Naja – soweit so erfreulich, aber das hätte in anderen Ecken von Amerika auch ganz anders laufen können.
Lutz
28. März, 2009 05:33
Bin zwiegespalten. Was mich an dem Experiment an sich stört, ist, dass es (insbesondere im Off-Kommentar) so dargestellt wird, als wenn jeder Schwuler automatisch tuckig ist und das nur er das nur zurückhalten kann, indem er sich extrem kontrolliert, um nicht aufzufallen. Das empfinde ich als ein echtes Klischee, dem auch die Macher auf den Leim gegangen sind.
Ansonsten ist das natürlich ein hübscher, Mut-machender Ausschnitt, bei dem sich die Gesellschaft mal wieder schön auf die Schulter klopfen kann, wie wunderbar tolerant sie doch ist, mit Ausnahme von ein paar Deppen, die im Mittelalter stehengeblieben sind.
Meiner Meinung nach ist jedoch das heulende Schwulenmuttchen, dass sich lautstark aufregt, weil sie ja Schwule generell süß findet und Diskriminierung nicht ertragen kann, die wahre Ausnahme als der pöbelnde Depp, der durch launige, latent homophobe Kommentare die Sympathie eher auf seine Seite zieht. Ich glaube, dass große Teile der Gesellschaft im Moment eher noch so reagieren wie dieser junge Kerl, insbesondere, wenn sich mehr als eine Person einfindet, die mit einfällt und damit deutlich macht, dass man hier diese Meinung vertreten darf.
Ehrlich gesagt rege ich mich sowohl über die Frau als auch über den Kerl auf. Ich empfinde Menschen, die jeden Menschen gleich wesentlich sympatischer finden, wenn dieser irgendwie schwul ist (und ein solcher Kommentar ist ja der erste, der von ihr gesendet wird), als genauso diskriminierend wie solche, die darüber rumpöbeln. Positive Diskriminierung ist genauso schädlich wie negative. Außerdem sind diese “Fag hags” ja nur auf den niedlichen Barbie-Aspekt dieser süßen Typen aus. Sobald sie sich diese Männer wirklich als sexuelle Wesen vorstellen würden, die tatsächlich Schwänze lutschen und Ärsche ficken (pardon), wäre eine Seifenblase zerplatzt.
Ich rede hier übrigens nicht nur von den USA. Der Kommentar bezieht sich genauso auf Deutschland.
Sheera
28. März, 2009 11:20
Ist nett anzusehen, allerdings wäre das in Texas warscheinlich nicht so glimpflich ausgegangen… *schauder*
Ein guter Freund von mir ist schwul (ein Mann, der einen Mann lieben möchte) und er regt sich auch gerne darüber auf, dass scheinbar ein Großteil der schwulen Männer ‘tussig’ ist. Das hängt warscheinlich mit der gesellschaftlichen Auffassung zusammen, dass es in einer Beziehung immer einen ‘weiblichen’ und einen ‘männlichen’ Typus gibt – die meisten wünschen sich ja auch so eine Beziehung. Das führt aber dann dazu, dass es mehr ‘Tussen’ als ‘Macker’ gibt, und das ist meiner Meinung nach erstens kontraproduktiv und bestätigt zweitens nur nervige Vorurteile. Und macht es meinem Freund natürlich unendlich schwerer einen passenden Partner zu finden. oO
Die Idee dieses Experiments ist meiner Meinung nach gut: Jeder redet von Gleichheit und dem Recht auf einen eigenen Lebensstil. Mach ich auch. Als dann aber mein Freund sich vor mir geoutet hat war das wirklich schwer für mich. Zum einen, weil ich ihn wirklich auch attraktiv finde (ja, ich hab Augen im Kopf ^^), und zum anderen, weil er meinem Verlobten das erstmal noch nicht erzählen wollte, weil er Angst hatte, dadurch einen guten Freund zu verlieren… So konnte ich also erstmal nicht wirklich mit jemandem darüber reden, was mich wirklich in einen argen Zwiespalt gebracht hat. Letzten Endes musste ich aber feststellen, dass mein Freund immer noch mein Freund ist und sich somit eigentlich gar nichts geändert hat – abgesehen davon, dass ich ab sofort mit ihm über Männer lästern kann. oO
Zwei Monate später habe ich ihn gefragt, ob ich vielleicht mal mit meinem Verlobten darüber reden soll und er hat mir zugestimmt. Und es hat sich herausgestellt, dass mein Zukünftiger sich da überhaupt keinen Kopp drum macht. Insgesamt hat es also der Mann in unserer Beziehung besser aufgenommen als die Frau. Soviel zu Stereotypen. Muss ich mich jetzt schämen? =)
Abschließend muss ich noch sagen, dass die Gesellschaft (zumindest in meiner Ecke der Welt) wesentlich offener geworden sein muss. Sogar sein Vater (evangelischer Pastor, und zwar der strengeren Sorte) hat die Nachricht sehr ruhig aufgenommen. Ehrlich gesagt hatte ich mit einem riesigen Aufstand gerechnet (mein Freund wohnt bei seinen Eltern und ich hatte Angst, dass sie ihn rauswerfen) – aber beide haben es akzeptiert. Die Bedingung für den Hausfrieden ist aber, dass er keine Bekanntschaften über die Nacht mit nach Hause bringt. Insgesamt ist also alles extrem gut ausgegangen.
Soweit von mir.
Wortvogel
28. März, 2009 11:34
Ich halte die Diskussion, ob so ein Experiment z.B. in Texas anders abgelaufen wäre, für unredlich – es ist nicht beweisbar, und natürlich kann man sich IMMER auf die Suche nach ein paar Rednecks machen, um das Vorurteil zu bestätigen. Fakt ist: mit einer Sport-Bar in New Jersey haben die Macher des Berichts schon ziemlich genau den Durchschnitt Amerikas getroffen.
Mich stört überhaupt nicht, dass da ein bigotter Idiot dabei war, oder eine hysterische Homophile. Auch DAS ist nämlich Zeichen einer pluralen Gesellschaft.
@ sheera: Ich würde nur diesem Satz widersprechen: “Das führt aber dann dazu, dass es mehr ‘Tussen’ als ‘Macker’ gibt, und das ist meiner Meinung nach erstens kontraproduktiv und bestätigt zweitens nur nervige Vorurteile.” – wenn es tatsächlich mehr “Tussen” als “Macker” gibt, dann handelt es sich ja eben NICHT um ein Vorurteil.
Die meisten Schwulen, die ich kenne, sind vielleicht einen Tacken “weicher” als viele Heteros, aber nicht nennenswert feminin.
Lutz
28. März, 2009 11:38
@ Sheera
Glaub mir, ich habe in Texas gelebt (allerdings in East Texas, das nicht so sehr dem Klischee entspricht wie die Ecke um El Paso herum) und es gibt wesentlich schlimmere Orte als Texas in den USA. Ich finds immer wieder erstaunlich, dass gerade dieser Staat herausgepickt wird, wenn es um Konservativismus geht, wo andere Staaten, die wesentlich stärker im Bible Belt verhaftet sind, um ein Vielfaches schlimmer sind. Sicher kommt es darauf an, WO man sich in Texas befindet, aber allein dadurch, dass es einige Metropolen (Dallas+ Fort Worth, Houston, Austin, San Antonio und noch einige mehr) in Texas gibt, sind weite Strecken dieses Staates schonmal relativ offen. Schlimmer sind wirklich die anderen Staaten in den Great Plains.
Zu den “Tussen”: Mich nerven Tucken auch, weil ich dieses Verhalten eben nicht für natürlich, sondern anerzogen erachte. Aber in meinem großen schwulen Bekanntenkreis sind die wenigsten tuckig. Ich kenne ehrlich gesagt nur 2 oder 3 Leute, die ich wirklich so bezeichnen würde. Ich denke mir eher, dass man den Anteil von Tucken unter den Schwulen eher mit dem Anteil von bulligen Bodybuildern unter den heterosexuellen vergleichen könnte (hehe.. muss gerade selbst über den Vergleich lachen).
Wortvogel
28. März, 2009 11:40
@ Lutz: Da stimme ich zu – ich habe eine Zeit in Austin gewohnt, ganz privat, bei absolut typischen (sofern man das für möglich hält) Texanern. Die mögen zwar manchmal rau und laut sein (wie die Iren), aber die sind nicht homophob oder strunzdumm. Und obwohl sie ihre Waffen lieben, sind sie auch nicht gewaltgeil.
Lutz
28. März, 2009 11:49
@ Torsten
Texaner sind halt die Bayern der USA. Und so werden sie von dem Rest des Landes auch angesehen. 😀
Sheera
28. März, 2009 12:40
Zu Texas: Das Stereotyp dieses Landes ist der Redneck und da reite ich gerne drauf rum. Einige Vorurteile sind zu schön um sie aufzugeben (oder aufgeben zu wollen), aber vor den Kopf stoßen wollte ich damit keinen. Sorry dafür.
@ Wortvogel und Lutz: Ich selbst war noch nie in einer Schwulenbar (ich hätte da auch Angst von einer netten Dame angesprochen zu werden – das würde mich total überfordern) insofern kann ich nur die Kommentare meines Freundes nachplappern. ^^ Und das ist eben, dass die meisten Schwulen denen er dort begegnet eindeutig der feminine Teil einer Beziehungskiste sein wollen. Das finde ich eigentlich schade. Nur weil ein Mann schwul ist darf er kein Mann mehr sein? Das ist das, was mich an diesem Gehabe so ärgert. Sicher gibt es viele, die einfach so sind, aber dadurch bestärken sie nur das Vorurteil dass Schwule automatisch Tucken sind.
Noch ein Beispiel: Auf der Arbeit meines Vaters gibt es zwei ‘Tucken’, die er wegen ihrem Verhalten absolut nicht ausstehen kann. Es nervt ihn einfach. Sie könnten sich ruhig wie normale Menschen verhalten (was sie ja auch eigentlich sind). Schwule müssen nicht zwangsläufig Paradiesvögel sein. Sie müssen nicht im Falsett sprechen, komische Klamotten tragen und sich die Fingernägel lackieren.
Auf mich wirkt solches Verhalten arg gezwungen. Und sowas mag ich persönlich einfach nicht.
Wortvogel
28. März, 2009 12:47
Sheera: Ich finde deine Argumentation etwas brüchig – Tucken sind nicht Tucken, weil das von ihnen erwartet wird. Sie WOLLEN so sein. Und unsere Toleranz sollte sich nicht daran bemessen, wie “normal” (also angepasst an heterosexuelle Verhaltensweisen) sie sind. Schwul sein ist okay – aber sich schwul verhalten nicht? Ich finde die Tucken auch schrill, und manchmal nervig – aber ich finde auch Maul aufreißende Türkenbubis mit Goldkettchen nervig, und in ihre Handys kieksende Botox-Blondinen.
Es geht nicht darum, ob ein Schwuler kein Mann mehr sein DARF – er WILL keiner mehr sein. Er WILL sich der Geschlechterrolle nicht unterwerfen. Und das ist sein. Ich muss das nicht nett oder sexy finden, aber es ist sein Recht.
Das ist wie mit Texas: solange wir Leute immer wieder in die Klischeekisten packen, solange können wir unsere Meinungen nicht an der Wirklichkeit schärfen. Genau darum ging es in diesem Video doch.
Warum wäre es ein Problem, wenn dich eine Frau anbaggert? Da reagiert man wie bei einem Mann – wenn sie dir gefällt, go for it. Wenn nicht, lehnt man höflich ab. Habe ich auch immer so gehalten, wenn ich von einem Mann angesprochen wurde.
Sheera
28. März, 2009 13:09
Mja, das ist wieder typisch für meine Probleme die richtige Formulierung zu finden. >_<
Erstmal zu den Tucken: Ja, die Sache mit den Goldkettchen und Handyfanatiker find ich auch nicht prall. Das wirkt alles künstlich auf mich, deswegen mag ich das nicht. Es ist in meinen Augen Getue. Ich lasse diesen Punkt jetzt auch erstmal so stehen, weil ich’s nicht anders ausdrücken kann. 😛
Mannsein: Ein schwuler Mann ist ein Mann. Biologischer Fakt. Einige wollen Frau sein (das ist dann Transsexualität und übersteigt schlicht und ergreifend mein Vorstellungsvermögen (soll jetzt nicht abwertend sein)), einige wollen ein weiblicher Part sein und wieder einige wollen ein männlicher Part sein. Das mit dem Wollen hängt also wieder am Individuum. Deswegen kann ich da deinem Statement nich komplett zustimmen. Aber insgesamt dürften unsere Meinungen da in eine ähnliche Richtungen gehen.
Schwulenbar: Dort würde ich mich nicht wohl fühlen. Erstens gehöre ich nicht dazu (was ich in einer normalen Bar auch nicht tue), was ich noch nie mochte. Da hilft auch noch so viel Alkohol nicht (den ich meistens eh nicht mag). Wenn ich mit Bekannten in eine Bar gehe ist das immer schon merkwürdig gewesen und dann gehe ich streng nach dem Prinzip ‘Bloß keinen Augenkontakt zu irgendwem herstellen’ vor. Das nur mal allgemein dazu.
Zweitens würde ich, wenn mich eine Frau ansprechen würde, sehr warscheinlich gar nicht wissen was ich sagen soll und irgendwas dummes oder gemeines antworten. Und das ist wirklich nicht schön. Ich brauche immer ein paar Minuten bevor mir was halbwegs vernünftiges einfällt, deswegen rede ich immer erstmal eine ganze Weile um den heißen Brei herum. Und das ‘kommt einfach nicht gut’. Alternativ könnte ich mir ‘hetero’ auf die Stirn schreiben, aber das ist genauso unmöglich. 😐
Lutz
28. März, 2009 13:37
@ Sheera
“Und das ist eben, dass die meisten Schwulen denen er dort begegnet eindeutig der feminine Teil einer Beziehungskiste sein wollen.”
Sicherlich gibt es unter schwulen unterschiedliche sexuelle Präferenzen. Einige sind fast ausschließlich Top, andere fast ausschließlich Bottom. Bei den meisten ist es aber durchaus variabel. Und glaube mir eins: Ich kenne niemanden, der sich als der “feminine Teil” sehen.
@ Wortvogel
“Es geht nicht darum, ob ein Schwuler kein Mann mehr sein DARF – er WILL keiner mehr sein. Er WILL sich der Geschlechterrolle nicht unterwerfen.”
Wenn du hier, wie ich hoffe, im Zusammenhang über die tuckigen Schwulen redest (und nicht über Schwule an sich), dann magst du recht haben, dass sie sich so geben WOLLEN, wie sie es möchten. Ich sehe das aber nicht in Beziehung zu einer Geschlechterrolle. Die meisten sehen sich durchaus in einer männlichen Rolle, egal wie heterosexuell oder schwuchtelig sie auftreten.
Wortvogel
28. März, 2009 14:19
@ Lutz: Den Punkt hatte ich auch noch setzen wollen – nur weil ein schwuler Mann sich “tuckig” verhält, heißt das nicht, dass er sich nicht als Mann fühlt. Die Übertragung heterosexueller Verhaltensmuster und Chauvinismen auf das Geschlecht ist natürlich unzulässig.
Tatsächlich interessante Diskussion. Da schäme ich mich ja fast, jetzt so banal zu werden, aber ich finde es gehört hier doch hin, das Zitat aus Full Metal Jacket:
“Texas? Only Steers and Queers come from Texas, Private Cowboy!”
Lutz
30. März, 2009 17:36
@ Hirngabel
Als ich in Texas war, war noch Ann Richards Gouverneurin und Bush wurde erst im Laufe der Zeit meines Aufenthalts damals gewählt (ich fand den übrigens damals schon scheiße). Den Spruch, den ich in der Zeit am passendsten fand, war:
“TEXAS – where men are men and women are…. judges, mayors and governors” 😀
Naja – soweit so erfreulich, aber das hätte in anderen Ecken von Amerika auch ganz anders laufen können.
Bin zwiegespalten. Was mich an dem Experiment an sich stört, ist, dass es (insbesondere im Off-Kommentar) so dargestellt wird, als wenn jeder Schwuler automatisch tuckig ist und das nur er das nur zurückhalten kann, indem er sich extrem kontrolliert, um nicht aufzufallen. Das empfinde ich als ein echtes Klischee, dem auch die Macher auf den Leim gegangen sind.
Ansonsten ist das natürlich ein hübscher, Mut-machender Ausschnitt, bei dem sich die Gesellschaft mal wieder schön auf die Schulter klopfen kann, wie wunderbar tolerant sie doch ist, mit Ausnahme von ein paar Deppen, die im Mittelalter stehengeblieben sind.
Meiner Meinung nach ist jedoch das heulende Schwulenmuttchen, dass sich lautstark aufregt, weil sie ja Schwule generell süß findet und Diskriminierung nicht ertragen kann, die wahre Ausnahme als der pöbelnde Depp, der durch launige, latent homophobe Kommentare die Sympathie eher auf seine Seite zieht. Ich glaube, dass große Teile der Gesellschaft im Moment eher noch so reagieren wie dieser junge Kerl, insbesondere, wenn sich mehr als eine Person einfindet, die mit einfällt und damit deutlich macht, dass man hier diese Meinung vertreten darf.
Ehrlich gesagt rege ich mich sowohl über die Frau als auch über den Kerl auf. Ich empfinde Menschen, die jeden Menschen gleich wesentlich sympatischer finden, wenn dieser irgendwie schwul ist (und ein solcher Kommentar ist ja der erste, der von ihr gesendet wird), als genauso diskriminierend wie solche, die darüber rumpöbeln. Positive Diskriminierung ist genauso schädlich wie negative. Außerdem sind diese “Fag hags” ja nur auf den niedlichen Barbie-Aspekt dieser süßen Typen aus. Sobald sie sich diese Männer wirklich als sexuelle Wesen vorstellen würden, die tatsächlich Schwänze lutschen und Ärsche ficken (pardon), wäre eine Seifenblase zerplatzt.
Ich rede hier übrigens nicht nur von den USA. Der Kommentar bezieht sich genauso auf Deutschland.
Ist nett anzusehen, allerdings wäre das in Texas warscheinlich nicht so glimpflich ausgegangen… *schauder*
Ein guter Freund von mir ist schwul (ein Mann, der einen Mann lieben möchte) und er regt sich auch gerne darüber auf, dass scheinbar ein Großteil der schwulen Männer ‘tussig’ ist. Das hängt warscheinlich mit der gesellschaftlichen Auffassung zusammen, dass es in einer Beziehung immer einen ‘weiblichen’ und einen ‘männlichen’ Typus gibt – die meisten wünschen sich ja auch so eine Beziehung. Das führt aber dann dazu, dass es mehr ‘Tussen’ als ‘Macker’ gibt, und das ist meiner Meinung nach erstens kontraproduktiv und bestätigt zweitens nur nervige Vorurteile. Und macht es meinem Freund natürlich unendlich schwerer einen passenden Partner zu finden. oO
Die Idee dieses Experiments ist meiner Meinung nach gut: Jeder redet von Gleichheit und dem Recht auf einen eigenen Lebensstil. Mach ich auch. Als dann aber mein Freund sich vor mir geoutet hat war das wirklich schwer für mich. Zum einen, weil ich ihn wirklich auch attraktiv finde (ja, ich hab Augen im Kopf ^^), und zum anderen, weil er meinem Verlobten das erstmal noch nicht erzählen wollte, weil er Angst hatte, dadurch einen guten Freund zu verlieren… So konnte ich also erstmal nicht wirklich mit jemandem darüber reden, was mich wirklich in einen argen Zwiespalt gebracht hat. Letzten Endes musste ich aber feststellen, dass mein Freund immer noch mein Freund ist und sich somit eigentlich gar nichts geändert hat – abgesehen davon, dass ich ab sofort mit ihm über Männer lästern kann. oO
Zwei Monate später habe ich ihn gefragt, ob ich vielleicht mal mit meinem Verlobten darüber reden soll und er hat mir zugestimmt. Und es hat sich herausgestellt, dass mein Zukünftiger sich da überhaupt keinen Kopp drum macht. Insgesamt hat es also der Mann in unserer Beziehung besser aufgenommen als die Frau. Soviel zu Stereotypen. Muss ich mich jetzt schämen? =)
Abschließend muss ich noch sagen, dass die Gesellschaft (zumindest in meiner Ecke der Welt) wesentlich offener geworden sein muss. Sogar sein Vater (evangelischer Pastor, und zwar der strengeren Sorte) hat die Nachricht sehr ruhig aufgenommen. Ehrlich gesagt hatte ich mit einem riesigen Aufstand gerechnet (mein Freund wohnt bei seinen Eltern und ich hatte Angst, dass sie ihn rauswerfen) – aber beide haben es akzeptiert. Die Bedingung für den Hausfrieden ist aber, dass er keine Bekanntschaften über die Nacht mit nach Hause bringt. Insgesamt ist also alles extrem gut ausgegangen.
Soweit von mir.
Ich halte die Diskussion, ob so ein Experiment z.B. in Texas anders abgelaufen wäre, für unredlich – es ist nicht beweisbar, und natürlich kann man sich IMMER auf die Suche nach ein paar Rednecks machen, um das Vorurteil zu bestätigen. Fakt ist: mit einer Sport-Bar in New Jersey haben die Macher des Berichts schon ziemlich genau den Durchschnitt Amerikas getroffen.
Mich stört überhaupt nicht, dass da ein bigotter Idiot dabei war, oder eine hysterische Homophile. Auch DAS ist nämlich Zeichen einer pluralen Gesellschaft.
@ sheera: Ich würde nur diesem Satz widersprechen: “Das führt aber dann dazu, dass es mehr ‘Tussen’ als ‘Macker’ gibt, und das ist meiner Meinung nach erstens kontraproduktiv und bestätigt zweitens nur nervige Vorurteile.” – wenn es tatsächlich mehr “Tussen” als “Macker” gibt, dann handelt es sich ja eben NICHT um ein Vorurteil.
Die meisten Schwulen, die ich kenne, sind vielleicht einen Tacken “weicher” als viele Heteros, aber nicht nennenswert feminin.
@ Sheera
Glaub mir, ich habe in Texas gelebt (allerdings in East Texas, das nicht so sehr dem Klischee entspricht wie die Ecke um El Paso herum) und es gibt wesentlich schlimmere Orte als Texas in den USA. Ich finds immer wieder erstaunlich, dass gerade dieser Staat herausgepickt wird, wenn es um Konservativismus geht, wo andere Staaten, die wesentlich stärker im Bible Belt verhaftet sind, um ein Vielfaches schlimmer sind. Sicher kommt es darauf an, WO man sich in Texas befindet, aber allein dadurch, dass es einige Metropolen (Dallas+ Fort Worth, Houston, Austin, San Antonio und noch einige mehr) in Texas gibt, sind weite Strecken dieses Staates schonmal relativ offen. Schlimmer sind wirklich die anderen Staaten in den Great Plains.
Zu den “Tussen”: Mich nerven Tucken auch, weil ich dieses Verhalten eben nicht für natürlich, sondern anerzogen erachte. Aber in meinem großen schwulen Bekanntenkreis sind die wenigsten tuckig. Ich kenne ehrlich gesagt nur 2 oder 3 Leute, die ich wirklich so bezeichnen würde. Ich denke mir eher, dass man den Anteil von Tucken unter den Schwulen eher mit dem Anteil von bulligen Bodybuildern unter den heterosexuellen vergleichen könnte (hehe.. muss gerade selbst über den Vergleich lachen).
@ Lutz: Da stimme ich zu – ich habe eine Zeit in Austin gewohnt, ganz privat, bei absolut typischen (sofern man das für möglich hält) Texanern. Die mögen zwar manchmal rau und laut sein (wie die Iren), aber die sind nicht homophob oder strunzdumm. Und obwohl sie ihre Waffen lieben, sind sie auch nicht gewaltgeil.
@ Torsten
Texaner sind halt die Bayern der USA. Und so werden sie von dem Rest des Landes auch angesehen. 😀
Zu Texas: Das Stereotyp dieses Landes ist der Redneck und da reite ich gerne drauf rum. Einige Vorurteile sind zu schön um sie aufzugeben (oder aufgeben zu wollen), aber vor den Kopf stoßen wollte ich damit keinen. Sorry dafür.
@ Wortvogel und Lutz: Ich selbst war noch nie in einer Schwulenbar (ich hätte da auch Angst von einer netten Dame angesprochen zu werden – das würde mich total überfordern) insofern kann ich nur die Kommentare meines Freundes nachplappern. ^^ Und das ist eben, dass die meisten Schwulen denen er dort begegnet eindeutig der feminine Teil einer Beziehungskiste sein wollen. Das finde ich eigentlich schade. Nur weil ein Mann schwul ist darf er kein Mann mehr sein? Das ist das, was mich an diesem Gehabe so ärgert. Sicher gibt es viele, die einfach so sind, aber dadurch bestärken sie nur das Vorurteil dass Schwule automatisch Tucken sind.
Noch ein Beispiel: Auf der Arbeit meines Vaters gibt es zwei ‘Tucken’, die er wegen ihrem Verhalten absolut nicht ausstehen kann. Es nervt ihn einfach. Sie könnten sich ruhig wie normale Menschen verhalten (was sie ja auch eigentlich sind). Schwule müssen nicht zwangsläufig Paradiesvögel sein. Sie müssen nicht im Falsett sprechen, komische Klamotten tragen und sich die Fingernägel lackieren.
Auf mich wirkt solches Verhalten arg gezwungen. Und sowas mag ich persönlich einfach nicht.
Sheera: Ich finde deine Argumentation etwas brüchig – Tucken sind nicht Tucken, weil das von ihnen erwartet wird. Sie WOLLEN so sein. Und unsere Toleranz sollte sich nicht daran bemessen, wie “normal” (also angepasst an heterosexuelle Verhaltensweisen) sie sind. Schwul sein ist okay – aber sich schwul verhalten nicht? Ich finde die Tucken auch schrill, und manchmal nervig – aber ich finde auch Maul aufreißende Türkenbubis mit Goldkettchen nervig, und in ihre Handys kieksende Botox-Blondinen.
Es geht nicht darum, ob ein Schwuler kein Mann mehr sein DARF – er WILL keiner mehr sein. Er WILL sich der Geschlechterrolle nicht unterwerfen. Und das ist sein. Ich muss das nicht nett oder sexy finden, aber es ist sein Recht.
Das ist wie mit Texas: solange wir Leute immer wieder in die Klischeekisten packen, solange können wir unsere Meinungen nicht an der Wirklichkeit schärfen. Genau darum ging es in diesem Video doch.
Warum wäre es ein Problem, wenn dich eine Frau anbaggert? Da reagiert man wie bei einem Mann – wenn sie dir gefällt, go for it. Wenn nicht, lehnt man höflich ab. Habe ich auch immer so gehalten, wenn ich von einem Mann angesprochen wurde.
Mja, das ist wieder typisch für meine Probleme die richtige Formulierung zu finden. >_<
Erstmal zu den Tucken: Ja, die Sache mit den Goldkettchen und Handyfanatiker find ich auch nicht prall. Das wirkt alles künstlich auf mich, deswegen mag ich das nicht. Es ist in meinen Augen Getue. Ich lasse diesen Punkt jetzt auch erstmal so stehen, weil ich’s nicht anders ausdrücken kann. 😛
Mannsein: Ein schwuler Mann ist ein Mann. Biologischer Fakt. Einige wollen Frau sein (das ist dann Transsexualität und übersteigt schlicht und ergreifend mein Vorstellungsvermögen (soll jetzt nicht abwertend sein)), einige wollen ein weiblicher Part sein und wieder einige wollen ein männlicher Part sein. Das mit dem Wollen hängt also wieder am Individuum. Deswegen kann ich da deinem Statement nich komplett zustimmen. Aber insgesamt dürften unsere Meinungen da in eine ähnliche Richtungen gehen.
Schwulenbar: Dort würde ich mich nicht wohl fühlen. Erstens gehöre ich nicht dazu (was ich in einer normalen Bar auch nicht tue), was ich noch nie mochte. Da hilft auch noch so viel Alkohol nicht (den ich meistens eh nicht mag). Wenn ich mit Bekannten in eine Bar gehe ist das immer schon merkwürdig gewesen und dann gehe ich streng nach dem Prinzip ‘Bloß keinen Augenkontakt zu irgendwem herstellen’ vor. Das nur mal allgemein dazu.
Zweitens würde ich, wenn mich eine Frau ansprechen würde, sehr warscheinlich gar nicht wissen was ich sagen soll und irgendwas dummes oder gemeines antworten. Und das ist wirklich nicht schön. Ich brauche immer ein paar Minuten bevor mir was halbwegs vernünftiges einfällt, deswegen rede ich immer erstmal eine ganze Weile um den heißen Brei herum. Und das ‘kommt einfach nicht gut’. Alternativ könnte ich mir ‘hetero’ auf die Stirn schreiben, aber das ist genauso unmöglich. 😐
@ Sheera
“Und das ist eben, dass die meisten Schwulen denen er dort begegnet eindeutig der feminine Teil einer Beziehungskiste sein wollen.”
Sicherlich gibt es unter schwulen unterschiedliche sexuelle Präferenzen. Einige sind fast ausschließlich Top, andere fast ausschließlich Bottom. Bei den meisten ist es aber durchaus variabel. Und glaube mir eins: Ich kenne niemanden, der sich als der “feminine Teil” sehen.
@ Wortvogel
“Es geht nicht darum, ob ein Schwuler kein Mann mehr sein DARF – er WILL keiner mehr sein. Er WILL sich der Geschlechterrolle nicht unterwerfen.”
Wenn du hier, wie ich hoffe, im Zusammenhang über die tuckigen Schwulen redest (und nicht über Schwule an sich), dann magst du recht haben, dass sie sich so geben WOLLEN, wie sie es möchten. Ich sehe das aber nicht in Beziehung zu einer Geschlechterrolle. Die meisten sehen sich durchaus in einer männlichen Rolle, egal wie heterosexuell oder schwuchtelig sie auftreten.
@ Lutz: Den Punkt hatte ich auch noch setzen wollen – nur weil ein schwuler Mann sich “tuckig” verhält, heißt das nicht, dass er sich nicht als Mann fühlt. Die Übertragung heterosexueller Verhaltensmuster und Chauvinismen auf das Geschlecht ist natürlich unzulässig.
erfrischend!
Tatsächlich interessante Diskussion. Da schäme ich mich ja fast, jetzt so banal zu werden, aber ich finde es gehört hier doch hin, das Zitat aus Full Metal Jacket:
“Texas? Only Steers and Queers come from Texas, Private Cowboy!”
@ Hirngabel
Als ich in Texas war, war noch Ann Richards Gouverneurin und Bush wurde erst im Laufe der Zeit meines Aufenthalts damals gewählt (ich fand den übrigens damals schon scheiße). Den Spruch, den ich in der Zeit am passendsten fand, war:
“TEXAS – where men are men and women are…. judges, mayors and governors” 😀
Auch nicht schlecht. =)
Ich kenne nur einen Texaner wirklich gut. Und der ist weder Richter, noch Bürgermeister, noch Gouverneur.
Aber schwul. =)