Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (18)Heute: Haunting Fear
Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |USA 1991. Regie: Fred Olen Ray. Darsteller: Brinke Stevens, Jay Richardson, Michael Berryman, Jan Michael Vincent, Karen Black, Robert Quarry, Delia Sheppard
Ich bin kein Fan der Filme von Fred Olen Ray, David deCoteau und Jim Wynoski (von ein paar frühen Ausnahmen mal abgesehen). Billigproduktionen ohne Ambition, exakt kalkuliert für einen spezifischen Markt von Fans, grundsätzlich mit dem minimalsten Aufwand, der sich noch gewinnbringend vermarkten lässt. Im Cast, ähnlich wie beim SciFi Channel, immer ein paar bekannte, aber preiswerte Gesichter, um mit dem Label “Kultstars” werben zu können. Obendrauf noch ein wenig Titten, ein paar Splatterszenen (die sich für entschärfte Versionen leicht entfernen lassen), und fertig ist der krude Brei.
Dabei ist mir Fred noch erheblich sympathischer als sein Kumpel Jim, der sich u.a. in der sehenswerten Doku “Some nudity required” als unglaubliches Arschloch outet. Fred mag aussehen wie ein öliger Mini-Mafioso, aber er ist wirklich ein Fan, und er heuert alte Horror-Recken hauptsächlich deshalb an, weil er sie bewundert. Zumindest war das in den späten 80ern so, als der Markt für B-Movies noch halbwegs intakt war.
“Haunting Fear” hat 115.000 Dollar gekostet, wurde in drei Tagen geschrieben, und in sechs Tagen gedreht. Das ist Porno-Niveau. Dass dabei überhaupt ein vermarktbarer Film herausgekommen ist, spricht weniger für Freds Talent als Regisseur, sondern für sein Talent als Dompteur. Die Disziplin und die Autorität, die man für so etwas besitzen muss, verdient Respekt.
Nun ist es in Los Angeles viel einfacher als z.B. in Kanada oder Berlin, so einen Film zu drehen: es gibt Drehorte zuhauf, die sich einfach sperren lassen. Das Wetter ist meistens berechenbar stabil. Und im Großraum LA gibt es für die Crew genug hungrige Nachwuchstalente, die umsonst arbeiten, und Altstars für den Cast, die problemlos auch für einen halben Drehtag gemietet werden können (Jan Michael Vincent hat hier exakt eine volle Schicht abgeleistet).
Es geht um Victoria Munroe, eine psychisch labile junge Frau, die sich davor fürchtet, lebendig begraben zu werden. Ihr Mann ist leidlich genervt, zumal ihm ganz andere im Kopf herumschwirren – er hat Spielschulden bei einem örtlichen Mafioso, und bumst seine geile, aber abgebrühte Sekretärin. Auch der Arzt der Familie kann Victoria nicht wirklich helfen. Irgendwann beschließt der Gatte, sich Victorias Ängste zu Nutze zu machen, um mit ihrem Tod alle seine Probleme aus der Welt zu schaffen…
Seht ihr auf dem DVD-Cover die Erwähnung von “Edgar Allan Poe”? Ist natürlich Kappes. Fred nutzt die titelgebende Furcht aus der Geschichte “Premature Burial” als Aufhänger, fleddert aber sonst alles, was er finden kann. Streng genommen ist “Haunting Fear” auch kein Horrorfilm, denn das einzige phantastische Element stammt aus einer Traumsequenz, und sieht gerade mal so aus:
Ansonsten gehört der Film in die Ecke “melancholischer Thriller. Eine Frau, die von ihrem Mann in den Wahnsinn und/oder Tod getrieben werden soll, ist ja nicht gerade Neuland der Filmgeschichte. Oft gesehen. Meistens besser.
Dabei ist das Problem nicht mal so sehr das jämmerliche Budget, oder die kurze Drehzeit. Fred ist ein Vollprofi, und “Haunting Fear” sieht nach einem richtigen Film mit allem Pipapo aus. Wie ein billiger Film, aber wenigstens wie ein Film. Natürlich hätte man mit mehr Geld auch mehr draus machen können: das geerbte Haus (angeblich sehr viel wert) wirkt kontraproduktiv vorstädtisch und heruntergekommen, die Kameraarbeit ist extrem statisch, und der zweimalige Gebrauch einer Nebelmaschine ist nicht gleichbedeutend mit “gruseliger Atmosphäre”. Und im Schneideraum musste Fred ja auch mit dem arbeiten, was er in sechs Tagen gerade so runterkurbeln konnte.
Aber trotzdem: auf Zelluloid gedreht, mit einer Sackladung Horror-Legenden der 70er Jahre an Bord, und einem ausnahmsweise nicht besoffenen Jan Michael Vincent – das passt. Zumal die Musik von Chuck Cirino wirklich klasse ist – für mich ist er neben Richard Band und Kevin Kiner einer der besten preiswerten Soundtrack-Komponisten.
Ihr kennt mich, und deshalb ahnt ihr es schon: Das Skript ist es, das man Fred nachträglich rektal zuführen sollte. Es gelingt ihm einfach nicht, die komplett banale Plotte auch nur ein einziges Mal in Fahrt zu bringen, der Film plätschert tödlich öde 84 Minuten lang vor sich hin, unterbrochen nur von ein paar “false scares”, und einigen brauchbaren Softsex-Einlagen.
Das Problem ist in diesem Fall struktureller Natur: Ein solcher Mystery-Film lebt davon, dass wir nicht mehr wissen als die Hauptfigur. Wir müssen unterstellen, dass Victoria vielleicht tatsächlich wahnsinnig wird, und dass ihr Mann keine bösen Absichten hegt. Die Spannung ergibt sich aus der Ungewissheit. Leider ist der Zuschauer bei “Haunting Fear” von Anfang an eingeweiht: Wir wissen, was der Ehemann plant, und wir wissen auch, dass der Cop für den Gangster arbeitet. Damit hat das Skript keinerlei Überraschungen zu bieten.
Die große Urangst, mit der Poe in seiner Geschichte arbeitet, verkommt hier zum Gimmick: es geht nicht mehr darum, versehentlich lebendig begraben zu werden – Terry und Lisa wissen die ganze Zeit, dass Victoria noch lebt. Somit ist ihre Auferstehung für wirklich niemanden schockierend.
Fred Ray erlaubt sich zudem eine ganze Sackladung an Logikfehlern – zum Beispiel ereignen sich in den ersten 20 Minuten Dinge, die komplett als Alptraum entlarvt werden, aber in der Folge trotzdem noch Bestandteil der Handlung sind. Wie genau der Plan von Terry aussieht, das Verschwinden seiner toten Frau zu erklären, bleibt auch rätselhaft. Und ich habe noch keinen Mann gesehen, der entspannt weiter knackt, wenn seine Frau neben ihm schreiend hochfährt.
Hinzu kommt, dass die dünne Story mit Subplots gestreckt wird, die den Erzählfluss nochmal verlangsamen: Jan Michael Vincent sitzt tatsächlich 80 Filmminuten lang in seinem Auto, bis die Handlung ihn braucht. Auch die ganze Hypnose-Nummer mit Karen Black dient lediglich dazu, ein paar Minuten zu füllen. Zu seiner Ehrenrettung hat Ray das in einem Interview auch zugegeben, und eingesehen, dass es nicht funktioniert hat.
Ein weiterer Minuspunkt: Der Schädel von Terry, der im Showdown eine Rolle spielt, sorgt nicht für Grusel, sondern helle Heiterkeit. Schon klar, dass Fred den Schauwert eines abgeschnittenen Kopfes nutzen will – aber wenn das Requisit so wenig überzeugt, dann muss man einfach schneller wegblenden.
Brinke Stevens sagt, sie sei sehr stolz auf ihre Leistung in “Haunting Fear”, und der Film sein das beste Beispiel ihrer schauspielerischen Fähigkeiten. Das mag so sein – aber das “Beste” von “Sehr Wenig” ist halt immer noch “Nicht Viel”. Vermutlich ist sie glücklich, dass es ihr gelungen ist, mehr als die zwei Standard-Ausdrucksformen von B-Horror-Aktricen unterzubringen: schreien und Titten zeigen (keine Sorge: beides tut sie in toto immer noch genug). Aber insgesamt spielt sie albern hölzern, unglaubwürdig hysterisch, und komplett durchschaubar. Erschreckend, wenn eine “Schauspielerin” sich nicht einmal glaubwürdig schlafend stellen kann.
Das ist umso betrüblicher, weil alle Veteranen um sie herum solide Arbeit abliefern, und den Mangel bei der Hauptdarstellerin damit betonen. Selbst Delia Sheppard, Penthouse Pet und Sexfilm-Darstellerin, gibt sich erheblich entspannter und authentischer, obwohl sie mit einem echten Porno-Look kämpft:
Wenn man als Hauptfigur von dem “geiles Luder”-Charakter lässig an die Wand gespielt wird, sollte man vielleicht den Job in der Burger-Braterei mit etwas weniger Hochnäsigkeit in Betracht ziehen.
Nun kämpft Fred Olen Ray nicht zum ersten Mal mit einem hingeschluderten Drehbuch, und untalentierten Tittenmäuschen in tragenden Rollen – aber “Haunting Fear” fehlt einfach der Trash-Faktor, um trotz der widrigen Umstände unterhaltsam zu sein. Es gibt keine Monster, keine Aliens, keinen Killer mit einer komischen Maske. Zu 90 Prozent sehen wir eine Frau, die Angst hat, und dabei entweder durch ihr Haus geistert, oder im Bett liegt.
Kurzum: Wer sich einen trashigen Abend mit einem schlechten Film machen will, ist hier falsch. Das Oeuvre von Ray bietet da ganz andere Kracher, z.B. “Phantom Empire” oder “Evil Toons”. Auch für Poe-Komplettisten gibt es nichts zu sehen. Der chronische Onanist ist mit ausgewiesenen Sexfilmen besser bedient, auch wenn Delia Sheppard ihren Job recht gut macht.
http://www.youtube.com/watch?v=iEX24iVvfIE
84 Minuten verschenkte Lebenszeit – ich hab’s geguckt, damit ihr nicht mehr müsst.
Ich guck’s trotzdem…
Ei
jei
jei.
Ist der Trailer schlecht! Grimmassieren auf Amateur-Theater-Niveau.
Stimme zu, hab den grad auch erst am Wochenende gekuckt. Leider ultra-ultra-langweilig, da nützt’s wirklich nicht, dass der gute alte Stringfellow Hawke mal vergleichsweise fit ist und Jay Richardson sich als einziger wirklich darüber im Klaren zu sein scheint, dass er in einem Trash-Hobel mitspielt. Ich bin nun wirklich erklärter Ray-Fan, aber das war absolut gar nix.
“Ich bin nun wirklich erklärter Ray-Fan, aber das war absolut gar nix.”
Sagt der Mann, der Scheissfilme wie “Evil Toons” und “Hollywood Chainsaw Hookers” gut findet… nee…
@ Peroy: Augenmaß, Peroy, Augenmaß! “Evil Toons” ist scheiße – aber geil.
““Haunting Fear” hat 115.000 Dollar gekostet, wurde in drei Tagen geschrieben, und in sechs Tagen gedreht. Das ist Porno-Niveau.”
Ein (deutscher) Erwachsenenfilm kostet zwischen 8.000 (“zu Besuch bei Pärchen XY”) und 40.000 (für die Edel-Ware). Pro Szene wird nur ca. 45 Minuten gedreht, und niemals glaube ich, dass jemals irgendwer an einem Pornoskript länger als einen Nachmittag geschrieben hat.
Evil Toons ist hammerlustig… und Hollywood Chainsaw Hookers erst. Keine “guten” Filme, aber hochgradig unterhaltsam (sofern man kein saarländischer Geschmackspansen ist).
@ Lari: Ich spreche natürlich von US-Pornos, die bis zum Gonzo/Video-Boom durchaus mehrere Drehtage hatten, und mittlerweile auch wieder haben (“Zazel”, “Pirates”). Wenn man “Haunting Fear” im Bereich Budget und Drehzeit als B-Movie-Bodensatz nimmt, berührt er die Spitze der Porno-Produktionen locker.
“Augenmaß, Peroy, Augenmaß! “Evil Toons” ist scheiße – aber geil.”
Dreck. Schund. Müll. Gülle. Rotz. Kappes.
“Dreck. Schund. Müll. Gülle. Rotz. Kappes.” – aber geil!
@WV: Ich sehe in der Tat gerade, dass “Pirates”, laut IMDb, satte 150 Riesen verschlungen hat. Gute Güte! 😯 Und dabei ist “Haunting Fear” ja noch auf Film gedreht, wohingegen auch die teuren P-Produktionen allesamt auf preiswerten Digitalkram setzen.
@ Lari: UND “Pirates” hat mit 300 Effektshots ungefähr 300 Effektshots mehr als “Haunting Fear”. UND mehr Cumshots 🙂
Hahaha…das wär sogar einen goldenen Aufkleber wert: “Pirates – 300 Effektshots und noch mehr Cumshots”
Der Typ unten auf dem Cover kommt mir bekannt vor — hat der nicht eine kleine Rolle (irgendein Mönch) in “Der Name der Rose” gehabt? Und ist er nicht sogar Deutscher?
Gruß,
Marko
Michael Berryman (“Hills Have Eyes”, “Barbarians”, “Devil’s Rejects”).
Hach Mann, stimmt! Und ich hab’ grad mal geschaut — verwechselt habe ich ihn mit Volker Prechtel. Der war tatsächlich im “Namen der Rose” und Deutscher (und sieht dem guten Michael jetzt auch nicht sooo ähnlich, ähem … aber ein bisschen schon!).
Danke für die Info.
Gruß,
Marko
Btw, Vogel – Du hast dich verzählt, die Nr. 16 gibt’s zweimal…
@ Acula: Ist korrigiert, danke. Wann kommt dein “Haunting Fear”-Review?
Ich weiß nicht, ob ich dem Thema noch ehrlich was hinzuzufügen habe 🙂
Geil, dann kannste ja endlich “Laser Mission” und “Tanz des Drachen” machen!
Und den fucking Running Gag killen… ? No way !
Das allein wär’s ja fast wert 🙂
Regie: Fred Olen Ray. Darsteller: Brinke Stevens, Jay Richardson, Michael Berryman, Jan Michael Vincent, Karen Black, Robert Quarry, Delia Sheppard
Es gibt offenbar noch Leute mit Umgangsformen. Weder die oben genannten noch irgendwelche PC-Mitbenutzer haben hier Bombenstimmung erzeugt oder pseudojuristischen Quark entsorgt.
Danke fürs Gucken.