Wortvogels Arbeitsproben: “Vollgas”
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Vor einiger Zeit dämmerte mir, dass ich den eigentlich Grund, diese Webseite aufzumachen – Präsentation meiner Arbeit – immer vernachlässigt habe. Zwar gibt es hier launige Anekdoten und schräge Geschichten zuhauf, aber die Kategorie Arbeitsproben ist praktisch noch verwaist.
Das soll sich ändern. In den nächsten Wochen werde ich sukzessive Teile meiner Drehbücher und Romane online stellen, und von deren Entstehung erzählen.
Den Anfang macht ein Exzerpt aus der zweiten Fassung des Drehbuchs von “Vollgas!”. Der fertige Film hieß dann auf ProSieben “Vollgas – gebremst wird später”, was ich sehr unglücklich fand. Noch unglücklicher fand ich allerdings, dass der Regisseur der Meinung war, unser Skript kurz vor Drehstart noch einmal “überarbeiten” zu müssen.
Das Ergebnis ist ein schönes Beispiel für die Tatsache, dass das geschriebene und das verfilmte Wort nicht immer viel Ähnlichkeit haben müssen – und dass man dem Autor selten die alleinige Verantwortung für das fertige Produkt geben kann.
Ich empfehle, zuerst einmal das Exzerpt zu lesen: Vollgas!
Und dann könnt ihr euch anschauen, was davon auf dem Bildschirm gelandet ist:
Warum ich ausgerechnet mit “Vollgas” anfange? Weil der bebrillte Chefarzt, der hier seine Beförderung feiert, im wahren Leben Oberbürgermeister meiner Heimatstadt (und Drehort) Düsseldorf war. Joachim Erwin ist vor zwei Tagen verstorben:
Oje, ich weiß nicht, ob ich als Autor da meinen Namen drunter sehen wollte. Zumindest wenn man Vorlage und fertiges Werk vergleicht…
Das Video hat ja nicht lange überlebt…
Erschreckend.
Die Vorlage hat sich leicht nach The Fast and the Furious angehört. Spannend, schnell und so als könnte man sich mit dem Film nen gemütlichen Abend Zuhause machen..
bei dem Ausschnitt, den ich dann von dem richtigen Film gesehen habe, hatte ich schon nach den ersten Sekunden keine Lust mehr zuzugucken. Wie langweilig ist das denn bitte? Statt nem sympatischen, aktiven Typen gibts ne langweilig Schnarchnase? Statt in der Garage unter nem Auto zu liegen faulenzt er zwischen ner Carrerabahn?
Das ist arm. Ganz doll sogar & ich habs nicht ohne viel Vorspulen geschafft
@ Michael: Das Video funktioniert.
Autsch!
Das Resultat der ‘Überarbeitung’ ist gegen die Vorlage ja die reine Spießerei und gähnende Leere – einfach nur peinlich was die da verbrochen haben^^
Hast du das Ergebnis eigentlich vor der Ausstrahlung sehen dürfen? Ich hätte mich ja glatt gegen die Nennung als Autor verwahrt und darauf bestanden aus dem Vorspann gestrichen zu werden… 🙁
Das mit der Streichung des Namens im Vorspann ist immer so eine Sache. Natürlich kann man drauf bestehen, um die eigene Integrität zu wahren. Aber dann sind Sender und Produktionsfirma meistens sauer, und das ist der Karriere nicht förderlich. Und wenn der Film ein Hit wird, sieht man wie ein Idiot aus. Man tut sich damit keinen Gefallen. Zumindest erlaube ich mir immer die Forderung, dass die “Verhunzer” ebenfalls im Vorspann genannt werden müssen (in diesem Fall unter “Drehbuchbearbeitung” – bei “Apokalypse Eis” lief das ähnlich), damit ich “plausible deniability” habe.
Oha. Sicher ein sehr gutes Beispiel wie das manchmal läuft.
“Sehr teure Sportwagen” steht im Script und dann das.
Wann gibts das Hallervorden Projekt mal zu lesen?
@ Chris: Gar nicht. Da bin ich nicht mehr dabei. Rechtlich ausgeschlossen.
@ Andreas: Der Witz ist – es hätte keine Frage des Geldes sein sollen, weil die gesamte Eröffnungsszene ja ein (visuell verfremdetes) Videospiel à la “Need for Speed” sein sollte, für das man einen Deal mit EA oder so hätte schließen können.
Hallervorden-Projekt?
Setze ich mich wieder in die Nesseln, wenn ich betone, dass ich finde, dass Dieter Hallervorden seit Jahren nicht mehr witzig ist?
😉
Bei mir läuft das Video auch nicht, aber das hatte ich schon öfters, dass der Bowser wohl nicht immer will.
Das sollte aber auch in deiner Version Unterhaltung werden, wo man nicht großartig nachdenken muss?
Und kommt auch ein Beitrag zu deiner Märchenstunde? In der Lotta-Story steht, dass die mit Jeanette Biedermann war, da kann ich mich daran erinnern, dass das König Drosselbart sein könnte, denn irgendwie sagt mir mein Gedächtnis, dass JB auch noch in einer anderen Märchenstunde mitgespielt (eine Hauptrolle) hat(te), König Drosselbart fand ich jedenfalls gut.
Und ich bin immer ein interessierter Namensleser im Vorspann.
Jaja, König Drosselbart, mit Johanna Klum in einer eher kleinen Nebenrolle, als oberflächliche Freundin der Prinzessin aus oberflächlichen Zeiten.
@ Achim: Die Geschichte von Drosselbart habe ich ausführlich dokumentiert:
https://wortvogel.de/?p=165
https://wortvogel.de/?p=171
https://wortvogel.de/?p=174
Für das Video einfach mal einen anderen Browser probieren – es kommt von YouTube, das MUSS gehen!
Schade, hätte mich ja doch mal interessiert. Wars ne Komödie oder eher “Springteufel” like?
Eine Gaunerkomödie mit alten Knackern. Hätte witzig werden können, darf ich aber nicht mehr zu sagen.
Der Browser ist halt erst Release Candidate, nach Neustart hats geklappt, davor lief nichtmal Ehrensenf.
Und danke für die Links.
Ich habe ja kürzlich die Suchfunktion der Seite entdeckt, schwarze Schrift auf grauem Marmor, clever, die ist gut versteckt.
😉
Die Fahrt war ja noch lustig, dann wurde zu viel geredet, ich gebe zu, ich höre dem bemühten Hochdeutsch des Jan Sosniok nicht immer gerne zu.
Und du bist zwar freier Autor, aber gerne für RatPack tätig, habe ich den Eindruck.
Die Suchfunktion habe ich absichtlich dezent gehalten, wird nach einem Redesign der Seite evtl. verändert.
RatPack war jahrelang meine “Hausfirma”, das stimmt. Da geht es auch nach persönlichen Sympathien, und das ist ein cooler Haufen.
“Das mit der Streichung des Namens im Vorspann ist immer so eine Sache. … Zumindest erlaube ich mir immer die Forderung, dass die “Verhunzer” ebenfalls im Vorspann genannt werden müssen…”
Okay, das reicht mir als Erklärung, kann man nachvollziehen. Schade ist das mit dem Vorspann allemal, wie bereits angesprochen wurde, das hätte sicher problemlos nen ‘Kracher’ werden können wenn es so umgesetzt worden wäre wie im Scipt beschrieben, aber so wie der ganze Film verhunzt wurde ist es natürlich auch egal. Allerdings fragt man sich da wirklich warum deutsche Produktionen immer (oder meist) so ‘bieder’ sein müssen, am ursprünglichen Drehbuch ist zumindest in diesem Fall ja nun wirklich nichts auszusetzen gewesen in meinen Augen.^^
Wenn hier einer etwas zu seiner Schande gestehen hat, dann ich – ich fand nämlich “Vollgas” auch in der Endfassung nicht SOOO übel (zumindest deutlich besser als z.B. den sehr peinlichen Spencer/Hill-Verschnitt “Hammer & Hart”). Kann natürlich zum großen Teil an Jan Henrik Stahlberg gelegen haben 🙂 Keine Frage, so wie geschrieben wär’s natürlich deutlich besser gewesen…
“Hämmernde Elektro-Beats” durch Cake, die Könige der Verlangsamung, zu ersetzen, grenzt wahrlich an Sabotage …
(allein die Tatsache, dass im Video zu Cakes “I will survive” der Sänger gemächlich im Dreiradmobil durch die Stadt kurvt, hätte vielleicht mal irgendjemanden nachdenklich machen sollen)
Tja, da hatte wohl jemand eher die “Melodieähnlichkeit” mit Robbie Williams im Kopf 😉
Ansonsten mir völlig unklar wie diese neue Titelsequenz jetzt eigentlich mit dem Film zusammenhängt? Gar nicht, oder? Und auch mal wieder ein Beispiel, daß es immer noch einen größeren Holzhammer gibt – Sekttransport, oh Mann…
“Wenn hier einer etwas zu seiner Schande gestehen hat, dann ich – ich fand nämlich “Vollgas” auch in der Endfassung nicht SOOO übel (zumindest deutlich besser als z.B. den sehr peinlichen Spencer/Hill-Verschnitt “Hammer & Hart”)”
“Hammer & Hart” fand ich jetzt wiederum nicht so schlecht… klar, stellenweise sehr bemüht, alle Szenen wo nicht geprügelt wurde haben nicht funktioniert, gegen Spencer & Hill kann eh keiner anstinken… aber doch deutlich besser als es hätte werden können, und die Schlussbild-Hommage war doch recht passend und schön…
@ milhouse:
Mir war noch nicht aufgefallen, dass das Gefährt nur drei Räder hat, mir, dem detailversessenen Beobachter!
Aber ich finde die Musik zur Fahrt dennoch durchaus passend.
Endlich konnte ich das PDF-Dokument lesen, musste erst einen alternativen Reader installieren…
Bei diesem Film bedauere ich wirklich, dass ich ihn nicht gesehen habe, aber er wurde ja nie gedreht.
Auch mal eine Szene ungeniert bei “Taxi” klauen, jaja.
Und überlasse der IMDB doch mal ein Bild von dir!
@ Achim: Ich habe keinen der “Taxi”-Filme gesehen.
@Vogel
Das sagt Leigh Scott auch immer, wenn man ihn auf seine Asylum-Schinken anspricht 🙂
Bei Leigh Scott mag das stimmen, weil seine Filme ja immer zeitgleich zur Vorlage rauskommen – er kennt meistens nur Artwork und das grobe Konzept. Bei Asylum reicht das.
Ich muss auch ein wenig zurückrudern: Es ist nicht auszuschließen, dass mein Koautor (der an dieser Drehbuchfassung massiv beteiligt war) die “Taxi”-Filme gesehen hat.
Ich selbst hatte immer “The Chase” als Vorlage im Kopf, einen absolut unterbewerteten Charlie Sheen-Film.
@Wortvogel:
Ja kam denn die Idee zu der Taxi-Szene vom Koautoren?
Ich kenne die Taxi-Filme auch nicht, aber diese Szene, in der der Fahrer dem Fahrgast verspricht, ihn rechtzeitig zum Ziel zu bringen, und dieser bei der Fahr ganz bleich wird, die wurde im TV oft genug gezeigt.
Auch ich breche mal eine Lanze für “Vollgas”: Ich weiß nun nicht, ob es an Autor oder Verhunzer lag, aber ich war doch positiv überrascht, wie charismatisch der Schurke inszeniert war.
Meist sind die Antagonisten im deutschen Film ja eher blass und überzogen böse, aber der Kerl machte Spaß.
@ Achim: Ja, was weiß denn ich, ob mein Koautor sich hat inspirieren lassen?! Und Filme, in denen es dem Fahrgast übel wird, gibt es ja nun wahrlich genug.
@ Tornhill: Mein Bösewicht war besser. Kalkulierter, kälter, den Helden immer einen Schritt voraus – er hatte echten Respekt vor Bens Fähigkeiten.
Cool finde ich die Bullen in dem Film – die verbringen die Hälfte der Zeit mit rumstehen, weil die Produktion sich den Helikopter nur für einen Tag leisten konnte. So entsteht Kult!
Hi Wortvogel,
auch meinerseits Beileid für die Umsetzung.
Was mich nach der Lektüre des PDFs interessieren würde: Wie hattest Du Dir die Umsetzung des Videospiels vorgestellt – denn damit die überraschende Auflösung funktioniert, hätte ja der Anfang zunächst realistisch aussehen müssen. Was meines Wissens selbst die modernsten Autorennspiele nicht so schaffen, dass der Zuschauer nachher baff gewesen wäre, wenn´s sich als Videogame rausstellt.
Hättest Du ILM angefragt, ob sie in der Mittagspause ein paar Autocrashs rendern lassen ;-)?
Gruß,
Tom
@ Tom: Nein, lies mal das PDF genau – die Videogame-Grafik, die heute ja schon ziemlich fortgeschritten ist, wäre durch extrem kurze Schnitte, Nahaufnahmen und Filter (monochrom, überbelichtet, stroboskop) weiter vertuscht worden. Wenn man dann noch die Credits einrechnet, die den Zuschauer ablenken, hätte das gehen sollen. Eine gewisse Desorientierung des Zuschauers (“ist das real?”) war sogar gewünscht.
Zumindest hatte ich mir das so vorgestellt…
Okay, prinzipiell gute Idee.
Ich vermute aber mal (IMHO) dass man dem Zuschauer damit viel von dem schönen Überraschungseffekt nimmt, den man beim Lesen hat.
Denn wenn ich den Zuschauer per Filter, etc. ohnehin schon im Unklaren lasse, ob er da gerade eine echte Verfolgungsjagd sieht, dann ist nachher der Aha-Effekt doch deutlich geringer.
Aber naja – ob man sowas vernünftig umsetzen kann, das kann uns wohl sowieso nur ein genialer Regisseur sagen. Herr Montag, ihr Einsatz :-)…
Bitte nicht wundern, dass ich so einen alten Artikel kommentiere, aber ich habe mich mal wieder seit Stunden in Deinem Blog verloren. :’)
Wo ich im Vorspann die Kombi “Rat Pack” und Harald Krassnitzer entdecke – hast Du in Deinem schier unendlich scheinenden Archiv auch etwas zu “Das Blut der Templer” (dereinst Pro Sieben)? Hat mich vor bald 20 Jahren zu einem Comic inspiriert, den ich jetzt endlich zeichne. xD
Zuerst einmal: Danke für das Lob. Ich gestehe, dass ich mich selber manchmal auf meinem Blog verliere, in dem ich immer wieder den “Zufallsartikel”-Button klicke. Was BLUT DER TEMPLER angeht: Ich war damals bei der Münchner Premiere, der wurde tatsächlich im Kino gezeigt. Und ich habe dem Produzenten in der Pause zwischen den Teilen gesagt: “Versprich mir, dass das nicht der endgültige Schnitt und die endgültigen Effekte sind”. Fakt ist: hier wurde mit zu wenig zu viel versucht. Am Ende ist ein halbgarer HIGHLANDER-Abklatsch dabei rausgekommen, dessen Mythologie an keiner Stelle Sinn macht und bei dem die Figuren keinerlei Sympathie wecken. Eine verpasste Chance – wie damals viele.
Gern geschehen!
Bestes Fazit dazu. ^^ Als Teen war ich aber irgendwie angetan. Heute eher so fremdschämend. Gab ja auch eine begleitende Comic-Umsetzung dazu, die leider auch nicht viel mehr rausholen konnte.
Ich hab bei meiner Story daher auch alles, was entfernt nach Fantasy klingt, weggelassen.