen geht. Die basieren in der Religion auf einem ethischen Grundgerüst, in der Astrologie auf Willkür.
@WV:
“Warum zeigt die Titanic denn keinen Mohammed, der von einem Imam verwöhnt wird? Vielleicht, weil es dafür einfach keinen Grund gäbe. Aber sicher auch, weil sie sich einfach nicht traut, die feine Titanic!”
Irgendwie konsequent wäre ja, wenn als nächstes ein eingeschnappter katholischer Würdenträger mehr Kindesmissbrauch durch Imame forderte.
@AlphaOrange: Ich fasse mich diesmal mal kurz, weil ich die anderen nicht zu sehr nerven will, und dich auch nicht:
Ich dachte da gar nicht an Kreationismus. Schon dass ein allmächtiger allwissender Gott, der uns alle liebt, das Universum – wie und wann auch immer – erschaffen hat, ist eine Tatsachenbehauptung. Sie lässt sich zwar nicht direkt widerlegen, aber man kann sie trotzdem mit wissenschaftlichen Kriterien beurteilen und befinden, dass sie so ziemlich allen Beobachtungen widerspricht.
Insofern stimme ich nicht zu, dass es einen Glaubenskern gibt, der der Wissenschaft nicht zugänglich wäre, es sei denn, du meinst damit ethische Axiome. Für die braucht man aber in meinen Augen keine Religion. Naja. Ich bedanke mich schon mal für das Gespräch.
@ AlphaOrange:
"Aber es gibt unter den Atheisten genauso wie unter den Gläubigen nunmal jene, die einem erklären, dass der eigene Glaube grundsätzlich falsch ist, dich auf ihre Seite konvertieren wollen und in ihren Argumenten auf einem Standpunkt verharren, der argumentativ mit der anderen Seite gar nicht vereinbar ist." – davon kenne ich keinen. Glaube ist nicht grundsätzlich falsch, und das sehen Atheisten auch nichts so. Falsch ist, Glauben mit Wissen zu verwechseln, und Wunsch mit Wahrheit (oder Wirklichkeit). Religiöse Menschen glauben immer, Atheisten wollten Gott widerlegen – in Wirklichkeit ermüden wir nur bei dem Versuch zu erklären, dass er eben nicht zu beweisen ist. Die Beweislast für Gott liegt bei dem Gläubigen.
Einfach ausgedrückt: Jemand, der mir sagt "Ich glaube an Gott", ist kein Problem. Soll er. Respektiere ich auch. Jemand, der aber sagt "Ich weiß, dass Gott existiert", muss sich die Frage gefallen lassen "Woher?". Und dann kommen eben immer nur wischiwaschi-Antworten, die den Glauben zum Wissen umetikettieren.
Wichtiger scheint mir aber: Du betreibst "cherry picking", was die Bibel angeht, weil du davon nur glaubst, was in dein Weltbild passt. Das halte ich für unredlich. Dann magst du Christ sein – aber schon mit dem Katholizismus bist du über Kreuz (hupps). Die Katholische Kirche bleibt z.B. bei ihrer Auslegung, dass der Messwein sich beim Verzehr in Jesu Blut verwandelt – nicht spirituell oder sinnbildlich, sondern ganz konkret. Das steht ja u.a. der vereinigten Messe mit den Protestanten entgegen, die das nicht so wörtlich nehmen (man korrigiere mich, wenn ich das missverstanden habe). Als "Mitglied" der KK kann man aber nun nicht einfach sagen "das muss ich ja nicht glauben" – der Glaube macht die Kirche, und da geht "pick and choose" nicht. Wenn du an die Schöpfung in der Bibel nicht glaubst – kannst du dann auch an Jesus einfach so nicht glauben? Wenn du an Jesus glaubst, musst du dann nicht auch sein Leben glauben, inklusive unbefleckter Empfängnis?
Ich halte die Bibel für nicht beliebig interpretierbar, weil sie dann nämlich… genau… beliebig wird. Glaube ist kein Wühltisch.
@Wortvogel:
"Ich glaube an Gott." Klar, kann ich auch mit Leben. Ergibt aber aus meiner Sicht trotzdem keinen Sinn. WIe jemand, der sagt "Ich glaube, dass Krankheiten nicht durch Viren entstehen, sondern durch böse Geister". Klar ist das besser als jemand, der das "weiß", aber falsch ist es trotzdem noch.
Und was das Cherry Picking angeht: Ich denke, da müssen wir den Christen zu Gute halten, dass man gar nicht ohne auskommt. DIe Bibel widerspricht sich dauernd, und wer das alles Ernst nehmen will, braucht geschätzte acht oder neun Persönlichkeiten.
@ Muriel: Check mal die "Partei Bibeltreuer Christen". Die behaupten zumindest, die Bibel wörtlich zu nehmen.
Die "landläufigen" Christen nehmen nur das von der Bibel ernst, was ihnen passt. Und das finde ich unredlich. Jede Kirche bezieht sich auf andere Passagen, aber alle klopfen sich gegenseitig auf die Schulter, weil ihr Glauben ja eine "gemeinsame Basis" habe. Albern.
Was ich nie ganz verstanden habe: Wie kann man die Bibel überhaupt wörtlich nehmen? Müsste man damit bei den offensichtlichen Widersprüchen im Text nicht ins Schlingern kommen?
@Wortvogel: Klar, sehe ich auch so. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es überhaupt nicht möglich ist, die ganze Bibel wörtlich zu nehmen, es sei denn natürlich, man verbiegt sich in Achten mit den abwegigsten Auslegungsmethoden. Machen ja viele Gläubige.
Jesus hat das ja alles gar nicht so gemeint.
Wenn jetzt also eh aus der Bibel rausgepickt werden kann, was einem passt, wieso dann die Aufregung der Christen? Es gibt bestimmt genug Passagen, die zusammengestückelt entweder das Titanic-Cover oder den Kindesmissbrauch gut heißen. Kommt nur auf die richtige Auswahl an…
*kopfschüttel*
@Wortvogel
"Einfach ausgedrückt: Jemand, der mir sagt “Ich glaube an Gott”, ist kein Problem. Soll er. Respektiere ich auch. Jemand, der aber sagt “Ich weiß, dass Gott existiert”, muss sich die Frage gefallen lassen “Woher?”."
– Na, das ist doch jetzt genau der umgekehrte Fall dessen, was ich selber geschrieben habe. Wenn jemand kommt und sagt "Ich glaube nicht an Gott", dann ist das kein Problem. Sagt jemand "Ich weiß, dass Gott nicht existiert" kann ich die "Woher?"-Frage genauso anführen. Und ja, es gibt diese Leute, die den Atheismus "missionieren", das weiß ich wie gesagt aus erster Hand. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob es dafür eigentlich einen anderen Terminus als "Atheist" gibt – mag sein.
"Wichtiger scheint mir aber: Du betreibst “cherry picking”, was die Bibel angeht, weil du davon nur glaubst, was in dein Weltbild passt."
Ich bin – auch wenn das in dieser Diskussion, in der ich mich an wirklich ungewohnter Position wiederfinde, noch nicht wirklich klar wurde – sehr rational und wissenschaftlich orientiert und nicht halb so religiös wie es bis hierhin vielleicht den Anschein hatte. Ich nehme aus der Bibel das wörtlich, was wissenschaftlich gesehen wohl tatsächlich geschehen ist – da gibt es ja ausreichend Forschungen drüber. Tatsächlich glauben im rationalen Sinne tue ich aus der Bibel wahrscheinlich dasselbe wie du. Da sind wir dann aber nicht mehr in der Religion, sondern in der Historik.
Ich glaube, dass du da viel zu viel Einheitlichkeit in der Kirche und Konservatismus in der Bibelauslegung vermutest als tatsächlich da ist. Selbst ein moderner Religionslehrer deutet seinen Schülern die Messwein/Blut-Geschichte als Symbolik und somit anders als der Papst. Ich sehe das als einen Grad der Aufgeklärtheit und damit als alles andere als unredlich.
"Ich halte die Bibel für nicht beliebig interpretierbar, weil sie dann nämlich… genau… beliebig wird. Glaube ist kein Wühltisch."
– Es geht nicht um "beliebig interpretierbar", sondern um "interpretierbar". Und diese Interpretation bleibt dieselbe völlig unabhängig davon ob du die Geschichten als wahr oder erfunden ansiehst. Einfach alles wörtlich zu nehmen wäre fatal.
Vielleicht bin ich damit nicht wirklich katholisch, aber inwieweit ich in meinen persönlichen Interpretation des Papstes konform gehe, ist mir ehrlich gesagt schnuppe. Nennen wir mich Christ, nennen wir mich gläubig oder gar skeptisch-gläubig. Dass ich Katholik bin nannte ich eigentlich nur, um damit zu zeigen, dass man als solcher sicherlich nicht mit den aktuellen Vorgängen einverstanden ist.
Es ging mir in dieser Diskussion nie um die Plausibilität katholischen Glaubens, sondern eher um Glauben allgemein.
"Sex mit dem sterbenden Jesus – das war bislang geradezu undenkbar."
Welche Bedeutung hat bloß das "geradezu" in diesem Satz? Es gibt Augenblicke, in denen mir F.J. Wagner tatsächlich vergleichsweise wie ein großer Poet erscheint.
Es ist natürlich viel schwerer, als Katholik auf den hervorragenden Text von Gerhard Hentschel innen zu antworten, als einfach auf den Titel einzuschlagen. Aber dazu muss man sie sich ja kaufen…
Eigentlich will ich ja gar nicht darauf eingehen, weil es vom konkreten Problem ablenkt. Aber man muss einfach sehen, dass die Bibel keine ,,Gebrauchsanleitung" ist. Sie ist Protokoll oder vielleicht besser gesagt Spiegel der Auseinandersetzung des Menschen mit dem Glauben. Das Neue Testament fußt auf dem Alten. Die Evangelien sind der eigentliche Kern des christlichen Glaubens. Zu fordern, als Christ müsse man die Bibel wörtlich nehmen, was nicht möglich ist, dann aber darauf abzuheben, dass dies eben nicht möglich ist, um am Ende vorzuwerfen, Christen griffen sich nur das jeweils für sie Passende heraus, ist provokant aber nicht wirklich diskutabel. Man muss einfach akzeptieren, dass die Bibel keine geschlossene Ethik darstellt, kein abgeschlossenes philosophisches Konstrukt, weshalb beispielsweise der Dekalog hinter der Bergpredigt zurückstehen sollte; ,,Auge um Auge, Zahn um Zahn" muss genauso im historischen und biblischen Zusammenhang gesehen werden und ist kein Gesetz oder moralische Guideline.
Man kann von der Bibel nicht fordern, was sie nicht sein kann. Und genausowenig ist es richtig, Fundamentalisten ihren Fundamentalismus vorzuwerfen, gleichzeitig von den Liberalen Fundamentalismus zu fordern und dabei ihren Lieberalismus als Beliebigkeit zu brandmarken. Religionen entwickeln sich, das haben sie immer gemacht und das gilt selbstverständlich auch für das Christentum. Das ist nicht vorwerfbar. Dies bezeichnet man als ,,lebendigen Glauben".
Nicht alles in der Bibel ist Glaubenssatz. Etwa wenn Salomon die Brüste seiner Geliebten besingt, hat das keinerlei religiöse Relevanz. Es sei denn, man sieht das als Beleg dafür, das körperliche Liebe gottgewollt ist.
Noch etwas kommt ganz wichtig dazu: Es ist doch ganz klar, dass wirksame Sprache und deutliche Sprachbilder zu biblischer Zeit und in der entsprechenden Region anders aussahen als die heutigen. Man muss einfach sehen, dass es deshalb beispielsweise damals so wichtig war, eine Genealogie über Generationen aufzulisten, die heute niemanden mehr ernsthaft interessieren kann. Ähnlich ist das mit Sprachbildern und vielem anderen mehr. Beispielsweise war es für Könige enorm wichtig, von einer Jungfrau geboren worden zu sein. Das ist keine Erfindung des Christentums für Jesus Christus, sondern tatsächlich eine historische Standardformel. Auf die Relevanz der Bergpredigt beispielsweise hat aber die Frage der ,,Jungfrauengeburt" keinerlei Auswirkung. Oder das Aussetzen eines Neugeborenen im Weidenkörbchen auf einen Fluss ist ein immer wiederkehrendes Muster und sagt mehr darüber aus, was für eine Vorstellungswelt dahintersteht (altreligiöses Opfer für Flussgottheit; das Kind wird dem Wohlwillen des Gottes anvertraut), und das soll untermauern, dass die Person schon als unschuldiges Kind zu Großem vorgesehen war. Glauben heißt an dieser Stelle nicht, den Ort zu suchen und vielleicht Reste des Weidenkörbchens zu finden, sondern die Botschaft des Textes zu verstehen.
Goethes Faust kann man nicht so einfach weglesen, und der gute Geheimrat ist uns viel näher als die Rabbis und Propheten vor tausenden von Jahren. Man muss also schlicht und einfach die Maßstäbe den Texten anpassen.
Das sollte eigentlich nur eine Randnotiz werden, und das Problem, ob Glaube ,,schlüssig" oder ,,vernünftig" ist, passt hier auch nicht so richtig hin, weil diese Frage wunderbar geeignet ist, sich auf diesem Schlachtfeld zu tummeln und das Eigentliche beiseite zu lassen.
Das Eigentliche ist, dass die Kirche schlimmstmöglich versagt hat und weiterhin versagt, weil sie sich zum Teil mit haarsträubenden Ausreden vor echter Kritik und der Auseinandersetzung mit dem Geschen drückt.
,,mit dem Geschehen drückt".
Edit war schon geschlossen.
@Wortvogel:
1. Du missverstehst mich: ich habe dir nie unterstellt, hysterisch oder aggressiv zu sein, sondern lediglich gesagt, dass du innerhalb deines Artikels auf mich so wirkst, und dass dieser "Unterton" deinem Anliegen keinen Gefallen tut – jedenfalls gegenüber denjenigen, die mit dir nicht ohnehin einer Meinung sind
2. Jetzt, wo ich weiß, was "entchristen" heißt, stimme ich dem sogar zu. Machen!
3. Ich stimme zu, dass mein geschmackliches Urteil zum Cover für das große Ganze dieser Diskussion hier nicht relevant ist. Ich fand den Aspekt aber trotzdem interessant genug, um ihn hier mal einzuwerfen und zu schauen, ob ich damit alleine dastehe. Scheint wohl in der Tendenz so zu sein.
@alle: Wißt ihr, was mich am Anfang des ganzen Medienrummels, als man die Dimensionen des ganzen zum ersten Mal richtig kapiert hat, am meisten schockierte? Die Ansage der Kirche, man würde solchen Fällen intern nachgehen und sie bei begründetem Verdacht ggfs. die Behörden informieren. Hätte einer mir das vorher erzählt, ich hätte ihn für verrückt erklärt. Ich meine, herrje: wie kann diese Kirchenpraxis NICHT strafbar sein? Wieso lässt sich die deutsche Justiz, die sich sonst mit genug Nonsens allzu bereitwillig befasst, sowas bieten? Wieso belässt es die Justizministerin bei ein paar verbalen Spitzen, anstatt einfach mal prüfen zu lassen, inwieweit man welche Kirchenoberen für die Vertuschungen belangen kann? Wäre dem Opferschutz nicht wirklich geholfen, wenn in Zukunft die Verantwortlichen wüßten, dass sie Gefahr laufen, selbst in den Knast zu gehen, wenn sie sich über das Gesetz stellen? Wenn z.B. ein Unternehmen Sozialabgaben veruntreut, haftet dafür ja auch der Unternehmer als Privatperson. Wieso also nicht auf die Kirche dasselbe Prinzip anwenden? Sollte Kinderschutz dem Staat etwa weniger wert sein als Steuerrecht?
Ich will es noch einmal anders versuchen: Als die Schriften ausgewählt worden sind, die als kanonisch in die Bibel aufgenommen werden sollten, waren die Differenzen zwischen den vier Evangelien auch schon klar. Man hat diese trotzdem in dieser Form nebeneinander gestellt. Die Auslegung und Interpretation religiöser Texte ist eine alte jüdische Tradition, die sich im Christentum fortsetzt. Dogmatische Eindeutigkeit war nicht das Ziel sondern religiöse Relevanz.
@Marcus: Soweit die Fälle verjährt sind, kann man wohl nichts mehr machen. Aber dass alle Fälle verjährt sind, kann ich mir nicht vorstellen, genausowenig, dass das heute nicht mehr passiert. Ich meine auch, dass da staatsanwaltliche Ermittelungen folgen müssen! Die Kirche kann da keine Sonderrechte haben.
@ Dietmar: bravo für den letzten (langen) Post. Was ähnliches ging mir auch im Kopf herum, als ich hier den Verlauf der Diskussion nachgelesen habe. Aber besser als du kann ich es nicht auch nicht sagen.
Vielleicht noch ein Punkt: einige der "Hobby-Bibelkritiker" (nicht bös gemeint, mir fällt nur grad nichts neutraleres ein) hier übersehen, dass die Bibel vor Jahrtausenden über Jahrhunderte hinweg von vielen verschiedenen Leuten geschrieben und seitdem oft übersetzt, editiert und neu zusammengefügt wurde (gibt ja sogar "deleted scenes" – die Apokryphen) und deswegen natürlich viel überholtes und widersprüchliches enthält, dass damals mal wichtig und richtig und moralischer Mainstream gewesen sein mag, aber heute natürlich nur noch "Ballast" ist. Hinzu kommt, dass viele der Autoren selber nicht allzu gebildet waren und sich nicht im Klaren darüber waren, dass sie hier ein religiöses Dokument für die Ewigkeit schreiben.
Das Problem ist ja, das die katholische Kirche da auch kein Interesse dran hat, den Text mal (öffentlcihkeitwirksm) zu überarbeiten…. oder ist mir da was entgangen?
festzuhalt ist, das auch die Evangelien keine "Augenzeugenberichte" oder zeitgenössischen "Biografien" sind sondern erst viel später zusammengeschrieben worden um dann noch später nochmal selektiert zu werden…
und zumindestens die Übersetzer in heutiger Sprachen waren sich dann bewußt, dass es sich um ein religiösen Dokument für zumindestens jahrhunderte handelt….
naja egal, gelesen hab ich davon auch nur einen Bruchteil und mit der aktuellen Missständne ist auch die Bibel in welcher Form auch immer nicht schuld… Bin wie Marcus (01:44 @alle) auch erstaunt darüber das die Kirche am liebsten über dem weltlichen Gesetzt stehen möchte und lustig dfand ich in dem Zusammenhang die bitterböse Forderung, das sich die Justizministerin doch bitte innerhalb von XX Stunden zu entschuldigen hätte, nur weil berechtigte Zweifel daran hatte, dass die Zusammenarbeit schon bestmöglichst sei….
…BTW: Was ist eigentlich die Verjährungsfrist von Strafvereitelung? Dieselbe wie die von der Haupttat??
(dann wundert mich natürlich nicht, weswegen keine jüngeren Fälle auftauchen…)
@Howie Munson: Ich hoffe für die Opfer das sich in den nächsten Jahren etwas tut und die Verjährung für solche Straftaten drastisch angehoben wird.
@Wortvogel:da haben wir uns missverstanden. Ich wollte mit meinem Posting nur evrdeutlichen, dass mir die Position von Herrn Matthies innerhalb der KK nicht bekannt ist und ich deshalb auch nicht beurteilen kann, wie repräsentativ seine Aussage sind. Wie ich schon schrieb, bin ich grundsätzlich mit dir einer Meinung (und in diesem Fall setze ich voraus, dass das auf jeden geistig gesunden Menschen zutrifft). Mich hat halt nur der völlig unzutreffende und auch unsachliche Vergleich zwischen Katholiken und Sadomasochisten gestört, weil da mal wieder anerzogenes Verhalten mit angeborenen Veranlagungen in einen Topf geworfen werden.
,,Das Problem ist ja, das die katholische Kirche da auch kein Interesse dran hat, den Text mal (öffentlcihkeitwirksm) zu überarbeiten…. oder ist mir da was entgangen?"
Den Bibel-Text meinst Du? Wenn Dich das hier stört:
,,festzuhalt ist, das auch die Evangelien keine “Augenzeugenberichte” oder zeitgenössischen “Biografien” sind sondern erst viel später zusammengeschrieben worden um dann noch später nochmal selektiert zu werden… "
Der Abstand von 40 bis 100 Jahren stört Dich, aber eine Überarbeitung nach knapp 2000 (Neues Testament) bis 5000 Jahren (Altes Testament) wäre zu fordern?
Das Neue Testament ist keine Geschichtsschreibung. Das Wissen darüber ist Ergebnis der theologisch/christlichen Forschung. Ich meine ja, dass daran niemand glauben muss; ich verfüge über keinerlei missionarischen Eifer. Aber die logischen Widersprüche, anderen Schilderungen gleicher Ereignisse im Neuen Testament oder altertümlichen Sprachbilder sind als Vorwurf nicht diskussionsförderlich.
Mir hat mal (anekdotisch, ich weiß, aber wirklich wahr) eine sehr unangenehme, sich aber für jetzt aber ganz pfiffig haltende Frau in´s Gesicht posaunt, IHR könne niemand erzählen, dass da jemand über den Wolken auf einem Thron sitzt. Ach was … Das sind dann mal revolutionäre Erkenntnisse …
@Heino: Ich habe wirklich überhaupt keine Ahnung, ob das anerzogenes oder veranlagtes Verhalten ist, Kinder zu missbrauchen. Die Frage ist, was ist zu tun, um aufzuklären, zu heilen und weitere Fälle zu verhindern, und wie sind die Täter zu belangen bzw. aus dem Verkehr zu ziehen? Mir fehlt da auch der Aufschrei der Kirchengemeinde. Wenigstens die jüngeren sollten sich jetzt nicht in ihre heile Welt flüchten, sondern Aufarbeitung fordern. Jeden Sonntag den Pfarrer ansprechen, Gottesdienste boykottieren, bis sich etwas bewegt, Zahlung der Kirchensteuer einstellen, bis die Kirchenleitung aktiv wird, Plakate tragen etc.
wie sagte doch ichglaube jay leno kürzlich so schön: die roman catholic church wird sich bald in roman polanski church umbenennen müssen…
@olli: Das ist zwar witzig von Leno, Polanski gegenüber aber nicht fair.
zeig mir einen fairen witz, und ich zeige dir einen total unlustigen witz…
@Dietmar:du hast entweder des Wortvogels Eingangstext nicht gelesen oder mich gründlich missverstanden. Es geht hier nicht um die Verteidigung Pädophiler, denn nichts läge mir ferner. Ich zitiere hier nochmal die Äusserung von Herrn Matthies und die Antwort vom Wortvogel darauf:
"Dass zu Ostern in Berlin von mutmaßlich Linksradikalen am Karfreitag eine nackte Jesus-Figur verkehrt herum ans Kreuz genagelt wurde, regte immerhin das Boulevardblatt „Berliner Kurier“ auf.
Ja und? Habt ihr Angst, ihm fließt zu viel Blut in den Kopf? Es ist EURER Logo. Ihr stellt euch seit 2000 Jahren in den Schatten dieses widerlichen Wahrzeichens des angeblichen Martyriums. Täglich gehen Millionen Kinder an dem gerne lebensgroßen und detailfreudigen Abbild eines Mannes vorbei, der an Händen und Füßen angenagelt verreckt ist. Dieser Sadomasochismus ist ekelhaft, und es wäre mehr als angebracht, das Kreuz auf breiter Front und grundsätzlich zu “entchristen”. "
Hier setzt er den definitiv anerzogenen Demutsreflex katholischer (und auch evangelischer, die haben ja das gleiche Kreuz als "Logo") Christen mit der angeborenen sexuellen Ausrichtung einer Minderheit gleich, und das ist nunmal schlichtweg falsch.
@Heino: Ich habe Dich richtig verstanden und auch den Text gelesen, und ich wollte Dir ganz und gar nicht widersprechen oder unterstellen, Du würdest Pädophile verteidigen. Ich wollte auf Dich bezogen nur anmerken, dass ich nicht weiß und auch nicht zu beurteilen wage, ob das anerzogenes oder veranlagtes Verhalten ist und davon unabhängig durchgreifende und energische Schritte gemacht werden sollten; nicht dieses entsetzliche Opfer-Gewimmer einiger katholischer Geistlicher und dieses ,,Zurück zur Normalität".
Dein Argument ist dann richtig, wenn Pädophilie eben wirklich angeboren ist, und es leuchtet mir durchaus ein.
@olli: 🙂
@Dietmar:sorry, aber entweder kannst oder willst du mich nicht verstehen. Mir ging es bei dieser Kritik nie um Pädophile, sondern um die Gleichsetzung von Katholiken, die sich kritiklos den Dogmen ihrer Kirche unterwerfen, mit Sadomasochisten, die absolut gar nichts mit dieser grauenhaften Geschichte hier zu tun haben, deren sexuelle Neigungen aber eben angeboren sind. Ob das bei Pädophilen auch zutrifft, weiss ich nicht und kann ich nicht beurteilen. Spielt aber auch keine Rolle, denn selbst wenn das der Fall ist, macht das die Taten nicht besser.
@Heino: ,,Mir ging es bei dieser Kritik nie um Pädophile, sondern um die Gleichsetzung von Katholiken, die sich kritiklos den Dogmen ihrer Kirche unterwerfen, mit Sadomasochisten, die absolut gar nichts mit dieser grauenhaften Geschichte hier zu tun haben, deren sexuelle Neigungen aber eben angeboren sind."
Doch, ich verstehe Dich und finde, Du hast damit recht, dass diese Gleichsetzung falsch ist. Ich habe mich wohl einfach nur zu weit von Deinem Standpunkt entfernt, als ich mich darauf beziehen und dabei zum Thema Pädophilie zurückkehren wollte.
Okay, dann lass uns das Thema als erledigt betrachten. Ich wollte auch keine Diskussion dazu lostreten, sondern den Wortvogel nur auf eine wohl in der Hitze des Gefechts geäüßerte missverständliche Aussage hinweisen.
"Dass zu Ostern in Berlin von mutmaßlich Linksradikalen am Karfreitag eine nackte Jesus-Figur verkehrt herum ans Kreuz genagelt wurde, regte immerhin das Boulevardblatt „Berliner Kurier“ auf.
Ja und? Habt ihr Angst, ihm fließt zu viel Blut in den Kopf?"
Er hing nicht kopfüber, sondern wohl eher mit dem Gesicht zum Kreuz:
http://www.rebelart.net/diary/emess-errorist-believe-in-what/003929/
"Er hing nicht kopfüber, sondern wohl eher mit dem Gesicht zum Kreuz"
Aaaaaaaaaahhh, now I get it… 8)
Da hat wohl wer "Omen 3" gesehen. 😉
Ich hab' doch schon gesagt, bei "Omen III" erinnere ich mich nur noch an den Kamikaze-Mönch…
@Dietmar: "Der Abstand von 40 bis 100 Jahren stört Dich, aber eine Überarbeitung nach knapp 2000 (Neues Testament) bis 5000 Jahren (Altes Testament) wäre zu fordern?"
Mich stört nicht, dass der Text selektiert wurde, nicht mal das er sich künstlerische Freiheit herausnimmt und keine historie darstellt. Mich stört allenfalls, dass das Gegenteil manche glauben, weils ihnen nicht anders gesagt wurde.
Und aus meiner zugegebener laienhaften Sicht spricht wenig dagegen, da mal die Sachen zu straffen, die damaligen Vorstellungen geschuldet waren und nun nur noch den Text sperrig wirken lassen, ohne wirklich eine angewandte Bedeutung zu haben… gilt ggf. umgekehrt für Auslassungen.
und das ist keine Forderung, sondern einfach nur meine Meinung dazu, dass die Schreiber der Urtexte nicht damit rechnen konnten, was daraus mal wird…
(ob so eine Überarbeitung letztendlich was in richtung verständlichkeit und rezeption ändern würde, also ob dann mehr Leute die Bibel wirkllich lesen und verstehen (wollen) würden, weiß ich sowieso nicht….)
((ich fürchte das Posting ist nun auch sperrig, sorry….))
@Howie Munson: ,,Mich stört allenfalls, dass das Gegenteil manche glauben, weils ihnen nicht anders gesagt wurde."
Mich auch.
,,Und aus meiner zugegebener laienhaften Sicht spricht wenig dagegen, da mal die Sachen zu straffen, …"
Die Bibel ist aber kein beliebiger Roman oder so, der redigiert werden kann, wie es gerade passt. Und selbst da würde man das nicht guten Gewissens machen können. Man kann aber nacherzählen, Filme machen, Romane und Theaterstücke. Dann braucht man am Original nicht kürzen.
Es gibt aber tatsächlich eine Neufassung, die der heutigen Sprache entgegen kommen soll. Die ist aber nicht schöner geworden. Beispielsweise ,,Man soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen" wurde zu ,,Man zündet ja auch nicht eine Kerze an und stülpt einen Eimer darüber." (Aus dem Kopf zitiert, deshalb möglicherweise nicht genau richtig.)
@ Dietmar: "Die Bibel ist aber kein beliebiger Roman oder so, der redigiert werden kann, wie es gerade passt."
Wieso nicht? Soweit ich weiss, hat nicht einmal irgendwer die Rechte an dem Schinken…
@Gregor: Auf Albernheiten gehe ich gar nicht erst ein.
Mannomann – ganz schön viele, lange Beiträge in einem (wie ich finde) für Internetdiskussionen erstaunlich positiven Ton und Umgang miteinander. Das spricht für den Wortvogel und seine Leser!
Ich würde gerne noch zwei Dinge beitragen, die mir aufgefallen sind, die bisher noch nicht genannt wurden:
1.) Der angebliche Oralsex auf dem TITANIC-Titel ist ja nur Interpretation. Zeigt das Bild einem 5-jährigen und fragt ihn, was er sieht: Er wird sagen, der Mann hängt das Kreuz auf (oder ab) oder was auch immer. Der Oralsexbezug wird ja gerade erst von denen hergestellt, die sich darüber echauffieren. Das ist schon grosse Kunst! Hier geht es eben nicht um die Abbildung eines tabus, sondern um die Entlarvung einer Haltung in den Betrachtern.
2.) Ich wundere mich immer wieder, warum viele Menschen bei Sexual-Straftaten immer direkt davon ausgehen, es hier mit "triebtätern" zu tun zu haben, die einem angeborenen Sexualtrieb folgen. Auch wenn es diese durchaus geben kann (und wird) zeigen doch mannigfaltige untersuchungen (inkl. des Standford-Prison-Experiments) und anderer Geschehnisse (Abu Graib etc.) dass es bei diesen Misshandlungen in den meisten Fällen nicht um Sex, sondern um Macht geht. Die meisten Vergewaltigunger suchen keinen Sex, sondern Macht. (Sex lässt sich in unserer Gesellschaft ja schliesslich deutlich einfacher erhalten). Das geht über Vergewaltigungen in Gefängnissen zwischen heterosexuellen Gefangenen bis zu den Massenvergewaltigungen in den vergangenen Kriegen, die sicher auch nicht nur daran lagen, dass die armen jungs nach zwei Monaten Feldzug sexuell ausgehungert waren.
Anfällig für diese Mechanik sind leider sehr viele Menschen – und diese Korrumption tritt immer dort auf, wo klare Hierarchien und "eigene Gesetze" gelten, in der der stärkere Part das gefühl hat, "nicht kontrolliert zu werden". Das gilt für die Armee genauso wie für Gefängnisse und leider eben auch für bestimmte Bereiche innerhalb der Kirche.
Was folgt daraus? In der Tat ist das System Kirche schuld – aber nicht deswegen, weil alle (oder viele) Pater pädophil sind, sondern weil sie in einer Parallelwelt zu große Macht zugesprochen bekommen.
Just my 2 cents
@ floham:
1) Das hatte ich im Text ja auch geschrieben – schon erstaunlich, wie aggressiv man seine eigenen Psychosen in so ein Bild rein interpretieren kann.
2) Ein sehr gutes Argument. Danke dafür.
@ Dietmar: Das war ernst gemeint. Ich verwehre mich gegen die Implikation, dass die Bibel etwas Besonderes sei, an dem man (noch mehr als bei einem "beliebigen Roman") nichts verändern dürfe.
Du würdest der Mona Lisa auch ’nen Schurrbart drübermalen, wie… ?
@Peroy: das haben die byzantinischen Kardinaläe(später die Katholiken und Luther auch noch) doch mit der "Rohbibel" auch schon gemacht: halt mehr oder weniger willkürlich festgelegt was zum Kanon gehört und was nicht… (ok meinetwegen haben die meisten da auch versucht wirklich die glaubwürdigsten Texte auszusuchen, fragen kann man ja keinen…)
Im Gegensatz zur Mona Lisa war das alte Testament zu der Zeit der Neudefinition auch schon Jahrhunderte alt und für das neue hatte man noch paar andere Texte als die, die letzendlich genommen wurden…
Wie dem auch sei, kann auch sein das dadurch es nur anders, aber nicht besser wird….
Das mich nicht wirklich ein "Eimer über die Kerze stellen" zum lesen einer Neuübersetzung animiert ist wohl nachvollziehbar, bin auch so schon kein Bibelleser und halt mich da jetzt auch lieber raus.
@Gregor: Wenn Du das ernst meinst, will ich auch ernst antworten: Die durch die Kirche und Religion vermittelten Glaubensinhalte muss, finde ich jedenfalls, niemand unbedingt teilen. Auch sich dagegen zu wehren, ist in meinen Augen absolut legitim; allein schon, wenn man sich die aktuellen Anlässe ansieht. Die Kirche hat ihren Anspruch, eine Art moralischer Führer zu sein, immer wieder nachhaltig verspielt.
Also: 1. muss man den christlichen Glauben nicht teilen, 2. muss man nicht zwangsläufig der Kirche folgen, auch wenn man christlich glaubt.
Aber: Unabhängig vom Glauben ist die Bibel etwas Besonderes. Es gibt nämlich keine ähnlich umfangreiche wie vielschichtiges Schriftensammlung, die eine Tradition über Jahrtausende begleitet hat, und es gibt nichts, was ähnlich kulturprägend ist. Sprachgebrauch, moralische Vorstellungen, Kunst, das gesamte Leben der christlich geprägten Hemisphäre ruht auf diesem Buch. Ohne die darauf fußende Religion wäre buchstäblich nichts in unserem kulturellen Leben so, wie es ist. Die Uhr wurde erfunden, um die Betstunden einzuhalten, die Schrift (übernommen und entwickelt) um Abschriften der Bibel zu erstellen (den teutonischen Waldspringern war das nämlich herzlich egal). Ja selbst unsere Hörgewohnheiten haben sich daraus entwickelt, denn weil man die kirchlichen Gesänge kanonisieren wollte, musste man Notenschrift entwickeln, was zu unserer mitteleuropäischen Musiktradition führte, die sich ja nun deutlich von beispielsweise der orientalischen unterscheidet.
Also: Du kannst ja gerne behaupten, dass die Bibel nichts Besonderes ist, es ist aber schlicht falsch und kulturautistisch. Du willst den religiösen Gehalt als unwahr kenntlich machen? Das ist etwas anderes. Mach das von mir aus. Aber etwas Besonderes ist die Bibel.
(Es ist wieder anekdotisch, aber ich weiß leider nicht mehr, wo ich das gelesen habe: Ein Historiker sagte mal, er wünsche sich auch für andere Zeiträume Quellen, mit denen man ebenso viel anfangen könne wie mit der Bibel. Denn alle Quellen müssen daraufhin abgeklopft werden, wer sie zu welchem Zweck verfasst hat. Deshalb ist es tatsächlich so, dass man die Paulus-Briefe, die zeitnah nach Jesu Tod entstanden sind, als Beleg für die historische Person ansehen kann. Man kann seine religiöse Bedeutung abstreiten. Was spricht dagegen außer der Glaube? Aber gleich alles abzustreiten, als wäre das eine Verschwörung irgendwelcher obskuren Mächte, die eine Comicfigur erfunden haben und dafür einen ,,Schinken" verfasst haben, ist kindisch und renitent, nicht revolutionär und unangepasst.)
Volker Pispers – treffsicher wie immer:
http://www.youtube.com/watch?v=3dhGKJ1Bxu4
http://www.youtube.com/watch?v=ZtsAjscW67c
@ Peroy: "Du würdest der Mona Lisa auch ‘nen Schurrbart drübermalen, wie… ?"
Ist ja nicht so, als gäbe es nur *eine* originale Bibel.
@ Dietmar: Und wo hab ich jetzt die kulturelle oder weltgeschichtliche Bedeutung der Bibel in Abrede gestellt? Oder alles abgestritten, "als wäre das eine Verschwörung irgendwelcher obskuren Mächte, etc."?
Um mal auf den Punkt zu kommen: Man kann auch zuviel Respekt vor der Bibel haben, die trotz allem nur ein Buch ist (ein bedeutendes Buch zwar, aber nichts Heiliges, von dem man auf jeden Fall die Finger zu lassen hat).
"Um mal auf den Punkt zu kommen: Man kann auch zuviel Respekt vor der Bibel haben, die trotz allem nur ein Buch ist (ein bedeutendes Buch zwar, aber nichts Heiliges, von dem man auf jeden Fall die Finger zu lassen hat)."
Na, das liegt im Auge des Betrachters, ne… ?
Dödel…
Klar, wer an Gott und so glaubt, sieht das anders. Recht hab trotzdem nur ich, Schatzi. 🙂
"Na, das liegt im Auge des Betrachters, ne… ?"
Das "Auge des Betrachters" kann ja wohl kein Maßstab sein, sonst muss man bald von allem die Finger lassen, weil alles für irgendjemanden was heiliges darstellen könnte.
Oder, um es deutlicher zu sagen: Es gibt nichts irrelevanteres als das "Auge des Betrachters". 8)
Gruß,
Marko
Genau, Gregor. Die Bibel ist nur ein Buch. Jeder, der da mehr sieht, sieht ihre ,,Heiligkeit", die Du ihr nicht zugestehen willst, und damit ist dann jedes Argument gleich mal erledigt. Na, das hast Du aber fein herausgearbeitet. So richtig durchdacht und so.
Macht richtig Spaß, wenn eine ernsthafte Argumentation blöd weggelabert wird.
Öh, Laus über die Leber gelaufen oder so?
Worauf du hinaus willst, musst du auch mal erklären.
"Öh, Laus über die Leber gelaufen oder so?
Worauf du hinaus willst, musst du auch mal erklären."
Ralph… ?