"Sachlich, verhalten und hysteriefrei": Laut BILD sind wir alle ge(con)fickt
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Ich musste schon lachen, als ich las, dass zwei BILD-Autoren (darunter Weichspüler Oliver Santen) den (begehrten ?) Medienpreis Prometheus bekommen haben. Die freuen sich was:
Man kann das, was u.a. BILDblog täglich aufarbeitet, "angebliche Fehler" nennen. Angeblich ist das aber falsch.
Ausgezeichnet und auszeichnungswürdig fand die Jury, dass die beiden Schreiber "sachlich, verhalten und hysteriefrei" über die Bankenkrise berichtet haben – was nochmal bestätigt werden muss, damit niemand denkt, es sei der BILD aus Versehen so durchgerutscht:
Lobenswert. Clarissa hat das Thema im BILDblog erwartungsgemäß hübsch und ausgiebig aufgearbeitet.
Wie sachlich, verhalten und hysteriefrei die BILD sonst berichtet, konnte man gleichen Tags schön nachlesen – dreh dich nicht um, ein Virus geht um:
Klassischer Fall von "weder – noch". WEDER hat der Conficker-Wurm Millionen PCs lahmgelegt (und konsequenterweise behauptet der zugehörige Artikel das auch nicht), NOCH sind Sicherheitsexperten ratlos, auch wenn BILD warnt: "Und die Sicherheitsexperten sind ratlos, wissen immer noch kein Mittel, um den Wurm zu stoppen."
Bebildert wird der "sachliche, verhaltene und hysteriefreie" Artikel mit der nebenstehenden Dame, der offenbar das apokalyptische Potential bewusst geworden ist: "Sind infizierte Rechner „Schläfer“, die auf Signal gemeinsam erwachen und sich zu einem ferngesteuerten Botnetz (virtueller Verbund infizierter Client-Systeme) verbinden, um gemeinsam Schäden zu verursachen, wie den massenhaften Versand von Spam-E-Mail oder gezielte Attacken auf Web-Seiten?"
Natürlich kann man ein wenig auf die Drama-Pauke hauen, um Otto-Normaluser, der anscheinend immer noch auf jede .exe-Datei klickt, die ihm per Mail zugeschickt wird, vor der Infizierung zu warnen. Dann sollte man vielleicht aber am Ende des Artikels auch erwähnen, dass der Wurm längst identifiziert ist, und nur solche Rechner befallen kann, die
- keine automatischen Updates durchführen
- keine Firewall besitzen
- keinen aktuellen Virusscanner installiert haben
- den Patch zum Wurm vermissen lassen
Stattdessen beschränkt sich BILD auf Panikmache – klare Fakten und die entsprechenden Lösungsansätze findet der User z.B. beim anderen Marktführer mit vier großen Buchstaben, CHIP.
"Übergeigte Überschriften, die vom Text nicht gehalten werden, haben in BILD nichts zu suchen. Texte, die man nicht versteht, Bildunterschriften, die lieblos hingerotzt werden, machen unsere Zeitung kaputt." (BILD-Chefredakteur Kai Diekmann, 2004)
Ahja. Die Chip also. Is das nich die Zeitung, die immernoch das Löschen der Auslagerungsdatei beim Herunterfahren des Rechners propagiert? Oder das regelmässige Löschen des Prefetch Ordners? Ich frage mich, warum den Leuten nicht endlich mal erklärt wird, wie wicht die Aktivierung der automatischen Updates ist, damit sowas nicht passiert. Wäre viel sinniger. Na was solls.
Ohne diese Panikmache is sinkende Auflage halt nich zu kompensieren. Und FJW müsste um sein Konto bangen. Sich über die BLÖD aufzuregen hab ich schon lange aufgegeben. Da gibt es noch andere Dinge. Solche mit ner gewissen Relevanz. Zum Beispiel, warum ich bei ALDI keinen anständigen Ziegenkäse bekomme. 😉
Bis jetzt habe ich der Versuchung widerstanden, zu kommentieren. Aber nicht, weil ich aufgegeben hätte, mich über diese ,,Zeitung" aufzuregen und es Wichtigeres gäbe (was man fast immer sagen kann).
Es ist nur so: Das oben stimmt einfach, und man sollte solch einem ,,Journalismus", der sich seine Borniertheit auch noch mit eigenen Preisen werbewirksam bekränzt, immer den Spiegel vorhalten. Immer und immer wieder. Nicht aufgeben. Anklagen. Allein schon deshalb, weil die das mit ihren Opfern auch tun, nur um die Auflage zu sichern.
Wenn ich mir die Auflagenentwicklung der BILD so ansehe, mach ich mir keine Sorgen um die Zukunft. 😀
Man muss den BILDBloggern allerdings ihre Courage hoch anrechnen. Auch wenn den Jungs gern vorgeworfen wird sich im Niveau der BILD manchmal gefährlich anzunähern, machen sie doch einen hervorragenden Job. Ist eine der wenigen Seiten, bei denen ich freiwillig mein Ad-Block ausgeschaltet habe. So hilft man wenigstens ein bisschen mit.
Vielleicht ein kleiner Hinweis: Es war nicht Stefan, der das Thema aufgearbeitet hat, sondern seine Kollging Clarissa.
Die aufgeregte Dame auf dem Bild hat bei den Emails ihres Mannes ne Anzeige für Penisvergößerung entdeckt und schon mal ne Bestellung abgeschickt…..
Nur ein paar Trolls und alberne Backlasher werfen BILDblog vor, sich der BILD anzunähern – das ist dummes Gerede, das durch Fakten nicht zu decken ist.
Ich urteile nicht über CHIP allgemein – ich stelle nur fest, dass der Artikel zu Conficker dort genau das ist, was die BILD mal wieder nicht geschafft hat: sachlich, verhalten und hysteriefrei. Einen solchen Artikel ohne Lösungsmöglichkeiten zu veröffentlichen, grenzt an Panikmache. Das ist unredlich.
@ Oyko: Wird korrigiert, danke.
@Wortvogel
Ich lese den BILDblog regelmäßig und kann somit sagen, dass der Niveauvergleich BILD-BILDblog wirklich hinkt. Allerdings muss ich sagen, dass die "BILDblog fotografiert zurück-Aktion" doch etwas komisch anmutet und mich zum Nachdenken gebracht hat.
@ Schnabeltier:
[…] komisch anmutet und mich zum Nachdenken gebracht hat. […]
Dann hat die Aktion doch etwas gebracht, finde ich. Wer über derartige Aktionen (egal, wer sie denn ausruft) nachdenkt, ist auf jeden Fall einen Schritt weiter als der sich berufen fühlende "Leserreporter".
Ansonsten ist diese Panikmache um einen Wurm, der nun wirklich nichts Aufregendes (außer seines hohen Verbreitungsgrades) bietet, wirklich unterste Schublade.
Und eine Preis zu bekommen für etwas, das eigentlich journalistischer Standard ist, sagt auch einiges über das Blatt aus (siehe auch http://faz-community.faz.net/blogs/berlin/archive/2009/01/20/wie-die-quot-bild-quot-zeitung-einmal-deutschland-rettete-und-daf-252-r-einen-preis-bekam.aspx).
@ Schnabeltier: Im Gegensatz zu vielen Kritikern fand ich die "BILDblog fotografiert zurück"-Aktion absolut angemessen. Wer alle möglichen Promis (und Normalos) in die Öffentlichkeit zerrt wie Herr Diekmann, soll auch mal am eigenen Leib spüren, wie das ist. Die BILD erklärt Privatsphäre zum öffentlichen Interesse, wann immer ihr danach ist – und wer sich wehrt, hat schlechte Karten (Seehofer, Roche).
Diese Angemessenheit ist ja sogar schon mal juristisch bestätigt worden – im sog. "Penisverlängerungsprozess" taz vs. Diekmann. Da wurde klar festgestellt, daß derjenige, der von Persönlichkeitsverletzungen lebt, sich die Herabsetzung seines eigenen Persönlichkeitsrechts gefallen lassen muss.
Hm – "Antispamwort ist falsch???" OK, nochmal:
Diese Angemessenheit ist ja sogar schon mal juristisch bestätigt worden – im sog. \"Penisverlängerungsprozess\" taz vs. Diekmann. Da wurde klar festgestellt, daß derjenige, der von Persönlichkeitsverletzungen lebt, sich die Herabsetzung seines eigenen Persönlichkeitsrechts gefallen lassen muss.
Ähm – liegt das an mir oder gibt es ein Problem mit der Kommentarfunktion? Erst passierte gar nichts, dann gabs eine Fehlermeldung ("Antispamwort falsch), jetzt sagte er mir, der Kommentar sei doppelt, und bei allen Varianten kommt nix an. Naja, ich werds ja wahrscheinlich hierbei sehen.. 😉
Wieso hier jemand ausgerechnet bei Aldi "anständigen Ziegenkäse" vermutet, sucht und nicht findet, ist mir unerklärlich.
Hm, interessant – entweder weigerte er sich gestern nur bei mir meine Comments darzustellen (an 2 verschiedenen Rechnern) oder hier lag ein faszinierender technischer Fehler vor…
Was mich seit Jahrzehnten bei dem Thema Bildzeitung zum schmunzeln bringt, ist die Gleichgültigkeit ihrer Leser.
Der Bildblog wird die Bildzeitung nicht zum umdenken bewegen können, da es der treue Leser einfach nicht Wünscht. Der Leser will bewusst belogen werden, er will Titten, Blut und Tragödien für 60 Cent.
Das "apokalyptische Potential" beim oben abgebildeten Laptop ist höchstwahrscheinlich gleich null. Sieht nämlich sehr nach MacBook aus und dem kann ein Conficker nix anhaben. Insofern wohl auch ein Beispiel aus der Reihe "missglückte Symbolbilder".
"…Sieht nämlich sehr nach MacBook aus und dem kann ein Conficker nix anhaben…."
Stimmt nur insoweit, wenn OSX oder Linux drauf laufen. Windows — auch wenn es nur per BootCamp ausgeführt wird — ist und bleibt anfällig für Viren aller Art, auch auf einem MacBook.
@ralf: Stimmt, aber die Regel für alle Sicherheitsbewussten sollte halt sein: Alle Online-Aktivitäten (vor allem Mails abrufen, Online-Banking) auf dem Mac nur mit MacOS ohne gebootetes Windows, offline ist es dann weitgehend wurscht. Und der Vollständigkeit halber: Es ist wahrscheinlich kein MacBook abgebildet, sondern eher ein MacBook Pro.
ich mag den ziegenkäse vom aldi
Imho sind auch Linux (zumindest die meisten Varianten) und OS X anfällig für Viren, nur: Wer sich ein solches System aussucht, hat entweder eine gewisse Kenntnis oder zumindest ein gewisses Problemverständnis (oder beides). Daher lohnt es sich für den Schadsoftware-Entwickler wohl nicht so sehr wie für Windows Sicherheitslücken zu suchen und dafür böse Dinge zu basteln. Die Verbreitung der OS tut ihr Übriges.
ist nen bisschen offtopic, sorry, aber wollt ich mal loswerden. Btw: Auch das betroffene Betriebssystem könnte in einem _guten_ Artikel erwähnt werden 🙂
offtopic2: Warum wird die tägliche Pressemitteilung des Springer-Konzerns hier ständig als Zeitung bezeichnet? tztztz… *gg*
Tux, ich glaube, das hat vielmehr damit zu tun, dass die allermeisten Rechner auf der Welt eben nicht auf Linux oder MacOS laufen, sondern auf Windows. Und die Virenentwicklung ist ja schon lange nicht mehr allein das Metier von jungen Programmierern, die sich Scherze erlauben wollen. Gängig ist z.B., dass bots massiv Spammails von privaten Rechnern absenden, die infiziert wurden. Das lohnt sich einfach nicht für nicht-Windows-Systeme.
Das ist ja mal lustig, da gibt es einen Preis dafür, dass eine Zeitung etwas selbstverständliches tuhen tut. Aber ist ja nur konsequent, denn es gibt ja auch (Negativ-)Preise, wenn man selbstverständlichles NICHT tuhen tut! (Beispiel dieser Lobbypreis….)
Schön, dass der Penisverlängerungs-Spam ausgerechnet bei einem Beitrag über einen Wurm landet. 8)
Beware of the one-eyed snake! 🙂