09
Feb 2009

Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (19)Heute: An American Carol

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

americancarol1USA 2008. Regie: David Zucker. Darsteller: Kevin Farley, Kelsey Grammer, Jon Voight, Leslie Nielsen, Trace Adkins, Robert Davi, James Woods u.a.

Konservative Comedy – da denkt man vielleicht zuerst einmal an Altherrenwitze, Prunksitzungen, und Schenkelklopfer am Stammtisch. Ist ja auch nicht gerade ein naheliegendes Konzept: seit den Hofnarren ist Satire die Waffe des Fortschritts, der Veränderung, der Rebellion. Humor ist dafür da, den Status Quo in Frage zu stellen. Aus “sauber bleiben, und sonntags in die Kirche gehen” lässt sich aber schlecht Pointen zaubern.

In den USA wird ab und an versucht, den vermeintlich links-liberalen Medienzecken vom Schlage Jon Stewart, Bill Maher, und Lewis Black etwas entgegen zu setzen. Comedian Dennis Miller konvertierte vor ein paar Jahren zur dunklen Seite der Macht – seiner Karriere hat es allerdings gar nicht gut getan. Mit “The half hour news hour” versuchte sich ausgerechnet Fox News vor ein paar Monaten an einer konservativen Variante der “Daily Show”, scheiterte aber grandios – das Ergebnis war unerträglich.

Nun hat sich mit David Zucker ein Autor und Regisseur zum Büttel des Systems gemacht, der zwischen “Kentucky Fried Movie” und “Scary Movie 4” immerhin 30 Jahre lang das Genre “Filmparodie” definiert hat. Der sollte es können. Sollte man meinen.

“An American Carol” arbeitet sich an den amerika-kritischen Dokudramen von Michael Moore ab, in leicht fiktionalisierter Weise: Michael Malone (Kevin Farley) ist ein strunzdummer Fettsack, der sich darin suhlt, das saubere Amerika in böswillig verfälschten Dokumentationen zu diskreditieren. Sein neustes Protest-Projekt: die Abschaffung des Unabhängigkeitstages. Eigentlich würde er aber lieber einen “richtigen” Kinofilm drehen, und als ein paar Araber ihm das Geld dazu bieten, ahnt er nicht, dass es um Propaganda für Terroristen geht. Nun haben die großen toten Helden Americas genug von Malone, und nacheinander wird er von Patton, Washington, und JFK heimgesucht, die ihm zeigen, dass die Werte des Landes mitunter auch mit der Waffe in der Hand verteidigt werden müssen. Malone konvertiert zum Amerika-Lover, und kann ein Attentat während eines Country-Konzerts gerade noch verhindern.

americancarol2

Man kann natürlich a priori unterstellen, dass meine eigene politische Sozialisation jede Fähigkeit untergräbt, einen Film wie “An American Carol” lustig zu finden. Und in der Tat – manchmal ertappte ich mich dabei, wie ich die Angriffe auf die amerikanische Linke plump und albern fand, nur um im gleichen Moment zu realisieren, dass es andersrum ja auch nicht anders läuft. Satire wie diese lebt davon, den Gegner zum Affen zu machen, und Zusammenhänge bis ins Extrem zu vereinfachen.

Aber selbst wenn ich Fragen der politischen Stoßrichtung mal außen vorlasse – “An American Carol” ist schlichtweg nicht komisch genug, um auch nur halbgare Laune aufkommen zu lassen. Der Film trägt sein komplett humorloses Anliegen, das weiße Südstaaten-Mittelklasse-Amerika als einzig erstrebenswerten gesellschaftlichen Traum zu feiern, zu peinlich offen vor sich her. Mehr noch: der Film ist außerordentlich bösartig, diskreditiert Minderheiten, ignoriert simple historische Fakten, und tut so, als wäre Amerika ohne die scheiß Liberalen (und Schwarze, und Schwule, und Behinderte) ein Norman Rockwell-Paradies. Dabei geht er so plump vor, dass man ihn fast schon wieder für eine raffinierte Meta-Parodie auf die Republikaner halten könnte.

Der Irak-Krieg wird auf “support the troops” reduziert, und in seiner Notwendigkeit dem amerikanischen Bürgerkrieg (ein Binnenkrieg) und dem Kampf gegen die Nazis (Verteidigung gegen einen Angriffskrieg) gleichgestellt. Natürlich werden in dem Kontext Vietnam und Korea nicht erwähnt. Als wäre ein Krieg notwendig, nur weil Amerika ihn für notwendig hält.

Auch Michael Moore, den man durchaus kritisieren darf, und der wahrlich genug Raum für eine Parodie bietet, wird auf einen verfressenen Ignoranten reduziert, der das schöne Amerika kaputt machen will. Gerade das verhindert jeden guten Gag, der sich mit der tatsächlichen Figur kritisch auseinandersetzt.

Jede Szene von “An American Carol” ist durchtränkt von diesem “Jetzt zahlen wir es den Liberalen mal richtig heim!”-Gefühl, von Bitterkeit ohne jegliche Distanz. Da passt es dann auch ganz prima, dass der Showdown während eines Country-Konzerts stattfindet, dessen patriotischer Hurra-Song die Ohren bluten macht.

Kurzum: “An American Carol” besitzt nicht die Substanz, nicht die Distanz, nicht den Humor, und nicht den Intellekt, um als Parodie zu funktionieren. Warum Zucker für das Skript auf die Hilfe von zwei Drehbuch-Neulingen zurückgegriffen hat, ist mir ein Rätsel.

Technisch ist “An American Carol” sauber produziert, und sieht deutlich teurer aus als die 20 Millionen Dollar, die er angeblich nur gekostet hat. Auch die Darsteller geben sicht rechtschaffen Mühe. Man muss allerdings kritisieren, dass Chriss Anglin kein guter JFK, und Jon Voight kein guter Washington ist. Sie sehen ihren Pendants einfach nicht ähnlich genug. Dafür hat Kelsey Grammer sichtlich Spass daran, den permanent genervten Patton zu spielen.

“An American Carol” kam praktisch zeitgleich mit “Religulous” in die amerikanischen Kinos, einen Monat vor den Präsidentschaftswahlen. Ich denke, man kann die Windrichtung des politischen Zeitgeistes sehr schön an ein paar Zahlen ablesen:

“Religulous” kostete 2,5 Millionen Dollar, wurde in gut 550 Kinos gestartet, und spielte 14 Millionen ein.

“An American Carol” kostet 20 Millionen, startete in mehr als 1600 Kinos, und spielte 7 Millionen Dollar ein.

Der Trailer, wie so oft, zeigt eigentlich alle halbwegs guten Szenen, und macht den Kinobesuch erfreulich überflüssig:

http://www.youtube.com/watch?v=KSpu8i1ZEFw

Genau: Mehr Entertainment ist von “An American Carol” nicht zu erwarten. Humor bleibt weiterhin Gesellschaftskritik, und damit vornehmlich die Domäne der Liberalen.

Demnächst gebe ich mir auch noch die Dokumentation “Expelled”, die sich mit den Atheisten und Evolutionsgläubigen anlegt. Da sage einer, der Vogel lasse nur linkes Propagandamaterial in seinen DVD-Player…



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Sebastian
9. Februar, 2009 11:47

Und alle konservativen Hollywood-Heroen + Bill O’Reilly geben sich ein Stelldichein. Ich erinnere mich mit Grauen an ein Interview von James Woods so um 2002 rum, in dem er vorgeschlagen hat, man solle Afghanisten einfach komplett plattbomben. Da war er auch erst einmal durch bei mir.

Stephan
Stephan
9. Februar, 2009 11:53

> Kampf gegen die Nazis (Verteidigung gegen einen >
Angriffskrieg)

Was habe ich verpasst? War die V3 doch schon einsatzbereit und die Reichsflugscheiben kreisten über Washington?

Wortvogel
Wortvogel
9. Februar, 2009 12:03

@ Stephan: Habe ich was von einem Angriffskrieg AUF DIE USA gesagt?

Stephan
Stephan
9. Februar, 2009 12:31

Ähem, nenn es Korinthenkacken, aber “Verteidigung” impliziert einen Angriff auf denjenigen, der sich verteidigt. Oder zumindest auf einen Bündnispartner (siehe V-Fall).
Beides war vorliegend mitnichten gegeben.

Im übrigen halte ich Kriegsausbruchs- und Beitrittsgründe im zweiten Weltfriedenseinsatz für zu vielschichtig und manigfaltig, als das ein “Deutscher Angriff, alliierte Verteidigung” dem ganzen gerecht zu werden vermag. Eine solche Verkürzung mag einfach und “pc” sein, richtig ist sie jedenfalls nicht.

Um Dir aber auch zuzustimmen:
Der Film ist entnervend langweilig und flach. Michael Moore erzählt zwar viel Müll, aber der macht es wenigstens lustig.

Stephan
Stephan
9. Februar, 2009 12:33

http://www.dasdass.de an mich selbst.

Stephan
Stephan
9. Februar, 2009 12:41

Ziehe meine formellen Bedenken zurück.

Formell erklärte das Deutsche Reich den USA den Krieg.

Wortvogel
Wortvogel
9. Februar, 2009 12:58

@ Stephan: dass/das wird auch immer ein Problem für mich sein.

So oder so denke ich, dass der Irakkrieg nicht mit dem Zweiten Weltkrieg oder der Bürgerkrieg verglichen werden kann. Es geht klar um eine politische Strategie, um die Sicherung von Ressourcen, und um Vergeltung. Ich will damit gar nicht sagen, dass man den Krieg nicht gerechtfertigt finden kann – aber Hussein hat eben nicht Frankreich überfallen.

Es fällt auch auf, wie feige “An American Carol” letztlich ist: die Araber sind bewusst generisch gezeichnet, eine Parodie auf z.B. den iranischen Ministerpräsidenten (oder den Propheten) traut man sich dann doch nicht.

Achtet übrigens mal drauf, wie offensichtlich O’Reilly im Trailer in das Filmmaterial einkopiert wurde – Zeit für die Dreharbeiten hatte er offensichtlich nicht…

ThorstenH.
ThorstenH.
9. Februar, 2009 13:17

Wo wir grad beim Thema das/dass sind:
“Gerade dass verhindert jeden guten Gag, ”
Wenn mich nicht alles täuscht ist da ein s zu viel.
Normalerweise ignoriere ich sowas einfach (meine Schwachstelle ist Zeichensetzung), aber ich meine aufgeschnappt zu haben, dass der Wortvogel durchaus aufgeschlossen auf Verbesserungen reagiert 🙂

Wortvogel
Wortvogel
9. Februar, 2009 13:43

@ Thorsten: Korrigiert, danke. Ärgert mich doppelt – es war zuerst richtig, und dann habe ich es falsch “korrigiert”.

Stephan
Stephan
9. Februar, 2009 14:51

@Torsten
Wenn dann wurde Polen “überfallen”, woraufhin Frankreich und Großbrittanien nach Ablauf eines Ultimatums dem Deutschen Reich den Krieg erklärten (wegen ihrer Garantie für den Bestand Polens).
Sorry, aber so historisch korrekt sollte man dann schon sein.

Wortvogel
Wortvogel
9. Februar, 2009 14:54

Stefan: Auf die Details achten – ich habe nicht behauptet, Frankreich sei ZUERST überfallen worden.

Ich habe mich sehr bewusst auf Frankreich bezogen, weil die Attacke auf Polen vermutlich für Hitler glimpflich hätte abgehen können.

Hätte Hussein (um im Bild zu bleiben) das Sudentenland besetzt – keinen hät’s geschert. Aber Frankreich angreifen ist ein Fehler.

Stephan
Stephan
9. Februar, 2009 15:27

@Torsten
StePHan 😉

Die Diskussion ist ein wenig unergiebig.
Hier die zeitliche Abfolge:
1. Adi greift Polen an
2. Frankreich und GB erklären den Krieg
3. Adi greift (1940) Frankreich an

Man kann jetzt diskutieren, ob Frankreich und Großbrittanien einfach stillgehalten hätten, aber aus strategischen Gründen war klar, daß Deutschland Frankreich zuerst angreifen muß (beispielsweise um eine Besetzung/Umkämpfung des kriegswichtigen Rheinlands zu verhindern). Im übrigen war der Westwall lange nicht so stark wie die Maginot-Linie, so daß ein militärischer Erfolg nur durch den Sichelschnitt möglich war.

Aber wir kommen wirklich vom Thema ab und ich halte einen Vergleich (insb. einen moralischen) von 3. Irakkrieg und zweitem Weltkrieg für unnötig.

Tanja
Tanja
9. Februar, 2009 16:50

@Stephan: Großbritannien 🙂

Sorry, wollte auch mal.. 😀

Stephan
Stephan
9. Februar, 2009 17:32

@Tanja
Oh, richtig. Keine Ahnung wie das passierte…

Lari
Lari
9. Februar, 2009 19:26

Der ganze Film basiert auf der absurden Annahme, dass Michael Moore Amerika hasst, und es steht zu befürchten, dass das keine bewusste und boshafte Verkürzung durch die Macher ist – so wie das alles klingt, glauben die das tatsächlich. Klingt nach einer nicht unbedingt sonderlich pluralistisch geprägten Denkweise. Weia…

sb
sb
9. Februar, 2009 21:30

Hui, ist das tief.

Es ist nicht einmal so, dass ich über den Film böse wäre. Ich glaube, was ich angesichts des Filmausschnitts empfinde, ist Mitleid. Mitleid mit allen Beteiligten und Konservativen angesichts der unterschwelligen Bitterkeit, die da in jedem Gag mitschwingt. Nichts gegen Gags auf Kosten Liberaler, bei “Team America” haben Parker und Stone auch gegen Moore und Co getreten (wenn auch letztendlich in alle Richtungen) und einiges davon kam ähnlich plump daher bis hin zu Dickenwitzen. Dafür gab es dann aber auch IMO brillante Momente wie die Ansprache von Sean Penn. Und hier? Keine Spur davon. Stattdessen präsentiert David Zucker auf seinem Weg nach unten “Fox News Movie”.

Bezeichnend, dass Zucker als Fundament des Films die Patriotismuskarte spielt, normalerweise das allerletzte konservative Mittel, wenn über Substanz überhaupt nichts mehr geht.

Ich glaube, mehr muss man über den Film gar nicht sagen.

Minze
Minze
9. Februar, 2009 21:40

Stimmt. Und ewig müssen die salutieren. Ich weiß, dass ich da als Deutsche anders assoziiere als die Amerikaner, klar. Ich hab da ähnliche Reaktionen wie früher als Kind, wenn geküsst wurde. Salutieren plus Flagge plus “greatest country”… bärks.

The_Vanguard
The_Vanguard
9. Februar, 2009 21:42

Schöner Artikel, nur mit der einführenden These kann ich mich nicht so recht anfreunden. Die progessive Linke hat also ein Monopol auf Humor, vielleicht sogar die moralische Vepflichtung dazu? Wie passen da Leute wie Otto Waalkes dazu, die seit 30 Jahren die gleichen Witze erzählen? Oder Heinz Erhardt und Hausmeister Krause, die den bürgerlichen Mittelstand mit Witzchen verbrämen? Was ist mit den Karnevalsvereinen, die von den Nazis zur festen Institution erhoben wurden? Witze über Minderheiten und Ausländer haben ihren festen Platz in der humoristischen Landschaft, auf dem Schulhof genauso wie in der Vorstandsetage.
Unterm Strich ist Humor doch einfach nur ein Stilmittel. Jeder kann ihn so verwenden, wie es ihm gerade in den Kram passt. Natürlich ist jedes Stilmittel aber auch für einige Sachen besser geeignet als für andere…

STU
STU
9. Februar, 2009 21:58

Was haltet ihr eigentlich von “Michael Moore hates America”?
Ich muss sagen, dass sogar ich als Linker den ganz passabel fand.

Lindwurm
9. Februar, 2009 22:19

“Manufacturing Dissent” hat bereits alles gesagt, was man über Moores teils zweifelhafte Arbeit sagen muss. Da braucht kein Schwein einen Herrn Zucker bzw eine unlustige rechtslastige Komödie, um Moores Unzulänglichkeiten aufzuzeigen.

Es gibt meiner Meinung nach übrigens sehr wohl einen erkennbaren Unterschied zwischen “linkem” und “rechtem” Humor: Letzterer ist fast immer ressentimentgeladen, antiaufklärerisch, hetzerisch und in 99 Prozent aller Fälle einfach nicht lustig. “Linker” Humor ist besser, weil er analytischer, kritischer (auch selbstkritischer) und befreiender wirkt. Unter “links” verstehe ich hier genuin linke Tugenden wie Aufgeschlossenheit, Neugierde, Kritikfähigkeit usw. Das bedeutet natürlich, dass ein sich “links” gebender Mensch genauso unlustige Witze reißen kann wie ein “Rechter”, denn es gibt ja genügend verbissene “Linke”, wozu ich zB die Öko-Alarmisten zählen würde, die reaktionärer sind als manch amerikanischer Redneck und daher auch die entsprechende Humorlosigkeit verbreiten. Und es bedeutet, dass zB die Neocons linker sind als viele deutsche Marxbrothers, aber das führt nun doch zu weit…

Wortvogel
Wortvogel
9. Februar, 2009 22:24

@ Vanguard: Lindwurm hat meine Meinung nochmal schön zusammen gefasst. Ich denke auch, dass ich das im Beitrag durchaus begründet habe. Man darf aber gerne anderer Meinung sein.

@ STU: Nicht gesehen, sorry.

The_Vanguard
The_Vanguard
9. Februar, 2009 23:45

@Lindwurm, Wortvogel
Ich bin eher abweichender Meinung, als dass ich wirklich widersprechen möchte. Die dargelegten Argumente widersprechen ja meinem Standpunkt auch nicht.
Ja, linker Humor kann so sein. Muss aber nicht. Rechter Humor kann auch so sein. Muss aber genauso wenig. Gerade die alten Römer hatten ein paar berühmte Entertainer, die aber stockkonservativ waren (Cicero z.B.). Was hier “gut” oder “schlecht” ist, ist wiederum eine reine Geschmackfrage, und den Stress darüber zu diskutieren will ich mir wirklich nicht geben.

Ich glaube aber, dass es vor allem daran liegt, dass Humor sehr viel mit Wut zu tun hat. Der Witz ist ein kultureller Kniff, um einen Konflikt auf gewaltlose Weise aufzulösen. Wer keinen Anstoss an den Dingen des Lebens nennt, wird niemals witzig sein können (Gegenbeispiel: Die Kolumnen des Wortvogels), während Stand-Up Comedians nicht zu Unrecht als die größten Heulsusen der Welt gelten.
Bei “rechtem” und “linkem” Humor werden notgedrungen Themen, die für beide Seiten von Bedeutung sind, auf gegensätlich ausschliessliche Art humoresk aufgelöst. Da diese Auflösung für die jeweils andere Seite nicht funktionieren kann, bleibt hier wohl nur der Rückfall auf die Wut-Stufe.

Wortvogel
Wortvogel
9. Februar, 2009 23:56

@ Vanguard: Das ist ja auch alles richtig – nur bleibt ein ganz elementarer Punkt von Humor der Angriff auf den Status Quo, auf die herrschende Klasse. Und damit ist er eine progressive, nicht konservative Kraft.

The_Vanguard
The_Vanguard
10. Februar, 2009 00:07

@Wortvogel:
Nun, und genau das ist eben der Punkt, an dem ich abweiche. Meiner Meinung nach kann Humor auch zum Erhalt des Status Quo eingesetzt werden, etwa indem man sich über die lustig macht, die ihn bedrohen.

Zum Beispiel des Hofnarren: Das, was im Artikel steht, ist natürlich vom Konzept her richtig, aber etwas romantisiert. In der Praxis gab es viele Herrscher, die sich nur einen Hofnarren hielten, weil man sonst von der anderen Adligen blöd angeschaut worden wäre, und ihn niemals den Mund aufmachen ließen. Andere erlaubten ihren Narren nur, ihre Gegner zu verspotten. Die Instrumentalisierung der Macht kennt da keine Grenzen.

Aber gut, ich glaube wir haben beide ausreichend klar gemacht, wie wir das sehen. Es ist wohl wirklich am Besten wenn wir uns darauf einigen, dass unsere Meinung hier eben etwas abweicht.

Lindwurm
10. Februar, 2009 00:27

Ein konkreter Unterschied zwischen “linkem” und “rechtem” Humor ist beispielsweise, dass der “rechte” Humor allzu oft seine Spottobjekte dermaßen verächtlich macht und bisweilen sogar dehumanisiert, dass dem psychologisch geschultem Beobachter rasch auffällt, dass hinter diesen Witzen schwache Egos stecken, die sich nur über die Abwertung anderer ein bisschen stärker fühlen können. So wie autoritäre Charaktere in der infantilen Entwicklungsphase stecken geblieben sind, ist auch ihr Humor kindlich grausam und ohne Sinn für Empathie oder Selbstironie. Und das macht diesen Humor so unkomisch. Aber nochmal: Links und rechts sind genau genommen die falschen Begriffe. Ich würde lieber von aufgeklärtem und unaufgeklärtem bzw von infantilem und erwachsenem Humor sprechen. Viele “linke” Bush-Witze waren ja genauso unerträglich selbstgefällig und ironiefremd wie die humoristisch verkleideten hasstiraden von rechts.

Wortvogel
Wortvogel
10. Februar, 2009 00:29

@ Lindwurm: Aus genau dem Grund sprach ich von progressivem und konservativem Humor – links und rechts sind da in der Tat ungeeignete Begriffe.

Minze
Minze
10. Februar, 2009 09:16

Die politischen Witze in der UdSSR sind da ein Beispiel für. Progressive Angriffe auf einen Status Quo, der zwar konservativ, aber nicht “rechts” war.

Tornhill
Tornhill
10. Februar, 2009 11:04

Und mir, der alle Thesen der “Wem gehört der Humor?”-Diskussion einleuchten, bleibt folglich nur, wieder mal auf Shea & Wilson zu verweisen, die ja jegliche Rechts-Links-Einteilung als unproduktiv ablehnten.
So überraschend das (gerade für uns Deutsche) klingt, scheint es sich mir gerade in letzter Zeit immer wieder zu bestätigen.

Denn man kann ja durchaus “progressiv rechts” sein, bzw. “konservativ links”, je nachdem, wo man seine Witze macht.

Krull
Krull
19. Februar, 2009 12:48

Bäh! Brech! Ätz!