Fundgrube Wertstoffhof
Themen: Neues |In meiner Heimatstadt Düsseldorf ist das mit dem Sperrmüll etwas eigenwillig geregelt: Es gibt “Sperrmülltage”, da stellen die Leute ihren Klump an den Straßenrand, einen Abend lang plündern teils zwielichtige Gestalten in Kleinlastern die Überreste der Wohlstandsgesellschaft, und am nächsten Morgen holt die Stadt den Rest ab. Wer “außer der Reihe” seinen Kram direkt zum Wertstoffhof bringt, muss dafür Gebühren zahlen.
In München muss man läuft das anders, man kann jederzeit mit dem Auto zum Wertstoffhof fahren, und dort kostenlos alles loswerden, was der Haushalt nicht mehr haben mag.
Nun gehört es zur Natur der Sache, dass man bestimmte Dinge nicht ausmistet, weil sie kaputt oder anderweitig unbrauchbar sind, sondern weil sie einem nicht mehr gefallen, weil der Platz fehlt, oder weil man mit der Freundin zusammen zieht. Da lohnt kein Verkauf über die Anzeigenblättchen, aber dem Schlund der Pressen will man so manches gute Stück nicht übergeben.
Genau deshalb hat sich auf den Münchner Wertstoffhöfen eine interessante Subkultur entwickelt, die wie ein Filter zwischen dem Lieferanten und den Containern steht. Teils angestellte, teils “zufällig anwesende” Männer werfen aus der Ferne einen lässigen Blick auch die einkommende Ware, und greifen ab, was noch Profit und/oder Nutzen verspricht: Möbel, Haushaltsgeräte, Videokassetten. Es gibt mittlerweile eigene Baracken, in denen brauchbare Gegenstände zwischengelagert werden.
Gestern habe ich dort folgendes gelernt: Meine zwei alten Küchenstühle sind zwar noch fast wie neu, aber zahlenmäßig unterlegen (nur vollständige Sets mit vier Stühlen scheinen den Minderbegüterten der Stadt zuzumuten) – und es gibt mittlerweile auch einen Nebenraum für entsorgte Bücher! Da ist zwar viel Kappes drin, aber schon nach einer kurzen Übersicht fiel mir eine gut erhaltene Perle in die Hand:
In meinem alten, derzeit “discontinued” Blog habe ich ein paar Eindrücke mit Fotos unseres lokalen Wertstoffhofs (Ottobrunn) gesammelt. Der hat auch so einen Tisch, wo man alles, was andere vielleicht noch haben wollen, abladen kann. (Hier, oberstes Foto links: http://tinyurl.com/6l2vbh )
Die Mitarbeiter sehen das dann alles durch, was von ihnen nicht weggeschmissen wird, kommt nebenan in die Boutique “Trödel & Tratsch” ( http://www.zvmchnso.de/navi/troedel.html ), wo man auch ein paar Würstel essen kann. Die Buchecke bietet Klassiker zu kleinen Preisen (aber auch jede Menge Zeug, das nun wirklich keiner mehr braucht), aber auch jede Menge anderes Zeug, vom Sofa über Staubsauger bis zum Nadeldrucker… 🙂
Ich hatte den Kommentar zu meinem Blogbeitrag übrigens noch gar nicht bemerkt…
Ich korrigiere: hier in Düsseldorf ist die Sperrmüll-Abholung für Privathaushalte (für Mengen bis 2 m³) grundsätzlich kostenfrei, genauso wie der Gang zum Recyclinghof.
Aber gut, ist ja auch ein Weilchen her, dass du dich hier mit der Thematik beschäftigen musstest 😉
Echt jetzt? Ich hätte schwören können, dass die Geld von mir wolten, als ich vor ein paar Jahren beim Wertstoffhof um die Ecke vom Flinger Freibad mein altes Bett loswerden wollte.
Sehr schöne Wahl, aus diesem Buch habe ich mein ganzes Wissen über Drogen her 😉
Als wir unseren Haushalt aufgelöst haben und den Sperrmüll an die Straße stellten waren innerhalb von 2 Minuten Sammler da. Wahnsinn, ob es da ein Netzwerk von Beobachten gibt? Auf jeden Fall haben die uns noch persönlich gedankt, weil das meiste Zeug noch relativ neu war, aber sich der Aufwand für den Verkauf nicht lohnte. Sehr nett von denen.
Schöner leben mit dem Kleinen Arschloch, ein wunderbares Werk! Das habe ich mir erst vor ein paar Monaten gekauft, ich weiß nicht mehr, warum ich so lange gewartet habe!
Und Sperrmüll wird bei uns auch ein paar mal im Jahr abgeholt, da wird man sogar Sachen los, die die Müllabfuhr gar nicht mitnimmt. Felgen, Kompletträder, wenn man die los werden will, die Polen nehmen die mit, kein Problem.
Am lustigsten sind Sperrmülltage in Uni-Städten wie Jena (100k Einwohner & ca. 20-25k Studenten) – einfach allen überflüssigen Kram an den Straßenrand gestellt und dann nen Weilchen warten… Die Studis verwerten wirklich fast alles und das in Rekordzeit! 😀
Manchmal finden sich auch unerwartet geniale Sachen beim Spaziergang durch die Stadt, so hat nen Kumpel von mir mal einen mehr als 50 Jahre alten ‘Volksempfänger’ in voll funktionsfähigem Zustand und ohne jegliche Gebrauchsspuren entdeckt und gleich einkassiert, was ihn als Sammler solcher Uralt-Technik in wahre Verzückung versetzt hat… 🙂
Quintessenz: MacGyver kommt aus Düsseldorf, oder?
“Sehr schöne Wahl, aus diesem Buch habe ich mein ganzes Wissen über Drogen her ” – ich hatte das Buch in den 90ern schon mal. Es gibt kein anderes Werk, aus dem ich so exzessiv zitieren kann, und in dem jeder Satz so perfekt gedrechselt erscheint (guter Buchtitel: “Schuld und Sühne”, schlechter Buchtitel: “Nachdurst und Völlegefühl”).
Hier in Hamburg gibt’s keine “Sperrmülltage” mehr. 🙁
Gruß,
Marko
In Moosburg (Nähe München) ist es so, dass man z. B. Altpapier, Kartons und Elektroschrott kostenlos am Wertstoffhof abgeben kann, für Sachen wie Matratzen oder mit Federn gefüllte Bettdecken aber bezahlen muss. Hab die Erfahrung selbst erst vor einiger Zeit gemacht, als der nette Angestellte dort plötzlich zum kassieren kam.
Hier in München wird man ALLES los – ich habe neulich ein gigantisches Bettsofa entsorgt, und einen riesigen Esstisch, und da kam kein Mux. Matratzen bin ich in den letzten 15 Jahren dort mehrfach klaglos losgeworden.
Bei uns wiederum darf man zwar als Deutscher seinen angemeldeten (!!!) Sperrmüll jederzeit auf die Straße stellen, aber stöbern, untersuchen oder gar mitnehmen aus Beständen des Nachbarn ist strengstens verboten! Als Pole, Tscheche oder sonstiger nichtdeutscher Staatsbürger hingegen ist das Aufsammeln alter Ware kein Problem.
Als sich jedoch ein mir völlig unbekannter Mensch aus dem Nachbarort sich dringend für diverse alte Geräte meines Nachbarn interessierte (und wohl auch fündig wurde), schlug der Arm des Gesetzes gnadenlos zu. Da sich jedoch der Spermmüll nicht 100%ig an den Verlauf der Grundstücksgrenze hielt (so what, gute Nachbarschaftsbeziehung) und darüberhinaus aus Sachen des Hauseigentümers und denen seines Sohnes bestand, wurden nicht nur diese zwei Parteien vor Gericht geladen (Anklage: schwerer Diebstahl [von Dingen, die sowieso weg sollten]), sondern auch gleich noch zwei Parteien aus unserem Haus, die als mögliche Zeugen in Betracht kamen (obwohl wir zum möglichen Tatzeitpunkt nicht einmal zuhause waren). Vor Gericht trafen wir dann noch auf sieben weitere Zeugen bzw. Bestohlene, anscheinend waren auch anderen Leuten ihre zu entsorgenden Sachen “gestohlen” worden. Nach gefühlten zwei Minuten (Name? Anschrift? Haben Sie etwas bemerkt? – Nö! Danke, das war’s.) war der Irrsinn vorbei und man konnte das Gericht wieder verlassen. Ich bin mal auf das Urteil gespannt. Der überwiegende Teil des Spermülls ging übrigens Richtung Osteuropa…
Deutschland ist schon bescheuert!
Kein Wunder, dass ich hier nie weg will!!
😉
Also mit nie weg will meine ich natürlich, dass ich einen Teil der restlichen Welt schon mal sehen will, aber nicht dauernd dort leben will.
Tja, als ich bei nem Kumpel neulich Sperrmüll rausgetragen habe wurde sich noch beschwert daß kein Computer dabeigewesen sei…
@Achim: Tjaja.. ich glaub so herrliche Sperrmüllgeschichten können wirklich nur in diesem schönen Land zustande kommen ^^
Btw: Die ‘Mülldiebe’ machen u.U. ja nichts anderes, als die abholenden Unternehmen selbst. Hab schon mermals in ne Doku gezapped, die den der Stadtreinigung von was weiss ich wo zugehörigen SperrMüllShop zeigte.
Ist ja auch wahnsinn, was manche so auf die Straße stellen…
@Bezahlen:
Wäre ja echt noch schöner!
Hab in einem der letzten SPIEGEL-Ausgaben gelesen, dass man für ne Tonne (natürlich die 1000KG) Altpapier inzwischen mehrere hundert Euronen bekommt! :/
Von Metallen und Co ganz zu schweigen
*FREI_FREI_ICH_BIN_WIEDER_FREI*
*hust*
..zum Thema: wir stellen unseren Sperrmüll erst raus, wenn der Abhollaster um die Ecke kommt; es ist sonst zu peinlich, dass bei uns nie was interessantes / tolles dabei ist, das Plünderer interessieren könnte..
Ja, schau an! Lange nichts mehr von dir gehört – ich machte mir schon Sorgen!
@ Wortvogel
..ich war gefangen in der Weihnachtshölle und “durfte” Vermarktungsstrategien für Christstollen und Prospekte zur vermehrten Energienutzung bei Kaminöfen aus den Fingern saugen.
Der Christstollen kam ohne Vorgabe, dafür wurde ´ne Woche später das Endkonzept in 3 Varianten mit ausführlicher Kalkulation erwartet,
der Kaminofenmensch hat täglich bis zu 10 Faxe mit unleserlichen Gedankenblitzen geschickt..
Aber das Konzept steht, die Prospekte sind fertig, jetzt wird´s etwas lockerer..
In Hamburg gibt es sogar ein richtiges Kaufhaus mit den namen “Stilbruch”, das brauchbare Stücke vom Wertstoffhof für lau anbietet. Da kann man wirklich den ein oder anderen Schatz für sich entdecken. Ich finde dieses Prinzip des Recyclings mehr als logisch und sollte prinzipiell als Nebeneinnahme für jeden Wertstoffhof eingeführt werden. (Wertstoffhof Hamburg)
@ Jochen: Sehr spannender Bericht, in der Tat. Allerdings gibt es die Sachen (wie auch klar gemacht wird) bei Stilbruch nicht für lau. Ich habe eine ähnliche Zweitverwertungshalle hier in München auch schon mal besucht:
https://wortvogel.de/2010/09/munchner-spaziergang-bilderflut/