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Nov 2007

Deutsche Filmtitel der 70er

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

WestworldMit großer Freude lese ich dieser Tage in den kurzen Stunden der Kontemplation wieder ein paar schräge Filmbücher: Lotte Eisners “Die dämonische Leinwand”, ein Sammelband über DDR-Film- und TV-Produktionen, und “Filme 71-76”, ein Handbuch der katholischen Filmkritik, aus dem später das “Lexikon des internationalen Films” hervorging. Das Handbuch scheint mir viele obskure Titel zu enthalten, die später aus Platzgründen ausgemustert wurden, darunter auch Pornos. Besonders gefallen hat mir aber der Reigen deutscher Filmtitel, die so wohl nur in den 70er Jahren entstehen konnten. Ich werde nächste Woche sicher ein paar Delikatessen zusammenschreiben, aber hier nur schon mal ein Kostproben:

  • Die alles zur Sau machen
  • Die auf heißen Öfen verrecken
  • Die im Dreck krepieren
  • Die im Sattel verrecken
  • … die im Staub verbluten
  • Die sich in Fetzen schießen
  • … die sich selbst zerfleischen

Mich düncht, in den 70ern herrschten Nihilismus und autodestruktive Tendenzen…

Ich bin mir nicht sicher, was ich davon halten soll: Einerseits sind die Titel phantastisch reißerisch, knallbunt, und sehr deskriptiv. Andererseits liegen sie oft genug völlig neben der Spur, und haben keinen wirklichen Bezug zum Filminhalt. Tendenziell sind sie auch immer recht lang, ganz im Kontrast zur heutigen Schlagwort-Kultur. Was meint ihr?

Ach ja: Der exzellente Western “3:10 to Yuma” (mit dem unglücklichen, weil irreführenden deutschen Titel “Todeszug nach Yuma” versehen) ist ein Remake, dessen Original hierzulande als “Zähl bis 3 und bete” lief…



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Ben
Ben
10. November, 2007 18:24

“Zähl bis 3 und bete” gefällt mir. 🙂

Peroy
Peroy
10. November, 2007 19:04

Auch gut: “In meiner Wut wieg’ ich vier Zentner”… 8)

Peter Krause
10. November, 2007 20:46

Sehr aussagekräftig finde ich auch:
* Dracula braucht frisches Blut
* Beim Sterben ist jeder der Erste
* Adele hat noch nicht zu Abend gegessen
* Dreht euch nicht um – der Golem geht ’rum
* Ein Einsamer kehrt zurück
* Es kracht, es zischt, zu seh’n ist nischt
* Hasch mich, ich bin der Mörder
* Hingerissen von einem ungewöhnlichen Schicksal im azurblauen Meer im August
* Die Ilse ist weg
* Nordsee ist Mordsee
* Foltermühle der gefangenen Frauen
… und natürlich, last but not least, der Titel, der keine Zweifel offen läßt:
* Die Körperfresser kommen

Wortvogel
Wortvogel
10. November, 2007 22:12

Der “Golem” hat ja auch noch den Untertitel “- oder das Zeitalter der Muße”. Ganz böser “neuer deutscher Film”.

“Hasch mich, ich bin der der Mörder” – großartige de Funes-Klamotte!

“Nordsee ist Mordsee” – essentielles 70er Kino von Bohm!

Auch schöne Titel: “Im Grunde meines Herzens bin ich Elektriker”, “Mein Bruder ist ein Einzelkind”, “Glaubt bloß nicht, dass wir heulen”, “Bratpfanne Kaliber 38”, “Was nützt dem toten Hund ein Beefsteak?”, “… un knallten ihn nieder”, sowie “Einen vor den Latz geknallt”.

Einen eigenen Eintrag werde ich sicher mal für den ersten ZDF-Film machen, der auf Video gedreht wurde. Es handelte sich dabei um einen Avantgarde-Vampirfilm der ganz brechreizerregenden Art mit dem programmatischen Titel “Cherie, mir ist schlecht”…

Peroy
Peroy
10. November, 2007 22:55

Ein paar hab’ ich auch noch…

“Rendezvous zum fröhlichen Tod”, “See der verstümmelten Leichen”, “Der Irre vom Zombiehof”, “Graf Porno bläst zum Zapfenstreich”…

…und ein aktuelles Beispiel, das beweist, dass die deutsche Titelschmiede über die Jahre hinweg nichts von ihrer Blödhaftigkeit eingebüsst hat: “Pulse – Du bist tot bevor du stirbst”…

… … … “du bist tot bevor du stirbst”… … … just think about that one… 😛

Peroy
Peroy
10. November, 2007 23:06

Ach ja, und der Tsui Hark-Klassiker “Wir kommen und werden euch fressen” aka “Kung Fu-Kannibalen” muss natürlich auch noch genannt werden…

Jens
11. November, 2007 20:05

Ich erinnere mich aus Videotheken-Tagen noch an eine Billig-Action-Produktion mit dem wunderbaren Titel “Zwei Supertypen machen alles platt”.

Und vor Jahren fand ich in einer TV-Spielfilm unter dem Programmhinweis zur Softsex-Klamotte “Autostop-Lustreport” den hilfreichen Hinweis: “Dieser Film lief im Kino unter dem Namen ‘Brummi – Sein Kolben läuft auch ohne Diesel’.”

Jens
11. November, 2007 20:07

Ach ja: Was ist denn “düncht”? Eine Mischung aus “dünkt” und “deucht” oder doch enger verwandt mit “lyncht”?

Peroy
Peroy
16. November, 2007 15:30

Jetzt muss ich doch mal fragen… warum das “Westworld”-Plakat ?

Wortvogel
Wortvogel
16. November, 2007 15:58

Kein spezieller Grund – ich wollte nur kurzfristig ein Kinoplakat der 70er einklinken.

Blubbarizor
Blubbarizor
21. November, 2007 01:28

11 Tage ohne was neues…