29
Apr 2008

Gut Ding will (Kurz)Weile haben…

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Manchmal liest man in Pressemeldungen Sachen, die mag man nicht glauben. Sachen, die genau so formuliert wären, wenn “Titanic” sie als Satire brächte.

Die ARD produziert eine 60teilige Reihe von Dokus, die 60 Jahre deutsche Geschichte chronologisch präsentiert. Jedes Jahr bekommt – 15 Minuten.

Und hier Thomas Baumann, ARD-Chefredakteur: “Das Reizvolle an diesem Projekt ist, dass es eben kein ‘schneller Fernsehritt’ durch 60 Jahre Geschichte wird. Jedem Jahr eine Viertelstunde zu widmen, das schafft den nötigen Tiefgang. Das erlaubt den ‘zweiten Blick’ über politische Schlagzeilen hinaus.”

Nochmal: 15 Minuten.

Für ein Jahr, zwei Staaten, Politik, Gesellschaft, Unterhaltung, Menschen, Schicksale.

“Nötiger Tiefgang” my ass.



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17 Kommentare
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Ingo
Ingo
29. April, 2008 12:43

Und 14 von diesen 15 Minuten wird es so oder so um Hitler und die Nazis gehen. Deutsche Geschichte geht nun mal nicht ohne im Öffentlich-Rechtlichen, egal was man uns eigentlich zu präsentieren sich vorgenommen hat. Schade irgendwie.

Andreas
Andreas
29. April, 2008 12:47

Was haben die letzten 60 Jahre, also beginnend 1948, mit Hitler und den Nazis zu tun? Davon ab: gab’s sowas nicht schonmal? Also Geschichte der letzten x Jahre in 15 Minuten auf den öffentlich/rechtlichen? Oder war das nicht speziell auf deutsche Geschichte bezogen?

Wortvogel
Wortvogel
29. April, 2008 12:49

Hitler definiert die deutsche Geschichte – und alles, was in den Jahren darauf passiert ist, wird immer in Bezug gesetzt. Da gebe ich Ingo (leider) Recht.

Ja, es gab “100 Jahre”, eine hundertteilige Doku zur Jahrtausendwende, aber die war nicht auf Deutschland beschränkt, und wird mindestens einmal im Jahr wiederholt (Bayern alpha, Phoenix). Sehr sehenswert, aber auch ein exzellentes Beispiel, dass 10 Minuten keinen Tiefgang gleich welcher Art erlauben.

Ich gehe übrigens davon aus, dass die Doku 1949 beginnt, mit der Gründung von Bundesrepublik und DDR.

PabloD
PabloD
29. April, 2008 13:16

Darüberhinaus wird die DDR 1961 (Mauerbau), 1974 (Sparwasser) und 1989 (Mauerfall) wieder auftauchen. Reicht ja eigentlich…

Wortvogel
Wortvogel
29. April, 2008 13:20

Währungsreform, Kriegsheimkehrer, Wir sind wieder wer, Adenauer, 68, große Koalition, München 72, Guillaume, RAF, Friedensbewegung, Kohl, Mauerfall

GIGI DAG
29. April, 2008 13:45

Ach du meine Güte! Nachher könnte die Deutsche Geschichte ja noch zu kurz kommen! Ein Glück man investiert ganze 15 Minuten pro Jahr. Da kann ja gar nichts vergessen werden!

Peroy
Peroy
29. April, 2008 14:45

’82 ist ja wohl das wichtigste Jahr von allen… 8)

Bernd Kammermeier
Bernd Kammermeier
29. April, 2008 15:17

Vielleicht sollte man einen Vorschlag machen: So wie beim CO2-Handel könnte man einen internen Zeithandel anregen. Jahre, in denen weniger los war, “verkaufen” ihre sinnlosen Minuten an Jahre, in denen mehr los war.

So bleibt die Gesamtsendezeit gleich, aber man ödet sich nicht durch langweiligere Jahre hindurch, während in anderen die Schlagzeilen im Telegramm-Stil (moderner: SMS-Stil) heruntergehechelt werden. Für DVD oder Internet ist das kein Therma, nur muß für ein so variables Sendeformat das Fernsehen neu erfunden werden.

Also wieder nix…

Wortvogel
Wortvogel
29. April, 2008 16:46

Just den Gedanken hatte ich auch – 1949 ist sicher relevanter als z.B. 1974, da könnte man Sendezeit anders proportionieren. Aber angesichts der Beton-Slottierungen bei den Sendern geht da nix mehr.

Tornhill
Tornhill
29. April, 2008 18:52

Hm, die Schaltjahre könnten ein Problem werden…

Achim
Achim
29. April, 2008 19:08

Was war an 82 so wichtig?
Das war das Jahr der grausamen WM-Endspielniederlage gegen Italien, wenn ich mich recht erinnere.

jo
jo
29. April, 2008 20:03

Also bitte, 100 Sekunden pro Jahr reichen vollkommen. Da bleibt sogar Zeit jeden einzelnen Tag und die kompletten Weltpolitik eines Jahres zu berücksichtigen ,)

Siehe hier: http://www.youtube.com/watch?v=tGaV2Gwfydg
bzw. http://preview.fx3.de/konserven/tagesschau2005.avi (MPEG-4, 12MB)

Nach einer Idee von Hans Dieter Huber: http://www.hgb-leipzig.de/ARTNINE/filme/index.html

PS: Selbstverständlich meine ich das völlig unironisch. Ich mein’, Gudio Knopp braucht für die komplette Lebensgeschichte von Elvis weniger als 3 Minuten. Da scheinen mir 15 Minuten pro Jahr zur Auffrischung des kollektiven Gedächtnisses gar nicht schlecht angelegt.

jo
jo
29. April, 2008 20:05

[Bis der Wortvogel meinen Kommentar aus dem Spamfilter fischt, muss diese Programmankündigung reichen …]

Orkel
Orkel
29. April, 2008 23:40

60 mal 15 Minuten sind immerhin 15 Stunden Gesamtlaufzeit. Da kann man schon mehr unterbringen als die üblichen bereits weiter oben angeführten Standardthemen. Insofern ist es richtig, dass die Sendezeit mehr Tiefgang erlaubt als z. B. ein einzelner 90-Minüter über 60 Jahre deutsche Geschichte. Dass jedes Jahr im Detail behandelt werden kann wie der Jahresrückblick im Dezember es versucht ist natürlich ausgeschlossen. Tiefgang ist also immer relativ. Thomas Baumann hätte eine Vergleichsgröße angeben sollen.

Ingo
Ingo
30. April, 2008 09:53

Die ersten Drehbücher sind aufgetaucht! Ein Auszug, die Jahre 1989 und 2006:

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1989 – Der Mauerfall

EINLEITUNG
Bedeutungsschwangere Musik, bedeutungsschwangerer Sprecher verliest Text (bedeutungsschwanger):
1989 – ein bedeutungsschwangeres Jahr in der Geschichte des deutschen Volks, geprägt von einem Ereignis dessen Wurzeln Jahrzehnte zurück reichen in das dunkelste Kapitel Deutschlands…

(Es folgen 14 Minuten von Hitlers Zeugung bis Tod im Führerbunker)

SCHLUSS
16 Jahre nach dem Ende dieses dunkelsten Kapitels Deutschlands errichtete das DDR-Regime die Mauer. Nun endlich, 1989, ist sie gefallen. Doch das dunkelste Kapitel Deutschlands soll nach wie vor wie ein finsterer Schatten bedeutungsschwanger das folgende Jahr überschatten…

MUSIK & ENDE

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2006 – Nation im Fussballfieber

EINLEITUNG
Bedeutungsschwangere Musik, bedeutungsschwangerer Sprecher verliest Text (bedeutungsschwanger):
2006 – ein bedeutungsschwangeres Jahr in der Geschichte des deutschen Volks. Nie zuvor ist dieses Volk so sehr in Jubel und Freude ausgebrochen, seit jenen Jahren der Nazi-Herrschaft, dem dunkelsten Kapitel Deutschlands.

(Es folgen 14 Minuten von Hitlers Zeugung bis Tod im Führerbunker)

SCHLUSS
60 Jahre hat es gebraucht bis das Land wieder lernte sich zu freuen und zur Welt hinausschrie “Wir sind doch eigentlich ganz dufte Typen, mit beknackten Fähnchen an den Autos, aber okay!”. Doch wie lange würde dieses Gefühl vorhalten? Würde vielleicht schon im nächsten Jahr erneut der finstere Schatten des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte das Land verdüstern?

MUSIK & ENDE

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Lindwurm
1. Mai, 2008 16:14

@ Ingo: Du kanst dir ja die Ohren und Augen zuhalten und schreien “Ich will nichts mehr davon wissen”, aber auch das wird nicht nachträglich die Geschichte ändern.

Der Hitler-Fetisch der Deutschen ist übrigens kein Produkt böser Umerzieher, sondern etwas eigenartig Krankhaftes. Papp den Adolf auf die Titelseite und die Auflage steigt.

Skrymir
Skrymir
4. Mai, 2008 16:57

Was ist daran denn Krankhaft? Ich wette mit Osama klappt das auch… Nur ist Adolf meistens mit was verbunden das Aufsehen erregt, Neonazi Aktionen usw.