19
Juli 2009
Der Babystrich im Spiegel deutscher und amerikanischer Kinokultur
Themen: Film, TV & Presse |Ich kann mich auch über Kleinigkeiten amüsieren.
Nehmen wir mal den deutschen Trashfilm "Die Schulmädchen vom Treffpunkt Zoo", der in unglaublich schmieriger Weise versucht, den Nackedei-Film der frühen 70er durch knallharte Drogenszenen der "neuen Welle" zu aktualisieren (und dafür eine gerade mal 12jährige Katja Bienert skandalös schamlos ausbeutet):
Nun vergleiche man das mal mit dem Cover der englisch synchronisierten Fassung "Train Station Pickups" vom US-Videorelease:
Hinter beiden Covern den gleichen Film zu vermuten, verlangt mehr Phantasie, als ich aufzubringen in der Lage bin…
Ich sach mal, so aus der Hüfte geschossen, Tarnung ist alles. Den Film mit dem deutschen Cover würde ich nicht mal mit nem Feuerhaken anfassen. Das US-Cover ist da schon um einiges ansprechender. Das deutsche Cover zeigt aber leider den Müll den man bekommt, was die Entäuschung bei letzterem Cover um so größer werden läßt.
Erschütternd eigentlich, dass deutsche Titel sogar dann um Längen schlechter sind, wenn es sich bei ihnen um die Originale handelt. Überraschend natürlich nicht.
Nu ja, mit dem deutschen Poster wollte man sich halt an den damals gerade aktuellen Diskurs anhängen. Das beschränkt sich offenbar aber wirklich nur auf eben dieses Poster, den Titel und den Handlungsort (und ein bisschen Heroin-Subplot). Den Film hab ich zwar nicht gesehen, aber der Trailer lässt schon durchblicken, dass das Bahnhof Zoo – Szenario zwar ein Aufhänger ist, der Film aber ansonsten aussieht wie jeder x-beliebige Schwabing-Report aus der Zeit (und, da von Lisa-Film produziert, vermutlich auch mehrheitlich in München und Umgebung gedreht wurde).
Das US-Artwork ist, äh, zeitloser.
@ Lari: Das sehe ich nicht so – der Film (und ich habe ihn tatsächlich gesehen) gibt der Drogenplotte durchaus Raum, und das Poster ist repräsentativ (es fehlen nur nackte Tatsachen, was mich ehrlich verwundert).
Die US-Artwork ist an keiner Stelle zeitlos – die Klamotten des Mädchens sind eindeutig der Mitte der 80er zuzuordnen, und die amerikanischen Züge täuschen die falsche Lokalität vor.
Stimmt. "Zeitlos" meinte ich in dem Sinne, dass es sich, anders als das deutsche Poster, nicht an eine tagesaktuelle Debatte anbiedert.
Den Look des Trailers habe ich als verhältnismäßig bunt und sauber in Erinnerung – das hatte so gar nichts von der Tristesse des Uli Edel – Originals. Hm, wobei das Poster bei genauerem Hinsehen diese auch gar nicht verspricht, sondern einfach nur ein paar Bravo-mäßig gestylte End-70er-Schulmädchen vor ein abgefucktes Stock Footage – Foto vom Bahnhof klebt. Was irgendwie ja auch die exploitative Intention der Macher adäquat wiedergibt.
ist der Film (habe ihn noch nie gesehen) eine originalgetreue Umsetzung des Buches (vor einiger Zeit gelesen, und als ziemlich bedrückend empfunden)?
wenn ja, trifft das deutsche Poster den Inhalt m.E. ganz gut.
Das Ami-Poster lässt einen Film in Richtung "Ferris macht blau" vermuten, nur halt mit einer Ferrine.
Äh, dlTexid, ich glaube nicht, daß es sich hier um um die Kinder vom Bahnhof Zoo handelt, sondern um einen Trittbrettfahrer.
@dLTexid: Solltest du das Buch "Christiane F." meinen, dann nein. Der Film "Die Kinder vom Bahnhof Zoo" ist hier auch nicht gemeint. Der deutsche Titel täuscht einfach nur. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.
@ Texid: Dass hier nicht "Christiane F." gemeint ist, sollte auch durch den begleitenden Text klar werden. Aber wer liest schon, was ich mir hier ausblute?
"Aber wer liest schon, was ich mir hier ausblute?"
Geht’s nicht ein bisschen leidender? 😀
Gruß,
Marko
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Emo Torsten is emo….
@Wortvogel: Das Leid des Künstlers. Keiner versteht ihn und die Welt ist gemein und unfair. Tja, sterbe früh und hinterlasse deinen Erben wertvolle Rechte an deinem Werk. MJ hat es uns ja wieder einmal vorgemacht. Du kannst dir sicher sein, dass du als toter Künstler von einem gewissem Ruf verstärkt gelesem wirst und wenn es nur für den Nachruf ist.
Das US-Cover sieht für mein Empfinden sehr nach "young adult" Mädchenliteratur aus, die deutsche Version trifft den Bravo / Pop/Rocky Stil der frühen 80er Jahre aber auch ganz gut, insofern könnte man da vielleicht was von Gemeinsamkeit gerade aufgrund vordergründiger Unterschiedlichkeit konstruieren.
Den deutschen Titel finde ich aber wesentlich besser.
,,Tja, sterbe früh und hinterlasse deinen Erben wertvolle Rechte an deinem Werk." Das funktioniert selbst bei den guten nicht immer. Abgesehen davon, dass man selbst davon nicht allzuviel hat.
@ Dietmar: Ich halte es da mit Woody Allen: "Ich möchte Unrsterblichkeit dadurch erlangen, dass ich nicht sterbe."
@Wortvogel: Ich halte es mit Queen: ,,Who wants to live forever?".
Oder mit dem Alten Testament: ,,Und er starb alt und lebenssatt."
In umgekehrter Reihenfolge, was die Bedeutung betrifft.
@Dietmar: Irgendwas ist ja immer sonst würde es ja keinen Spaß machen, gelle?
Btw, nenne mir einen Künstler, der zu lebzeiten bekannt war und hinreichend kommerziellen Erfolg hatte und dessen Erben heute nicht einen gewissen Obulus erhalten. Ich stelle mal die Behauptung auf, dass die am besten verdienenden Künstler, die toten sind. Elvis, Tolkien, MJ um nur einige zu nennen. Ich lasse mich aber gerne eines besseren belehren.
Sehe ich das eigentlich richtig, dass in der US-Version Katja Bienert dann Katja Carroll heisst?