Unser TV: Umschalten, nicht abschalten!
Themen: Film, TV & Presse, Neues |Ich bin gerade mal wieder spontan geladen: Beim Kollegen Niggemeier hat gerade ein “Jörg” zum Rausschmiß von Andrea Kiewel folgendes abgelassen:
“Weil ich nicht nur „halbwegs” aufnahmefähig und mein kognitives Potenzial nicht nur „ausreichend” ist, habe ich meine Glotze vor Jahren auf den Müll geworfen. Damit gehörte ich schon damals zu denen, die Soziologen heute als Kulturelite bezeichnen ;-)”
Da hilft auch der Smiley nicht – das ist Dummgewäsch der wirklich üblen Sorte, und ich bin “Sebastian” für seine Replik dankbar:
“Das heisst, man verliert ab einem gewissen Elitestatus die Fähigkeit, sich ein gescheites Programm auszuwählen und gibt lieber ganz auf?”
Eben. Ich kann es nicht mehr hören – deutsches Fernsehen ist scheiße, langweilig, hirntot, und vor allem: früher war alles besser. Das ist nostalgisch richtig, aber empirisch kompletter Blödsinn. Ich war in den 70er und 80er Jahren vor Ort, und ich erinnere mich gut:
- drei bis vier Programme (mit ein wenig Glück noch flackerig die Holländer oder die Österreicher)
- mono
- kein Programm morgens
- kein Programm nachts
- zum umschalten aufstehen
- Spielfilme frühestens nach fünf Jahren im Fernsehen auf strikt limitierten Programmplätzen
- tschechische und holländische Billigserien im Nachmittagsprogramm
- Jugendkultur von alten Menschen
- Horror-Schnitte und Synchro-Lügen bei Hitchcock-Klassikern
- Biedermann-Moderatoren
- graue Pullunder im Telekolleg
- US-Serien gnadenlos auf 45 Minuten runtergekürzt
Und jede Show die zwangsläufig gleiche dröge Mischung aus Fernsehballett, “Sketchen”, Musik und “Spielen”.
Na klar gab es damals auch “Extratour”, “Ein Herz und eine Seele”, “Kennen Sie Kino?”, “Berlin Alexanderplatz”, “Smog”, “Der Kommissar”, “Fleisch”, und “Der phantastische Film”. Aber das war alles so homöopathisch verteilt, dass man sein Leben nach der TV-Zeitschrift planen mußte – Videorekorder hatte ja kaum einer. Hatte man was verpaßt, war es futsch. Fernsehen war immer “für alle” – als Nischenfan fristete man ein Nischenleben. Nur retrospektiv verdichtet sich das Programm der 70er und 80er nostalgisch zur “guten alten Zeit”.
Besonders auffällig scheint mir, dass gerade diejenigen, die am meisten über das Fernsehen klagen, auch am meisten gucken. Heute hat man die Auswahl aus Dutzenden Sendern, ist aber fauler denn je, auch tatsächlich umzuschalten, um sich auf die Jagd zu begeben.
Man KANN sich über “Richterin Barbara Salesch” aufregen – man KANN aber auch zu arte umschalten. Man KANN “Beckmann” scheiße finden – man KANN den Abend aber auch bei Phoenix oder Bayern alpha verbringt. Man KANN sich von den Werbepausen auf ProSieben nerven lassen – man KANN aber auch Filme restauriert, in Breitwand, und im Zweikanalton auf MGM gucken.
Ich habe gerade mal kurz überschlagen, was mir an “gutem” Fernsehen in diesem Jahr über den Weg gelaufen ist. Nicht unbedingt alles, was ich gucke – aber was ich als qualitativ hochwertig wahrnehme. Und das ist nicht wenig:
- Dittsche
- Tagesschau
- Tatort
- KDD
- Stromberg
- Pastewka
- Druckfrisch
- Zimmer frei
- Hart aber fair
- Sendung mit der Maus
- Quarks & Co
- Kontraste
- Quer
- terra-X
- Aspekte
- Scheibenwischer
- Nano
- Kulturzeit
- Alpha Centauri
- Vinyl
- Der Dicke
- Blind Date
- Switch
- Rockpalast
- Fat Machines
- Die Ludolfs
- Kalkofes Mattscheibe
- Nachtcafé
- Türkisch für Anfänger
- Ladyland
- Bully & Rick
- Extra 3
- Zapp
- Album
- Genial daneben
- Mitternachtsspitzen
- Neues aus der Anstalt
- nachtstudio
- Pfarrer Braun
Dazu Mehrteiler, Reihen und TV-Filme:
- Die Flucht
- Steiff
- Gabor Süden
- Unter Verdacht
- 2030 – Aufstand der Alten
Dazu US-Produktionen:
- Dr. House
- Heroes
- Rome
- Weeds
- Deadwood
- Six Feet Under
- Scrubs
- Sopranos
- Bones
- Prison Break
- The Shield
- Lost
- Desperate Housewives
- Battlestar Galactica
- Arrested Development
- Reno 911
- Boston Legal
- Law & Order
- Gilmore Girls
- Monk
- Closer
- Psych
- Numbers
- 24
Und obendrein haufenweise Dokumentationen, Retrospektiven, Regionales, Buch/Koch/Polit-Magazine, und eine Sackladung Kabarett.
Sollte doch eigentlich ausreichen, um auch die sozial isolierteste Existenz durch die Woche zu bringen – ganz ohne Soaps, Reality TV, Trash-Talk und Action News.
Ich mag das deutsche Fernsehen einfach nicht mehr schlechter reden, als es ist. Und darum möchte ich auch mal wissen… nein, nicht was euch am Programm ankotzt, sondern was euch gefällt. Was sind eure Lieblingssendungen, wofür lasst ihr auch schon mal das Abendessen stehen?
Eure Meinung ist gefragt!
Wobei es ja durchaus legitim ist, zu kritisieren. Nur diese Absolutheit nervt mich. Aber ich denke, da kommen wir zusammen 😉
Was mir gefällt? Vor allem die aktuelle Generation an US-Serien mit Handlungen mindestens auf Staffellänge.
Ich sehe aktuell
– Lost
– Battlestar Galactica
– Heroes
– Prison Break
Darüber hinaus ist das Nachtcafé im SWR ganz interessant, ich warte sehnsüchtig auf neue Folgen von Türkisch für Anfänger und ich habe eine Schwäche für Tierdokus 😉
Wenn ich es nicht verpasse noch Bastian Pastewka und ja, verdammt, manchmal sehe ich auch sehr gerne Trashsendungen und c-Promi-Panels.
Gibt’s nen Grund, dass bei euch Boston Legal nicht auftaucht?
@ Corax: Erstmal – bei mir, nicht bei uns. “100 Prozent Torsten Dewi” – steht ja oben. Und der Grund ist einfach – ich bin kein Fan. Aber ich nehme die Serie nach deinem Hinweis trotzdem gerne in die Liste auf. Die Qualität ist ja unbestritten.
100% Torsten und 100% Sebastian waren gemeint.
Und ein Pluralis majestatis hätte ja groß geschrieben werden müssen. 😉
Danke für’s aufnehmen.
Shattners beste Rolle finde ich, und als Trekkie bin ich jedesmal über die ganzen Gastauftritte begeistert.
Pax
PS: Das Seitenlayout hier find ich genial.
@ Corax – ich gebe das Lob an den Designer des Themes Vistered Little und meinen Logo-Grafiker Pontifex weiter 🙂
Bei mir liegt es daran, dass das irgendwie an mir vorbeiging. Ich habe viel Gutes über die Serie gehört, aber man kann sich ja nicht um jede gute Sendung kümmern 🙂
Genau wie Dr. House. Ich WEISS, dass es eine Serie ist, die mir gefallen würde, aber ich scheue einen Einstieg in der jetzigen Phase.
Das Schlimme an diesen “Ich schmeiß’ meinen Fernseher weg”-Typen ist ja nicht, dass sie keine Glotze haben. Das Schlimme ist diese “Ich bin so supertoll und ihr nicht”-Attitüde, die bei den Hansels immer unweigerlich mitschwingt. Da könnte ich kotzen…
Serien, die ich regelmäßig gucke oder geguckt habe: Buffy, Akte X, Supernatural, Dr. House, Monk, Psych, Boston Legal, Für alle Fälle Amy, Outer Limits (auch wenn’s ein Scheiß war), Geschichten aus der Gruft, Angel, Boston Legal, Chicago Hope, gelegentlich die Gilmore Girls, Pastewka (was einfach sauhart ist, der kennt keine Gnade mit sich, der Typ). Stromberg ist mir in der letzten Staffel zu gemein geworden und hat die Grenze von lustig zu deprimierend überschritten, das tu’ ich mir nicht mehr an. Als Kind natürlich den ganzen 80er-Mist, A-Team, Knight Rider, Air Wolf, Street Hawk, MacGyver. Gab’ mal was, das hieß “Die Höllenhunde von Bora Bora” oder so. Keine Ahnung mehr worum’s da ging, aber ich hab’s geguckt.
“Lost” ist mittlerweile komplett plotbefreite Zone und hat sich selbst ins Abseits befördert…
Wenn’s geht versuch’ ich auch “Detektiv Conan” zu gucken, weil das die einzige Zeichentrick-Serie im Mittagsprogramm ist, die nicht nur für Kinder gemacht ist. Die Dinger sind echt knüppelhart und verzwickt. Das find’ ich toll, da werden die Gören, die zugucken nicht wie Idioten behandelt, denen man alles dreimal erklären muss. Den Mörder krieg’ ich trotzdem nie raus…
Womit man mich jagen kann ist so Science-Fiction-Kram…
Und nix gegen die Salesch, der Mist hat mich durchs Abi gebracht…
ich mochte “Edel und Starck”, “Die Kumpel” und “SK Kölsch”. Das war zwar alles eher seichte Serienkost, aber imo alles andere als lieblos runterproduziert. Nette kleine Geschichten halt (“Kottan ermittelt” passt hier nicht, oder?).
Wie man mit kleinem Budget interessantes Fernsehen machen kann, zeigt DMAX mit “Fat Maschines” (Jürgen Vogel ist überall großartig), “Der Checker” oder der TopGear-Copycat “D-Motor”. Das mag – nach “professionellen Maßstäben” – mitunter dilletantisch produziert sein, hat aber Seele.
Ist mir jedenfalls lieber als die 27. Wiederholung der mit dramatischer Musik unterlegten eBay-, McDonalds-, oder Schwerlastdokus bei ProSieben oder die Dauerwerbesendungen, die Motorvision für das DSF produziert. Schon witzig, schließlich produzieren letztere ja auch “D Motor” und “Der Checker”.
Polylux mag ich sein ein paar Monaten leider gar nicht mehr, die Pro-/Contra-Aufreger sind mit zu dumpf, der Rest leider kaum besser. Mit Pastewkas Serie wurde ich auch nie warm (nervte die nicht durch penetrante Placements in der ersten Staffel?). Dann lieber “Darüber lacht die Welt” (“R.I.P. Uli”, anyone? ,) von Hape Kerkeling.
Oh, “Berlin, Berlin” fehlt da oben noch. Und die Ludolfs.
An US-Serien würde mir noch “Rome” einfallen, diese überproduzierte Soap von HBO ,) Aber da bekomme ich sicher abfällige Blicke. Egal, für mich war das einfach Dallas in Sandalen.
45 Minuten, wo man wunderbar abschalten konnte. Vielleicht noch Nip/Tuck, wobei wir da inzwischen ja House haben.
PS: Und natürlich alles mit Charlotte Roche. Was macht die zur Zeit eigentlich?
“Switch” fehlt auch noch. Und das, was vom WDR “Rockpalast” noch übrig ist.
Sind aufgenommen – bis auf die paar Sachen, die schon nicht mehr laufen (es soll sich ja um der Argumentationsstärke auf das Jahr 2007 beschränken).
Die Liste wird immer beeindruckender – und sollte endlich mal belegen, dass die übliche Schlechtrederei ein deutscher Charakterzug, und keine objektive Meinungsäußerung ist.
Ich wüßte kein Land, mit dem ich das Fernsehprogramm in seiner Gänze tauschen möchte. Auch nicht mit England. Amerika schon gar nicht.
Du hast viel Gutes genannt, wobei ich persöhnlich Polylux nicht ertrage, auch wenn Katrin moderiert. Es hilft nicht. Boston Legal ist auch meine Nacht-Zap-Entdeckung des Jahres. Ist mir im Original irgendwie durch die Lappen gegangen. Ansonsten sehe ich die Sache pragmatisch: Ich besitze und nutze ein TV-Gerät, aber in letzter Zeit mutiert es zunehmend vom Empfangs- zum Abspielgerät für Serien/Filme, die ich mir aus dem Netz ziehe. Ein Schwenk zum Broadcasting ist allerdings für Sommer 2008 unvermeidlich: EM.
Also ich bin besonders von den US Serien der letzten Jahre beeidruckt. Da hat man einen Level erreicht der viele Kinofilme alt aussehen lässt. LOST, Heroes, 24, Prison Break und Dr.House sind für mich die Elite der NextGen Serien.
“The Shield” ist auch verdammt gut, in Deutchland aber wenig beachtet worden.
Für die Argumentationshilfe:
– Mythbusters
– Die Sendung mit der Maus (ich mag zwar erwachsen sein, aber die Sachgeschichten sind immer noch hochgradig interessant; die Lachgeschichten überspringe ich aber meistens)
– Schlag den Raab (für mich mittlerweile kurzweiliger und besser als Wetten Dass, wobei das mittlerweile auch nicht mehr schwer ist)
Ich gebe aber zu, dass ich selbst kein Fernsehen mehr als Live-Ausstrahlung gucke, sondern ausschließlich per Time-Shift oder als Aufnahme. Die Werbung wird einfach zu lästig und man kann (gerade bei Live-Sendungen) unbeliebte Passagen einfach überspringen. Serien und Filme gucke ich eigentlich nur noch auf DVD, da ich zum einen den O-Ton haben möchte und ich zum anderen Schwerhörig bin und daher auf Untertitel angewiesen bin.
The Shield ist wirklich großartig. Und da beide Deutschland-Ausstrahlungen an afair der gleichen Stelle abgebrochen wurden, liegt die erste Staffel schonmal unter dem Tannenbaum 🙂
Okay, Polylux ist raus, dafür Shield, Prison Break und Sendung mit der Maus drin.
Trotzdem, noch mal zurück an den Start: Was mache ich denn, wenn ich im Fernsehen alles, auch das hier aufgezählte, strukturell arm, ab der 2. Minute vorhersehbar und weit über die Tragfähigkeit der Idee hinaus ausgewalzt finde? Da hilft auch kein Umschalten, denn selbst sog. “wissenschaftliche Features” treiben es kaum anders – 5 Minuten Stoff auf 45 Minuten verteilt dargeboten + 15 Minuten Werbung. So viel Zeit habe ich nicht!
Film und Fernsehen haben sich ein festes Bild von dem zurechtgelegt, was die Zuschauer wie sehen wollen, und das zeigen sie ihnen – ob die das wollen oder nicht. Jede originelle Idee wird darum – zumindest in Deutschland – bereits in der Konzeptionsphase als die Zuschauer “überfordernd” aussortiert – billiger ist das außerdem. Man lese mal Lehrbücher zur Drehbucherstellung wie Keane oder Lazarus: Es ist erschütternd, dass Inhalte gegenüber Formen und Erwartungen gar keine Rolle spielen.
Der Kollege hatte also mit dem Wegwerfen in meinen Augen nicht so ganz unrecht. Ohne jede Besserwisserei und Überheblichkeit kann ich feststellen, dass Kino und Fernsehen mich persönlich langweilen. Den einzigen Reiz, den ich freilich selten bedient sehe, stellt ein hohes Tempo (also etwa Cameron+Schwarzenegger) oder visuelle Eigenständigkeit (also etwa Lynch, von mir aus auch Lucas) statt. Also wenn schon Fernsehen, dann schnell, laut und geistlos.
@ Wolfgang: Zuerst einmal – wen Kino und Fernsehen grundsätzlich langweilen, der soll sie meiden. Ich finde Schützenvereine auch scheiße, treibe mich deshalb auch nicht auf deren Festen und Veranstaltungen rum.
Du bist allerdings eine Klasse für sich: Normalerweise wird dem Fernsehen ja mangelnde Tiefe vorgeworfen – mangelnde Geschwindigkeit als Malus ist mir neu, besonders mit Verweis auf Cameron/Schwarzenegger/Lucas. Bist du sicher, dass du nicht an adultem ADD leidest? 😉
“Film und Fernsehen haben sich ein festes Bild von dem zurechtgelegt, was die Zuschauer wie sehen wollen, und das zeigen sie ihnen – ob die das wollen oder nicht.” – falscher kann eine Aussage nicht sein. Sonst gäbe es nicht “Stromberg” UND “Bauer sucht Frau”. Sonst wäre “Deadline” nicht gefloppt. Sonst hätte “Der Dicke” keine sensationelle Quote. Es könnte demnach keine Flops und Hits mehr geben – nur noch den vorstrukturierten Brei, den der Zuschauer mit Gleichmut konsumiert. Und das ist ja nicht der Fall. Der Zuschauer entscheidet jeden Tag neu, und die Sender raufen sich die Haare.
“Jede originelle Idee wird darum – zumindest in Deutschland – bereits in der Konzeptionsphase als die Zuschauer “überfordernd” aussortiert” – zwei Fragen dazu: woher beziehst du diese Information? Und wo wird es besser gemacht?
Allgemein: Ich habe kein Problem, wenn jemand Fernsehen nicht mag. Dann soll er aber auch konsequenterweise die Finger davon lassen, und nicht an allen Ecken und Enden darüber nölen. Das ist keine Kritik, das ist Jammerei.
Also erstmal danke für diesen Beitrag, solchen pseudointellektuellen Stereotypen kann man ja nicht oft genug widersprechen. Irgendwie scheint das “Fernseher wegschmeißen” das “Rauchen in der Pausenhofecke” des Web 2.0 zu sein. Man könnte viel darüber schreiben wie dämlich es ist, sich freiwillig in der Quellen- und Darstellungsvielfalt der Gegenwart einzuschränken und sich damit als vermeindlicher Kulturbürger selbst die Selektionsfähigkeit abzusprechen oder aber pointierter: Ich möchte mal erleben wie jemand mit demselben inbrünstigen Stolz in einem Kommentar verkündet er habe alle seine Bücher weggeworfen (immerhin ist da der Großteil der Neuerscheinungen ja auch von minderer Qualität) …
@ Hömig-Groß: Wenn Sie das oben aufgezählte strukturell arm und vorhersehbar finden, unterstell ich mal dass sie einen Großteil nicht gesehen haben, zumindest nicht Lost oder Heroes. Da haben die Fernsehverweigerer ohnehin immer ein Argumentationsproblem: Sie schauen nicht mehr, wissen aber dass alles was da läuft furchtbar schlecht ist. Und sie haben keine Zeit für Fernsehen, aber viel Zeit um (bevorzugt auf Medienblogs) mitzuteilen, dass sie keine Zeit für Fernsehen haben.
@ Michael: Schöner hätt ich’s auch nicht schreiben können. Gut auf den Punkt gebracht.
Hm, ich denke man kann es auch ganz unaufgeregt formulieren: Ich werde meinen Fernseher auch ‘wegschmeißen’, soll heißen nach meinem Umzug kein Kabel mehr anschließen und keine Antenne, sondern ihn nur noch für DVDs nutzen.
Dafür braucht es gar keine nostalgische Verbrämung, wenn ich mich recht entsinne, habe ich meine Jugend vor BimBamBino und “Die kleinen Fußballschlümpfe” verbracht, würd ich heute auch nicht mehr aushalten.
Aber ich konsumiere meine Serien gerne a) im O-Ton, b) werbefrei, c) wann ich will und d) blockweise (14 Folgen “Prison Break” am Stück, ein Fest!). Und nach “The Office” brauch ich kein “Stromberg” mehr, nach “Curb Your Enthusiasm” kein “Pastewka”. Zum “Anteasen” ist das deutsche Fernsehen ganz nett, zum Beispiel wenn sich Pro7 mal bequemt, ein paar Folgen “Nip/Tuck” auszustrahlen, und man sehen kann, dass sich der DVD-Import lohnt, “House” habe ich auch über RTL kennen gelernt, “CSI” über Vox. Ich würde insofern behaupten, dass der Vorwurf der “Selektionsverweigerung” bei mir nicht greift. Ich habe jahrelang selektiert und nun entschieden, dass das Selektionsangebot des Fernsehens nicht mehr meinen Anforderungen genügt, wenn man sie mit den Möglichkeiten der neuen Medien vergleicht. Für “Druckfrisch” (was für die Liste?) wäre ich eventuell noch bereit, eine Zimmerantenne einzurichten, früher auch für Harald Schmidt, dessen neues Format mich aber auch nicht bannen weiß.
Auffällig an Ihrer Liste finde ich übrigens, dass das klassische Familienfernsehen, z.B. das große Konsensformat “Wetten dass …?”, fehlt. Persönliche Präferenz oder Zugeständnis an den Zeitgeist?
@ Läscher: Ich halte “Wetten dass….?” schlicht nicht für “gutes” Fernsehen. Im Gegenteil: Es personifiziert das seelenlose Product Placement-TV als effiziente Zeitverschwendung nach dem Motto: garantiert nährstofffrei, aber man langweilt sich wenigstens nicht. Wenn meine Leser das anders sehen, nehme ich das Programm trotzem auf.
Ansonsten sei es dir unbenommen, den Fernseher nur noch als Bildschirm für den DVD-Player zu nehmen. Aber NUR noch US-Serien??? Was ist denn mit Nachrichten, Dokus, Talk, Sport, Reportagen, etc.? Fernsehen ist doch auch live, und nicht nur Konserve. Mein Interesse am TV ist zu breit gefächert, als dass es rein durch DVD gestillt werden könnte.
Mit dem Argument Original-“Office” müsste man ja auch die US-Version ablehnen, die (ebenso wie “Stromberg”) auf ihre Art großartig ist (und demnächst bei SuperRTL). Bei “Pastewka” gleich auf “Curb your Enthusiams” zu verweisen, mag zwar trendy sein, trifft den Kern aber nicht – die Ähnlichkeiten sind allenfalls strukturell, im Endergebnis sind sich die Serien nicht ähnlicher als “Reno 911” und “Niedrig & Kuhnt”.
“Druckfrisch” habe ich aufgenommen.
War mir natürlich klar, dass ich Ärger kriege. Ich handhabe es in der Tat empfehlungsgemäß: Ich lasse die Finger vom Fernsehen – weitgehend. Und ich muss einräumen: Darum habe ich vieles von dem nicht gesehen, worüber ihr euch hier sachkundig auslasst. Eine Ausnahme springt mit aber ins Auge: Lost. Doch für diese Serie (also die Folgen die ich gesehen habe) möchte ich meine Kritik eigentlich als – für mich – passend stehen lassen. Ist also alles am Ende nur eine Geschmacksfrage? Ich mag auch keine Schokolade und keinen Kuchen, andere bringen sich dafür um ….
Nun könnte man sich fragen: Was will ich hier überhaupt? Zur Tastatur gegriffen habe ich nur, weil mir der hier überwiegend vertretene Ansatz – Fernsehhassser (oder einfach nur -meider) sind entweder Leute, die kein Fernsehen kennen oder elitäre Spinner – nun auch wieder etwas zu kurz zu greifen scheint. Fernsehen ist einfach nicht meine Droge – da gibts andere, von Alkohol bis World of Warcraft.
Was mich sehr viel mehr interessiert als die Konsumption ist die Produktion. Da verfolge ich den Wortvogel gern. Und in den Beiträgen zu “Lotta in Love” meine ich oft genug gelesen zu haben, dass er ein eigentlich mindestens akzeptables Werk abgeliefert hat, das dann permanent überarbeitet werden musste, um irgendwelchen (vermuteten) Zuschauererwartungen oder -neigungen zu entsprechen.
Aber ich bin ja schon still.
@ Wolfgang – natürlich ist das alles Geschmackssache. Ich selber bin auch kein Lost-Fan (oder Prison Break, oder Desperate Housewives, oder, oder, oder). Und wenn jemand einfach keine Lust hat, viel fernzusehen, ist das ja auch mehr als löblich. Ich würde mich selber auch nicht als fernsehsüchtig beschreiben (maximal 2 bis 3 Stunden am Tag, und das nicht jeden Tag). Es geht hier, glaube ich, eher um die Leute, die Fernsehen aus und mit Leidenschaft erleben – sei es dafür oder dagegen.
Erstmal vollste Zustimmung zum Beitrag!
Wen das Fernsehen nicht reizt – kein Problem! Soll er’s lassen. Aber diese selbstverliebten Fernsehqualitätsleugner, die ihr Selbstbewusstsein aus ihrer Unfähigkeit zur Selektion ziehen, gehen mir auch auf den Senkel.
Ein “Lenßen und Partner” macht ein “Heroes” auch nicht schlechter, nur, weil es im selbem Medium herauskommt.
Eine besondere Verbeugung von mir daher nochmal in Richtung Michael für den Büchervergleich – wenn diese Leute konsequent wären, müssten sie das Lesen ebenfalls aufgeben.
Was ich gucke?
– “Battlestar Galactica”
– “Heroes”
– “Prison Break”
– “Monk” (beginnt jedoch allmählich nachzulassen)
– “Desperate Housewifes” (wie erwähn; lässt aber auch ab und zu nach)
– “The Shield” (die Penner haben’s abgesetzt!!!)
– “24”
– “Kim Possible”
In Sachen “Lost” war ich bis Anfang der dritten Staffel dabei, dann habe ich beschlossen, mich nicht länger von den Machern verarschen zu lassen (die ja im Interview bereitwillig einräumten, für ihre auf love stories begierigen Mütter zu drehen und auf Mystery-Fans zu scheißen).
Bei deutschen Serien rult natürlich der “Tatort”, “Switch” und (vielleicht ein klein wenig guilty pleasure, da ich nicht die Zielgruppe bin) “Mein Leben & ich”.
“Mein Leben & ich” und “Kim Possible” würde ich glatt aufnehmen – wenn beide Serien nicht schon abgesetzt wären.
Muss ich mich schämen, dass ich Kim heiss finde? 😉
Auf Grund der inhaltlichen Verwandtschaft verweise ich hier nochmal auf den Beitrag über das beste US-TV-Jahr aller Zeiten: https://wortvogel.de/?p=753
“Muss ich mich schämen, dass ich Kim heiss finde? ;)”
Da gibt’s so ‘ne Flash-Animation… brauchst du’n Link… ?
Nee, lass mal – danke 😉
“Muss ich mich schämen, dass ich Kim heiss finde?”
Naja, Shego wäre wohl eher deine Alterssparte…
Ansonsten hätte ich neben “Kim Possible” – wo mir Tornhill ja zuvorgekommen ist – noch “Teenage Robot” und natürlich “Spongebob Schwammkopf” nennen wollen, von denen aber auch keine neuen Folgen mehr produziert werden, soweit ich weiss (bin mir allerdings nicht sicher, ob bei “Spongebob” nach der fünften Staffel nun doch noch etwas kommt).
Aber immerhin laufen alle drei Serien noch in regelmässig im deutschen Fernsehen… 🙂
“Muss ich mich schämen, dass ich Kim heiss finde? ;)”
JEDER findet Kim heiss – Gigabytes an Fanart belegen das. Oh! Und das führt uns auch zum Thema zurück: Wer das Fernsehen wegen zu geringen Qualitätsschnitts ablehnt…was macht der im Internet? All die schlauen Bildblogs und Badmovies.des (ich bin soooo ein Schleimer :D) sind kaum ein Gegengewicht zu dem Universenladungen an Spam, Porno, Werbung, Propaganda und Müll, die es sonst bietet.
Shego ist auch klasse – hat aber den Nachteil, nicht rothaarig zu sein. Und egal was der Rest der Welt erzählt – das ist IMMER ein Nachteil.
Oh Mist, “Mein Leben & Ich” ist abgesetzt? Wusste ich noch gar nicht.
Druckfrisch kann ich unterstützen. Tolle Büchersendung. Und auch “Was liest du?” hat Charme.
Sendungen, die ich gerne sehe und noch fehlen:
-Genial Daneben
-Weeds
-Mitternachtsspitzen
-Neues aus der Anstalt
-Las Vegas
-nachtstudio
-Scrubs
und Pfarrer Braun. Letzteres fällt eigentlich genau in das Raster der deutscher Produktionen, die ich möglichst vermeide. Und dann bin ich bei Zappen dran hängengeblieben und mir hat’s gut gefallen.
@ Hilti: Was ich nachvollziehen konnte, habe ich eingetragen (auch wenn diverse Sache unter dem Oberbegriff “Kabarett” ja schon vermeldet waren).
“Mein Leben und ich” wird m.W. nicht mehr produziert – die Hegenbarth ist ja langsam auch ein wenig zu alt dafür. Übrigens bezeichnend, dass sich bei der Serie niemand mokiert, dass sie ein inoffizieller Abklatsch von “My so called life” ist – weil die Qualität stimmt.
“Quer” lohnt sich eigentlich auch immer – selbst wenn einem Bayern Wurscht ist.
Von “Alpha Cebtauri” kommen aber leider seit nem Jahr nur noch Wiederholungen.
Gut, “Quer” kommt auch rein – und terra-x auch. Und demnächst kommt ja auch eine Sackladung weiterer Top-Serien dazu: The Office (US), My name is Earl, Dexter, Dr. Who. …
Also ich hab keinen Fernseher weil ich irgendwie keinen Bedarf daran habe. Also rein unabhängig vom Programm. Bin aber ein großer Fan von Serien, die ich auf DVD habe ebenso wie Filmen.
Werde mir aber nächstes Jahr wohl wieder einen Fernseher zulegen denn manches Magazin und manchmal auch das eine oder andere Programm reizen mich doch.
Tach. In den 90ern hatte ich mal ne Phase, da kam ich 4 Jahre ohne TV aus. Aber bei dem heutigen Programm und der Möglichkeit, dieses mit einer Vielfalt von DVDs auzupeppen- ich würde mich genieren, mit einer Gerätlosigkeit noch zu strunxen. Das ist doch schon fast so, als würde man damit kokettieren, keine e-mail-Adresse zu haben.
Meine Serien:
Mein Leben und ich.
Seinfeld:
Prison Break-
Six feet Under-
Alias:
Dead like me:
Lost: (nur auf DVD erträglich. Den Gedanken, nicht mehr durchzublicken, weil die das wie bei allen anderen Serien auch in einer konfusen Abfolge ausstrahlen, halte ich nicht aus)
Abschnitt 40.
KDD.
CSI (alle, aber nur DVD)
Monk.
Wahre Worte! Wahre Worte!! Das sag ich auch immer wenn ich höre das Fernsehen wäre scheiße heute…es gibt ja auch ungefähr gefühlte 1000% mehr Programm. Da ist es dann nunmal logisch wenn mehr dabei ist was einem nicht zuspricht.
Ich würde auch noch Schmudt & Pocher in die Liste mit aufnehmen 🙂
Kann es sein, dass sich hier jemand angegriffen fühlt, der einfach nur gerne Fernsehen guckt und sich verurteilt fühlt, weil es jemand anderes aus Überzeugung nicht tut?
Auf der Liste stehen so manche nette Sendungen. Sie nicht zu sehen ist aber kein Verlust. Ich fühle mich auch durch keine der heutigen Sendungen gebildet.
Mein Fernseher flog schon vor Jahren raus und es hat sich bis heute nur als Bereicherung meines Lebens erwiesen.
Ich glaube auch, dass das Aufstehen um Umzuschalten der Figur einiger nicht geschadet hat. Und die Möglichkeit sich um jede Tages und Nachtzeit berieseln zu lassen empfinde ich auch nicht als Fortschritt…
Dazu kam mir vorhin in den Sinn: Wer Talkshows guckt muss einsam sein…
@lalita: Dann kannst Du mir doch bestimmt mal erklären, anhand welcher Quellen jemand, der seit Jahren keinen Fernseher mehr hat, die “heutigen Sendungen” beurteilt.
Ich kann nachvollziehen, wenn jemand sagt, ich brauche keinen Fernseher. Aber nicht, wenn jemand sagt, dass er kein Fernsehen braucht. Mein Fernseher ist vor 3 Monaten kaputt gegangen und deshalb steht bei mir in letzter Zeit auch eher wenig “frisches” Fernsehen auf dem Speiseplan. Aber dafür schaue ich halt mehr “Konserven” Fernsehen auf dem Labtop. Das okay für mich. Die Sendungen sind trotzdem neu für mich, nur halt Zeit verzögert, aber dafür ohne Werbung. Wenn ich was “frisches” schaue, dann meist mit meiner WG “Boston Legal”, “Stargate Atlantis” oder “Heroes”. Ansonsten aus der Konserve “Dr. House”, “Sopranos”, “Gilmore Girls” und ich habe noch diverse weitere US-Serienkost, die darauf wartet serviert zu werden.
Natürlich gibt es auch deutsches Fernsehen, dass gut ist, aber die wenigsten Serien in können meine persönliche Messlatte erreichen. “Stromberg” ja. KDD nein.
Am Rand noch eine Frage: Warum steht “ProSieben Märchenstunde” nicht drauf? Sicher kann man über den Wert einzelner Episoden streiten, aber wenn man es im gesamten Kontext sieht, ist die Sendung ein Highlight und auf alle Fälle besser als “Bully & Rick”, “Kalkofes Mattscheibe”, “Dittsche” und “Blind Date” zusammen.
@Peter Krause Weil es genug Freunde/Verwandte gibt die einen Fernseher haben und es nicht schaffen diesen aus oder leise zu stellen, wenn man versucht sich zu unterhalten.
Ich für meinen Teil muss sagen, dass ich lesesüchtig bin. Ich brauche also wirklich kein Fernsehen, da ich es nicht mal schaffe eigentliche Lieblingsfilme mehr als 10min zu schauen. Hoch lebe das Internet, etwas wo ich sage, “da komm ich ohne nicht mehr aus”. Bücher sind ja ein wenig teuer bei meinem Verschleiß…
Komisch. Ich hätte gedacht, man müsse zu einer Beurteilung des Fernsehens als ganzes 30 Sender beobachten, die rund um die Uhr senden. Daß es dafür genügt, die Glotze hin und wieder für eine halbe Stunde oder zwei im Hintergrund laufen zu haben, während man versucht sich zu unterhalten, verblüfft mich.
Das Internet finde ich aber überbewertet. Ich habs mir mal angeguckt (Unbekannte hatten mir die einschlägigen Seiten per Email empfohlen), und kann damit nicht wirklich viel anfangen, da ich weder Errektionsprobleme habe, noch abnehmen möchte.
“Ich für meinen Teil muss sagen, dass ich lesesüchtig bin.”
Man braucht keine Bücher. Ist kein Verlust, wenn man aufhört zu lesen. Die meisten Bücher sind eh schlecht. Eigentlich braucht man garnix. Man muss nur atmen, fressen, saufen, ein bisschen stoffwechseln und irgendwann sterben. Alles andere ist im Prinzip nur Schnörkel… im Hintergrund, während man sich mit den Verwandten unterhält… die man auch nicht braucht.
Frohe Weihnachten.
@Peter, wenn du tatsächlich 30 Sender rund um die Uhr beobachtest um die hier ein ordentiches Urteil zu erlauben, dann tust du mir ehrlich gesagt leid 🙂 Viereckige Augen mit Flimmereffekt.
Es soll eigentlich gar kein Streit oder sonstiges werden. Ich finde nur die Diskussionsgrundlage nicht ganz in Ordnung. Jemand, der dem Fernseher und dem Sehen abgeschworen hat, soll hier bitte den Mund halten, weil er jammert ja nur. Das ist irgendwie einer richtigen Diskussion abträglich, zumal niemand derer euch für euer Verhalten verurteilt hat. Sondern einfach nur seine Gründe für ein Nichtgucken mitteilte
@Internet 😀
@lalita: Sorry, sollte nicht bösartig klingen. Ist doch Weihnachten. 🙂
Ich meine nur: ich höre Radio gelegentlich, wenn ich bei meinem Kollegen im Auto mitfahr. Ich kann also sagen: “Ich brauche Radio nicht und würde nix vermissen.”
Ich kann aber nicht sagen: “Ich fühle mich auch durch keine der heutigen Radio-Sendungen gebildet.”
Denn ab und zu ein wenig WDR3 oder EinsLive nebenbei hören qualifiziert mich nicht zu einer solch allumfassenden Aussage.
Ich könnte akzeptieren, wenn Reich-Ranicki süge: “Terry Pratchett ist kein Schriftsteller” – aber nicht wenn er hinzufügte: “ich habe ihn nur kurz überflogen.”
Frohe Weihnachten an Dich und alle
von einem der besten Kunden der Buchindustrie
@ Latita: Die Grundaussage bleibt bestehen – wer sich brüstet, kein Fernsehen zu schauen, soll sich auch Aussagen zu dessen Qualität verkneifen. Das tut der Diskussion keinen Abbruch, weil so jemand schlicht nichts beitragen kann (das Thema ist schließlich nicht “Warum schaust du kein Fernsehen mehr?”).
“Weil es genug Freunde/Verwandte gibt die einen Fernseher haben und es nicht schaffen diesen aus oder leise zu stellen, wenn man versucht sich zu unterhalten.” – du solltest dich eher über deine Freunde/Verwandte aufregen als über das Fernsehen.
“Ich für meinen Teil muss sagen, dass ich lesesüchtig bin.” – was bei einem Gesprächsversuch sicher auch nicht sehr sozial rüberkommt – beim Fernsehen kann der andere wenigstens mitgucken.
Allgemein: Diese “Bücher sind besser”-Tröter gehen mir auch auf die Nüsse. Halten wir doch einfach mal fest, dass jedes Medium nach seinem Inhalt bewertet werden muß – ein Mensch, der “aspekte” und arte schaut, scheint mir a priori nicht dümmer als einer, der “John Sinclair” und “Das Superweib” liest…
@ the Geek: Sorry, die Antwort auf deinen Kommentar hatte ich völlig verschwitzt – “Märchenstunde” steht nicht auf der Liste, weil ich als Autor der Serie da nicht objektiv sein kann. Ich habe die Liste ja nicht erstellt, um meine eigenen Projekte zu pushen.
Im Nachhinein wird alles gern verklärt und was die siebziger und achziger Jahre angeht so ist die obige Beschreibung sicher korrekt.
Trotzdem sehe ich gerade im Vergleich zu den neunziger Jahren einen gewissen Qualitätsverlust, begingend mit der Kirch-Pleite und dem Einstieg von US-Investoren in den deutschen Markt.
Das die US-Serien den deutschen mittlerweile den Rang abgelaufen haben ist nicht neu, wer also US-Serien mag wird bei jedem Sender in der Primetime gut bedient, wobei dieses Klientel auch früher nicht zu kurz kam, weil sie bei den kleineren Sendern ProSieben oder VOX liefen, die Minderheit, die noch gerne mal zwischendurch eine deutsche Serie bevorzugt schaut dagegen in die Röhre, die ZDF-Serien mit dem ewiggleichen Krimiplot sind keine akzeptable Alternative zu Serien wie Die Cleveren, Abschnitt 40, Die Sitte, Edel & Starck, Inspektor Rolle etc.
Da alle Privatsender die Produktion deutscher Serien allerdings faktisch eingestellt haben, lächerliche Pressmitteilungen über die Produktion von Piloten (!) oder sogar Pinches (!!) herausgeben um Produzenten und Politik ruhigzustellen bleibt demjenigen, der nicht jeden Tag Caruso, Harmon und Petersen sehen will weiterhin nur Tatort-Wiederholungen, da weder RTL noch Sat.1 seine besten Serien nicht auf DVD veröffentliche hat.
Der Kulturfan der Frau Dorn oder Herrn Moor ertragen kann wird bei 3Sat oder ARTE bedient. Wer dümmliche Unterhaltung, Doku-Soaps und Coaching-Formate mag ist bei RTL. Sat.1 und ProSieben gut aufgehoben, gleichfalls Fans von ewiggleichen Krimiserien und romantischen Liebesfilmen bei ARD und ZDF.
Natürlich bietet das deutsche Fernsehen allgemein noch ein recht vielfältiges Programm an, die Perlen wie KDD, Hart aber fair etc. gibt es noch immer, aber es ist schwieriger geworden sie zu finden.
Angesichts des gestiegenen Renditedrucks hat die Qualität unglaublich gelitten, darüber kann ein Film für € 8 Millionen pro Jahr nicht hinwegtäuschen.
@ Thomas – ich stimme weitgehend hinzu, teile aber einige Schlussfolgerungen nicht. Der Einstieg der US-Finanziers hat mit dem Niedergang der Qualität der Primetime in Deutschland weniger zu tun als das Ende der New Economy, welches dem Einstieg vorausging. In den 90ern konnten es sich die Sender leisten, irrsinnige Summen in neue Projekte zu stecken, weil es eine Wachstumsphase war, weil der Werbemarkt massiv boomte, weil Kapital floss, weil niemand genau wusste, wo die Grenzen sind. Ein TV-Film auf ProSieben kostete damals fast das Doppelte – und es ist eben NICHT so, dass die Sender einfach entschieden haben, weniger für die Budgets herzugeben. Sie können nur im momentanen Markt die hohen Summen nicht mehr durch Werbeeinnahmen decken. Und was der Sender nicht hat, kann er auch nicht investieren. Was ich aber unentschuldbar finde, sind schlechte Drehbücher – die kosten nämlich keinen Cent weniger als gute Drehbücher. Ich sehe Wohl und Wehe des deutschen Fernsehen genau dort.
@Wortvogel:
Natürlich unterscheidet sich ein Sender in seiner Zielsetzung nicht von anderen Unternehmen – sie wollen alle soviel Geld wie möglich verdienen.
Aber dabei sollte man nicht vergessen besonders in einem schnelllebigen Geschäft wie dem Fernsehen auch wenn es nicht so gut läuft weiter ins Programm zu investieren.
Gerade hier sehe ich aber starke Defizite. Beispiel Sat.1
Durch die Abgabe der Rechte an Bundesliga und Champions League, der Auflösung der Sportredaktion, der Reduktion von eigenproduzierten Serien und Reihen etc. ergab sich sicherlich gewaltige Einsparungen.
Ins Programm reinvestiert wurde aber von diesem Geld nichts, oder zuwenig, mit preisgünstigen Formaten wie Schillerstraße (Bühnentheater), der Daily-Soap Verliebt in Berlin oder Clever! dachte man wohl man hätte für die nächsten Jahre ausgesorgt. Der Zuschauer war anderer Meinung. Nun verfügt Sat.1 in der Primetime quasi über keinerlei Programmsubstanz mehr, Erfolgsformate, Sendergesichter, alles weg, abgesehen von Court- und Fake-Ermittlerdokus von morgens bis abends, dazu noch das beschädigte Image nicht nur durch die Magazin- und Kausch-Affäre und das völlige Versagen des Konzernvorstandes in dieser Angelegenheit.
Auch wenn man wegen der Übernahme von SBS ein paar Milliarden Euro Schulden an der Backe hat, sowohl ProSiebenSat.1 als auch die RTL-Group haben glänzende Geschäftszahlen vorzuweisen, keiner erwartet jetzt Budgets auf US-Niveau, aber trotzdem ist sowohl die Zahl als auch die Qualität der heutigen deutschen Serien niedriger als von ein paar Jahren während die von US-Serien deutlich gesteigert wurde.
So gaben sich bei Die Cleveren noch Woche für Woche hochklassige deutsche Schauspieler die Klinke in die Hand. Bei Post Mortem reichte es nur noch für unbekannte Theaterdarsteller aus der Kölner Umgebung. Abgesehen von den schlechteren Büchern und ihrer Umsetzung.
Auch an Außendrehs wird immer mehr gespart. Hier fällt R.I.S. – Die Sprache der Toten besonders ins Auge, Serien wie die mit hohem Studioanteil gab es auch schon früher (alphateam – Jedes Leben zählt, Für alle Fälle Stefanie etc.), aber nicht bei einem Primetime-Format.
Aber R.I.S. ist ein eigenes Kapitel. Hier wurde eigentlich alles falschgemacht was man falschmachen kann.
Auch ist die schiere Zahl von je einem neuen, einstündigen Serienformat pro Privatsender und Programmjahr (Deadline bis Sat.1, schon wieder eingestellt, Unschuldig?! bei ProSieben und Die Anwälte bei RTL, noch aus dem letzten Programmjahr übrig) zuwenig um dem Geschmack der Zuschauer wieder auf die Spur zu kommen, so geht die Serienkrise und das Gejammer von Produzenten und Senderverantwortlichen noch jahrelang weiter.
Trotz aller Bekundungen über die Wichtigkeit von eigenproduzierten Serien für das jeweilige Senderprofil.
Du wirfst hier sehr viele Argumente in einen Topf, die teilweise nichts miteinander zu tun haben. Die Probleme, eine Serie für möglichst wenig Geld zu drehen, wird von den Sendern an die Produktionsfirmen weitergereicht. Du mißverstehst hier die Programmlogik – was nutzt mir eine Serie, die gute Quoten liefert, aber bei 900.000 Euro pro Folge ihre Budget gar nicht mehr einspielen KANN, weil die Werbeeinnahmen eine natürliche Grenze haben? Dann wird der Erfolg zum Fluch, denn mit jeder Episode zahlt der Sender drauf. Und TROTZDEM kann man SAT.1 nicht vorwerfen, dass sie kneifen – “Bis in die Spitzen”, “Blackout”, “Zodiak”, “GSG9”, “”LiebesLeben” – der Sender investiert durchaus, und dabei auch in Formate, die nicht ausschließlich billig-plakativ sind (es nervt mich, dass die Privaten immer auf “Niedrig & Kuhnt” und “Richterin Barbara Salesch” reduziert werden). Denn JEDER Programmchef WEISS, was du oben als Erkenntnismangel unterstellst – dass das Programm stete Investitionen braucht, Qualität braucht, CI braucht. Es mangelt bei SAT.1 weder an Versuchen noch an Bereitschaft – nur am Erfolg. Und wie du selber feststellst: Billig produzierte Dauerläufer-Formate gab es vor zehn Jahren auch schon (Stadtklinik, Die Wache – Beispiele von RTL). “Schwester Stefanie” WAR eine Primetime-Serie – es hat sich nicht soviel geändert, es wird nur heute fälschlicherweise als Trend gesehen, was immer schon da war. Preiswerte Formate schaufeln das Geld in die Kasse, um Edel-Formate zu stützen. Wenn aber die preiswerten Formate nicht mehr funktionieren, bricht das System zusammen. Um auch mal der übertriebenen Nostalgie die Spitze zu nehmen: Möchten wir SAT.1 “von vor zehn Jahren” wiederhaben? Schwester Stefanie, Alpha-Klinik, Die Wagenfelds, Geliebte Schwestern, Anna Maria – Eine Frau geht ihren Weg, Peter Steiners Theaterstadl, Verzeih mir!, Schreinemakers, Das goldene Ei? Wo waren denn vor zehn Jahren die mutigen SAT.1-Serien, die ambitionierten Versuche, mal was ganz Neues zu probieren? Darf ich daran erinnern, dass SAT.1 als erster Privatsender einen TV-Film produzierte – und zwar “Mit dem Herzen einer Mutter”?
“Bei Post Mortem reichte es nur noch für unbekannte Theaterdarsteller aus der Kölner Umgebung” – das sage ich Hannes Jaenicke. Der kommt vorbei und haut dich 😉
Das die Refinanzierbarkeit für die Sender an oberster Stelle steht verstehe ich durchaus. Es würde ja auch keiner auf die Idee kommen die Erstausstrahlung eines TV-Spielfilms auf den Nachmittag oder Vorabend zu verlegen.
Das um diese Zeit ein anderes Klientel vor der Kiste sitzt als am Abend ist völlig klar, das die Formate am Nachmittag kostengünstig sind, egal ob jetzt Court- oder Talkshow, alles kein Thema.
Allerdings stehe ich als Sender dann vor dem Problem meinen Zuschauern klarzumachen, dass ich aufgrund meines knapperen Budgets nicht nur nicht in der Lage bin das Niveau von US-Serien zu erreichen, sondern auch nicht mehr das Niveau von deutschen Serien von vor fünf Jahren zu erreichen weil das der Werbemarkt nicht mehr hergibt. Nun kann der Zuschauer aber mit einem Tastendruck zur wesentlich besser gemachten US-Serie wechseln. Soll der Sender an seine Zuschauer appellieren Eigenproduktionen zu gucken nur weil das hierzulande Arbeitsplätze sichert? Das wäre doch wirklich traurig.
Aber glücklicherweise muss nicht alles was gut ist auch teuer sein, wie z. B. die Schillerstraße beweist, auch GSG 9 ist ein Beweis wie man eine gute Serie ohne US-Budget drehen kann.
Trotzdem ist Post Mortem eine klare Verschlechterung im Vergleich mit der Sitte oder Abschnitt 40, Studioaufnahmen im fensterlosen Kellerlabor, wenige Außenaufnahmen und weniger prominente Darsteller als in früheren Jahren, auch die Bücher kommen an obige Produktionen nicht ran.
Die “unbedeutenden Theaterdarsteller aus Köln” waren eigentlich auf die Gastdarsteller bezogen und sollten keineswegs so abwertend gemeint sein wie das vielleicht den Anschein hat, aber ein gewisser Unterschied zwischen Katharina Thalbach, Jörg Schüttauf und Gottfried John im Gegensatz zu Dagmar Sachse, Thomas Meinhardt oder Bettina Engelhardt ist schon vorhanden.
Alles soweit richtig, Thomas – und jetzt stellst du auch die dringenden Fragen: wie KANN das deutsche Fernsehen denn überhaupt mit der US-Ware konkurrieren? Teure US-Serien gab es früher schon, preiswertere deutsche Produktionen auch. Schaltet der Zuschauer nur zwischen Budgets hin und her? Das kann es doch nicht sein – und das beweist auch der Erfolg von breit angelegten Serien wie “Der Dicke” und “Dr. Kleist”. Man kann da auch gerne noch zu “Schwester Nikola” zurück gehen – oder die Frage stellen, warum sowohl “Stromberg” als auch “Pastewka” gefloppt sind (sicher keine Frage der Bücher).
Erkennst du das Dilemma? Die Sender haben weder das Geld noch die Macht, deutsche Produktionen massiv im Markt zu verankern – wenn der Zuschauer nicht mitzieht, zieht er halt nicht mit.
Was ist die Lösung? In meinen Augen KANN es nur sein – Serien produzieren, die deutsche Identität haben (ich halte diese Jagd nach dem US-Style für einen Irrweg – das ist ein Rennen, das nicht zu gewinnen ist), und schon vom Konzept her nicht ungebührlich teuer sind. Dazu gute Bücher und engagierte Darsteller. Bei “Berlin, Berlin” und “Edel & Starck” hat das doch auch geklappt.
Bleibe im Lande und nähre dich redlich.
Ich glaube übrigens, du überschätzt deutsche Honorare – auch “preiswerte” Serien könnten sich arrivierte Gesichter leisten. Aber sie suchen meisten (irregeleitet) nach “frischen Gesichtern”.
Und Jaenicke spielt durchaus in einer Liga mit John – was den Marktwert angeht, sogar darüber.