Ein nicht geschriebener Beitrag
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Ich wollte heute eigentlich einen Artikel über den türkischen Evolutionsgegner Harun Yahya (eigentlich Adnan Oktar) und seinen "Atlas der Schöpfung" schreiben – aus aktuellem Anlass: Im neuen SPIEGEL findet sich auf Seite 145 ein Artikel über den "Darwin-Bezwinger", den ich für ärgerlich oberflächlich und inkonsequent halte, weil er den Autor und sein kontroverses Werk zwar vorstellt, aber in keinster Weise vorführt. Die komplette Farce, die Yahya als Biologie-Buch verstanden wissen will, wurde kurz nach Drucklegung bereits als die fehlergespickte Propaganda entlarvt, die es ist. Interessant ist dazu die Diskussion auf Richard Dawkins Webseite. Den Atlas selbst kann man als PDF auf der Seite des Autors runterladen.
Ich hätte mir gewünscht, der SPIEGEL würde gegen die hanebüchenen und hasserfüllten Thesen Yahyas mit scharfen, aber kontrollierten Argumenten vorgehen, wie es sich zur Verteidigung des Abendlandes und des gesunden Menschenverstandes gehört. Und ich wollte schreiben, wie sehr mich dieses Defizit ärgert, gerade vom "Sturmgeschütz der Demokratie", um mal einen sehr veralteten Begriff zu entstauben.
Aber es hat sich erledigt. SPIEGEL online erledigt den Job für die Print-Schwester – zwar auch nicht mit sorgfältigen Argumenten, aber mit etwas, das sich am Ende als viel potenter herausstellt: man läßt Yahya selbst zu Wort kommen. Und der gute Mann entlarvt sich selbst besser, als ein Journalist das je gekonnt hätte. Wer nach der Lektüre dieses Interviews noch glaubt, es ginge Yahya um Wissenschaft, Biologie oder Fakten irgendeiner Zuordnung, der glaubt vermutlich auch noch an den Osterhasen.
Mission accomplished – und ich kann mich endlich mal raushalten.
Ich hab das Interview auf SPon gelesen. Ich hätte mir etwas energischeres Nachhaken doch gewünscht – klar, so ist das ein irgendwie selbstparodistisches Denkmal, aber das quasi völlig ohne Wertung stehenzulassen, erscheint mir etwas dünn.
Ich glaube, mit einem wie Yahya ist eine "Diskussion" überflüssig – sein Weltbild ist ja klar: alles von Allah gemacht, und wir haben uns vom Satan blenden lassen. Holocaust ist seiner Meinung nach sicher auch nicht passiert, eine einzige zionistische Weltverschwörung. Ich finde es besser, den am eigenen Strick baumeln zu lassen…
Yahya ist nicht der einzige "lustige" "Wissenschaftler":
http://www.youtube.com/watch?v=Ixfk4LsKWnw
Der Bible Belt ist hochintelligent und progressiv im Vergleich zu diesen Vollhonks…
Ich finde diese "Wissenschaftler" auch sehr amüsant, aber das Lachen vergeht mir, wenn ich daran denke, dass in den USA und, noch viel schlimmer und weiter verbreitet, in vielen islamischen Ländern dieser Quatsch an Schulen verbreitet wird. Wobei wir Europäer uns auch nichts einbilden sollten auf unsere angebliche Aufgeklärtheit, denn auch bei uns gibt es ein massives Comeback von Aberglauben, Wissenschaftsfeindlichkeit und Bildungsablehnung. Und wenn ich mir ansehe, wie die Anhängerschaft von Verschwörungstheorien anwächst, dann wird mir ohnehin ganz anders…
Ich find das ja gut, jedes Volk bekommt so letztendlich genau die Wissenschaft(ler), die es verdient.
Letztlich ist doch alles Glaube.
Die Naturwissenschaftler glauben an die Empirie, deren Methoden (Beobachten, Messen, Experimente) als evident gelten und nicht hinterfragt werden (dürfen), religiöse Menschen glauben an ihre jeweiligen heiligen Schriften (Christen -> Bibel, Muslime -> Koran, Juden -> Tanach etc.pp). Dann gibt es natürlich auch noch Menschen die an vieles glauben und/oder z.b. auch scheinbar Unvereinbares vereinen wollen.
Problematisch für mich wird es, wie hier im Falle dieses Herrn Yahya, wenn aus diesem Glauben Fundamentalismus wird. Dieses 'Wir haben die letztliche Wahrheit gepachtet und alle anderen sind Ungläubige/Unwissende' ist zutiefst gefährlich und konfliktgebärend. Statt den Menschen ihren Glauben zu lassen, ein Miteinander zu pflegen, von dem man durchaus hier und da profitieren könnte, versuchen diese fundamentalistischen Strömungen (seien sie nun natur-/geisteswissenschaftlicher, politischer, soziologischer, religiöser oder wirtschaftlicher Art) sich gegen alle anderen 'durchzusetzen', sie zu verunglimpfen und ins Lächerliche zu ziehen. In letzter Konsequenz führt das dann zu Terror und Gewalt.
Wie ich erst kürzlich feststellen mußte, bin auch ich oftmals nicht vor diesen vorverurteilenden Extremen gefeit, manchmal handelt man schlicht zu vorschnell, ohne ausreichende Reflexion, und 'verläßt sich' auf Gelerntes, Überzeugungen und (scheinbares) Wissen.
Dabei sollten gerade wir, die 'aufgeklärten' Menschen des Abendlandes, mit teils immensem wissenschaftlichem 'Wissen', doch auch deren (der Wissenschaft) Geschichte kennen und uns im klaren darüber sein, wie absurd heute das 'Wissen' von gestern anmuten kann.
Im Gegensatz zu fundamentalistischen Auslegungen von Religionen ist die Wissenschaft jedoch von fortlaufender Veränderung betroffen, was mir persönlich Mut macht, auch wenn das leider oft genug zum Schaden der Menschheit gereicht und mit dem Wissen doch meist nicht die Weisheit und das Verantwortunggefühl wächst.
@Lindwurm: Es reicht ja schon zu sehen, was für ein Esoterik-Müll überall angeboten wird: Beim Universum bestellen, Karten legen, Tier-Telepathie, Schamanismus, Vodoo usw. Ich habe gerade in einem Verlags-Katalog gelesen, dass es ein Buch über die ,,Wahrheit hinter dem Stargate" gibt. Kein Witz! Da behauptet wirklich ein Autor mit wissenschafts-journalistischem Anspruch (Glaubt der das selber, oder lacht er sich heimlich schlapp?), dass der Emmerich-Film auf Tatsachen beruht und es ein Stargate gibt, das, man sollte es nicht glauben, von der US-Regierung verborgen wird. Ein Skandal, sowas! Wurde es schon benutzt? Hat die US-Regierung regen Kontakt mit Außerirdischen? Brisante Fragen, schonungslos recherchiert. Kopp-Verlag. Lohnt sich. Boomt wohl gerade. Jede Menge Kreationismus, Alien-Enthüllung und Verschwörungstheorien. Dönekens, oh Verzeihung, Däneken schreibt auch für die.
Ist das jetzt lustig oder auch gefährlich? Der Bible-Belt hat ja beispielsweise viel Gewicht bei der Entscheidung über den neuen Präsidenten der USA und versucht den Kreationismus an den Schulen zu etablieren. Ob das so gut ist?
Stony: "Letztlich ist doch alles Glaube.
Die Naturwissenschaftler glauben an die Empirie, deren Methoden (Beobachten, Messen, Experimente) als evident gelten und nicht hinterfragt werden (dürfen)"
Stimmt nicht. Wissenschaftliche Methoden (und damit letztlich das gesamte Konzept von Logik) als einen Glauben zu interpretieren, ist ziemlich haarsträubend. An etwas Beweisbares muss man nicht glauben, eben weil es beweisbar ist. Glaube zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht bewiesen werden kann und, wenn man nicht gerade irgendwelche Spinner fragt, auch nicht diesen Anspruch hat.
Natürlich ist die Evolutionstheorie Teufelswerk. Wenn sogar "Joachim Bublath" das sagt. 😉
http://www.youtube.com/watch?v=so7X-hG48KI
Ich habe mir diesen "Atlas" mal runtergeladen und komplett angeschaut. Tolle Fotos! Aber was soll dieses hanebüchene Geschwafel drumrum? 😉 Und bei den schwülstigen Verzierungsbildchen mit goldenen Fenstern und geschmückten Fotorahmen bekam ich fast einen Brechreiz.
Schreckliches Werk.
Gruß,
Marko
Naja, immerhin liegt Herr Oktar in einem Punkt mehr als richtig:
"Echte" und gottesfürchtige Muslime legen keine Bomben.
Immerhin diese Aussage sollte man ihm anrechnen.
Der Rest ist, wie ich finde, relativ unspektakulär.
Ja, Gott/Allah hat alles geschaffen, ja, Darwinismus ist böse – soweit, so Christentum (Bible-Belt, Papst, etc).
Nur die ziemlich polemisch vorgetragenen Verknüpfungen, die er mit all dem Bösen in der Welt und dem Darwinismus herstellt sind dann vielleicht doch ein bisschen was besonderes 😉
Auch toll, wenn zu seiner Haftstrafe befragt:
"..Es existieren keine Beweise, die ich für akzeptabel halte."
Surprise! ^^
@ Paddy-o: An dem Interview finde ich so bemerkenswert, dass er es für "wissenschaftlich bewiesen" hält, dass Allah die Welt erschaffen hat, wir alle vom Satan geblendet sind, und sowieso in der Hölle schmoren werden.
Es ist genau DER Punkt, an dem alle christliche (in diesem Fall: islamische) "Wissenschaft" stolpert: beim Versuch, aus der Glaubensecke in die Beweisecke zu schleichen. Wenn aus "Ich GLAUBE an Gott!" "Ich kann Gott BEWEISEN!" wird, dann ist das Desaster vorprogrammiert.
@ Marko: Das Buch schuldet seine Aufmachung natürlich dem Stil des arabischen Raums.
@ Dieter: Es gibt tatsächlich mehrere Bücher zur "Stargate"-Theorie. Ich glaube allerdings, hier wird nur versucht, eine trockenes Thema (interdimensionale Reisen) an eine populäre Serie "anzuklinken", um es einem breiteren Publikum anzubiedern.
@ Stony: Leider völlig falsch (Lari bereits sagte), und eigentlich immer das erste Argument der Kreationisten: "Wissenschaft ist auch nur eine Religion, jeder glaubt halt, woran er will". Wie der Name WISSENschaft schon impliziert, geht es um die Erschaffung von Wissen, um einen Komplex an bewiesenen und jederzeit wieder beweisbaren Thesen, die gegeneinander testbar sind, und aufeinander aufbauen. Im Gegensatz zur Religion kennt die Wissenschaft Erkenntnisse, aber keine letzte Wahrheit. Sie ist bereit, sich angesichts neuer Erkenntnis zu verändern.
Einfach gesagt: Die Wissenschaft beginnt mit der Frage (wie ist die Welt gemacht?), und sucht nach der Antwort. Die christliche Wissenschaft beginnt mit der Antwort (Gott hat die Welt gemacht), und sucht nur noch nach Bestätigung.
Mein Kumpel Nathan aus Utah (selber Mormone) hatte da mal eine sehr schöne Diskussion mit einem Kreationisten, der Dinosaurier und deren Datierung als Teil einer darwinistischen Verschwörung sah. Der konnte prima mit Zahlen und Behauptungen um sich schmeißen, aber Nathan reduzierte die Diskussion sehr clever auf eine einzige Frage: "Gäbe es einen Beweis, den ich dir erbringen könnte, der deine Überzeugung bezüglich der Dinosaurier ändern würde?". Der Typ wand sich tagelang um eine klare Aussage, dann gab er zu: nein. Und damit hat er sich entlarvt: es ging ihm nie um Beweis, es ging nur um die Widerlegung einer Theorie, sie seinem Glauben widerspricht. Allgemein gesagt heißt das:
Christliche oder religiös motivierte Wissenschaft (wie im Fall Yahya) ist nicht ergebnissoffen, denn Yahya MUSS sich weigern, Indizien anzuerkennen, die seinem Glauben an Allah widersprechen.
@ Filmi: Das Video ist der KNALLER! Das zweite Video (Thema weibliche Masturbation) aber auch: "Frauen sollten nicht masturbieren, weil das Hymen verletzt werden könnte – und dann kann es schon passieren, dass Familien die Frauen für unrein halten, und sie mal fix verbrennen. Sowas sollten sich Frauen überlegen, bevor sie sich eine Gewürzgurke einschieben! Sie haben schließlich eine Verantwortung!"
Immerhin sagt der gelehrte Herr deutliche Worte zum Thema Ehrenmord: "Some people do not stop at the boundaries of religious law. Driven by jealousy and rage, they might commit a crime and kill the girl. Obviously, killing her is forbidden and is a grave sin. Even if she did fornicate, she does not deserve to be killed." Das hört sich doch ganz vernünftig an.
Aber leider geht’s gleich weiter mit: "At the most, she should be flogged if she confesses four times, or if there were witnesses." Der ganze gute Eindruck von "vielleicht etwas rückständig, aber doch soo schlimm nicht" ist wieder im Eimer.
@ Gnaddrig: Vor allem ist selbst das scheinbar großzügig-herablassende "she does not deserve to be killed" natürlich widerlich – die Männer brauchen die Frauen ja, um ihre Machtposition auszuleben. Sie haben Interesse, Gewalt und Repression auszüben, aber der Tod der Frau wäre nicht in ihrem Interesse. Somit dient auch diese Regel weniger dem Wohl der Frau, als dem des Mannes.
Misogynie ist ein Hauptmerkmal von rund 95 Prozent aller existierenden Religionen. Auch im trendigen Buddhismus, vor allem der tibetischen Spielart, gelten Frauen als mindere Wesen. Das ist übrigens eines der Bindeglieder, die Religionen zum Rechtsextremismus haben, weshalb es mich sehr wundert, dass zB die Kölner nicht auf den Trichter kommen, dass der von ihnen so "heldenmütig" (zehntausende Demonstranten samt Schwarzem Block, Polizei und Oberbürgermeister gegen ein Häuflein Rechtsparlamentarier) verteidigte Islam vielleicht auch jene Wesenszüge aufweist, die man bei Rechtsaußen-Gruppierung ganz zu recht ablehnt. Die Demo in Köln zeigte, nebenbei bemerkt, recht hübsch auf, auf welch niedrigem Niveau vor allem die radikale Linke mittlerweile herumeiert. So wurden zB Mitglieder des Zentralrats der Ex-Muslime als "Rassisten" beschimpft, weil sie es gewagt hatten, in einer Seitengasser eine Mini-Demo abzuhalten, die sich gegen den politischen Islam UND gegen die Rechteten richtete.
Aus "Lizas Welt": "Ein paar hundert Meter weiter, in einer schattigen Nebenstraße der Fußgängerzone, treffe ich auf eine weitere Kundgebung. Die ist allerdings deutlich kleiner; vielleicht dreißig Leute hören Mina Ahadi vom Zentralrat der Ex-Muslime zu, die engagiert für eine „dritte Kraft“ wirbt. „Wir sind gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, aber auch gegen die menschenrechtswidrigen, antidemokratischen und patriarchalischen Grundinhalte und Praktiken des Islam“, ruft sie in ihr Mikrofon. Hinter Ahadi halten Aktivisten der Kritischen Islamkonferenz (KIK) Pappschilder in die Höhe. „Aufklären statt verschleiern“, „Frauenrechte sind Menschenrechte“ und „Gegen Faschismus heißt auch gegen islamische Herrschaftskultur“ steht auf ihnen. (…) Eine Gruppe junger Mädchen in Antifa-Outfits bleibt kurz stehen und verfolgt Mina Ahadis Rede mit finsteren Mienen. Als Ahadi sagt: „Wir sind auch gegen den Bau von Moscheen, denn das sind keine Gebetshäuser, sondern Schulungszentren der Islamisten“, wird sie von den Mädchen ausgebuht und als „Rassistin“ beschimpft. „Ich komme aus dem Iran und bin vor dem Islam geflohen“, entgegnet sie den Aktivistinnen, doch die werden nur noch aggressiver. „Halt’s Maul“, brüllt eine von ihnen und präsentiert ein selbst gemaltes Schild, auf dem „Moschee olé!“ steht. Dann bewegt sich die Gruppe unter „Nazis raus“-Rufen Richtung Roncalliplatz, Mina Ahadi kann ihre Ausführungen fortsetzen."
Mhh, ich glaube man muss auch bei dem frauenverachtenden Patriarchat vorsichtig sein und selbiges nicht direkt mit der Religion (->Islam) verknüpfen.
Es kann durchaus Unterschiede zwischen religiösen und gesellschaftlichen (!) Auffassungen auf dem Gebiet geben.
Diejenigen, die ihren gewalttätigen, herablassenden Umgang mit den Frauen durch Religion zu rechtfertigen versuchen, sind meines Erachtens nach die gleichen, die das in Bezug auf Selbstmordanschläge tun.
Religion zur Absegnung einer "Lebensart".
Aber wer soll da noch durchblicken können…
@ Paddy-o: So einfach ist das nicht – in den islamischen Staaten wird die gesellschaftliche Gewalt z.B. gegen Frauen auf religiöser Grundlage gerechtfertigt. Solange keine klare Entflechtung von Staat und Religion stattfindet, so lange bin ich nicht bereit, die Religion von allem Übel freizusprechen. Und da können die Apologeten gerne aufheulen, aber der Koran (wie auch die Bibel) erlaubt durchaus Interpretationen, die zu Attentaten und Misshandlungen aufrufen.
Schon die Behauptung, eine entjungferte Frau sei "unrein", basiert ja nicht auf einem gesellschaftlichen Konsens, sondern einer religiösen Überzeugung.
Ich bin ja auch gerade der Meinung, dass es nicht simpel und einfach gestrickt ist.
Somit kann man weder die Religion von allem freisprechen – im Gegenzug dann aber auch nicht jedesmal den ganzen Islam verunglimpfen, wenn in Deutschland mal wieder ein Ehrenmord stattfindet.
Ich finde einfach, dass die Religion viel zu oft als Entschuldigung für ihr eigentlich widersprechenden Taten missbraucht wird.
Daher bin ich in vielen Fällen nicht bereit dem Glauben die Schuld zu geben, als viel mehr den korrumpierten, selbstsüchtigen Menschen, die ihn ausnutzen.
Was ich eigentlich sagen will ist, dass man keine voreilligen Schlüsse ziehen und Verbindungen herstellen darf, wie der im Beitrag vorgestellte "Wissenschaftler" es ja anscheinend gerne tut 😉
@Paddy:
Was man beachten sollte, ist daß der Koran für Muslime das "unabdingbare, unabfälschliche Wort Gottes" ist. Jegliche Kritik oder Neuauslegung gilt als Blasphemie, und nur das genaue befolgen von Koran und Hadithen bringt den "Rechtgläubigen" ins Himmelreich. Diese Bücher sind gespickt mit sexistischen, rassistischen und seperatischen Textstellen, die offen zu Gewalt und Mord an Frauen, an Homosexuelle und Andersgläubige aufrufen. Kurzum, sie bestimmen was der Muslim darf und was er muss.
Vielfach wird argumentiert: aber in der Bibel gibt es doch auch Stellen, wo zB davon geschrieben wird, daß man den, der sich zu einem Jüngling legt, totschlagen soll, dort also direkt zum Mord an Homosexuellen aufgerufen würde. Nun, im alten Testament steht auch, daß man keine Schalentiere essen soll. Und da liegt der Hund begraben: SOLL. Auch in den Zehn Geboten heisst es "Du SOLLST nicht…", nicht "Du darfst nicht…" oder "Du musst…" . Sie sind, um mal einen Bogen zu POTC zu schlagen "Guidelines" (auch wenn das die fundamentalistischen Christen vielleicht anders sehen). Du musst als Christ nicht fürchten von einem wütenden Mob erschlagen zu werden, wenn Du Deine Frau betrügst oder "Gott verdammt!" sagst, ganz im Gegensatz zum Islam.
Das Christentum hat in den 2000 Jahren seines Bestehens viele Reformen und Erneuerungen durchschritten, zwar immer einen Schritt hinter dem "wissenschaftlichen" Fortschritt, aber es hat sich weiterentwickelt. Forscher, die als Ketzer gebrandmarkt waren, wurden vom Papst vom Vorwurf der Blasphemie freigesprochen (wenn auch lange nach ihrem Tod), die Kirche erkannte an, daß die Erde rund ist, und sich um die Sonne dreht, usw usf. Und es ist auch so sicher wie das Amen in der Kirche, daß ein zukünftiger Papst zugeben wird, daß es die Evolution gibt (wenn er auch einen christlichen Spin drauflegen wird). Wir werden das zwar nicht mehr erleben, aber es wird passieren. Ob etwas ähnliches jemals beim Islam passieren wird, ist jedoch die große Frage, denn der hängt der tatsächlichen Welt nicht nur einen Schritt hinterher, sondern gleich mehrere Jahrhunderte. Und dieser Abstand wird nur noch grösser werden, mit jedem "Wissenschaftler" der verlangt daß man die GMT zur Mecca Mean Time ummodelt, weil an der Ka’aba ja alle Uhren die gleiche Uhrzeit zeigen, jedem "Wissenschaftler" der sagt, daß die Schwangerschaft einer muslimischen Frau bis zu 3 Jahren dauern kann, jedem "Wissenschaftler" der sagt, daß man in Krankenhäusern den Urin (männlicher) Babies als Desinfektionsmittel nutzen soll, weil er "göttlichen Ursprungs" wäre (Wusstet ihr eigentlich, daß Goethe und Beethoven auch Muslime waren?).
Was der Islam bräuchte wäre ein Martin Luther. Nur würde der wohl schneller am Baukran hängen, als er seine Thesen in Mekka oder Medina an die Wand pinseln könnte…
@ Filmi: Eine exzellente Abhandlung zum Thema, danke.
@ Filmi: Ich vermute, Du beziehst Dich auf Goethes Lobpreisungen im West-Östlichen Divan. Dass das Ich dort den Islam abfeiert, sagt aber nichts über den Glauben des Verfassers aus. Goethe hat zwar in der Tat immer mal wieder Andeutungen bezüglich seines Glaubens gemacht, aber damit gespielt, eben keine klare Aussage zu treffen; ein unmissverständliches Bekenntnis zum Islam gibt es meines Wissens nach nicht.
Ich merk’s schon: Es naht der Tag, an dem ich mit meinen Lesern intellektuell nicht mehr mithalten kann… 🙁
Lari, ich bezog mich auch mehr auf die Behauptungen muslimischer Wissenschaftler. Die haben nämlich "entdeckt", daß Goethes Werke den "Geist des Propheten" enthalten würden, wie auch Beethovens (und Mozarts) Kompositionen auf Liedern zu Ehren Mohammeds fussen würden 😉
Vor einem Jahr oder so, war ich auf einer amerikanischen Seite über einen Artikel gestolpert, wo sich jemand die Mühe gemacht hatte, alle historischen Personen aufzulisten, die von muslimischen "Wissenschaftlern" im nachhinein zu Muslimen erklärt wurden (oder zumindestens als vom Islam inspiriert). Man fand da ungelogen nahezu jeden Schriftsteller, Dichter, Philosophen und Politiker aus dem deutschsprachigen Kulturraum (natürlich nicht die, die jüdischen Glaubens waren). Goethe, Beethoven, Mozart, Karl May, ja sogar Bismarck und Hindenburg. Aber auch George Washington wurde mal eben "islamisiert".
Ich glaube wir kennen ja alle noch das Sprichwort "Einbildung ist auch eine Bildung", oder? 😉
Vielleicht ein klein wenig offtopic, aber für einige vielleicht interessant:
http://www.youtube.com/watch?v=HpJAucyX7RE
Mit eine der besten Dokumentationen die ich je gesehen habe.
Ich habe "For the bible tells me so" vor ein paar Monaten gesehen – sicher sehr interessant und überzeugend, aber letztlich ein Schuss auf ein Scheunentor: die Protagonisten sympathisch und menschlich, die Antagonisten hasserfüllt und unentschuldbar. Und Homophobie muss ja schon lange nicht mehr "entlarvt" werden…
Das sicherlich nicht, aber trotzdem ein guter Film, gerade weil er sich nicht in purem schwarz-weiss denken ergibt, á la "Christen = böse", "Linke = gut". Klar werden die üblichen Verdächtigen wie Fred Phelps und seine Westboro Baptist Church herangezogen, aber es werden auch viele progressive Christen interviewt, die zeigen, daß nicht alles wirklich so ist, wie es die Medien sagen.
Und wo ich so grade den "ehrenwerten" Reverend Phelps und seine Inzuchtbande erwähne, und euch alle gerne vom arbeiten abhalte:
http://video.google.com/videoplay?docid=-7735501683185935638
(Und wenn ihr wirklich Zeit verschwenden wollt: einfach "Louis Theroux" bei Google Video eingeben, da findet ihr massig Dokus von dem Herrn)
@ Filmi: Ach so! Na, dann ist der olle Goethe selbstverständlich Moslem mit Leib und Seele. 😉
Theroux ist sowieso unschlagbar.
Aber absolut, besonders amüsant finde ich die Episode in der sich Louis dem Pornobusiness annimmt. Und die mit den Survivalists…
Nach Überfliegen der Kommentare habe ich ja schon den Eindruck, daß die überwiegende Mehrheit den Islam für nicht reformfähig und der schnellstmöglichen Entsorgung bedürftig hält, was ich ja grundsätzlich auch völlig ok finde, aber wozu dann die Diskussion? Würde sich denn irgendwas an den grundsätzlichen Standpunkten ändern, wenn der Islam Darwin befürworten würde?
Ich halte Filmis Aussage für sehr richtig: "Der Islam braucht einen Martin Luther." Das Problem: Der Rest der Welt hat nicht dreihundert Jahre Zeit zu warten, bis der Islam sich reformiert hat.
Letztlich sind die Möglichkeiten in der Tat beschränkt. Man kann (und sollte) den Islam als Religion nicht verbieten, man kann aber von Staaten und Regierungen verlangen, dass sie sich an säkulare Spielregeln halten, denn nur so kann eine Staatengemeinschaft funktionieren.
Das Problem in vielen islamischen Gesellschaften ist ja nicht der Glaube, es ist der Einfluss des Glaubens auf das Rechtssystem, auf die grundlegenden Fragen nach "richtig" und "falsch", "gut" und "böse", "schuldig" und "unschuldig".
Wären Islam und Koran tatsächlich so tolerant, wie ihre Apologeten behaupten, dürfte es keinerlei Probleme geben, eine Menschenrechtscharta zu schreiben, die ALLE Völker Anführer unterschreiben können. Würden ALLE Weltreligionen Verstöße gegen die Charta (die neben Meinungsfreiheit auch Rechte von Frauen und Minderheiten regelt) mit sofortiger Exkommunizierung (oder äquivalenten Maßnahmen) ahnden, würde sich das alles regeln. Aber leider haben viele religiöse Anführer ein klares Interesse daran, Friedfertigkeit zu behaupten, aber Hass zu predigen. Macht festigt sich gerne durch Abgrenzung – WIR sind wer, weil DIE weniger sind als wir.
@Lari: "Stimmt nicht. Wissenschaftliche Methoden (und damit letztlich das gesamte Konzept von Logik) als einen Glauben zu interpretieren, ist ziemlich haarsträubend. An etwas Beweisbares muss man nicht glauben, eben weil es beweisbar ist."
Die wissenschaftliche Methode der Empirie leitet alle Erkenntnis von Sinneswahrnehmungen ab, d.h., es ist nur real, was ich anfassen, sehen, schmecken, riechen usw. kann. Um zu Erkenntnissen zu kommen muß man also zwangsläufig seinen Sinnn trauen können. Ebenfalls wichtig ist, daß der Beobachter nicht durch seine Beobachtung in die reale Welt eingreift, sonst wäre es keine Beobachtung 'der Welt wie sie ist' mehr (da durch einen Eingriff bereits eine Umformung entsteht). Das unsere Sinne aber begrenzt sind ist wohl kaum abstreitbar, rein von der Wahrnehmung her (kognitiv, aber letztlich auch technisch) sind wir also nur in der Lage bestimmte Bereiche der Welt 'zu sehen'. Das Problem hierbei ist, daß die Methode der Empirie sich selbst nicht hinterfragt und eben nicht durch Erfahrung bewiesen werden kann. In diesem Sinne erfordert es durchaus Glauben, allerdings nicht den religiösen Glauben, sondern Glauben im Sinne von ’sicherem Dafür-Halten und/oder der unbewiesenen Annahme, an die grundsätzliche Möglichkeit der Methode 'Wissen' zu schaffen bzw. zu Erkenntnissen zu kommen.
Logik: untersucht lediglich die Gültigkeit von Argumenten hinsichtlich ihrer Struktur, unabhängig vom konkreten Inhalt der eigentlichen Aussage. So gesehen kann selbst abscheuliches wie die Eugenik der NS-Zeit als logisch betrachet werden. Es geht eben nur um die schlüssige Argumentationskette, nicht um den Inhalt. Reduziert man wissenschaftliche Methoden auf die reine (formale) Logik kann man quasi ALLES beweisen, man muß nur ausreichend Argumente innerhalb einer Theorie finden, die die gewünschten Schlüsse zulassen.
Ich will hier nicht zu weit in die Tiefe gehen, es ist nur schlicht so, das Wissen und Erkenntnis sehr streitbare (und durchaus ’schwammige') Begriffe sind, die sich nicht klar definieren lassen und Philosophen schon immer beschäftigen.
*****
@Torsten: "Wie der Name WISSENschaft schon impliziert, geht es um die Erschaffung von Wissen, um einen Komplex an bewiesenen und jederzeit wieder beweisbaren Thesen, die gegeneinander testbar sind, und aufeinander aufbauen.
Was ist Wissen? Ist Wissen Wahrheit, oder nur eine Arbeitsgrundlage, mittels derer wir fähig sind zu handeln, Situationen und Systeme zu analysieren, die Welt an sich zu verstehen, also eine wahre gerechtfertigte Meinung? Meiner Meinung nach ist Wissen immer nur eine Arbeitshypothese, beweisbar nur im Kontext bestimmter Erfahrungen,, auch wenn diese reproduzierbar sind. Nur bin ich eben sehr skeptisch gegenüber der Methodik gegenüber, wie diese Erfahrungen gemacht werden (obig beschriebenes Problem der Empirie). Von daher meine Aussage es gehe letztlich um Glauben.
Und noch einmal: Glauben hat mehrere Bedeutungen, von religiösem Bekenntnis, über sicherem Dafür-Halten bis zur unbewiesenen Annahme. Wenn die ganze Diskussion nur so entstand, weil ich diesen Unterschied (der für mich selbstverständlich ist) nicht explizit im ersten Posting hervorgehoben habe bitte ich dies zu entschuldigen! 😉
"Im Gegensatz zur Religion kennt die Wissenschaft Erkenntnisse, aber keine letzte Wahrheit. Sie ist bereit, sich angesichts neuer Erkenntnis zu verändern."
D’accord! Nichts anderes habe ich oben geschrieben…
Edith möchte ein überflüssiges 'gegenüber' streichen, den einen oder anderen grammatikalischen Fehler bitte ich gütig zu übersehen… 😉
@ Stony: Sorry, aber da kommen wir nicht zusammen: wissenschaftliche Erkenntnisse basieren zu großen Teilen eben nicht auf Empirie – wenn das so wäre, wäre auch die Annahme wissenschaftlich, dass die Sonne auf- und untergeht, nur weil wir das so sehen. Die Wissenschaft hingegen hat bewiesen, dass unsere Sinne getäuscht werden. Laut Empirie stehen wir auf einer Scheibe – es ist unseren Sinnen nicht gegeben, eine logische Erfahrung von Schwerkraft auf einer im Kosmos treibenden Kugel aufzunehmen. Die Wissenschaft hat jedoch bewiesen, dass es so ist.
Wissenschaft, und da wiederhole ich mich gerne, ist kein Glaubenssystem.
Wenn du ins Extrem gehen willst, zur Behauptung, dass wir weder die kognitiven noch die geistigen Fähigkeiten besitzen, komplexere Zusammenhänge zu erkennen und zu begreifen, wird gar kein Schuh mehr draus: Dann ist NICHTS beweisbar, und damit wäre jede Form von Wissenschaft und Erkenntnis ad absurdum geführt. Wäre das so, hätten wir es nicht aus der Steinzeit rausgebracht. Kultur, Technik, und Fortschritt basieren einzig auf sich ständig beweisenden Prinzipien der Wissenschaft.
Es wäre interessant gewesen, einen Flug zum Mond basierend auf den "unfehlbaren und vollständigen" Aussagen der Bibel zu versuchen…
Jede "religiöse Wissenschaft" ist eine Sackgasse, weil sie Erkenntnisse nicht erlaubt, sondern nur Bestätigung fordert. Sie ist nicht ergebnisoffen.
Es steht jedem unbenommen, daran zu glauben, dass ER vor 6000 Jahren die Erde erschaffen hat, und dass das Wasser für die biblische Sintflut von einem Wassermantel kam, der früher über der Erdatmosphäre hing. Wir leben in einem freien Land. Aber wenn jemand versucht, das als legitime wissenschaftliche Theorie zu verkaufen, die doch bitte auch im Klassenzimmer gelehrt werden soll, dann wird er meinen erbitterten Widerstand finden.
Nur mal ein kleines Beispiel: Galilei war m.E. Empiriker, er beobachtete, machte Experimente und kam über Induktion (abstrakter Schluß von beobachteten Phänomenen zu allgemeinerer Erkenntnis) zu verschiedensten Aussagen über die Welt und das Universum, die das zu seiner Zeit herrschende Bild erheblich zu verändern half. Gerade durch seine astronomischen Beobachtungen verhalf er dem heliozentrischen Weltbild zum Durchbruch. Vorher wurde die Kugelform der Erde natürlich schon durch die erste Weltumseglung bewiesen.
Das Problem der Wissenschaft, so wie ich es sehe, ist halt, daß sie, hauptsächlich über Deduktion und Induktion, auf der Empirie aufbaut und diese eben grundsätzlich nur beschränkte Resultate liefern kann.
Ach ja, nur um mal etwas sand ins Getriebe zu streuen: die 'Prinzipien der Wissenschaft' sind keinesfalls frei von Widersprüchen und Paradoxa, hier nur als Beispiele die Diskrepanz zwischen der klassischen Mechanik (nach Newton) und der Quantenmechanik, sowie die Welle-Teilchen-Dualistik bei der Beschreibung von Photonen.
Worum es mir eigentlich geht, ist nicht die Leugnung das Wissenschaft 'funktioniert' und uns Möglichkeiten eröffnet hat die wir ohne diese Neugier und das erforschen der Welt nicht nutzen könnten, ich bin nur mehr als skeptisch, daß uns die Wissenschaft, wie sie jetzt ist und wohin sie sich entwickelt hat aus dem was sie früher war, wirklich erklären kann wie das Leben, das Universum und der ganze Rest funktionieren und beschaffen sind. Eben weil wir kognitiv und technisch beschränkt und in unseren Sprachen 'gefangen' sind (in der wir sprechen und denken) und es vermutlich bleiben werden. 😉
Ahso, über religiöse 'Wissenschaftler' müssen wir uns nicht streiten, da bin ich deiner Meinung, ich bin Atheist, wissenschaftlich erzogen und ausgebildet, aber eben auch Skeptiker. Ich glaube nicht an einen irgendwie gearteten Gott oder ein 'höheres Wesen', aber ebensowenig an die Allmacht der Wissenschaft (Thema 'was wir nicht wissen werden wir noch herausfinden, wir sind nur noch nicht so weit')… 😉
Trotzdem verstehe ich nicht ganz, wo deine Kritik liegt, bzw wo "Beschränkung" der Empirie liegen soll.
Wenn ich dich richtig verstanden habe stehen für dich die Ergebnisse des IPCC zur Klimaerwärmung gleichberechtigt neben den Erkenntnissen der Pastafaris (http://de.wikipedia.org/wiki/Pastafari), dass die Globale Erwärmung mit dem Verschwinden von Piraten zu tun hat. Sind ja beides nur Theorien, nicht?
Natürlich gibt es Fragestellungen, die sich mit dem heutigen Wissen noch nicht beantwortet sind, die aber in das Gebiet der Empirie fallen (z.B. die Fragestellungen, die am LHC untersucht werden) und es gibt fragen, die mit heutigem Wissen nicht beantwortbar sind, aber nicht in den Bereich der Empirie fallen. Das sind eben genau solche Fragestellungen, mit denen sich die Philosophie oder andere Geisteswissenschaften beschäftigen (die von dir erwähnte Frage "Wie weit kann ich der Empirie trauen", gibt es metaphysische Wesen wie Gott etc). Diese beiden Felder haben aber nichts miteinander zu tun, und metaphysische Fragestellungen lassen sich nicht mit Empirie beantworten (was aber auch so gut wie kein Wissenschaftler behauptet). Meiner Meinung nach hat die Wissenschaft eben kein Problem damit, anzuerkennen, dass es Fragen gibt, die noch nicht gelöst sind und möglicherweise nicht gelöst werden können, wo hingegen Personen, die das Metaphysische bemühen, gerade damit ein Problem zu haben scheinen, bzw genau hier ihre Metaphysik unterbringen und das als Wissenschaft verkaufen. Und das geht eben nicht. Du darfst ja gerne glauben, dass gewisse Sachverhalte nicht genügend "bewiesen" sind um sie anzuerkennen, nur musst du eben durch empirische Methoden etwas anderes beweisen können. Um bei dem Kreationisten/ID Thema zu bleiben: Solange du nicht zeigen kannst, dass die Altersbestimmungsmethoden falsch sind, wirst du akzeptieren müssen, dass die Erde älter als 5-6000 Jahre ist. Und durch die Behauptung, es gäbe keine Makroevolution, weil man keine Zwischenformen gefunden hat (was ja auch nicht unbedingt stimmt, siehe z.B. der Schlammspringer etc) wird noch lange nicht bewiesen, dass es dann eben eine metaphysische Instanz war, die die verschiedenen Lebewesen erschaffen hat.
@Wortvogel: "Sorry, aber da kommen wir nicht zusammen: wissenschaftliche Erkenntnisse basieren zu großen Teilen eben nicht auf Empirie – wenn das so wäre, wäre auch die Annahme wissenschaftlich, dass die Sonne auf- und untergeht, nur weil wir das so sehen. Die Wissenschaft hingegen hat bewiesen, dass unsere Sinne getäuscht werden. Laut Empirie stehen wir auf einer Scheibe – es ist unseren Sinnen nicht gegeben, eine logische Erfahrung von Schwerkraft auf einer im Kosmos treibenden Kugel aufzunehmen. Die Wissenschaft hat jedoch bewiesen, dass es so ist.
Wissenschaft, und da wiederhole ich mich gerne, ist kein Glaubenssystem."
Natürlich ist Wissenschaft kein Glaubenssystem, aber sie beruht ganz wesentlich auf Empirie. Das ganze Konzept wissenschaftlicher Forschung steht und fällt mit der Empirie, d. h. dem Erkenntnisgewinn durch nachvollziehbare, verifizierbare Beobachtungen, Experimente und logische Ableitungen daraus.
Wenn ich das, was ich sehe, ungefiltert als wahr annehme und daraus die Erkenntnis ableite, die Erde sei eine Scheibe und die Sonne steige morgens über deren östlichen Rand, ist das nicht Empirie, sondern irgendwas zwischen Gleichgültigkeit und Naivität. Wenn ich aber meine Wahrnehmung in Frage stelle und empirisch überprüfe, ist das im Prinzip bereits wissenschaftliches Vorgehen. Und wenn ich zufällig eine Beobachtung mache, die meiner Wahrnehmung widerspricht und ich dem Widerspruch nachgehe, ist das auch ein Ansatz wissenschaftlichen Vorgehens.
Die Annahme, die Sonne gehe morgens am Ostrand der Erdscheibe auf und abends am Westrand unter, ist zunächst einmal legitim. Sie ergibt sich aus unserer Wahrnehmung. Nach der Wikipedia-Definition für Forschung formuliert man eine Fragestellung, zerlegt das Problem in überschaubare Teilprobleme. Das ergäbe für unsere Annahme etwa das Folgende: 1 Die Erde ist eine Scheibe, 2 Die Sonne geht morgens am Ostrand der Scheibe auf, bewegt sich im Halbkreis über die Erde und geht abends am Westrand unter, 3 Was sie nachts macht wissen wir nicht, vermutlich beschreibt sie einen halbkreis unter der Erdscheibe, 4 Auf der Unterseite der Erdscheibe ist eine zweite Welt mit Leben drauf, vielleicht sind da Himmel und Hölle angesiedelt – irgendwas muss die Sonne ja bescheinen, wenn sie nicht an unserem Himmel steht.
Vor ein paar Tausend Jahren dürften sich Wissenschaftler (oder – wer weiß, wie wissenschaftlich das zuging, wieweit alles von im weitesten Sinne religiösen Regeln bestimmt wurde – sagen wir also Proto-Wissenschaftler) mit solchen Fragen befasst haben. Irgendwann hat man durch Beobachtungen oder sonstwie herausgefunden, dass die Erde eine Kugel ist, rotiert und um die Sonne kreist. Damit waren die Annahmen 1, 3 und 4 widerlegt. Annahme 2 musste umformuliert werden: 2a Die Erde ist eine Kugel und bildet das Zentrum des Weltalls, 2b Die Sonne kreist um die Erde. Das ist natürlich auch schon seit langem verworfen.
Wissenschaftler haben gezeigt, dass die Erde um die Sonne kreist (die ihrerseits auch um irgendwas kreist, das seinerseits wohl auch wieder um etwas kreist). Die gesamte Erkenntnis dazu beruht ausschließlich auf Beobachtungen und Experimenten und der Ableitung von Gesetzmäßigkeiten aus den verfügbaren Daten.
Nur ein kleiner Zwischenruf, weil hier mal wieder behauptet wird, die Bibel unterscheide sich vom Koran in ihrer Striktheit und die Zehn Gebote seien nett gemeinte Ratschläge: Die Gebote sind im Orginaltext selbstverständich als IMPERATIV formuliert, und die ZG verkünden KEIN Tötungsverbot. Es heißt: "Morde nicht!" und nicht "du sollst nicht töten". Das hören fortschrittliche Christen und Juden nicht allzu gerne, das ist mir klar, aber dennoch ist die Bibel genausowenig ein Wunschkonzert wie der Koran. Dass man aus all diesen Büchlein herauslesen KANN, was man herauslesen WILL, bestreite ich nicht. Das macht sie ja so nützlich.
"Dieses Jahr ist es noch besser, die Verkaufszahlen sind viele Male höher. Sie haben sich verdoppelt."
Köstlich …
@Mathias:
Kurz zu den Pastafaris: eine wirklich köstliche Parodie, keine Frage, aber ich würde nie so weit gehen zu behaupten deren Thesen wären austauschbar mit alle anderen.
Die Empirie ist m.E. nichts anderes als Materialismus. Als 'Handwerkszeug' des Materialismus hat sie durchaus den Anspruch die Welt erklären zu wollen und reduziert dabei alles auf Materie, Ideen sind auch nur Form der Materie durch Entstehung im Hirn. Das dient hinreichend gut zur Beschreibung der Welt um Handlungsmöglichkeiten zu bieten, auch in komplexen Systemen (Thema Erderwärmung, wobei das eigentlich sooo komplex ist, daß es schwierig wird für die Forschung).
Dem gegenüber steht der Idealismus, der imo auch nicht ausreichend ist für die Weltbeschreibung, zumindest kann ich mir eine Welt auch ohne Menschen vorstellen. Ein Baum bleibt ein Baum, auch wenn ihn niemand sieht, anfäßt oder beschreibt. Allerdings liegt hier auch das Problem das ich mit beiden habe (Materialismus und Idealismus) solange sie als unvereinbar Gegensätze darstellen.
Die Welt ist nicht nur das was wir daraus machen, oder wie wir sie uns vorstellen (Idealismus) und unsere Vorstellungen und Ideen sind nicht nur Abbild der Materie (oder doch, soweit man die Begrenztheit unserer Wahrnehmungs-/Vorstellungskraft zu Grunde legt) – für mich ist es eine Frage der Perspektive, und die menschliche Perspektive kann imo durch ihre Begrenzung in Wahrnehmung und Vorstellung (durch Erfahrung, Bildung und Sprache eingeschränkt) eben nur einen Teil der 'wirklichen' Welt ’sehen' (ob mit Sinnen, oder auch abgeleitet von Erfahrungen, Experimenten) und somit nicht die Gänze dessen was 'ist'.
Letztlich ein wohl unlösbares Problem, aber der, von mir so wahrgenommene, Anspruch der Wissenschaft, die einzig wahre Quelle von Erkenntnis zu sein (Beweisbarkeit die nur stofflich sein kann etc.), ist hier meine Kritik. Religion ist definitiv auch keine Lösung, wie schon mehrfach beschrieben ist sie im Grunde fundamentalistisch (was man von der Wissenschaft aus gewisser Hinsicht natürlich auch behaupten könnte) im Sinne von unbeirrbar auf festen Grundsätzen basierend die man hinnehmen muß und kaum bis gar nicht auf Veränderungen eingehend (im Sinne von sich selbst hinterfragend und änderbar). Das Naturwissenschaften auf Veränderungen eingehen und neue Erkenntnisse akzeptieren können, ist nicht zu leugnen, aber ihre Methodik (die Dogmen gleichkommt) hinterfragen sie auch nicht, von daher kann es immer nur in die eine Richtung gehen: ob Induktion oder Deduktion, es geht um die Beschreibung von Phänomenen der Materie, daraus ableitbaren Theorien (oder umgekehrt, je nachdem ob deduktiv oder induktiv vorgegangen wird) und dem sezieren der Teile in immer kleinere Einheiten, wovon man sich ein besseres Verständnis verspricht (was ja auch durchaus funktioniert, obwohl jede Antwort fast unweigerlich immer mehr neue Fragen und Probleme aufwirft und somit nicht einem 'Gesamtverständnis' wirklich weiterhilft). Wissenschaft ist in diesem Sinne nur ein 'kartographieren' der Welt.
Mit Neurophysiologie/-psycholgie als Beweis braucht man mir persönlich auch nicht zu kommen, ich bin davon überzeugt das Materie und Geist zusammenhängen, unabdingbar verflochten sind, aber ich glaube eben nicht, das der Geist nur ein Teil der Materie ist, also von ihr hervorgerufen. 😉
Das Problem des Verständnisses dessen was ich schrieb (also meiner Ansicht), und allgemein der Gegensätzlichkeit von Materialismus und Idealismus (um das mal zu vereinfachen und zu polarisieren), ist eben die jeweilige Perspektive des Betrachters, geprägt von Erfahrungen, Bildung, Beschäftigung mit der Thematik, oder ganz einfach gesagt, welche Position man einnimmt, weil man sie für sich 'passender' bzw. 'verständlicher' findet. Man kann m.E. keine der beiden Positionen letztlich 'beweisen' (egal ob empirisch oder anderswie) und genau das führt mich zum Begriff des Glaubens, also a) religiöses Bekenntnis, b) sicheres Dafür-Halten und c) unbewiesene Annahme. In meinen Augen ist jeder Glaube eine unbewiesene Annahme, da ich den Beweisen keine 'letzte Gültigkeit' zusprechen kann. Der Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft sollte trotzdem klar sein, ersteres dient vornehmlich dazu ein Bild der Welt zu schaffen, welches hilft mit dieser 'klar zu kommen' (ethische Aspekte und die Sinnfrage), nebst ihren Machtansprüchen und Unzulänglichkeiten/Gefahren, zweiteres gibt Handlungsmöglichkeiten (Technik, weitere Forschung und damit Fortschritt etc.pp.) nebst ihren offensichtlichen Nachteilen und Gefahren (was gemacht werden kann wird gemacht, komme was wolle solange es Interesse daran gibt und Geld fließt), Ethik kennt die Wissenschaft nicht wirklich und die Sinnfrage (Sinn der Welt und des Lebens) wird im Prinzip auf Reproduktion reduziert.
Ich glaube nicht an die Möglichkeit der Wissenschaft 'die letzte Wahrheit' zu finden und die Welt zu erklären wie sie ist, aber ich mache mir ihre Erkenntnisse und die resultierenden Techniken usw. zu Nutze und bin mir ihrer Unzulänglichkeiten, der Vorläufigkeit und ihrer Begrenztheit bewußt. Wegen der Brauchbarkeit bevorzuge ich sie den religiösen Ansätzen.
Ich hoffe das war ausführlich genug, um meinen Standpunkt wenigstens ansatzweise nachvollziehen zu können, ich bestehe nicht darauf Recht zu haben, mein Standpunkt ist meine Meinung, nicht mehr und nicht weniger und ich begehre nicht irgendwen davon zu überzeugen. 😉
@ Stony: Du sagst ein paar Sachen, die richtig sind, aber an ein paar Stellen redest du dich in eine Sackgasse, oder willst Dinge widerlegen, die niemand behauptet hat.
"Letztlich ein wohl unlösbares Problem, aber der, von mir so wahrgenommene, Anspruch der Wissenschaft, die einzig wahre Quelle von Erkenntnis zu sein (Beweisbarkeit die nur stofflich sein kann etc.), ist hier meine Kritik" – die Wissenschaft maßt sich an, die Quelle der Erkenntnis auf dem Gebiet der Wissenschaft zu sein. Anders geht es nicht, und das ist auch richtig so. So wie die Wissenschaft keinen Anspruch hat, religiöse Fragen zu beantworten, so kann die Religion (wie in diesem Fall) kein Ansatz "wissenschaftlicher" Arbeit sein.
"Ich glaube nicht an die Möglichkeit der Wissenschaft ‘die letzte Wahrheit’ zu finden" – das behauptet die Wissenschaft auch nicht.
"ist sie im Grunde fundamentalistisch (was man von der Wissenschaft aus gewisser Hinsicht natürlich auch behaupten könnte)" – nein, kann man nicht.
"Allerdings liegt hier auch das Problem das ich mit beiden habe (Materialismus und Idealismus) solange sie als unvereinbar Gegensätze darstellen" – tun sie ja nicht. Wissenschaft ist die Kombination von Empirie und dem, was du Idealismus nennst.
"Das Naturwissenschaften auf Veränderungen eingehen und neue Erkenntnisse akzeptieren können, ist nicht zu leugnen, aber ihre Methodik (die Dogmen gleichkommt) hinterfragen sie auch nicht" – die Methodik wird laufend hinterfragt, nur hat sich in 2000 Jahren Wissenschaftsgeschichte keine besser funktionierende gefunden.
Wissenschaft "funktioniert", sonst würde kein Motor laufen, kein Haus stehenbleiben, keine Lampe leuchten, kein Aspirin wirken. Der "body of knowledge" ist mittlerweile gewaltig, und bestätigt die Wissenschaft jeden Tag aufs Neue. Wir können Ereignisse und Reaktionen vorhersagen, ohne Indizien zu haben, weil unser bisheriges Wissen so präzise und stimmig ist, dass es solche Vorhersagen erlaubt. Es gibt keine Alternative, und wer an Wissenschaft nicht "glaubt", glaubt auch nicht an die Welt, in der er lebt.
Die Wissenschaft ist die einzig konstruktive Analyse, die ihren Wert bewiesen hat. Alle anderen Wege, die Welt zu beschreiben, haben sich letztlich als destruktiv erwiesen.
Und jetzt bin ich müde.
Mal was eher amüsantes – zeigt aber auch, was die Leutchen für einen Schaden haben.
http://de.news.yahoo.com/afp/20080924/ten-aegypten-saudiarabien-islam-religion-4ffd8ef.html
Nun ja – es stehen ja interessante Kommentare hier drin –
die Gedanken sind frei… wer kann den die Frage nach dem Sinn des Lebens -und was passiert wenn wir tot sind (und jeder der hier schreibt wird sterben ! ) beantworten ?
Vielleicht gibt es doch gute Antworten – verständlich – aber nicht bequem – ich habe gutes im Islam gefunden – müßt mal einfach – ohne Vorurteile an die sache rangehen – Salam (Friede ) wünscht Jürgen