Freakfutter
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Ich weiß: Ich habe in den letzten Tagen einen ganzen Haufen Videoclips verlinkt, und das widerspricht eigentlich der Idee hinter diesem Blog. Genuiner Content, das ist das Ziel. Leider liegt momentan recht viel Arbeit an. Trotzdem werde ich versuchen, in den nächsten Tagen ein paar interessante neue Sachen zu präsentieren. Zur Nacht gibt es heute ein paar Lesetipps – ich habe einfach mal nachgeschaut, was gerade ausgelesen neben meiner Matratze rumliegt.
Neulich schon mal erwähnt, aber allemal erneut erwähnenswert ist “Grusel, Grüfte, Groschenhefte”, ein wirkliches Schatzkistchen für Freunde billiger Schundschmöker von “Dan Shocker” bis “Dämonenland”. Autor Jochen Bärtle hat eine beeindruckende Menge an Informationen über praktisch alle Horrorheftserien der letzten 40 Jahre zusammengetragen, und lexikalisch aufgearbeitet. Das Buch ist nicht perfekt: das Layout ist amateurhaft, es sind viele Rechtschreibfehler zu vermelden, der Schreibstil ist eher so lala, und mit 27,50 Euro ist der Band schlichtweg zu teuer. Aber trotz alledem bringt Bärtle die Begeisterung für das Thema gut rüber, es gibt eine tolle (zu mager geratene) Galerie mit Titelbildern, und man erfährt Sachen, die lachen machen (Heilmedizin-Papst Hademar Bankhofer war Hauptautor der Horrorserie “Occu”!). Aus diesem Grund empfehle ich das Buch trotzdem – wer die Ausgabe scheut, sollte sich zumindest mal die sehr umfangreiche Webseite des Autors ansehen.
Ebenfalls schon erwähnt habe ich Charlie Brooker, einen permanent angefressenen britischen TV-Kolumnisten, der mit der großartigen Serie “Charlie Brooker’s Screenwipe” bewiesen hat, wie unterhaltsam es sein kann, die Mechanismen der TV-Branche zu lernen (und sich dann über sie lustig zu machen). Er hat als Videospiel-Reviewer angefangen, dann eine Webseite mit einem hysterisch komischen (aber fiktiven) Fernsehprogramm bestückt, und schließlich den Part des Fernsehkritikers beim angesehen “Guardian” übernommen. Man kann sich alle Beiträge von Brooker dort im Archiv erlesen, aber ich rate ab: Mit “Screen Burn” und “Dawn of the Dumb” gibt es zwei exzellente Sammlungen in Taschenbuchform, die man bei Amazon in England vergleichsweise preiswert kaufen kann. Die zwei bis drei Seiten langen Essays eignen sich ideal als Klo- und Badewannenlektüre, oder für die S-Bahn. Man muss allerdings aufpassen, nicht durch spontane Lacher öffentliches Ärgernis zu provozieren. Außerdem sollte man mitunter bereit sein, ein paar Namen der britischen TV-Society zu googeln, wenn man wirklich alles verstehen will, was der gute Charlie durch den Kakao zieht. Man kommt zu der beruhigenden Erkenntnis, dass das britische Fernsehen auch nicht besser ist als das deutsche.
Wenn Stefan Niggemeier und Oliver Kalkofe ein Kind zeugen würden – es wäre Charlie Brooker!
Wo wir gerade beim Thema englisches Fernsehen sind: jahrelang habe ich mich um die Sitcom “Two pints of lager and a packet of crisps” gedrückt, weil sie mir zu prollig erschien. Eigentlich geht es nur um Sex und Alkohol in der englischen Unter- bis Mittelschicht. Durch Zufall (= Begeisterung für die Schauspielerin Sheridan Smith in der Sitcom “Grownups”) bin ich nun doch in die Serie reingerutscht. Und sie ist in der Tat ziemlich witzig:
http://de.youtube.com/watch?v=mAIsDG_yBn0
Endgültig mein Herz gewonnen hat die Serie allerdings durch eine phänomenale Musical-Episode, in der verschiedenste Star-Klischees von Christina Aguilera bis Robbie Williams, von Evanescence bis Steps parodiert werden. Sexy, witzig und gut gemacht. Hier die “gothic ballad”:
http://de.youtube.com/watch?v=H-LOBVgMWD8
Und hier “Rock BJ”:
http://de.youtube.com/watch?v=CLjAjky3iVk
Und dann gibt es da noch ein Buch, welches ich in Südafrika gelesen habe, in langen einsamen Nächten im Hotel in Downtown Kapstadt (glaubt mir, da geht man nach Einbruch der Dunkelheit besser nicht einfach so auf die Straße): “Season Finale”. Es war von dem amerikanischen TV-Kritiker David Bianculli wärmstens empfohlen worden. Natürlich ist das Thema sehr speziell – der Konkurrenz- und Quotenkampf der US-Networks WB und UPN, die schließlich gemeinsam im wenig erfolgreichen CW aufgingen. Aber wer wirklich mal wissen will, wie Senderpolitik in den USA gemacht wird, findet hier einen kundigen und ehrlichen Einblick in die Branche. Nebenher lernt man eine ganze Menge darüber, wie es verschiedene Hitserien von “Star Trek: Voyager” bis “Buffy” auf die Bildschirme geschafft haben.
Weil ihr so brav mitgelesen habt, hier noch ein besonderes Schmankerl – ein VFX-Shot aus dem Film “Lost City Raiders”, der am 31.10.2008 auf ProSieben läuft. Ich werde in den nächsten vier Wochen noch einige weitere Bilder präsentieren – dieses hier geht unter dem Motto “Die, Hollywood, DIE!!!” raus:
Das Buch heißt “Season Finale”, nicht “Final Season”, oder? 😉
Das Groschenheft-Review ist bizarr – soll ja eigentlich eine Empfehlung sein, klingt aber alles scheußlich. Mieses Layout, schlecht geschrieben, zu teuer, schade. Beim Cover-Vermerk “Ein GGG-Sachbuch” musste ich lachen, aber das verstehen nur die echt schäbigen Gemüter unter uns.
Ich versteh’s, ich Schwein 🙁
@ Lari: Fehler ist korrigiert, danke. Und ja, beim Groschenheft-Review schlagen zwei Herzen in meiner Brust: es ist für Freunde der Schundromane eine schöne Lektüre, aber für den Preis nicht gut genug gemacht. Zumal der Autor viel von dem Material auf seiner Webseite bietet. Trotzdem sollte man so ein Projekt unterstützen. Und es ist nicht MIES geschrieben, nur eben von jemanden, der offensichtlich kein begnadeter Zeilenschmied ist.
Am Stil entscheidet es sich aber leider: Wenn es mir nur um Informationen geht, bekomme ich die auch im Netz (insbesondere wohl auf der anscheinend tatsächlich gut unterrichteten Seite des Autors). Wenn ein solches Buch über die Informationen hinaus keinen Mehrwert bietet, also gut geschriebene Texte, dann spare ich mir die (in diesem Fall ja auch in der Tat happige) Investition.
Da der Preis ja eh zu brutal ist, kommt’s für mich gar nicht in Frage, aber auf der Website hab ich gleich mal gestöbert – wunder-wunderschön!
Da knallte gleich die Nostalgie bei mir rein!
Die Cover für fiktive “Dämonenland”-Hefte sind vielleicht mit das nerdigste, was je jemand gemacht hat, aber auch wirklich toll und zeugen von wahrer Hingabe für die beste aller deutschen Gruselheftserien.
@ Tornhill: Bis ich das Buch gelesen hatte, wusste ich gar nicht, dass “Dämonenland” viel mehr war als eine Neuauflage des “Gespensterkrimi”-Konzepts. Im Nachhinein ärgere ich mich, die Hefte nicht gekauft zu haben. Aber da war ich damals schon zu alt für…
Seit wann ist man für Heftromane zu alt…? 😉
@ koldir: Im Gegensatz zu den Romanheft-Nerds, die ihre Schundliteratur in Plastikhüllen sammeln, die vermutlich mehr wert sind als die Romane selbst, habe ich die von Gott vorgesehene Form der Huldigung eingehalten: von 14 bis 17 habe ich “John Sinclair” fanatisch gelesen, und viele andere Heftserien probiert. Danach habe ich entdeckt, dass es auch “richtige” Bücher gibt, mit viel mehr Worten, viel spannenderen Geschichten, und viel weniger Zigaretten, die als “Stäbchen” bezeichnet werden.
Schlimm genug, dass viele Leute aus dem Kram nicht rauswachsen 😉
Gott sei Dank bin ich Heide – so brauch ich die vom großen Cheffe vorgesehene Form der Huldigung nicht einhalten… 😀
“Richtige” Bücher lese ich natürlich auch. Allerdings habe ich sehr schnell feststellen müssen, dass so mancher Autor zwar viele Buchstaben zu produzieren weiß, dabei aber das unterhalten vergisst. Im Vergleich dazu, und zu vielen anderen Romanen, die zu TB-Ehren kommen, oder gar als HC geadelt werden, ist ein Heftroman einer Claudia Kern, eines Bernd Frenz, eines Michael Peinkofers und einiger anderer mehr, qualitativ um ein vielfaches besser (wobei ich natürlich nicht behaupten würde, dass es im Heftroman gar keinen Schrott gab, oder gibt).
🙂
Wohl typisch Heide, die Kirche nicht im Dorf zu lassen …
@Vogel
Bist du übrigens hundertpro sicher, dass Jason Dark der mit den “Stäbchen” ist? Hab nämlich neulich ein paar Dan-Shocker-Sammelbände gelesen und der verwendet diesen Terminus ständig…
Definitiv – Shocker habe ich damals nicht gelesen.
“Durch” war Dark für mich übrigens, als John Sinclair begeistert war, dass er (wohl per Mittelwelle) in seinem Bentley in London einmal “Santa Maria” von Roland Kaiser im Autoradio reinbekam. Da entlarvte sich sehr schön, wie bieder-konservativ der Autor eigentlich ist. Für mich als 16jährigen ging das gar nicht…
“Stäbchen”? Ja – definitv Darks Sünde.
Schlimm zu hören, wenn er auch Shocker damit infiziert hat (oder umgekehrt).
Oh, vergessen:
DIE Gefahr drohte im “Dämonenland” auch nicht, weil (was ich an und für sich albern fand, aber herrjeh…) der Redakteur so absoluter Raucherfeind war, dass er allen Tabakkonsum aus den Romanen heraus kürzte.
Klingt jetzt schlimmer, als es war, da die meisten Romane ja eh Kürzungen waren (übrigens hat der gute Herr Schönenbröcher, ein Rocker vor dem Herren, auch mal Dark verärgert, indem er den deus ex machina eines fremden Romans für die DL-Fassung in “John Sinclair” umbenannte, damit es zumindest innerhalb des Basteiversums nicht ganz so aus dem Nichts kam).