29
Jan 2009

Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (13)Heute: Lassiter

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

lassiter1 USA 1984. Regie: Roger Young. Darsteller: Tom Selleck, Jane Seymour, Joe Regalbuto, Bob Hoskins, Lauren Hutton

Tom Selleck. Geboren, um Fernsehstar zu sein, vergleichbar mit David Janssen, Mark Harmon, und Robert Urich. Produzenten war das schon in den 70ern klar. Er galt als “next big thing”. Sie schleusten den charismatischen Schauspieler mit dem Gardemaß von 1,92m durch ein halbes Dutzend (meist extrem mittelmäßige) Pilotfilme – leider erfolglos. Der Stoff, der ihm passte wie ein guter Anzug – sein “Dr. Kimble”, sein “Vega$” – , fand sich einfach nicht.

Doch Selleck bekam eine größere, bessere Chance – Spielberg wollte ihn als “Indiana Jones” haben! Kein Wunder: Wie kaum ein anderer Schauspieler (bis George Clooney auftauchte) verkörpert Selleck den Typus “klassischer Hollywood leading man” à la Cary Grant und Clark Gable. Wer konnte da besser in einer Neuauflage der Serials aus den 30ern den Helden geben?

Es gehört zu den Treppenwitzen der Filmgeschichte, dass Selleck “Raiders of the Lost Ark” ablehnen musste – weil plötzlich doch eines seiner Serienprojekte erfolgreich durchstarten konnte. Harrison Ford wurde daraufhin “Indiana Jones”, und Selleck wurde auf ewig “Magnum”.

Ein ähnliches Schicksal widerfuhr zur gleichen Zeit übrigens Pierce Brosnan, der wegen “Remington Steele” die Rolle als neuer Bond (vorerst) nicht antreten konnte.

Selleck machte das Beste aus der Situation, wurde einer der bestbezahlten TV-Stars, und hat seit dem Ende von “Magnum” neben ein paar kleineren Filmrollen immer wieder gut bezahlte Gastrollen in Serien wie “Friends” gespielt. Neulich folgte er James Caan in die Serie “Las Vegas”, und seit ein paar Jahren spielt er in einer Reihe erfolgreicher TV-Filme den knurrigen Kleinstadt-Cop “Jesse Stone”.

Trotzdem muss der Verlust der “Indiana Jones”-Rolle geschmerzt haben, denn Selleck übernahm kurz darauf die Hauptrolle in gleich zwei Streifen, die ihn als Abenteurer in den 30ern erfolgreich machen sollten: “Höllenjagd bis ans Ende der Welt” und “Lassiter”. Gefilmt wurde jeweils in der jährlichen Drehpause von “Magnum”.

“Lassiter” handelt von dem Dieb Nick Lassiter, den die britische Regierung unter Androhung einer Gefängnisstrafe “überredet”, Diamanten im Wert von 10 Millionen Dollar aus der deutschen Botschaft zu stehlen, um deren Spionagearbeit in Südamerika zu sabotieren. Nick hat nicht die geringste Lust, sich mit den Nazis anzulegen – zumal er ahnt, dass die Briten ihn hinterher trotzdem hinter Gitter werfen werden. Also plant er, alle Beteiligten gegeneinander auszuspielen….

lassiter2

“Lassiter” ist ein perfektes Beispiel, warum Selleck nie der Kino-Durchbruch vergönnt war: an keiner Stelle gelingt es dem Film, Format und Größe der Leinwand zu füllen. Alles bleibt im Rahmen eines durchschnittlichen TV-Schinkens, und Selleck bekommt trotz seiner beachtlichen Leistung nicht die Chance, sich als Star zu präsentieren. Mittelmaß regiert, und in jeder Folge “Magnum” hat der Schauspieler mehr Action, mehr Humor, und bessere Dialoge zur Verfügung.

Dabei beginnt der Film ganz vielversprechend: Wir sehen Lassiter bei seinem aktuellen Einbruch, den er hauptsächlich deswegen durchziehen kann, weil eine reiche Ehefrau ihm sofort hemmungslos verfällt. In der nächsten Szene schlendert er lässig in weißer Smoking-Jacke durch einen eleganten Club, zeigt sich als Mann von Welt. Man könnte fast meinen, in einem zeitgenössischen “James Bond”-Film gelandet zu sein.

Doch dann geht es rapide bergab: Lassiter hat eine Lebensgefährtin, mit der er enervierend viel Laufzeit im Dauerstreit verbringt, ohne dass die Handlung davon profitieren würde. Er wird erpresst. was der Figur jede Freude an der “Arbeit” nimmt, und damit den Humor stark runterschraubt. Gedreht wurde augenscheinlich in den immer gleichen drei Häuserblocks, ein wirkliches Gefühl für das lebenslustige London der 30er Jahre stellt sich nur schwerlich ein.

Diamanten aus einer Botschaft zu klauen ist auch nicht gerade ein Knaller-Auftrag – hätte man da nicht was trashigeres nehmen können, z.B. die Pläne für eine neue Superwaffe der Nazis? Aber auf dieses Niveau möchte sich “Lassiter” eben nicht herablassen: der Streifen bleibt konsequent dem Abenteuerfilm der 40er verhaftet, leider auch technisch: sauber, aber stocksteif geschnitten, konservativ in der Planung und der Ausführung der (minimalen) Actionszenen, und gemächlich in der Erzählgeschwindigkeit. Das hätte in den 70ern noch gereicht, aber ironischerweise hatte “Indiana Jones” zu diesem Zeitpunkt die Latte schon ein paar Meter höher gelegt.

Die gleichen Argumente lassen sich übrigens auch beim unterhaltsameren, weil wenigstens etwas beweglicheren “Höllenjagd bis ans Ende der Welt” recyceln.

Was dem Film außerdem schadet: Zu dem uncoolen Auftrag gibt es nicht mal einen spannenden Gegner. Die (natürlich sexuell perverse) deutsche Adelige Kari von Fürsten ist an keiner Stelle mehr als mechanisches Hindernis für Lassiter, ein Plot-Element, welches er im Showdown dann auch einfach durch einen Kinnhaken aus der Handlung befördert.

Auf der Plus-Seite kann man allenfalls das gediegene Produktionsdesign, den nackten Hintern von Jane Seymour, und das unbestreitbare Charisma von Tom Selleck verbuchen.

Wem darf man die Schuld an dem unterwältigenden Ergebnis zuschieben? Selleck nicht, das ist klar. Ich würde mal sagen – wenn man einen Kino-Film machen will, dessen Ziel es ist, sich von den TV-Produkten des Hauptdarstellers abzuheben, dann sollte man vielleicht für das Drehbuch und die Regie keine Leute anheuern, die ihr Geld sonst damit verdienen, belanglose Fernsehware abzuliefern. Mit Regisseur Young hatte Selleck sogar bei “Magnum” schon gearbeitet.

Kommen wir zum Fazit: “Lassiter” ist ein banaler, und nicht gut gealterter Abenteuerfilm “klassischen” Zuschnitts, dem für einen gelungenen Abend einfach das Spektakel abgeht, und der für gediegene Unterhaltung nicht smart genug ist. Heute würde man so etwas für HBO oder Showtime produzieren, und kein Hahn würde danach krähen.



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Dieter
Dieter
29. Januar, 2009 11:35

Selleck ist ein guter, finde ich. In ,,Quigley, der Australier” hat er mich das erste Mal überrascht. Glaubwürdig hart. ,,Jesse Stone” habe ich kürzlich zufällig gesehen. Abgesehen von Unglaubwürdigkeiten der Handlung spielt Selleck auch hier mit Spannung.

Aber trotzdem kann ich ihn mir als Indy nicht vorstellen und halte Ford für die optimale Wahl.

(Anders war es bei Bond für mich: Dalton war immer der Lückenfüller bis Brosnan kam.)

Wortvogel
Wortvogel
29. Januar, 2009 11:54

Mein liebster Selleck-Film wird immer “Runaway – Spinnen des Todes” sein. Der rockte. Aber auch “An innocent man” (“Von Bullen aufs Kreuz gelegt”) war gut.

Dr. Acula
29. Januar, 2009 13:09

“Runaway” ist großartig. Die “Höllenjagd” fand ich sehr mittelprächtig, “Quigley” hab ich nicht gesehen (weil ich nicht sehr western-interessiert bin), die Komödie, in der er einen alternden Baseball-Star in Japan spielt, fand ich recht spaßig (dafür, dass ich Baseball extrem langweilig finde). Ein Selleck-Indy wäre ein ganz anderer Typ geworden, klar, aber ich denke, Spielberg hätte das schon hingedreht…

Wortvogel
Wortvogel
29. Januar, 2009 13:15

@ Acula: Ich denke auch, man hat sich einfach zu sehr an Ford gewöhnt. Wahrscheinlich hätte uns Selleck auch gefallen – er wäre sicher weniger ironisch rübergekommen, dafür mehr “debonair”.

Dieter
Dieter
30. Januar, 2009 09:21

Ah, ,,Runaway”! Ja.

Andy Simon
Andy Simon
2. Februar, 2009 22:55

Nicht zu vergessen, dass dieser Film einen Titelsong von Taco “Puttin’ On The Ritz” Ockerse hat… war damalas mit ein Grund, warum ich ihn ausgeliehen habe.