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Jan 2009

Ruhe da vorne! Movie-Mania 2009 (9)Heute: The Manitou

Themen: Film, TV & Presse, Movie-Mania 2009, Neues |

manitou1 USA 1978

Regie: William Girdler. Darsteller: Tony Curtis, Michael Ansara, Susan Strasberg, Stella Stevens

Der okkulte Horror-Film der 70er, bevor es mit den doofen Slashern richtig losging. Was war das für eine tolle Zeit, Gruselfan zu sein: “Das Omen”, “Der Exorzist”, “Rosemary’s Baby”, “Amityville”.

Natürlich gab es eine ganze Reihe Schocker, die ich damals verpasst habe – was nicht im Rahmen von “Der phantastische Film” im ZDF lief, war für mich als zehnjähriger Steppke unerreichbar. Videorekorder gab’s noch nicht, und im Kino waren Spencer & Hill angesagt.

Glücklicherweise kann ich diese Filme nun alle nachholen: “The Sentinel”, “The Fury”, “Wicker Man” – und eben “Der Manitou”, von dem ich bis dato nur in Nachschlagewerken gelesen hatte.

Auf dem Papier liest sich das alles ziemlich spektakulär: Der Film basiert auf einer Story des Horror-Altmeisters Graham Masterton, es geht um einen indianischen Dämon, und mit Tony Curtis ist der Film keinen Deut schlechter besetzt als “Omen” oder “Exorzist”. Kurzum: man freut sich auf einen spannenden Abend mit gepflegter Gänsehaut.

Und eine ganze Weile lang glaubt man auch nicht, damit falsch zu liegen…

Es bleibt ja auch erstmal alles im Rahmen, und schön ominös: Eine Freundin des wenig vertrauenswürdigen Wahrsagers Harry Erskine hat eine Wucherung an der Schulter, die sich jedem Versuch, sie zu entfernen, widersetzt. Harry, als Scharlatan extrem misstrauisch gegenüber okkulten Phänomenen, muss sich widerwillig mit der Möglichkeit auseinandersetzen, dass in Karen ein “Manitou” wächst, ein indianischer Rachegeist. Er bittet einen Schamanen um Hilfe.

Irgendwann merkt man, dass Tony Curtis die ganze Angelegenheit verdächtig ironisch spielt, und dass “The Manitou” deutlich mehr auf okkulte Action als auf wirkliche Suspense setzt (der Film ist erstaunlich splatterig für 1978).

manitou2

Schließlich geht’s ins Finale, und wenn der Satz “You ain’t seen nothin’ yet!” jemals zutraf, dann hier! Was “The Manitou” auszeichnet und vernichtet zugleich, ist die Bereitschaft des zu jung verstorbenen William Girdler, wirklich ALLES zu tun, um das Publikum zu ködern, dass im letzten Sommer erstmals “Star Wars” gesehen hat: Ein Krankenhaus wird in eine Eishöhle verwandelt (mit putzigen Plastik-Eiszapfen), ein Indianer-Zwerg-Dämon kriecht aus der Schulter der barbusigen Karen, ein Krankenbett wirbelt durch den Weltraum, und magische Strahlen ballern wie Laser durch die Gegend.

Kurzum: “The Manitou” geht in Overdrive, lässt alle okkulten Ansätze fahren, und verliert sich in einem mit mäßigen Spezialeffekten aufgeladenen Show-Finale, das einer Las Vegas-Revue ähnelt. Man würde “what the fuck???” sagen, wenn man rechtzeitig die Kinnlade vom Boden hochbekäme.

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Arbeitet euch besser nicht an der Werbezeile auf dem Plakat ab, das führt zu nichts: NATÜRLICH stirbt das Böse – sonst könnte es ja gar nicht wiedergeboren werden, newahr?

Ich verwende den Begriff “Trash-Granate” nicht gerne, er ist überbe- und damit entwertet – aber hier stimmt’s . “The Manitou” ist wirklich ein Erlebnis: nicht gut, und sicher nicht im Sinne der Macher, aber ein Erlebnis.



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Dr. Acula
13. Januar, 2009 11:56

cue Peroy, der uns gleich erklären wird, warum der “Manitou” kein Trash ist, sondern richtig doll. 3… 2… 1…

Dieter
Dieter
13. Januar, 2009 12:04

Der wird erst gegen 0.00 Uhr wach …

milan8888
milan8888
13. Januar, 2009 13:14

Gott ist der Trailer schlecht. Vor allem der Sturz der beiden im Krankenhausflur.

Peroy
Peroy
13. Januar, 2009 18:19

Ja, geil, endlich mal ein Film für mich. Ah, “Der Manitou” aka “Geburt des Dämon” aka “Lasersturm” aka “Der Super-Zombie”… der war in der tat ein Erlebnis, als ich den irgendwann in den 90ern nachts auf SAT.1 gesehen hab’. Die Visuals im völlig abgefahrenen Finale haben mich tatsächlich über eine Dekade lang verfolgt, und als ich dann auf Ebay ein altes Tape ergattern konnte, ja, da war beim Ansehen alles wieder da. Jeder Film, der es schafft, einem so lange im Gedächtnis zu bleiben, der macht irgendwas richtig, auch wenn er eigentlich alles falsch macht. Wer die Idee hatte, dem eigentlich recht passablen “Der Exorzist”-Abklatsch ein “Star Wars trifft 2001 auf dem Drogen-Trip”-Finale anzutackern, nun ja, der gehört entweder geprügelt bis er Blut kotzt oder gehuldigt bis an sein Lebensende. Der Film an sich ist sicherlich nicht wirklich gut, aber erstens ist man als Genre-Fan ja gnügsam, weil man sich da wirklich schon freiwillig durch viel gröberen Schund gekämpft hat, und außerdem war Regisseur Girdler ja schon ein Garant für locker runterinszenierte Rip-Offs, sein “Der Weiße Hai”-Abklatsch “Grizzly” ist auch echt schnuffig. Für mich ist “Der Manitou” der Film, der “Der Exorzist II” hätte werden können, wenn die Verantwortlichen dort nicht einen Stock im Arsch gehabt hätten. Tony Curtis machts hier richtig, der nimmt die Chose kein Stratz ernst und ist in einigen Momenten ganz ehrlich und ungelogen witzig, die Gore- und Latex-Effekte sind gut (die Opticals dafür weniger) und einfallsreich ist der Streifen allemal. Ich hab’ mich mit dem gut amüsiert und werde den Teufel tun und den niedermachen…

P.S.: “Amityville” war schon in den 70ern ein unerträglicher Scheissfilm.

P.P.S.: Der Wortvogel kennt “Teufelskreis Alpha/The Fury” nicht… da fehlen mir die Worte…

@Doc: Klappe.

Wortvogel
Wortvogel
13. Januar, 2009 18:34

Natürlich kenne ich “The Fury”, du Pimpf – die angegebenen Filme habe ich alle gesehen. Das “nun” bezieht sich auf “in diesen Zeiten”…

Wir sind uns einig, was “The Manitou” angeht – geradezu deliriös, und eine echte Entdeckung. Scheiße vor dem Herrn, aber wenigstens echt lustige Scheiße.

Jack Crow
Jack Crow
13. Januar, 2009 19:08

Tja, in der “Tür-zum-Weltraum”-Szene erwartet man fast die Star Trek-Fanfare… Naja, ist ja auch Michael Ansara dabei.
Als Spätgeborener die übergeordnete Frage: Wieso wurden in den (mindestens) 70ern die Filmtitel mindestens dreimal dramatisch eingeblendet und rausgeschrien? Noch schlechtere Aufmerksamkeitsspanne als heute?

Peroy
Peroy
13. Januar, 2009 20:04

@Wortvogel: “Glücklicherweise kann ich diese Filme nun alle nachholen: “The Sentinel”, “The Fury”, “Wicker Man” – und eben “Der Manitou”, von dem ich bis dato nur in Nachschlagewerken gelesen hatte.”

Das liest sich wie “Ich hab’ die nie gesehen”, fass’ dir selbst an die Nase…

Tornhill
Tornhill
14. Januar, 2009 19:00

Ui, den will ich auch schon ewig mal sehen!
Spätestens als ich den Artikel auf (der übrigens sowieso ziemlich awesomen Seite) Headinjurytheater.com las:

http://www.headinjurytheater.com/article86.htm