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Jun 2009

Polizeistaat Deutschland ’05: Wortvogel als Rebell, Pirat – schon wieder?!

Themen: Neues |

Von meinem Stress mit der Staatsmacht hatte ich euch ja erst kürzlich berichtet. Das war 1989, die Welt war im Umbruch, ich war jung und brauchte (das) Geld…

Nicht gedacht hätte ich mir, dass es 2005 noch einmal zu einem ähnlichen Erlebnis kommen würde.

Es fing damit an, dass ich bei Ebay weltweit nach allen möglichen obskuren Filmen des Produzenten Charles Band für mein Buchprojekt suchte. Teilweise bestellte ich gebrauchte Videos und DVDs aus Hongkong und Australien. Hätte ich bloß ein paar Jahre gewartet – heute bietet Band das meiste davon preiswert auf DVD über seine eigene Webseite an…

Nicht immer lief alles glatt: ein Typ aus Nürnberg verkaufte mir “Meister des Grauens” auf VHS – und nach Ankunft des Päckchens stellte ich fest, dass es sich dabei um eine private Aufnahme vom Fernsehen auf Leerkassette handelte! Ich machte dem Verkäufer richtig Stress, vor allem, weil er sich dumm stellte:” Wieso? Ich habe doch nie gesagt, dass es sich um ein Original handelt!” (ja ja – aber das Cover einer Original-Kassette in der Auktion zeigen).

Ein paar Monate, nachdem ich den Großteil der Filme ersteigert hatte, fand ich auf meinem Anrufbeantworter die Nachricht eines Polizeibeamten, der mich dringlich um Rückruf bat. In Bayern tut man gut daran, den Aufforderungen der Staatsmacht nachzukommen – und siehe da: man wollte mich “wegen des Erwerbs von Raubkopien” belangen.

Ich sagte dem Beamten, dass ich keine Raubkopien kaufe – grundsätzlich und niemals. Er verwies auf eine Ebay-Auktion. Man habe den Verkäufer hops genommen, und arbeite nun die Kundenliste ab. Es sei nämlich auch strafbar, wissentlich Raubkopien zu kaufen. Ich wies den Polizisten erneut darauf hin, dass ich mein gutes Geld nicht für Raubkopien ausgeben würde. Er schien nicht überzeugt.

Nun ist es gar nicht so leicht, in so einem Fall meine Unschuld zu beweisen: Ebay hatte die Auktionsdaten nach 90 Tagen gelöscht, und ich wusste nicht einmal, um welche Filme es ging (wäre diese Info nicht in die Bringschuld der Polizei gefallen?).

Nich mit mich! Glücklicherweise habe ich (auch aus steuerlichen Gründen) alle gewonnen Ebay-Auktionen als PDF-Datei abgespeichert, und so konnte ich die Transaktionen mit dem angeklagten Verkäufer aus den Untiefen meiner Festplatte fischen. Und siehe da: Die Kassetten, die ich von ihm gekauft hatte, waren eindeutig als Originale gekennzeichnet – somit konnte mir eine Absicht, Raubkopien zu kaufen, nicht unterstellt werden. Und die Filme waren auch tatsächlich Originale gewesen – ob der Mann nebenher noch schwunghaft Schwarzware unter die Leute gebracht hat, kann ich nicht sagen. Ist mir auch egal.

Der Beamte klang tatsächlich etwas enttäuscht, und bat mich, ihm die PDF-Dateien zu schicken (die können auf dem Amt tatsächlich PDF öffnen? Respekt!).

Es endete wieder mal unspektakulär:

horrorvideos2



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Dietmar
Dietmar
17. Juni, 2009 00:02

Irgendwie fehlt bei solchen Einstellungsbescheiden nach meinem Geschmack das ,,mit der Bitte um Entschuldigung” oder ,,vielen Dank für Ihr Verständnis”.

martzell
21. November, 2022 19:58
Reply to  Dietmar

bitte um Verständnis

Bluescreen
Bluescreen
17. Juni, 2009 02:13

Blöde Frage am Rande an die Fachkundigen:

Wenn ich eine TV-Sendung aufzeichne und diese als Kopie weitergebe(n würde)… mache ich mich damit strafbar? Ist das schon eine öffentliche Vorführung ohne Erlaubnis? Oder kann man den TV-Sendern sagen “Hey, wenn ihr es schon empfangsbereit und für Nüsse in den Orkus jagt, was wollt ihr denn?”.

Ich hab mich noch nie für die Rechtslage interessiert öffentlich einen Fernseher in die Welt zu halten.

Lari
Lari
17. Juni, 2009 04:26

Eher Polizeistaat Bayern, oder? Die sind bei euch überhaupt etwas autoritärer drauf – Ich war ein einziges Mal in München, komme dort an einem ganz normalen Tag aus der U-Bahn (in der man seinerzeit penetrant mit klassischer Musik beschallt wurde, wohl um schlimm kulturlose Subjekte zu vergraulen), und das erste, was ich am Ausgang sehe, ist eine Polizeistreife, die sich gezielt den einzigen Langhaarigen aus der Menge der Fahrgästen vor mir herausfischt und routinemäßig dessen Papiere kontrolliert. Einfach mal so.

GrinsiKleinPo
GrinsiKleinPo
17. Juni, 2009 06:15

@Lari:
Ist halt ein Freistaat und eigentlich nur durch Zufall Teil der Bundesrepublik Deutschland. Die wollten eh nicht mit rein. Ausserdem haben die ja ein C und ein S in der bayrischen Einheitspartei. Da kann es nicht verwundern wenn die Polizei fröhliche Einstände feiert.

Ist natürlich alles ein Vorurteil und durch die Brill eines Fischkopfes gesehen.

Shah
Shah
17. Juni, 2009 08:54

Bahnhof Bamberg. Die Polizei durchsucht zwei Züge. Wessen Personalien werden am Ende aufgenommen?(Obwohl der offenkundlich wenig damit zu tun hatte, weil er in Bamberg _ausstieg_): Die des einzigen Schwarzen.

Wolfgang Hömig-Groß
Wolfgang Hömig-Groß
17. Juni, 2009 09:49

Früher hatten wir ja mal eine Unschuldsvermutung und wer mir was wollte, musste beweisen, dass ich’s war. Ist wohl vorbei ..
Kann ja wohl nicht sein, dass ich über Ebay bei einem Raubkopierer ein Handrührgerät kaufe (mich also auf der Kundenliste finde) und mich dann wegen Raubkopierei zu rechtfertigen (?) habe.

AndréF
AndréF
17. Juni, 2009 10:56

Naja. Die Unschuldsvermutung heißt ja nu nicht, dass die Polizei nicht ermitteln dürfte, sondern nur, dass jemand, dem keine Tat nachgewiesen wird, nicht verurteilt werden darf. Wenn son Kerl nu mal erwiesenermaßen Raubkopien vertickt hat, kann man der Polizei kaum nen Strick draus drehen, wenn sie einfach mal die Kundenlisten von dem Mann anguckt und da jeweils nachfragt, was die denn da gekauft haben.
Das möglicherweise das Auftreten der Polizei höflicher hätte sein können, steht auf einem anderen Blatt.

Marco
Marco
17. Juni, 2009 11:36

Na ja, als zugereister Wahlbayer muss ich sagen, dass ich in Deutschland eigentlich nirgendwo anders mehr leben möchte. Gerade, weil hier noch Zucht und Ordnung herrscht. 🙂 Wobei ich sagen muss, dass ich persönlich innerhalb zehn Jahren keinen einzigen “Polizeikontakt” hatte.

Matt
Matt
17. Juni, 2009 11:44

Wohne und arbeite auch in Bayern – hatte bisher auch noch keine Probleme mit der Polizei. Noch nicht.
Nur als Student in den Staaten hatte ich mal Kontakt mit den Gesetzeshütern, war aber nur ne Verkehrskontrolle.
Ich scheine ein ganz braver Bub zu sein 😛

Dietmar
Dietmar
17. Juni, 2009 11:45

@Marco: Du bist wahrscheinlich ein zu angepasster Typ. 🙂

Marco
Marco
17. Juni, 2009 11:49

@ Dietmar
Wahrscheinlich. 🙂

Sigbert
Sigbert
17. Juni, 2009 12:46

“Nun ist es gar nicht so leicht, in so einem Fall meine Unschuld zu beweisen”

Als ich das letzte mal nachgeschaut habe, mussten die Anderen einem die Schuld noch beweisen und nicht anders rum.
Eine Kundenliste eines Verkäufers der auch mal Schwarzkopieen verkauft hat? Naja wahrscheinlich reicht dem Staatsanwalt sowas als Grund für den Durchsuchungsbefehl. Grausam sowas…

reptile
reptile
17. Juni, 2009 13:41

Kann man sich wegen einer Hausdurchsuchung eigentlich im nachhinein noch wehren wenn man der Meinung ist das sie ungerechtfertig war? Weiss das zufällig jemand was?

milan8888
milan8888
17. Juni, 2009 15:24

»Ist halt ein Freistaat und eigentlich nur durch Zufall Teil der Bundesrepublik Deutschland. Die wollten eh nicht mit rein. Ausserdem haben die ja ein C und ein S in der bayrischen Einheitspartei. Da kann es nicht verwundern wenn die Polizei fröhliche Einstände feiert.«

München wird mit 6 Jahren Unterbrechung seit 60 Jahren von der SPD regiert. Was hat also die CSU mit der Polizei in München zu tun?

GrinsiKleinPo
GrinsiKleinPo
17. Juni, 2009 17:22

@milan8888:
Das ist alles Teil des großen Planes. Die Christ-Sozis lassen die Nichtchristsozis in München machen und dafür gehört ihnen der Rest von Bayern. Das ist wie mit Berlin(West) und der ehemals Sowjetisch besetzten Zone. *eg* Bekanntlich war die West-Berliner Polizei auch nie sehr zimperlich im Umgang mit einigen Bürgern des freien Berlins.

Reptile: Aber klar kannst du das. Das solltest du sogar, wenn du der Meinung bist, dass da etwas gelaufen ist was nicht rechtens ist. Das könnte unter Umständen dazuführen, dass gewonnene Erkenntnisse plötzlich wiederrechtlich gewonnene Erkenntnisse sind. Bekanntlich sind die vor Gericht nichts wert.

Sascha
Sascha
17. Juni, 2009 19:05

@milan8888

Die Polizei ist eine Landesbehörde und da die bayerische Landesregierung (in Bayern heißt es , glaube ich, Staatsregierung) von der CSU und der FDP gestellt wird, hat erstere eine ganze Menge mit der Polizei zu tun. Der Innenminister als oberster Dienstherr der Polizei wird auch von der CSU gestellt.

reptile
reptile
17. Juni, 2009 23:32

@grinsikleinpo
Ja bei mir wurde ja nur untersucht weil ich auch auf einer Kundenliste stand. Aber genau dieser Umstand stört mich eigentlich.
Das dies schon reicht ärgert mich halt.

GrinsiKleinPo
GrinsiKleinPo
18. Juni, 2009 00:39

@reptile: Das nennt man Anfagsverdacht. Bei sowas wird halt ermittelt. Das Staatsanwälte und Richter Durchsuchungsbefehle ausschreiben wie andere Leute ein- und ausatmen ist leider ein Problem. Juristen/Anwälte) beklagen das schon seit längerem. Ansonsten empfehle ich, wenn die Polizei oder ein anderes Staatsorgan vor der Tür steht und deine Schrankwand sehen will. “Nicht ohne meinen Anwalt und nicht ohne genau Rechtsbelehrung.” Nicht alles was Papa Staat so meint zu können ist auch rechtens.

Montana
Montana
18. Juni, 2009 09:51

Alles zum Thema Hausdurchsuchung gibt es im so informativen wie unterhaltsamen Vortrag von Udo Vetter (“law blog”).

http://video.google.com/videoplay?docid=-1550832407257277331

Geht eine gute Stunde, die sich aber lohnt. Also ansehen! Bevor es zu spät ist. 😉

Mencken
Mencken
19. Juni, 2009 17:04

Wusste nicht, daß das wissentliche Kaufen von Raubkopien strafbar ist, frage mich aber, wie man nachweisen will / kann, daß ein Kauf im Zweifelsfall “wissentlich” stattgefunden hat.

Fuso
Fuso
25. Juni, 2009 13:53

Mir ist mal was ganz ähnliches passiert. Ich hatte vor längerer Zeit Wasserpfeifentabak bei ebay gekauft, 2 Jahre später meldete sich das Hauptzollamt Bremen von wegen Strafverfahren wegen Steuerhehlerei, ich hätte am Auktionsfoto erkennen müssen, dass der Tabak geschmuggelt war (keine Banderole) und hätte ihn somit mit diesem Wissen erworben.
Panischer Anruf dort ergab: “Joo, machense sich keine Sorgen, zahlen sie den Betrag nach und wir lassen das fallen. Wir müssen das so machen, damit wir den Kerl vor Gericht drankriegen. Ich muss jetzt leider auflegen, wir haben noch ne Razzia..” Wortlaut, wirklich.