01
Jan 2010

Movie Mania Minis (13)

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

Gamer

USA 2009. Regie: Neveldine/Taylor. Darsteller: Gerard Butler, Amber Valletta, Michael C. Hall, Kyra Sedgwick, Terry Crews, Ludacris, Alison Lohman, Logan Lerman, John Leguizamo u.a.

game Inhalt: In der nahen Zukunft: Sozial sind die Menschen in der Online-Community “Society” organisiert, für die etwas härteren Naturen gibt es den Shooter “Slayers”. In beiden Fällen werden allerdings keine virtuellen Avatare gesteuert, sondern Menschen aus Fleisch und Blut. Star von “Slayers” ist der Todeszellen-Kandidat Kable, der (unter der Führung des gefeierte 17jährigen Spielers Simon) nur noch zwei Level gewinnen muss, um die Freiheit zu erlangen. Doch eine Hacker-Gruppe namens “Humanz” mischt sich ein, und deutet an, dass der Software-Mogul Ken Castle sinistre Ziele verfolgt. Kable soll ihr Werkzeug sein, die Neue Weltordnung zu verhindern…

Kritik: “Gamer”, der erste “ernsthafte” Film der “Crank”-Macher Neveldine/Taylor, floppte böse am US Box Office, was relativ erstaunlich ist, hat er doch einen angesagten Cast, jede Menge Action, und ein trendiges Thema. Tatsächlich ist der Streifen nicht ansatzweise so frisch und sozialkritisch, wie er vorgibt: Genau der Zynismus, der hier angeblich angeprangert wird, trieft aus der ganzen Produktion, die mit kindlicher Spielfreude splattert, und am Ende auch nichts anderes als “das Recht des Stärkeren” zur Lösung der Konflikte anbietet. So wie “Starship Troopers” keine glaubwürdige Satire auf den Militarismus war, ist “Gamer” keine glaubwürdige Kritik an der Dehumanisierung durch Virtualisierung. Den Film werden vermutlich genau jene Hardcore-Gamer geil finden, die er eigentlich kritisiert.

Das Konzept wirkt auch zu halbgar: Die hier vorgestellte Zukunft ist in sich nicht geschlossen oder plausibel. Wenn man die Logistik der Spiele “Society” und “Slayers” durchdenkt, bekommt man Kopfschmerzen.

Der Einstieg in die Story wird dem Zuschauer unnötig schwer gemacht: Nachdem die erste Hälfte der Laufzeit mit hyperkinetischen, aber etwas wirren Shoot-Outs verbracht wird, findet der Film erst im zweiten Teil, und damit zu spät, so etwas wie einen Erzählrhythmus – der dann umso stärker entlarvt, dass die Action-Kaiser Neveldine/Taylor keine narrativen Kleider anhaben. Unter dem ganzen modischen Gekrache verbirgt sich nur eine weitere Variante von “Das 10. Opfer”, bzw. “Preis der Angst” (für die Jüngeren unter meinen Lesern gerne auch “Running Man”). Und nicht mal eine besonders clevere.

Weil der Zuschauer hirnseitig nicht allzu sehr gefordert wird, kann er seine Zeit damit verbringen, Gastauftritte und Insider Gags zu suchen (wenn z.B. eines der möglichen “Society”-Kostüme von Angie das von “Pris” aus “Blade Runner” ist).

Trotzdem muss ich zugeben, dass Neveldine/Taylor immer noch zu den Kings gehören, wenn es darum geht, aus einem vergleichsweise geringen Budget das größtmögliche Spektakel zu pressen – “Gamer” sieht richtig fett aus, und lässt bei der Action auch nichts aus. Der Film wurde größtenteils mit der Digital-Kamera Red One gedreht, was für ein ziemlich geiles BluRay-Screening sorgen dürfte. Zusammen mit “District 13 9” zeigt er, dass teurer nicht immer besser ist, und dass eine neue Generation von Filmemachern die Kosten für Blockbuster vielleicht wieder in den erträglichen Bereich zurückschleifen kann. Das allein nötigt mir schon Respekt ab. Nun müssen bloß noch die Drehbücher ebenfalls für das 21. Jahrhundert taugen.

Fazit: Ein Hardcore Action-Streifen der neuen Welle, der inhaltlich keine Bäume ausreißt, aber hip genug ist, um 85 Minuten kernig zu unterhalten. Allerdings hat “Punishment Park” von Peter Watkins das Thema besser, konsequenter, kritischer, und weniger verlogen abgehandelt – vor fast 40 Jahren.

http://www.youtube.com/watch?v=lcjgoD60-b4



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

23 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Snyder
Snyder
1. Januar, 2010 13:31

Warum funktioniert Starship Troopers nicht als Militärsatire?

Horst
Horst
1. Januar, 2010 16:24

District 13 oder District 9? 😀

Matt
Matt
1. Januar, 2010 17:07

Dr. Clemente! 😀

Dietmar
Dietmar
1. Januar, 2010 19:42

@Snyder: Mich hat das Argument, das sei eine Satire, damals echt überrascht. Nach nochmaligem Sehen kann ich das immer noch nicht finden. Wenn das eine sein sollte, dann ist das für mich nicht deutlich genug.

Ich finde den Film jedenfalls furchtbar.

Wortvogel
Wortvogel
1. Januar, 2010 20:31

@ Horst: Zahlen machen mich wirr. Ich hab’s korrigiert.

Peroy
Peroy
1. Januar, 2010 20:43

“@Snyder: Mich hat das Argument, das sei eine Satire, damals echt überrascht. Nach nochmaligem Sehen kann ich das immer noch nicht finden. Wenn das eine sein sollte, dann ist das für mich nicht deutlich genug.

Ich finde den Film jedenfalls furchtbar.”

Der Film findet dich auch furchtbar…

Dietmar
Dietmar
2. Januar, 2010 03:30

,,Der Film findet dich auch furchtbar…”

Ich glaube irgendwie nicht so richtig, dass er mich kennt.

Heino
Heino
2. Januar, 2010 10:32

Ich hab Starship Troopers nie als Militarismus-Satire, sondern immer nur als Parodie auf den Roman gesehen und so funktioniert er mMn ganz gut. Gerade weil er die von Heinlein (der ja selbst nur sehr unfreiwillig die Army verliess) wirklich ernst gemeinten Aspekte (z.B. Wahlrecht nur für ehemalige Soldaten) und die Ausbildung der Soldaten bewusst überhöht, hebelt der Film die Aussage des Buches doch ganz gut aus. Der Film ist zwar nicht auf einer Stufe mit z.B. Full Metal Jacket, aber das war vermutlich auch nicht das Ziel von Verhoeven.

Zu Gamer:ich sah den Trailer im Kino und fad den schon abschreckend. Sowas muss ich mir nicht im Kino geben, dafür reicht mir die DVD daheim.

Dietmar
Dietmar
2. Januar, 2010 12:48

@Heino: Mir fällt gerade auf, dass wir die Diskussion schon mal hatten. Ist nicht so lange her. Ich entschuldige mich in die Runde, dass ich meine Meinung zu dem Film wieder ziemlich unmotiviert rausgehauen habe. (Vor allem, weil ich dafür keine Argumente habe; ich finde den einfach nur furchtbar.) 🙁

Heino
Heino
2. Januar, 2010 14:53

@Dietmar:stimmt, das hatte ich völlig vergessen. Aber
für deine Meinung musst du dich wohl kaum entschuldigen, der Film ist halt nicht jedermanns Sache und das kann ja nur gut sein. Mich würde allerdings mal generell interessieren, woran der Wortvogel seine Meinung festmacht. Vielleicht ändert das ja meinen Blickwinkel.

Tornhill
Tornhill
2. Januar, 2010 15:20

Die Grundidee von “Gamer” klingt gar nicht übel – natürlich nur aus bekannten Elementen zusammen gesetzt, aber eben in neuer, erfrischender Kombination. Schade, dass es nicht ganz zu funktionieren scheint (wobei ich übrigens der Meinung bin, dass SST durchaus satirisch funktioniert, nur eben anders als üblich: er sagt bewusst das Falsche und gibt nur kleine Irritationen und will den Zuschauer selbst widersprechen lassen).
Die Formulierung von den “Action-Kaisern”, die keine Kleider anhaben rult übrigens enorm.

Peroy
Peroy
2. Januar, 2010 16:41

Ich sag’s immer wieder gerne:

“Starship Troopers” ist ein sehr cleverer Film, der so tut, als ob er sehr dumm wäre. Ganz im Gegensatz zu z.B. “Matrix”, der ein sehr dummer Film ist, der so tut, als ob er clever wäre.

Die Reaktion auf diese beiden Streifen sagt auch viel über den Zuschauer aus…

Marko
2. Januar, 2010 18:14

“Die Reaktion auf diese beiden Streifen sagt auch viel über den Zuschauer aus …”

Stimmt. Leider sind beide Filme clever. 😛

Gruß,
Marko

Peroy
Peroy
2. Januar, 2010 20:03

QED. 8)

Marko
2. Januar, 2010 20:08

Gratulation zum Eigentor. 8)

Gruß,
Marko

Dietmar
Dietmar
2. Januar, 2010 20:27

a) ,,“Starship Troopers” ist ein sehr cleverer Film, der so tut, als ob er sehr dumm wäre.”

Mag sein; dem will ich nicht widersprechen. Ich mag ihn nicht.

b) ,,Ganz im Gegensatz zu z.B. “Matrix”, der ein sehr dummer Film ist, der so tut, als ob er clever wäre.”

Der ist ziemlich clever, tricktechnisch innovativ, und man hätte es beim ersten Teil belassen sollen.

c) ,,Die Reaktion auf diese beiden Streifen sagt auch viel über den Zuschauer aus…”

Wie so oft sagt diese Aussage mehr über den aus, der das sagt, als über die, über die etwas gesagt werden soll.

Peroy
Peroy
2. Januar, 2010 20:31

Ebenso wie die Antwort auf die Aussage, dass die Aussage über die Filme einiges über den Aussagenden aussagt… 8)

“Matrix” und clever… so geil… *g*

Dietmar
Dietmar
2. Januar, 2010 20:59

,,“Matrix” und clever…”

Ziemlich clever, ziemlich. Soviel Sorgfalt darf dann schon sein.

Peroy
Peroy
2. Januar, 2010 21:32

Jaja, “Matrix” ist ziemlich clever, wenn man selbst ziemlich… lassen wir das… 8)

Dietmar
Dietmar
2. Januar, 2010 21:35

If you can´t hurt the message …

Peroy
Peroy
2. Januar, 2010 21:39

I can hurt both. 8)

Wortvogel
Wortvogel
2. Januar, 2010 21:46

Kurz die offizielle Auswertung: Peroy ist wie immer ein Arsch, und seine Aussagen sollten genau so albern gesehen werden, wie sie nicht gemeint sind…

Berundi
Berundi
4. Januar, 2010 10:47

Ich fand den Film nervig, ätzend und nur sehr schwer zu schauen. Ich wollte gar den Saal verlassen, was das letzte Mal bei “Smokin’ Aces” der Fall war.
Erstens die Sicht auf den Slayer, wie bitteschön soll man den denn in der Third Person View sehen können? Eine Kamera wäre zum einen stark gefährdet, zum andern wohl kaum in der Lage hinter dem Slayer so schnell die Position zu verändern, wie der Slayer gedreht wird. Sollte es eine solche Kamera doch geben, wäre diese wohl ein strategisch wichtiges Ziel beim Angriff, besonders wenn ein Slayer in Deckung geht und die Kamera noch immer über ihm schwebt.
Das selbe gilt für Society, was das Spiel erst “interessant” machen würde für den virtuellen Sex.
Das Storypotential fand ich erstaunlich einfallsreich und auch spannend. Gefallen haben mir die Gesichter der Society-Schauspieler, wenn sie zu etwas gezwungen wurden was sie eigentlich nicht wollten. NEIN ich mochte es nicht sie leiden zu sehen, sondern den Hinweis darauf, dem Zuseher klar zu machen was da eben eigentlich geschieht und weniger ein Spiel oder lediglich ein Film ist.
Das wars aber leider auch schon mit dem positiven.
Die Kameraführung war zu schnell zu abgehackt zu viel Spiel. Was bei Crank vielleicht funktioniert hat, ist für einen solchen Film mehr als verstörend, zumal der Film den Eindruck erwecken will ernst gemeint zu sein. Die Zoom auf die Darsteller und zurück sollen etwas Tempo in den Film bringen, doch mich haben sie nur gestört, zumal der Film etwa die erste Hälfte überhaupt nicht in die Gänge kommt und der Zuschauer hilflos dieser blutigen Show ausgesetzt ist, welche durch die Kameraführung dazu noch stressig ist.

Was zur Hölle wollten eigentlich die Society-Leute damit bezwecken hirnlos in der Gegend rumzustehen und affig zu tanzen? Waren die gerade vom User getrennt? Standby oder einfach nur abgestellt um “Leben” in diese komische Welt zu bringen?

Ich habe nie “Second Life”, “Sims” gespielt und mein letzter Shooter liegt nun auch schon weit zurück, vielleicht bin ich genau deswegen enttäuscht und stimme dem Wortvogel mit: “Den Film werden vermutlich genau jene Hardcore-Gamer geil finden, die er eigentlich kritisiert.” nur zu.