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Feb 2009

Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (22)Heute: Devil Girl from Mars

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

devil11England 1954. Regie: David MacDonald. Darsteller: Hugh McDermott, Hazel Court, Patricia Laffan, John Laurie, Adrienne Corri u.a.

“Devil Girl from Mars” hat einen großartigen Titel, eine auffällige Schurkin, und einen besseren Ruf als der meiste UFO-Trash der frühen 50er, was ich primär zwei Tatsachen zuschreibe: Filmen aus England wird automatisch ein kulturell höherer Stellenwert zugewiesen, und die meisten Filmfans haben “Devil Girl from Mars” schlichtweg nicht mit eigenen Augen gesehen.

Der schwarzweiße Low Budget-Heuler über die Besucher eines englischen Landhotels, die von einer marsianischen Eroberin (Erobererin?)  samt Roboter terrorisiert werden, basiert auf einem Theaterstück – und leider merkt man dem Film das in jeder Szene auch überdeutlich an: Hauptschauplatz ist die Bar der Pension, nur eine Handvoll Szenen spielt in den Zimmern, oder einem kaum überzeugenden “Garten”. Die wenigen Spezialeffekte wirken aufgesetzt, und sind meist in separaten Aufnahmen eingespielt. Ein Versuch, Thema und Geschichte des Bühnenstücks für die große Leinwand zu erweitern, wird gar nicht erst gestartet. 90 Prozent der Laufzeit gehen an Charaktere, die erstaunlich nonchalant darüber diskutieren, wie man mit der Gefahr umgehen soll.

http://www.youtube.com/watch?v=0m4dY9Rg9rU

“Devil Girl from Mars” ist damit deutlich näher bei Agatha Christie und Edgar Wallace als bei Roger Corman und Jack Arnold.

Marsianerin Nyah ist äußerlich der weibliche Latex-Fetisch-Vorläufer von Darth Vader, und charakterlich nicht mehr als eine allgemeine Personifizierung der Bedrohung der englischen Lebensart: die Science Fiction ist hier nur Gimmick, McGuffin, Chiffre. Statt einer außerirdischen Domina hätte der Angreifer auch ein entflohener Killer, ein Nazi-Oberst, ein Werwolf, oder eine Grippewelle sein können. Die Handhabung der Figur ist zudem katastrophal: statt die statueske Alien-Schönheit bedrohlich in den Schatten zu halten, und um ihre Pläne ein Geheimnis zu weben, spaziert Nyah vergleichsweise lässig in die Bar des Hotels, verkündet ihren Plan, und geht gleich wieder, damit den Bewohnern ausreichend Zeit zum Gespräch bleibt. Eine übermächtige Gefahr aus dem Weltall habe ich mir etwas souveräner und furchteinflössender vorgestellt.

Einen nennenswerten Spannungsbogen, eine Eskalation der Ereignisse, hat “Devil Girl from Mars” nicht vorzuweisen. Trotz der bescheidenen Laufzeit von 76 Minuten muss der Mangel an echtem Drama permanent durch Seifenopern-Subplots ausgeglichen werden: der harte Reporter, der sich in das deprimierte Model verliebt, die Barfrau, die ihren kriminell gewordenen Freund versteckt, etc. Auf die eigentliche Handlung hat das alles keine Auswirkung, aber es erlaubt den Machern, den ersten Auftritt von Nyah um eine halbe Stunde hinaus zu zögern – und was tut man nicht alles, um Laufzeit zu schinden?

devil2

Natürlich erwartet man von einem solchen C-Streifen keine großartigen Dialoge oder Einsichten, aber ihre Abwesenheit fällt gerade angesichts der Geschwätzigkeit doch schmerzhaft auf – schließlich lenkt kein Spektakel die Aufmerksamkeit des Zuschauers anderweitig ab. Richtiggehend ärgerlich ist die Ignoranz der Autoren, was wissenschaftliche Methodik angeht, wenn Prof. Hennessey z.B. ausruft: “Ich bin Wissenschaftler! Ich glaube nur, was ich mit eigenen Augen gesehen habe!”. Eine Schande für die Zunft, der Mann. Und wie man eine unbesiegbare Marsianerin besiegt, schlägt an Subtilität fast schon wieder eine Brücke zu “The Mechanik”

Bemerkenswert sind allenfalls ein paar Spezialeffekte: Nyahs UFO ist ein fauchender und wirbelnder Feuerkreisel, und ihr Roboter mag wie ein Rückfall in die billigen Serials der 30er aussehen, aber immerhin wird durch clevere Aufnahmetricks eine erstaunliche Größe suggeriert.

devil3

Die Art der Explosion des Raumschiffs am Schluss hat mich ebenfalls fasziniert.  So einen Effekt hatte ich bis dato noch nicht erlebt:

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Am Ende bleibt das Versprechen der trashigen Poster-Artwork uneingelöst, und “Devil Girl from Mars” bietet allenfalls maues Entertainment für Allesgucker. Wir halten fest: Heute wird gerne jeder Mist, wenn er nur alt und obskur genug ist, zum Kult erklärt. Aber Kult sieht in meinen Augen anders aus.



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Marko
15. Februar, 2009 20:29

“So einen Effekt hatte ich bis dato noch nicht erlebt …”

Was heisst jetzt “bis dato”? Wann hast Du den Film denn gesehen? Oder meintest Du, für die damalige Zeit?

Gruß,
Marko

Wortvogel
Wortvogel
15. Februar, 2009 21:56

Ich meinte “bis zu dem Zeitpunkt, als ich den diesen Film sah”. Vielleicht etwas ungelenk ausgedrückt.

Marcel
Marcel
15. Februar, 2009 22:27

Der Effekt sieht irgendwie so aus, als wäre er mit Flüssigkeiten gemacht. Vielleicht irgendwelche Tinte in Wasser getropft und dann davon das Negativ verwendet.

Marko
15. Februar, 2009 22:46

Dieser Effekt ist uralt und in vielen Filmen zu finden. Marcel hat recht, da wird Flüssigkeit ins Wasser geträufelt und das ganze dann von unten gefilmt. Wurde auch gerne für anschwellende Wolkenformationen benutzt (Poltergeist, Hellraiser II …).

Daher war ich etwas überrascht. Wann hast Du den Film denn nun gesehen?

Gruß,
Marko

Wortvogel
Wortvogel
15. Februar, 2009 22:58

Marko, du meinst den sogenannten Watertank-Effekt. Den kenne ich natürlich zur Genüge. Ich bin aber nicht sicher, dass er hier in der üblichen Weise verwendet wurde. Besonders das Ende der “Explosion” sieht sehr ungewöhnlich aus.

Ihr macht hier auch aus einer Mücke einen Elefanten: ich wollte damit nur anmerken, dass man halt nicht ein Silvester-Kracher-Explosion langsamer abgespielt hat, wie das damals Standard war.

Marko
15. Februar, 2009 23:03

“Den kenne ich natürlich zur Genüge.”

Dachte ich mir, eben drum war ich ja so erstaunt. 🙂

Das Ende der “Esplosion” ist ein größer werdender Schatten, der eingeblendet wurde, denke ich.

Gruß,
Marko

Proesterchen
Proesterchen
15. Februar, 2009 23:54

Wenn dieser Film nicht so dermaßen vor der Zeit entstanden wäre, hätte ich auf PU-/Bauschaum als Effektmittel der Wahl getippt.

OnkelFilmi
16. Februar, 2009 00:59

Es ist ein Wassertank-Effekt, jedoch nicht wie üblich seitlich gefilmt, sondern von der Unterseite des Tanks. Obendrein wurden zwei Flüssigkeiten benutzt, erst eine helle, dann wird eine dunklere, die schneller sinkt hinzugegeben, als die Flüssigkeit dann den Boden erreicht, wird einfach abgeblendet…

Wortvogel
Wortvogel
16. Februar, 2009 01:06

Ungefähr so stelle ich mir das auch vor…

Jack Crow
Jack Crow
16. Februar, 2009 20:18

Ich fühlte mich auch spontan an sowas wie Haarschaum erinnert… Für das kleine UFO auf jeden Fall ein bischen zu groß am Ende.

Dieter
Dieter
18. Februar, 2009 14:11

,,Für das kleine UFO auf jeden Fall ein bischen zu groß am Ende.”

Naja: Geheinmnisvoller Antrieb, der genug Energie freisetzt um Lichtjahre zu überbrücken. Das gibt einen ziemlichen Bumms. Die haben sich halt Gedanken gemacht bei dem Film.