16
Aug 2007

Lotta in Love – Eine Story mit Folgen V

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

Lotta Premierenfeier (c) ProSiebenHINWEIS: ZUERST ALLE VORHERIGEN TEILE LESEN!

Zum Start der Serie gab es natürlich einen fetten Presse- Event, der im edlen Nachtcafé in München stattfand. Die gesamte Presse war da, die Leute von der Produktions- firma, vom Sender, die Besetzung – und Annett Louisan, die ein kleines intimes Konzert gab (man sollte sie wirklich mal live erlebt haben). Der Rohschnitt der ersten Episode wurde aufgeführt, und ich bat darum, dass einer der großen Stoffbögen mit dem LiL-Logo für mich aufbewahrt würde (er ist heute noch mein ganzer Stolz – fünf mal ein Meter!). Es war ein magischer Abend, an dem alles möglich schien, und man sich freute über den langen Weg, den man gemeinsam gegangen war.

Lotta PartytorteWir schauten den Rohschnitt noch mal mit Cast & Crew im Bistro der Bavaria, und dann die Ausstrahlung auf ProSieben im Studio selbst. Zu sagen, wir waren „pumped“, wäre eine Untertreibung. Obwohl der Sender noch kurzfristige Änderungen verlangt hatte, die ich kontraproduktiv fand, war das Endergebnis sehr nahe an dem, was ich mir vorgestellt hatte.

Man muss sich das mal klarmachen: Ich habe schon Filme mit Budgets von mehreren Millionen geschrieben, bei denen ich Mühe habe, auch nur einen SATZ aus meiner Feder wiederzufinden – aber eine kleine Telenovela, produziert unter ganz harten Umständen, bleibt deutlich näher an meine „Vision“.

Die Marketing-Kampagne zur Serie war ebenfalls nicht von schlechten Eltern: ProSieben hatte sich entschlossen, nicht nur LiL als Produkt zu bewerben, sondern auch die fiktive Sängerin “Alex”. Überall hingen Plakate “Alex in concert”, und bei einer Promo-Tour wurde ein Alex-Double von einer Stretch-Limousine durch die Fußgängerzonen gefahren:

Lotta Promoaktion
Bei der Produktion lief mittlerweile alles relativ rund, und wir hatten erstmals das Gefühl, in diesem Rhythmus auch die geplanten 240 Folgen durchziehen zu können. Wir erlaubten uns sogar ein paar wirkliche Schmankerl – z.B. die Kostümparty im Haus der Musiker. Das war eine abgedrehte Folge, die entgegen der Serienchronologie keinen ganzen Tag erzählte, und fast alle Figuren in richtig schräge Situationen brachte. Janin war eine bezaubernde Jeannie, und die Mitglieder vom “Lotta”-Team waren geladen, als Gäste im Hintergrund herum zu lungern.

Gerade am Beispiel der Party lernte ich, die Requisiteure vorsichtig und genau zu instruieren: Es lassen sich Sachen sehr nebensächlich in Skript setzen, die dann im Studio richtig Stress verursachen. Beispiel: Ein Satz wie “Die Band sitzt in der Küche und futtert Lasagne” ist TEUER. Weil: Lasagne kann man nicht kalt essen, die muss also von einem echten Ofen erhitzt werden, der dann wiederum besorgt werden muss. Ich bekam über drei Ecken die Mitteilung, dass wir mit 250 Euro Kosten rechnen müssten. Als ich der Requisite entgeistert sagte “Dann nehmt halt eine kalte Pizza für 5 Euro!”, schaute man mich erstaunt an: “Ja, wenn das für Sie okay ist.”

Da steckt eine Lehre drin: Die Requisite versucht zu machen, was im Skript steht – das ist gut und richtig so. Es ist die Pflicht der Dramaturgie, die Zügel in der Hand zu halten.

KostümpartyBei der Kostümparty war es genauso: Ich schrieb eigentlich eher beiläufig rein “Stix ist wie eine Amazonen- kriegerin mit Wurfmessern bekleidet, Ninja hingegen kommt als die Zielscheibe”. Ich dachte, da wird was aus Pappe geschnitten. Denkste: Die Setbauer brauchten einen halben Tag, um in Tateinheit mit der Kostümabteilung eine “tragbare” Zielscheibe zu bauen. Hätte ich das geahnt – ich hätte “Sie kommen als Clown und Cowboy” geschrieben…

Es war wie ein schräges, wildes Märchen.

Doch nicht alle Märchen haben ein gutes Ende – am Tag nach der Premiere sah ich die Quoten, und wurde ganz blass. Es war kein schöner Tag für mich. Einer mit vielen Telefonaten, in denen man sich gegenseitig versichert, dass man natürlich mehr erhofft hatte, über 12 Prozent in der Zielgruppe aber auch kein Beinbruch seien. Es dürfe halt nur nicht weniger werden.

Es wurde weniger. Viel weniger.

Lotta„Lotta in Love“ gelang es nie, die etablierten Soap- Konkurrenten zu brechen, mit jedem Wochenende verlor die Serie Zuschauer. Dabei hatten wir zum Start sogar recht wohlwollende Kritiken diverser kritischer Blätter bekommen, und die Marketingkampagne des Senders war wirklich massiv gewesen. Es half nur nichts.

Es passierte, was in so einem Fall immer passiert – was in meinen Augen aber noch nie funktioniert hat: das Format wurde „optimiert“. Zwei Folgen, die als zu langsam galten, wurden zusammen geschnitten, die Voice Over der Heldin wurden überarbeitet, mit neuen Figuren sollte mehr „sex and crime“ in die Serie kommen. Ich schaute mir das alles an, machte mit, war mir aber immer klar darüber, dass wir keinen Zuschauer, den wir nach zwei Wochen nicht hatten, noch bekommen würden. So wie kein Reisender noch auf ein sinkendes Schiff steigt. Das beweist die Erfahrung.

Der Sender nahm sich ein, zwei Monate Zeit, dann konnte man das Quoten- und Image-Debakel nicht mehr leugnen. Es gab viele Gespräche, was schiefgelaufen sei, und jetzt gerierte sich jeder, als hätte er schon immer gesagt, dass das so nicht klappen könne. Hinterher sind sie ja alle vorher schlauer gewesen. Damit meine ich nicht den Sender – ich meine die gesamte Republik: In dieser Zeit konnte ich auf keiner Party erwähnen, dass ich an “Lotta” arbeite, ohne dass der nächste Satz zwangsläufig eine Variation war von: “Läuft nicht gut, oder? Ist ja auch kein Wunder, weil …”

Ich machte sehr früh klar, dass ich sofort bereit war, meinen Stuhl zu räumen, wenn man der Meinung sei, es würde helfen. Und irgendwann im Mai (glaube ich) kam diese Bitte dann auch. Man wollte einen „fresh start“. Ich stemmte mich nicht dagegen – im Gegenteil. Meine Energie war auf dem Nullpunkt, ich hatte der Serie alles gegeben, und es hatte nicht gereicht. Wir waren in den Büchern ungefähr bei Folge 70. Ich glaubte selber nicht an einen Neuanfang – wie sollte ich ihn also betreuen? Ich stieg ein letztes Mal auf meinen Roller (mittlerweile war es sommerlich warm), und fuhr heim. Erleichtert. Seltsam im Einklang mit mir und dem Universum.

Janin in MaximEs wurde noch mal richtig rangeklotzt, um die Serie auch in der Presse frisch zu platzieren: Die Jungs aus dem Cast zogen sich für ein WM-Foto aus, Bruce Darnell aus “Top Model” wurde in die Serie geschrieben, und Janin ließ sich äußerst freizügig für “Maxim” fotografieren. Allein, es nutzt nichts mehr – auch in der Öffentlichkeit war die Nachricht vom Flop angekom- men, und setzte sich fest. Aber andererseits: hätte der Sender einfach aufgeben sollen?

Es kam nicht mal mehr zum richtigen Neuanfang – noch bevor die geänderte Strategie Fuß fassen konnte, verschob der Sender die Serie erst ans Wochenende in den Vormittag, dann schließlich in die frühen Morgenstunden. Ein Gnadenbrot für die restlichen der 130 Episoden, die wir produziert hatten. Den Sendeplatz von LiL bekam zuerst „Sex and the City“, dann wieder „Die Simpsons“.

Lotta-RomanmagazinKurios war, dass zu jener Zeit noch das vorgeplante Merchandising zur Serie er- schien – zwei Lotta-Magazine, zwei Lotta-Romane, und die CD von Annett Louisan. Später brachte Yvonne Catterfeld mit „Erinner mich, dich zu vergessen“ die deutsche Fassung eines Songs heraus, der im Lauf der Serie von Gitarrist Michael für Lotta/Alex komponiert worden war. Was hingegen nicht auf den Markt kam, war das, was ich gerne gehabt hätte – eine DVD-Edition der Serie.

Als die Dreharbeiten Anfang August zu Ende gingen, geschahen noch zwei Dinge, die es mir sehr leicht machten, von der Serie Abschied zu nehmen. Zuerst einmal bat mich die Produktion, die letzte Episode zu schreiben, was ich sehr anständig fand, und auch gerne tat. Leider entschied man beim Sender, mein Ende sei zu abgefahren, darum sei es an dieser Stelle exklusiv verraten:

Nachdem Alex und Lotta ihren ersten gemeinsamen Song auf der Bühne des „Leonie’s“ gesungen haben (und damit der Grund- konflikt der Serie beigelegt ist), fährt die Kamera so weit zurück, dass man sehen kann, dass wir uns nur auf einem Set befinden. Der Regisseur sagt durch den Lautsprecher „Cut! Das war’s!“, und alle Beteiligten klatschen zum Ende der Serie. Ich wollte die Welt der Serie brechen, sie in unsere Wirklichkeit holen.

Das andere angenehme Ereignis war die megafette Abschluss- party, die man LiL gönnte. Da wurde noch mal so richtig aufgefahren, die Serienband gab ein spektakuläres Konzert, auf der Großleinwand liefen Blooper, und wir tranken haltlos bis in den Morgen hinein.

Das war Anfang August 2006.

Ende 2006 hieß es, die Sets seien abgebaut und nach Holland verschifft worden, wo man die Serie für den niederländischen Markt als „Nina in Love“ adaptieren wollte. Davon habe ich allerdings nie wieder etwas gehört. Interessieren würde es mich schon.

Ich habe zwischendurch immer mal wieder geschaut, ob LiL noch läuft, zumal ich meine Lizenzgebühren nicht für produzierte, sondern nur für ausgestrahlte Episoden bekomme. Es hätte mich also richtig Geld gekostet, wenn ProSieben die letzten 50 Folgen einfach ins Archiv gelegt hätte. Aber die Serie ist ins Ziel gehum- pelt. An dieser Stelle ist man auch für kleine Erfolge dankbar.

Mittlerweile ist August 2007. „Lotta in Love“ ist vorbei.

Bin ich unglücklich, frustriert, sauer, peinlich berührt? Ach was. LiL war gut für das, was es sein sollte, und gut für das, was es war. Ich bin mit der Serie zufrieden, und ich werde nicht mein Mäntelchen in den Wind hängen und jetzt behaupten, ich wüsste, warum sie gescheitert ist. Wir haben das Publikum nicht gefunden, es ist lieber bei „Verbotene Liebe“ und beim „Marienhof“ (auf dessen altem Set wir einiges gedreht haben) geblieben. Ärgern würde ich mich, wenn ich denken müsste, wir hätten etwas falsch gemacht. Aber das gesamte Team hat die versprochenen 100%+ gegeben, und ich bleibe dabei, dass das Ergebnis sich sehen lassen kann. Es hat nur keiner sehen wollen.

So ist das Leben. War übrigens auch mal der Titel einer gefloppten Soap.

Es hilft, dass mittlerweile eine ganz Reihe weiterer Telenovelas gefloppt ist, und manche davon spektakulärer als LiL: 50 Folgen für „Das Geheimnis meines Vaters“, 65 für „Sophie – Braut wider Willen“, 42 für „Ahornallee“ (sicher das krudeste Produkt dieses Genres), und selbst „Schmetterlinge im Bauch“ blieb sieben Folgen unter dem LiL-Niveau.

Den „Mega-Trend Telenovela“ hat es nie gegeben. Das Publikum hat sich gleich zu Anfang seine Lieblinge ausgeguckt, und ist ihnen treu geblieben.

Aber wer jetzt diese gesamte Geschichte von LiL aus meiner Sicht gelesen hat, wird vielleicht verstehen, warum ich dieses intensive Jahr meines Lebens niemals missen möchte.

Behalten habe ich (neben den eingangs erwähnten Merchandise- und Promo-Artikeln) wie immer bei meinen Produktionen ein hardcover gebundenes Drehbuch mit Unterschriften aller Beteiligten:

lottaautog.JPG

Und das, meine Freunde, war die Geschichte des kleinen Pitch- Papiers „Lena – Liebe im Doppelpack“, das als ausgewachsene „Lotta in Love“ vielleicht gescheitert ist – aber wenigstens ist es grandios gescheitert.

Ich kann mit erhobenem Haupt in den Sonnenuntergang reiten.



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Anke
16. August, 2007 14:50

Dankeschön.

Thomas
Thomas
16. August, 2007 14:56

Toll. Danke. Ehrlich.

Malte
Malte
16. August, 2007 15:05

Dem kann ich mich nur anschließen: Danke für den tollen Bericht!

viewer
viewer
16. August, 2007 15:41

Toller Bericht. Leider muss ich mich den “..ist ja auch kein Wunder, weil…”-Besserwissern anschließen. (Sorry schon mal dafür 🙂 )
Aber wenn ein gänzlich Telenovela unerfahrener Sender (einizig in den 90er hatte man mal einen Flop mit “Mallorca” hingelegt), eine gänzlich Telenovela unerfahrene Produktionsfirma (die davor gerade mal 1 Weekly-Serie mit 2 Staffeln produziert hatte!) und einen gänzlich Telenovela unerfahrenen Headautor mit einer Telenovela beauftragt, dann sind das einfach schon mal per se ganz schlechte Startbedingungen.

Natürlich hatte Rat Pack damals keinen routinierten Headautoren gefunden, weil die wenigen die es gibt fest für die Telenovela erprobten Firmen arbeiten. Jede Wette: die UFA oder die Multimedia hätte keine Probleme gehabt, Head inkl. erfahrenem Team an den Start zu bringen.
Dabei will ich Dir nicht mal schlechte Arbeit nachsagen (dazu habe ich einfach zu wenige Folgen gesehen, um das beurteilen zu können) und ich glaube Dir auch, dass sich jeder im Team ein Bein ausgerissen hat – aber erfahrenere Leute (auch im redaktionellen und produktionstechnischem Bereich) haben sich diese Beine schon viel früher schon mal ausgerissen und wären wahrscheinlich wesentlich routinierter an die Sache rangegangen.

Klar ist dann für Dich als Head-Neuling die Arbeit doppelt schwer, wenn Du auch noch jede Menge Soap-unerfahrene Leute im Team hast, weil die richtig guten und teuren Soap-Autoren bei den schon oben genannten Firmen sitzen.

Ich bin mir zudem sicher, dass der “Außenseiter” RatPack den Zuschlag unter anderem auch aus finanziellen Gründen bekommen hat – sprich, versprochen hat, dass man die Serie sehr günstig produzieren werde. Ohne jetzt ein Soap-Experte zu sein, aber die Kulissen und die Kamera sahen bei LIL im Gegensatz zu VIB schon echt trashig aus.

Ich will nicht sagen, “das konnte ja nur schief gehen” – weil kleinere Produktionsfirmen manchmal ein unglaublich großes Kreativpotential haben… Aber wie Du selbst aufzeigst, ist das Outline-Management bei der Entwicklung, vor allem aber auch der Produktionsprozess am Set einer Daily sehr viel Handwerk und fordert größtest Know-How, das sich in Eurem Fall einfach alle erst einmal anlernen mussten.
Es spricht ja nichts dagegen, auf einer Position, z.B. beim Head-Autor, einen frischen Neuling zu besetzen. Aber wenn auch Senderchef, Fiction-Chef und der verantwortliche Redakteur des Senders, sowie der Produzent, der Head-Autor und einige der Autoren wenig Know-How haben, dann hat man wohl an irgendeiner Stelle einen Fehler gemacht und das ganze vielleicht etwas unterschätzt.

samira
samira
16. August, 2007 15:53

Ganz großes kino. Ein wirklich schönes Ende, danke!

Calain
Calain
16. August, 2007 15:54

So dann will ich mich hier mal outen.

LiL war die einzige Telenovela, die ich mir ansehen konnte. Und das auch noch als Simpsons-Liebhaber.

Vielleicht war das das Problem von LiL. Die Serie war gut, aber sie war nicht so wie die anderen Serien. Hätte mich meine damalige Freundin nicht dazu gezwungen, hätte ich wohl nie eine Folge LiL gesehen, da ich bei den anderen Vertretern dieser nicht eine Folge sehen kann, ohne das ich den Raum verlassen muss.

Gerade den Anfang, fand ich richtig gut. Aber nach der Verlegung auf den Sonntag Morgen habe ich dann doch nicht mehr weiter geschaut.

Trotzdem ein Lob für die ursprüngliche Serie.
Wenn sie einen Hasser des Geres dazu bekommt sich die Serie anzusehen, kann sie gar nicht so schlecht gewesen sein. 😉

Wortvogel
Wortvogel
16. August, 2007 16:00

@ Viewer: Das klingt alles sehr plausibel, passt aber auf die Fakten nicht – Telenovela-Flops sind auch von den arrivierten Produktionsfirmen beigebracht worden (Tessa, SiB, Das Geheimnis meines Vaters). Einzig “Ahornallee” war ebenfalls das Produkt von TN-Neulingen. Übrigens war es “Ahornallee”, die gegen jeden Verstand billig heruntergekurbelt wurde. Das Budget von “Lotta” war in Ordnung, und der Produktionsdesigner ist ein Vollprofi gewesen. Diese Kritik nehme ich so nicht an.

Ähnlich die “Neulinge”-These: Das wäre okay, wenn “Lotta” miese Bücher oder das falsche Konzept gehabt hätte. Fakt ist aber: Die Zielgruppe ist nicht einmal zu Anfang zur Serie gekommen – es lag nicht an der Machart, sondern am generellen Interesse am Format.

Ich gehe sogar einen Schritt weiter: Viele der Leute, die sich bei uns vorgestellt haben, kamen von UFA, Endemol, etc. – und die hatten zum Teil derart schnarchige Gewohnheiten, dass sie komplett ungeeignet waren.

Keines der von dir genannten Argumente trifft auf Tessa zu, auf SiB, auf Geheimnis meines Vaters, auf Sophie – Braut wider Willen. Was waren denn bei denen die Probleme?

Ich behaupte: Das Publikum wurde vorab mit dem Format nicht vertraut genug gemacht, und dadurch nicht ausreichend “angeheizt”, um von “Marienhof” und “Verbotene Liebe” abzuspringen. Man kann die Zuschauer eben nicht beliebig steuern, sonst hätten alle Sender nur noch 100 Prozent Quote (was ja in sich unmöglich ist).

An keiner Stelle in der Produktion hat die Unerfahrenheit seitens der Produktion irgendeine Auswirkung auf das fertige Produkt gehabt. Daran hat es nicht gelegen,

Du siehst hier einen plausiblen MÖGLICHEN Fehler, den du aber nicht belegen kannst, weil du die Serie nicht wirklich gesehen hast. Trotzdem bist du überzeugt, dass es genau daran gelegen hat. Und das meinte ich mit dieser “Hinterher weiß es jeder besser”-Nummer.

Pia
Pia
16. August, 2007 16:08

Merci für den wirklich interessanten Einblick 🙂

samira
samira
16. August, 2007 16:17

Dieses Besserwisser-Phänomen hatten wir auch; im KW-Studium wurde der Werdegang von Lil auch heiß diskutiert da aufgrund der massiven Vermarktung unser Medieninteresse geweckt war. Und wirklich – jeder – hatte seine eigene kleine, hieb und stichfeste Theorie warum von vornerein klar war, dass das alles so nicht hätte klappen können.
Plötzlich war jeder Vermarktungsexperten.

Ein Kollege von mir hat bei LiL bei der Requisiten ausgeholfen. Seine Theorie: die Serie wurde zu dunkel ausgeleuchtet wodurch die Hintergründe verschwammen, was seiner Ansicht nach das Scheitern der ganzen Serie begründet.

Das nur als Beispiel, dass im Nachhinein auf Basis eines mehr oder weniger vorhandenen Fachwissens nach Erklärungen für Erfolg oder Misserfolg eines Produktes gesucht wird, was aber manchmal verhindert, dass über den Tellerrand hinaus geblickt wird.

Mit „schönes Ende“ meinte ich auch das der Serie selbst.

viewer
viewer
16. August, 2007 16:27

@Torsten: Meine Neuling-These bedeutet ja nicht automatisch den Umkehrschluss, dass man mit einem erfahrenen Team unbedingt Erfolg haben muss. Quoten sind immer das Ergebnis aus tausenden Faktoren und man kann im Nachhinein nie sagen, woran es nun wirklich gelegen hat oder ob nun einer oder mehrere Faktoren den Ausschlag gegeben haben. Es ist aber genauso Fakt, dass Neulinge diese vielen Faktoren eben schwerer einschätzen können, als Routiniers.

Ein Faktor mag z.B. im falschen Marketing liegen. Was vielleicht wiederum daran liegt, dass Daily-unerfahrende Marketing-Leute eines Senders etwas falsch machten und ein Daily unerfahrener Senderchef diesen Fehler nicht korrigierte, bzw. ein “kleiner” Produzent (im Vergleich zu den großen Playern) nicht genug Einfluss aufs Marketing nehmen konnte oder aus Unerfahrenheit diesen Fehler gar nicht sah. Beweisen kann ich das natürlich nicht – das kann niemand.

Zu Beginn von LIL war ich regelmäßiger VIB-Schauer und war neugierig auf die neue ProSieben-Soap. Mag sein, dass der Set-Designer ein Vollprofi war (davon gehe ich sogar aus), aber wenn er zu wenig Geld hatte oder wenn der Kameramann aus Zeitknappheit auf aufwendige Kamerafahrten oder eine gute Ausleuchtung verzichten muss, dann helfen auch gute Kulissenbauer nichts. Ich habe bei LIL in der ersten Woche ein paar mal länger reingezappt und sah immer nur Personen im Profil, die vor einer (Regal-)wand stehen, manchmal langsame und unmotivierte Kamerafahrten. Das war wirklich ein Unterscheid zur Sat.1-Telenovela.

Ok, das geht jetzt auch zu sehr ins Detail. Ich will hier ja auch niemanden ans Bein pinkeln. Im Gegenteil: Ich habe Dich beim Lesen Deines Artikels mit Deinem Roller im Schneegestöber gesehen und hatte einfach Mitleid. Da machen einige Verantwortliche ganz oben einige Fehlentscheidungen (dabei bleibe ich!) und der einfache Autor muss es ausbaden.

samira
samira
16. August, 2007 16:46

Ich glaub es wird auch manchmal die Unberechenbarkeit der Zuschauer unterschätzt. Wenn sie etwas effektiv nicht schauen weil es sie einfach nicht interessiert dann kann das Produkt noch so gut und professionell gestaltet sein. Da muss dann nicht zwangsläufig etwas schiefgelaufen sein.
Siehe auch z.B. den Werdegang von „Blackout“. Das war eine qualitativ außerordentlich hochwertige Produktion, mit großem Budget, elitären Teams, überdurchschnittlich viel Marketing. Es hat aber die Leute einfach nicht interessiert. Punkt aus.

Roger Schawinskis erzählt hierzu:
„Die Nacht und der Morgen nach der Ausstrahlung einer wichtigen Sendung sind für alle direkt Beteiligten jeweils Stunden höchster Nervosität. Wie würde das alles entscheidende Verdikt der Zuschauer ausfallen? Hatten sich die vielen Anstrengungen gelohnt? War es ein Hit oder ein Flop, oder irgendetwas dazwischen, mit dem es sich gerade noch leben lässt?

Dann, so gegen halb neun am nächsten Morgen, hatte ich die Quoten auf meinem BlackBerry. Aufgeregt spulte ich die einzelnen Sendungen herunter, bis ich es vor mir sah: Blackout 7,0 Prozent. Ich erstarrte augenblicklich. 7 Prozent! Das war eine Katastrophe! 7 Prozent. Wie war das möglich? Was war passiert?

[…]

Detailinformationen wurden nachgeliefert. Das Vorprogramm Nur die Liebe zählt hatte mit einer Superquote von 22 Prozent an Blackout übergeben. Doch sobald der Vorspann für Blackout anlief, raste die Quote in die Tiefe. Bereits nach zwei Minuten war sie bei 7 Prozent angelangt, wo sie dann weitgehend verharrte. Das heißt, die allermeisten unserer Zuschauer hatten sich schon im Vorfeld entschieden, dieses Programm nicht sehen zu wollen. Sie hatten ihm nicht den Hauch einer Chance gegeben!* All unsere Promotion-Anstrengungen, all die fantastischen Kritiken, Storys, Vorschauen und Tagestipps waren verpufft oder schienen sogar die Zuschauer darin bestärkt zu haben, diese Sendung auf der Fernbedienung wegzudrücken.“
(Auszug aus die TV-Falle, vorab veröffentlicht in der Zeit: http://www.zeit.de/2007/34/Schawinski)

Marko
16. August, 2007 17:15

Vielen Dank, das war sehr interessant.

Perry
Perry
16. August, 2007 17:26

Mit ein Grund für das Desinteresse des Publikums war m.E. nach die massive Werbekampagne. Über Wochen und Monate konnte man weder Pro 7, noch Sat 1 oder Kabel 1 ansehen, ohne bei jeder Werbepause mit dem Lotta-Jingle überfallen zu werden.

Zuviel Werbung kann das Gegenteil bewirken und eine Aversion erzeugen. Den Effekt hatte der lästige Werbe-Overkill bei mir. Und selbiges hörte ich von Bekannten.

DerTim
16. August, 2007 17:57

Superspannender und interessanter Bericht! Es hat sehr viel Spaß gemacht ihn zu lesen und man kann förmlich das Herzblut und auch die Enttäuschung aus den Zeilen herauslesen.

Würdest Du nach dieser Erfahrung jemals wieder so ein Projekt anfassen?

Peter
16. August, 2007 18:02

Großer Sport, danke!

manhunter
16. August, 2007 19:50

Von LiL hab ich nie mehr als die erste Folge gesehen, aber ich habe diese Rückschau mit grossem Vergnügen und regem Interesse gelesen. Sämtliche Daumen nach oben!

Peroy
Peroy
16. August, 2007 20:21

“Nachdem Alex und Lotta ihren ersten gemeinsamen Song auf der Bühne des „Leonie’s“ gesungen haben (und damit der Grund- konflikt der Serie beigelegt ist), fährt die Kamera so weit zurück, dass man sehen kann, dass wir uns nur auf einem Set befinden. Der Regisseur sagt durch den Lautsprecher „Cut! Das war’s!“, und alle Beteiligten klatschen zum Ende der Serie.”

Oh, hat da einer “Mord 101” gesehen und fand den 4th Wall-Schlussgag auch so witzig wie ich… ?

Peroy
Peroy
16. August, 2007 20:28

“Mag sein, dass der Set-Designer ein Vollprofi war (davon gehe ich sogar aus), aber wenn er zu wenig Geld hatte oder wenn der Kameramann aus Zeitknappheit auf aufwendige Kamerafahrten oder eine gute Ausleuchtung verzichten muss, dann helfen auch gute Kulissenbauer nichts.”

Aufwendige Kamerafahrten… sowas gibt’s doch bei Daily Soaps eh nicht… ? Das läuft doch dem ganzen Konzept zuwieder, auf formalästhetische Höchstleistungen ist so ein Format doch gar nicht ausgelegt… 😕

Mathias
Mathias
16. August, 2007 20:57

Sehr spannender Einblick in die Entstehungsgeschichte einer Fernsehserie. Vielen Dnak dafür. Ich habe es sehr gerne gelesen.

Joe
Joe
16. August, 2007 21:06

Danke für den Bericht. Klar, dass es keine “Erfolgsformel” gibt. So gesehen hat die Angelegenheit etwas von sportlichen Wettkämpfen: neben Professionalität bedarf es auch des Quentchens Glück.

Perry
Perry
16. August, 2007 21:23

Ist ja interessant, dass Du ab Folge 70 oder so gar nicht mehr dabei warst. Wurdest Du aber nicht nach wie vor als Headuator im Nachspann genannt?!?!

Peter Krause
16. August, 2007 21:25

Ich sehe es wie Perry, gebe die Schuld aber nicht nur der Werbekampagne, sondern bereits dem Titel.
Wenn ein Sender glaubt, er könnte die Zielgruppe auf eine innovative Geschichte aufmerksam machen, indem er sie “Lotta in Love” nennt, hat er die Niederlage verdient – im Gegensatz zu den Produzenten, die sich die Beine ausreißen, um dann ihre Perlen vor die Säue zu werfen.
Nichts, aber wirklich nichts wies darauf hin, daß ich diese Serie eventuell gern sehen mögen würde. Alles schien nur zu sagen: “Seht her, wir haben die Seife quadriert”, vom Logo bis zu den Jingles.
Schade, womöglich hätte mir die Serie sogar gefallen.

Perry
Perry
16. August, 2007 21:28

“Das Budget von “Lotta” war in Ordnung.”

Wie muss man sich das vorstellen? 10tausend, 20tausend, 50tausend oder noch üppiger? Sah ja schon recht gut aus.

Grüssle

Der Perry

Wortvogel
Wortvogel
16. August, 2007 22:56

Sorry, aber über genaue Zahlen darf ich nicht sprechen. Wie gesagt – der Preis war Soap/TN-üblich, und dabei muss es bleiben.

@Viewer: Ich gebe dir recht – das Risiko wird durch “Neulinge” größer. Aber wie gesagt: Ich sehe nicht, dass es daran gelegen hätte. Gerade die technische Crew kam übrigens größtenteils aus dem Soap-Bereich, war also durchaus “Veteran”.

Man weiß es nicht, man wird es nie wissen…

Bin übrigens vom eifrigen Feedback begeistert!

Sandra
Sandra
16. August, 2007 23:06

ich habs anfangs immer gern geguckt. nur die Nebenhandlungen fand ich zu spröde..genau wie bei den anderen novelas auch. und nach einiger Zeit wurde die Handlung plötzlich anders…unwirklicher, reisserischer. Das mit diesem Wunderheiler den Morden passte da nicht rein. und Schade um die wirklich netten Schauspieler. Die haben die Sache gut gemacht.

Wortvogel
Wortvogel
16. August, 2007 23:28

Tja, und die ganze Wunderheiler/Killer-Plotte war dann auch nicht mehr von mir – als ich das später mal in den Skripts gelesen habe, bin ich fast vom Glauben abgefallen. Allerdings ist Diego Wallraff schon ein toller Schauspieler und ein echt netter Typ.

samira
samira
16. August, 2007 23:30

@ Peter
Ich find Titel bei den Novelas immer so eine Sache…ich meine kann man sich unter “Verliebt in Berlin” oder “Gute Zeiten, schlechte Zeiten” so viel mehr vorstellen? Einen Titel alleine verantwortlich zu machen für das Durchsetzungsvermögen eines Formats finde ich schon gewagt. 🙂

Außerdem fand ich wirklich passend und quote mich mal ganz frech selbst, da ich keine Inspiration hab aka ich zu faul bin die Argumente aus dem anderen Comment neu auszufomulieren:
Es passte semantisch wie optisch zur CI von Prosieben (fand ich zumindest) und das Lotta reminiszierte, meine ich, sofort Erich Kästners Werk. Außerdem haben wir eine schöne Alliteration (LOtta, LOve) und eine griffige, bei Telenovellen und Soaps doch so beliebte Abkürzung, LiL. (vgl. ViB, AWZ, Gzsz. By the way: Arbeitstitel von Verliebt in Berlin war wohl “Alles nur aus Liebe”, wurde dann aufgrund der Abkürzung (die jetzt jeder mal für sich nachzeichnet) fallen gelassen. Gute Idee.)

samira
samira
16. August, 2007 23:34

Sag mal Torsten ging dein Weggang mit dem Wechsel von dem Vorspann einher? Oder war das schon vorher? Und wenn ja, war das Teil des neuen Vermarktungskonzepts? Warum hatte man sich dafür entschieden? (Sorry, für die viele Fragen, aber das tät mich jetzt mal aber echt interessieren.)

Wortvogel
Wortvogel
16. August, 2007 23:42

Der neue Vorspann kam nach meinem Abgang. Ich hätte mich auch dagegen gewehrt – obwohl, verstehen kann ich es schon: die wollten halt konsequent zeigen, dass es nun eine “neue” Lotta gibt (der Titel “Everything must change” ist durchaus wörtlich zu verstehen), und es wurde dann ja auch entschieden, deutlich mehr Sex in die Serie zu quetschen. Ich persönlich fand, dass passte nicht, hätte aber auch direkt keine Alternative gewußt. Fakt ist, und da sehe ich mich bestätigt: Quotenmäßig gebracht hat der Wechsel nullkommanull.

Al
Al
17. August, 2007 00:04

Vielen Dank für diesen unglaublich spannenden, aufschlussreichen und interessanten Bericht. Das waren bestimmt die schönsten Blogeinträge, die ich in diesem Jahr bis jetzt gelesen habe.

ajo
ajo
17. August, 2007 00:14

Danke für diesen wirklich ausführlichen und spannenden Bericht über die Entstehung einer neuen Serie! Ist in der Blogosphäre wohl relativ einzigartig, oder?

Allerdings muss ich zugeben, dass sich mein Mitleid für das Scheitern der Serie so ziemlich in Grenzen hält. Gut, ich habe mit der Branche nichts zu tun und bin deshalb vielleicht ein bisschen idealistisch. Aber wenn die Geschichte einer TV-Serie mit den Worten beginnt “Jeder wird jetzt Telenovelas machen – und ProSieben hinkt hinterher. Wenn man schnell ist, kann man jetzt noch gut einsteigen”, dann sollte daraus schon aus Karma-Gründen einfach nichts werden. Alles an diesem Bericht kommt so unglaublich – um es nicht ganz negativ zu formulieren – maschinell rüber. Streckenweise liest es sich so, als hättest du den schlimmsten Job der Welt. Was war denn jetzt diese “Vision” genau? Einfach nur ein hoher Marktanteil? Ohne irgendwas dafür zu tun, was über das Mittelmaß und Dienst nach Vorschrift hinausgehen könnte? Naja, zugegeben, sowas gelingt leider immer häufiger.

Ich glaube aber immer noch, dass sich Fernsehschaffende (mögen sie auch bei den Privaten sein) weniger an ihrer Marketingabteilung orientieren sollten, sondern an dem, was die Zuschauer wollen. Darauf wurde hier überhaupt nicht eingegangen. Es wurde nur mokiert, dass sich die ‘Simpsons’-Fans übertrieben aufgeregt hätten ohne überhaupt LiL jemals gesehen zu haben. Das Problem ist aber, wer das Genre Telenovela kannte, der wusste natürlich auch, was von LiL zu erwarten war. Und das ist so ungefähr das exakte Gegenteil von allem, wofür die Serie ‘Simpsons’ steht. Die beiden Zielgruppen waren disjunkt.

Und es gab tatsächlich niemanden, der dem Telenova-Projekt skeptisch gegenüberstand? Niemanden aus dem Sender zum Beispiel, der einen Misserfolg zumindest als mögliches Szenario eingeplant hatte? Unglaublich, es sprach so vieles gegen einen Erfolg: Der Sendeplatz, diese unsympathische Retortenherstellung, aber meiner Einschätzung nach nicht zuletzt auch das Gesicht von Janine Reinhardt, die ja eigentlich ausschließlich als Moderatorin bekannt war. (Leute wie ich werden bei plötzlichen Berufswechseln von Promis schnell skeptisch.)

Wahrscheinlich ist das weltfremd, aber ich will einfach den Glauben nicht aufgeben, dass es eine Mehrheit (ja, eine echte Mehrheit!) gibt, die intelligente und charmante Produktionen nachfragt, bei denen Dialoge nicht bloß lästiger Arbeitsaufwand sind. Und bei denen man nicht das Gefühl hat, von den Machern nur als Teil einer riesigen, hirnlosen Reflexmasse angesehen zu werden, die entweder reinzappt oder nicht.

Oh man, das hört sich ja alles ziemlich schlimm an. Sei mir nicht böse, ich habe einfach versucht, meine ehrliche Meinung zu formulieren. Vielleicht sollte ich auch einfach nicht über Sendungen urteilen, die für mich überhaupt nicht gemacht wurden.

Schöne Grüße
Alex

Wortvogel
Wortvogel
17. August, 2007 00:32

@ ajo: Ich bin gar nicht sauer. Du hast dir echt Mühe gegeben, deine Meinung plausibel und sauber artikuliert zu präsentieren.

Ob jemand bei ProSieben die Möglichkeit eines Flops in Betracht gezogen hat? Natürlich. Jeder. Darum haben sich alle auch so reingehangen. Wir haben den Erfolg erhofft, aber nicht als zwangsläufig vorausgesetzt.

Die “maschinelle” Herangehensweise betrifft die Produktion selbst. Das muss auch so sein, wenn man pro Tag 21 Minuten sendefähiges Material schaffen will. Aber von der Einstellung her, der Begeisterung für die Materie, muss ich dir wiedersprechen: nur weil der Anlass ein sich abzeichnender Trend war, habe ich mit nicht weniger Freude und Mühe an dem Projekt gearbeitet. Es ist nun mal Realität, dass man als Autor nicht im Park sitzt und auf die kusswillige Muse wartet, sondern sich sorgfältig anschaut, was der Markt denn aktuell überhaupt sucht. Und dann hängt man sich genau so rein, wie man es bei einem Edel-Projekt machen würde. Ich unterscheide in meinem Elan und meinem Bemühen nicht zwischen “das ist Billig-TV” und “hier geht es um den Grimme-Preis”. Das können meine Arbeitgeber auch verlangen, denn das Honorar ist in beiden Fällen Euro.

Ich dachte, ich hätte meine Begeisterung und meinen Enthusiasms ausreichend verdeutlicht. Ist mir das nicht gelungen, dann tut mir das leid.

Mathias
Mathias
17. August, 2007 10:48

@Torsten
Doch, das ist dir gelungen. Ich habe weder ViB, Schmtterlinge, LiL oder irgendeine andere Telenovela gesehen. Das ist nicht mein Bier. Ich kann damit nichts anfangen. Ich mag aktuell Boston Legal, Law&Order und Ableger oder Dr. House. Aber ich habe deine Begeisterung gespürt und das Engagement der Beteiligten. Es hat Spaß gemacht deinen Bericht zu lesen und er hat mein Interesse an einer Sendung geweckt, die wie erwähnt eigentlich nicht mein Fall ist.

Nils
Nils
17. August, 2007 10:55

@ajo: Ich finde du unterliegst da einer falschen Annahme. Wenn du sagst man sollte sich weniger an seiner Marketingabteilung orientieren, sondern mehr am Zuschauer. Die Marketingabteilung macht doch auch nichts anderes, als raus zu finden was der Zuschauer will. Da fließen dann viele Meinungen aus unterschiedlichen Bereichen ein, dann werden Kompromisse geschlossen. So entsteht ein/ das Produkt. Und wie das geschieht, dafür möchte ich mich herzlich bedanken, wurde hier super beschrieben. Die ganze Geschichte kann man auch aus der sicht eines Marketingverantwortlichen erzählen, der hat dann andere Ideen, was genauso “richtig” sein kann. Aber ob es dem Publikum gefällt, dass ist dann wieder von so vielem anderen abhängig. Ich behaupte auch ViB ist nicht besser als LiL, war einfach ein Lucky Punsch…

comicfreak
comicfreak
17. August, 2007 11:22

..danke 🙂

Winzer
Winzer
17. August, 2007 15:42

Sehr großes Kino, Torsten.

Deine Lotta-Artikel sind das Bestes, was ich bisher in der Blogosphäre gelesen habe.

Danke.

Perry
Perry
17. August, 2007 16:10

Warum hält sich jeder beim Budget so bedeckt? Bei Filmen pustet jede Firma auch die großen Kosten raus und gibt damit an. Was hat denn zum Beispiel “Verliebt in Berlin” pro Folge gekostet? Ist doch sicherlich kein Staatsgeheimnis.

Wortvogel
Wortvogel
17. August, 2007 16:13

Produktionskosten im Fernsehen sind vertraulich, und im Gegensatz zu Filmbudgets kein Marketingwerkzeug.

Um Roger Cicero zu zitieren: “Nur keine Fakten, du bist schließlich nicht die Auskunft…”

Peter Krause
17. August, 2007 22:21

Die Budget-Höhe selbst ist ja auch relativ, denn es macht einen Riesenunterschied, wie man es einsetzt. Also, an welchen Stellen man sich die “Lasagne” erlaubt … 😉

@samira: ich frage mich, ob Kästner den Titel gut gefunden hätte. Bei “Das doppelte Lottchen” stellt man sich Fragen; bei “Lotta in Love” glaubt man, bereits alles darüber zu wissen. Was – wie ich glaube, weil Torsten es glaubhaft vermitteln konnte – eben völlig falsch ist.

Wortvogel
Wortvogel
17. August, 2007 22:39

@ Peter: Weißt du, was der Witz an der Geschichte ist? Man musste mich erst nach einer Woche extra darauf hinweisen, dass “Lotta” auch eine Anspielung auf “Das doppelte Lottchen” sein könnte – ich war damals derart überarbeitet und vernagelt, dass ich selbst gar nicht drauf gekommen bin.

Wenn man die Backstory der Serie kennt, dann ist “Lotta” sogar fatal, denn es ist ein Hinweis auf das große Geheimnis: Alex und Lotta sind Zwillinge! Aber DAS sollte nach ursprünglicher Planung erst in Folge 200 klar – und nicht im Titel verplappert werden.

Egal, vorbei ist vorbei.

Hendy
17. August, 2007 22:44

Super Artikelreihe, war sehr interessant zu lesen, pointiert geschrieben und gab Einblicke ins Geschäft.

Sven Drieling
17. August, 2007 23:57

Danke! War sehr interessant, spannend und gut zu lesen, trotz betrüblichen Endes. Aber es ist gut, wenn nicht nur über reine Erfolgsgeschichten geschrieben wird, das vermittelt ein unvollständiges Bild.

Hatte ein paar der ersten Folgen gesehen und der Hauptstrang und die Band hatten mir gefallen. Den Junior-Chef der Musikfirma fand ich zu anstrengend.

tschuess
[|8:)

Bernhard
Bernhard
18. August, 2007 03:36

Gut geschrieben. Ein äußerst informativer Einblick in den produktionsbetrieb einer Telenovela. Erstaunlich das man auch da mit Excel-Tabellen arbeitet. Ich hätte gedacht, dass es da spezielle Programme gibt, die den kreativen Arbeitsfluss bessern fördern, ähnlich einem Projektmanagement oder sowas. Gerne mehr davon. Schreib doch mal deine ganze spezielle Sichtweise über die Produktion eines Films oder einer wöchentlichen Serien. Dann werden Unterschiede im Ablauf noch etwas klarer. Und vielleicht erfährt man dann noch ein paar nette Geschichten über das, was hinter den Kulissen, so passiert.
Grüße
Bernhard

Wortvogel
Wortvogel
18. August, 2007 11:03

@ Bernhard: Man mag es kaum glauben, aber die Kombi Beamer/Excel war für alle Beteiligten, die von anderen Dailys kamen, schon Science Fiction. Man ist gewöhnt, normalerweise noch mit Eddings auf riesige Clipboards zu kritzeln! Ich fand das brutal unpraktisch und vorsintflutlich. Excel war für diesen Zweck aber voll ausreichend.

Zum Ablauf einer wöchentlichen Serie habe ich am Beispiel von “Märchenstunden” schon was geschrieben. Ich werde sicher noch Geschichten von meinen Filmen nachreichen, und auch mein nächstes großes Projekt blogtechnisch begleiten. Nach 15 Jahren in der Branche habe ich genug Geschichten gesammelt, um diese Webseite lange zu füttern….

Master
Master
18. August, 2007 19:07

Tut mir echt leid das LiL nicht gut lief ich fands immer gut, sehr schade das es gekürzt wurde. Vorallem die Story mit den Zwillingen war echt gut.

Alexander
18. August, 2007 23:26

Ein Nachtrag zum Thema Kosten: Ex-Sat.1-Chef Roger Schawinski nennt in seinem neuen Buch offenbar auch ein paar Anhaltspunkte. Im Bericht darüber auf der FAS-Medienseite steht nichts von Telenovelas, dafür aber etwa von deutschen Serien (600.000 Euro/h), Sitcoms (100.000 Euro/h), Richter- und Talkshows (40.000-50.000 Euro/h) und US-Serien (100.000 Euro plus 20.000 Euro für Synchronisation — diesmal aber nicht pro Stunde).

Wortvogel
Wortvogel
18. August, 2007 23:29

Diese Zahlen sind allerdings nur GANZ grobe Wegweiser – sowohl nach oben wie nach unten ist da immer viel Raum. GSG9 kostet halt mehr als Allein unter Bauern…

Jens
Jens
19. August, 2007 19:19

Beamer und Excel gibt’s bei uns (“Unter Uns”) auch nicht – Wandtafel aber ebensowenig. Wochenplanung läuft per Notizen und anschließendem Word-Dokument ab, geplottet wird mit Hilfe von Post-Its.

War für mich Computerfreak auch erst einmal überraschend, als ich vor ein paar Monaten dazu kam, hängt aber wohl damit zusammen, wie lange die Serie schon läuft. 1994 gab es auf PCs nur Windows 3.1 und Beamer waren noch schweineteuer und verdammt laut. Und wenn sich Arbeitsabläufe bewährt und eingeschliffen haben, bleiben sie eben so.

Ist ja auch verständlich: Solange alles gut läuft geht das frei nach dem Motto “Never touch a running system” – man hat schon so genug Arbeit, ohne sich an neuen Arbeitsabläufen auszuprobieren.

Perry
Perry
19. August, 2007 19:38

Was machst denn da fürn Geschiss um die Zahlen, Torsten? Diese Geheimnistuerei mit “ganz grob” ist doch schon ein bissl lächerlich. Man muss sich ja für budgets nicht schämen.

Der Perry

Wortvogel
Wortvogel
19. August, 2007 19:43

Schon mal was von Geschäftsgeheimnis gehört, Perry? Akzeptier es – oder verschwinde. Noch so ein pampiger Kommentar, und du wirst gelöscht.

@ Jens: Glaub mir einfach – die Zeit, die durch Beamer und Excel gespart wird, ist enorm. Und das war ein super billiges Setup (mein eigenes Notebook, gebrauchter Beamer von Aldi für 300 Euro).

Jens
Jens
19. August, 2007 21:12

@Torsten: Glaub’ ich Dir sofort – zuhause arbeite ich auch viel mehr mit dem Rechner, und wenn ich mal Chefautor bei meiner eigenen Serie werden sollte, werd’ ich sicher nehmen, was immer dann Stand der Technik sein mag. (3D-Displays?)

Aber wenn sich Low-Tech-Varianten über Jahre in einem gut eingespielten System bewährt haben und alles rund läuft, kann ich völlig nachvollziehen, dass niemand die Notwendigkeit sieht, Funktionierendes zu ersetzen.

Wortvogel
Wortvogel
19. August, 2007 21:16

Stimmt. Wir mussten bei “Lotta” ja quasi das Rad neu erfinden.

Weiterhin viel Spass bei “Unter uns” – der unterbewertetsten Soap im deutschen Fernsehen. Gut gemacht, top Quoten – aber kaum einer berichtet drüber. Die Welt ist ungerecht.

P.S.: Ich war seinerzeit auf der Presse/Party zur 77. Episode in Köln. Sieht man mal wieder, wie alt ich bin…

Fabi
Fabi
20. August, 2007 22:03

Nochmal danke für die Artikel, wirklich sehr interessant für mich als Außenstehenden. Aber zur Lasagne: Warum kann man die nicht kalt essen? Ich mach das immer *g*.

Wortvogel
Wortvogel
20. August, 2007 22:12

Man will den Schauspielern ja keine Gelegenheit geben, sich am nächsten Tag mit Bauchweh krank zu melden 😉

Michael
21. August, 2007 11:20

Ich kenne LiL eigentlich gar nicht, fand es aber interessant, den/die “Making-Of” Artikel hier zu lesen. Ich persoenlich schaue mir nicht gerne Telenovelas an (zu kitschig etc). Meinen Fernsehgeschmack wuerde ich so zusammenfassen: Wenn ich nicht gerade Dokumentationen schaue, dann gute Komoedien oder James Bond like Movies (und falls nichts mehr hilft CSI xx). D.h. vorzugsweise Filme mit einem durch den Film hindurch existierenden Maennlichen “Helden”. Fehlt dieser Held Vielleicht bei Lotta in Love? (Wenn es nicht so ist: Der Titel laesst keinen Maennlichen Helden Vermuten). Wenn ich als Mann den Film nicht mag, dann hat der Film meiner Meinung nach schlechte Chancen, von mir und meiner Frau zusammen geschaut zu werden (also: von Paaren zusammen geschaut zu werden). Dann erhaelt eben ein Film oder eine DVD den Vorzug.

Vielleicht hilft ja dieser Gedanke/Einschaetzung beim Entwerfen eines neuen Formats.

Wortvogel
Wortvogel
21. August, 2007 12:19

@ Michael: Es gibt halt unterschiedliche Programme für unterschiedliche Zielgruppen – Telenovelas sind spezifisch für Frauen mittleren und jungen Alters gedacht. Alle anderen Zielgruppen sind nicht weiter relevant. Für Männer gibt es Fußball, Krimi, etc. Es wäre kontraproduktiv, eine Telenovela zu “vermännlichen”, und damit die Original-Zielgruppe zu verprellen. Ich habe auch in meinem Freundeskreis niemandem einen Vorwurf gemacht, der “Lotta” nicht sehen wollte – ich bin ja SELBER nicht einmal meine Zielgruppe gewesen!

Kaya
Kaya
21. August, 2007 16:08

Auch ich bedanke mich erstmal für den spannenden Einblick. Ich hab mich damals, als LiL anlief schon gefragt, warum die Serie gefloppt ist (glaube aber im Moment, dass es vor allem der Sendeplatz war – wobei die Beleuchtungstheorie auch ihre Vorzüge hat :)) und frage mich jetzt nach deinem Bericht umso mehr, warum die verdammten Marktforscher behauptet haben, die Serie hätte eine Chance gegen z.B. Marienhof. Ich frag mich das natürlich, weils mein Fachgebiet ist, klar. Ich kann mir NICHT vorstellen, dass irgendeine begeisterte Zuschauerin von Marienhof gesagt hat, sie würde ihre Lieblinge im Stich lassen, um sich neue Lieblinge anzueignen. Mhm.
Wie fühlt sich denn so ein Revival der Vergangenheit eigentlich für dich an? Viele Grüße!

Markus
22. August, 2007 15:42

Es ist richtig interessant, das Entstehen der Serie mal beschrieben zu bekommen. Ich war bei der Presseparty im Pascha damals als Backliner von Annett Louisan mit dabei (http://www.tour-blog.de/?p=168) und fand die dort gezeigte erste Folge tatsächlich nicht besonders doll. Eher lustig… Aber ich gehörte auch sicher nicht zur Zielgruppe.

Wortvogel
Wortvogel
22. August, 2007 15:50

Danke für den interessanten Link, Markus. Zur Kritik in dem Eintrag: Du bist einem beliebten Mißverständnis aufgesessen – “Lotta in Love” zeigt mitnichten, wie sich die Macher die Musikbranche “hinter den Kulissen” vorstellen. Es wird nur eine idealisierte und für Soap-Zwecke taugliche Version auf wenige Sets und Personen zusammen gedampft. Das ist den Machern schon bewußt. Hier regiert die Machbarkeit über die Wahrheit. “Verliebt in Berlin” zeigt ja auch nicht die realistischen Vorgänge in einer Modefirma (wen täte das auch scheren?).

Yetused
23. August, 2007 10:05

@Perry: Danke, dass es mal jemand sagt. Ich fand die Werbekampagne so aufgeblasen, so nervig, den AL-Jingle so dermaßen nervtötend, dass ich mich richtig gefreut habe, das LiL gescheitert ist. (Hat mich für Pro7 gefreut, nicht für den Autor)

Ich habe mir dann sogar einige Episoden am Anfang angeschaut, und ich muss sagen, dass ich als junge Frau eine unbändige Wut auf die Figur Lotta bekomme habe. Selten habe ich eine so dumme, naive und unselbstständige Frau gesehen, die alles – aber auch alles – mit sich machen lässt. Die sich zu Dingen verpflichten lässt, die sogar rechtswidrig sind (Betrug), die nahezu froh ist, wenn sie schlecht behandelt wird. Mir war klar, dass das Drehbuch von einem Mann geschrieben sein musste. Keine Frau hätte jemals ein so schreckliches Frauenbild mit ihrem Gewissen vereinbaren können.

Mir ist natürlich klar, dass mit Lotta ein Kontrast zu Alex hat geschaffen werden müssen (Mäuschen – Diva), aber warum das Mäuschen Selbstaufgabe praktiziert, die einem im Hirn wehtut, konnte ich nie auch nur ansatzweise verstehen.

LiL ist durchaus zu Recht gescheitert – auch wenn das Originaldrehbuch vielleich in Ordnung gewesen wäre.

Wortvogel
Wortvogel
23. August, 2007 10:58

@ Yetused: Du schaust scheinbar gar keine Telenovelas – sonst hätte dich vermutlich das Frauenbild von “Verliebt in Berlin” in den Spontanwahnsinn getrieben. Außerdem war es genau der Plan, Lottas Reifung zur Unabhängigkeit durch Selbstbestimmung zu zeigen, und dafür muss sie am Anfang charakterlich defizitär sein, newa?

Yetused
23. August, 2007 13:54

Ich habe ViB sogar noch angemessen gerne geschaut. Lisa war unheimlich sympathisch und hat in ihren Gedanken-Monologen alles andere als ein devotes Mädchen dargestellt!

Und wie ich schon geschrieben habe: Vom Mäuschen zu Diva muss natürlich eine Entwicklung ersichtlich sein. Wieso aber am Anfang, über lange Zeit hinweg sogar, die völlige Selbstaufgabe praktiziert werden musste (Einspannen für ersichtlichen Betrug, Akzeptieren von Erpressung und dabei grenzdeibl lächeln) war für mich nicht ersichtlich – sondern einfach nur zum kopfschüttelnden Wegschalten.

Wortvogel
Wortvogel
23. August, 2007 14:37

Lisa hat sich in ViB in einen Mann verliebt, der sie ausschließlich wie Scheiße behandelt hat – ihre lächerliche Schwärmerei für David hätte wenigstens dadurch gedeckt sein sollen, dass man als Zuschauer wenigstens eine AHNUNG bekommt, dass unter der arrogant-dummen Schale ein netter Kerl steckt. Nix da. Schon die Plakate, auf denen sie ihn sehnsüchtig-trottelig durch die Scheibe anstarrt, haben mich aggressiv gemacht. Das war ein krankes Frauenbild allererster Kajüte.

Und ansonsten – jedem Tierchen sein Pläsierchen.

Yetused
23. August, 2007 15:45

Lisa hat sich wegen seines Aussehens und seiner “Macht” in diesen David verliebt, letztendlich ein alltägliches (wenn auch trauriges) Muster für die weibliche Partnerwahl. Ich fand es für ein Mauerblümchen, das gerne einen starken Mann an der Seite hätte, nachvollziehbar. Was Lotta aber hat mit sich machen lassen, fand ich schlichtweg zu krass und unangemessen. Ihre Motivation bei so illegalen Sachen mitzumachen, war im Endeffekt nur Angst einmal “nein” zu sagen. Denn ihre Aussicht auf eine Karriere war sowieso mager – dem Zuschauer war ja von Anfang an klar, dass sie nur ausgenutzt werden sollte. Und dass sie das nicht im Ansatz erkannt hat, sondern immer nur träumerisch grinsend durch die Luft geschaut hat, konnte einen schon wütend machen.

Mein Kritikpunkt, der mich immer wieder zum Abschalten gebracht hat, war also: Lotta war einfach ZU naiv, ZU dumm, ZU kuschend. Sie hatte nahezu keinen Selbsterhaltungstrieb. Und das hat unheimlich gestört.

Wortvogel
Wortvogel
23. August, 2007 16:07

Bei Lisa war das also traurig, aber okay – bei Lotta jedoch nicht? Hhhhmmm…

Du hast dein Argument nun dreimal vorgebracht – reicht’s damit?

cikaro
cikaro
25. August, 2007 20:49

ein super bericht – auch ich muss sagen, der beste blog eintrag den ich je gelesen hab!

ich hab eigentlich noch nie soaps/telenovelas geschaut – bis auf mallorca damals, und LiL (ja, ich bin wohl ProSieben affin)

durch deinen bericht hab ich jetzt verstanden, wieso mir die serie irgendwann nicht mehr gefiel – weil du wohl als autor nicht mehr da warst.
wieso wurden die gedanken von Lotta (Voice-Over) irgendwann (wohl nachdem du weg warst) nicht mehr fortgeführt? okay, dass man daran nicht mehr festhalten wollte, kann ich verstehen, aber in einigen situationen/szenen wäre es immernoch vorteilhaft gewesen die gedanken von Lotta hören zu können…
(nur so nebenbei: Bei Ally McBeal war das genauso, in den ersten drei staffeln hat sie 20% jeder folge “gedacht” und danach garnicht mehr – ab da hat mich auch die serie nicht mehr so wirklich gefesselt)
meine zweite frage wäre nur noch: wieso wurden zwei schlussfolgen gemacht bzw. geschnitten? im TV war die 23min folge zu sehen, die beim kuss von Lotta und Michael endet. und im Internet findet man eine folge die vielleicht 3minuten länger ist. Diese ist auch ganz anders geschnitten und am ende sieht man auch alle casts glücklich im Leonies. welchen vorteil hat das jetzt ProSieben gebarcht, die folge vollkommen neu zu schneiden und auch noch teile weg zu lassen – nur wegen den 3 minuten?

Wortvogel
Wortvogel
25. August, 2007 21:16

Interessante Fragen…

Die Voice Over wurden in meinen Augen schon am Anfang etwas zu schlapp gehandhabt. Wir hatten sie fertig, und dann wollte der Sender sie noch mal reduzieren und anders gestalten. Geholfen hat das in meinen Augen nicht. Irgendwann wollte der Sender sie gar nicht mehr.

Ein beliebiges Beispiel: In der allerersten Szene der allerersten Folge parkt Lotta vor der Wäscherei ihrer Eltern ein. Ein Typ im Auto hupt, Lotta winkt ihm. Das hat in dieser Form keine wirkliche Aussage. In der ursprünglichen Fassung hört man Lotta im Voice Over sagen “Blödmann!”, während sie lächelt. Das sollte zeigen, dass hinter der Fassade jemand steckt, der durchaus frech sein kann. Leider sah der Sender das anders als ich.

Was das alternative Ende angeht – das überrascht mich auch. Die Fernseh-Fassung ist längenmäßig sehr gebunden, vielleicht dachte man beim Sender, die Rohschnitt-Fassung sei so gut, dass man sie wenigstens online anbieten sollte. Ich wusste das gar nicht. Man hat ja bei der TV-Ausstrahlung auch den ganzen Nachspann weggeschnitten.

Die Online-Fassung ist auf jeden Fall deutlich besser!

cikaro
cikaro
25. August, 2007 22:34

das mit der ersten szene dreht ja auch alles wieder um, mit dem Voice-Over. ich hab da eigentlich gedacht sie wär zu allem und jedem freundlich, als wär sie etwas naiv. aber mit dem Voice-Over hätt ich die szene dann ganz anders gesehen…
zu der Folge:
online wird sie ja nicht wirklich angeboten. auf der lotta Homepage ist die normale TV folge mit 23 minuten drin.
aber auf youtube und anderen portalen, die nichts mit ProSieben zu tun haben, findet man die längere folge. ich denk mal eher dass irgendein mitarbeiter von RatPack oder ProSieben die komplette folge ins netz gestellt hat.

Wortvogel
Wortvogel
25. August, 2007 22:38

Ich glaube, du irrst dich – ich habe eben online reingesehen, das ist die lange Fassung (bei ProSieben einfach nach “Lotta in Love 130” suchen). Die Fassung aus dem Fernsehen habe ich auf meinem DVD-Rekorder, die ist definitiv mit dem Kuss zu Ende, und hat auch keine Credits.

cikaro
cikaro
26. August, 2007 00:34

hab mir jetzt also die folge auf der Homepage doch mal ganz angeschaut – das ist dann damit die dritte version.
in der youtube version fragt z.b. anna lotta als erste nach einem autogramm, und die festnahme von klaus kommt nach dem auftritt von lotta, nicht während dessen. schaus dir selbst mal an. sind fünf teile und ab dem vierten ist halt alles anders geschnitten:
http://www.youtube.com/watch?v=PnX6C35QKq0
und wenn man die zeit der folgen nimmt komm ich auf etwa 28minuten (minus abspann)

hey, ich stell mir auch eine eigene LiL DVD-BOX zusammen… und genau deshalb find ich es schade dass das ganze finale nicht im TV (in guter qualität) ausgestrahlt wurde…

Wortvogel
Wortvogel
26. August, 2007 12:05

Das ist in der Tat alles SEHR mysteriös. Ich bin morgen abend bei Rat Pack, da hake ich doch glatt mal nach…

DeFlow
DeFlow
27. August, 2007 15:20

Interessanter Einblick. Danke Torsten!

Es ist immer gut zu lesen wenn jemand mit “Hingabe” an der Arbeit ist 😉 (auch wenn ich die Serie nie gesehen habe)

DeFloW
DeFloW
27. August, 2007 15:23

Achja(sorry für den Doppelpost): Als treuer Leser deiner SciFiTV Guides (anno dazumal) muss ich mal frech fragen:

Wann kommt deine erste SciFi Serie? 😀

Wortvogel
Wortvogel
27. August, 2007 17:21

War alles schon geplant – allein, der deutsche Markt scheut das Risiko. Ist teuer, und man traut der Zielgruppe nicht. Bis zu einem gewissen Grad kann ich das auch verstehen: Wenn Sender etwas ankündigen, das auch nur entfernt in Richtung SF geht, heißt es in den Foren gleich: “Das wird ja wieder ein Scheiß werden!” Und wenn nicht mal die Fans dahinter stehen…

Ein SF-Fan
Ein SF-Fan
27. August, 2007 19:35

Irgendwo aber verständlich, wenn man an bisherigen deutschen phantastischen Austoß denkt: “John Sinclair”, “Operation Phoenix”, “Millennium Mann” – alles Grütze hoch drei.

Und der SF-Fan als solcher (!) ist ja nicht automatisch Fan von allem, nur weil da ein Roboterarm oder ein Raumschiff zu sehen ist. Wäre ja auch ein Armutszeugnis.

Wortvogel
Wortvogel
27. August, 2007 19:41

Ja, aber es ist eine spezifisch deutsche Eigenschaft, Sachen zu verdammen, bevor man sie gesehen hat.

Und weder “Operation Phoenix” und “John Sinclair” waren SF.

Fakt ist: Der deutsche SF-Fan suhlt sich gerne in Erinnerungen an “Metropolis” und “Raumpatrouille”, und schaut lieber die achte Trek-Serie, als auch nur wohlwollend mal einer deutschen Produktion entgegen zu sehen.

Die SF ist hierzulande ihr eigener größter Feind, denn sie genießt den Nischenstatus.

DeFlow
27. August, 2007 23:26

War Lexx nicht auf Umwegen auch eine deutsche Produktion? Die ersten vier Filme fand ich da noch wirklich ordentlich .Zwar nicht die hohe Kunst der Kostüme und Maskenbildner (*hust*), aber storyseitig mit guten Ansätzen.

Wortvogel
Wortvogel
27. August, 2007 23:29

Lexx wurde deutsch kofinanziert, aber maßgeblich war es eine kanadische Produktion.

Peroy
Peroy
28. August, 2007 13:14

Dann können wir die Schuld ja auf die Kanadier abschieben… 8)

Ein SF-fan
Ein SF-fan
28. August, 2007 16:35

“Ja, aber es ist eine spezifisch deutsche Eigenschaft, Sachen zu verdammen, bevor man sie gesehen hat. ”

Nö, das ist international so. Gibt es so gut wie bei jedem Film – man beachte nur die AICN-Talkbacks.

“Und weder “Operation Phoenix” und “John Sinclair” waren SF. ”

Operation Phoenix fuhr im Fahrwasser von Akte X, ist schon im weiteren Sinne SF. Sinclair war Horror, aber wir können gerne das gesamte phantastische Spektrum in einen Topf werfen, denn soviel gibt es nun mal nicht, was aus deutschen Landen an Phantastik kommt. Das, was aber kommt, ist in der Regel selbst der 8. Trek-Serie unterlegen.

“Fakt ist: Der deutsche SF-Fan suhlt sich gerne in Erinnerungen an “Metropolis” und “Raumpatrouille”, ”

Orion ist faschistoider Dreck, der sowieso nur noch von der 50+ Gemeinde gemocht wird.

“und schaut lieber die achte Trek-Serie, als auch nur wohlwollend mal einer deutschen Produktion entgegen zu sehen”

Wenn’s Qualität hat, wird das auch anerkannt werden. Fakt ist aber leider auch, dass es 1. nicht viel deutsche SF/Phantastik gibt und 2. diese in der Regel hundsmiserabel ist.

Falls Dir was Gutes einfällt, kannst ja gerne mal Titel nennen. Mir fällt beim besten Willen keiner ein.

Wortvogel
Wortvogel
28. August, 2007 18:30

Du hast die Kausalkette nicht verstanden – es gibt wenig deutsche SF, weil das deutsche Publikum sie nicht zu schätzen weiß. Wenn ein Produzent ein Projekt ankündigt, und dafür schon in den Fan-Foren vorab zerrissen wird, hat er massive Probleme zu erklären, wo denn die Zielgruppe sein soll.

Sehr bequeme Regel: war früher scheiße, wird also auch künftig scheiße sein. Kein Wunder, dass ich selber Produzenten und Sendern abrate, SF zu machen.

AICN als Vergleich ist unsinnig, denn da plärren pubertierende Schwätzer zu jedem Dreck. Schaut man aber z.B. ins Forum des Sci Fi Channels, wird der Ton deutlich moderater, und die Erwartungshaltung wohlwollender. Von englischen Foren mal ganz abgesehen.

Klar kann man alles in den Topf “Phantastik” werfen. Tue ich aber nicht. Und war auch hier nicht Thema.

Ich kann dieses selbstzerfleischende Genöle deutscher SF-Geeks nicht mehr hören (tut mir leid, “Fan” ist da der falsche Begriff).

Ein SF-Fan
Ein SF-Fan
28. August, 2007 22:40

AICN ist ein Beispiel. Geh mal beim Sci-Fi-Channel ins Galactica-Unterforum udn du wirst sehen, wie “moderat” es dort abgeht. Im Vorfeld über Dinge zu schimpfen, ist kein deutsches Phänomen. Das findet sich auch querbeet durch alle englischsprachigen Foren. Zumal es engstirnig ist zu glauben, bei AICN würden nur 10- bis 15-jährige rumhängen.

Man denke nur an die neue Flash Gordon-Serie. Die wurde in den meisten Foren, die ich kenne, schon im Vorfeld geschmäht. Und das zu Recht, nicht wahr?

Mit Kausalkette hat das auch nichts zu tun. Heutzutage wird wohl auch der letzte Sender-Executive wissen, dass das Geplärre im Internet und das Internetbashing null bis gar keine Aussagekraft hat. Annonymes Gepöbel ist nun mal leicht.

Wegen ein paar Torfköpfen gewinnt oder verliert man nicht – die breite Masse wird entweder durch das Programm angesprochen oder eben nicht. Die wenigsten der 2 bis 3 Millionen Zuschauer, die erreicht werden sollen, hängen vorher in obskuren Foren ab und nehmen sich zu Herzen, was “Darth Vader 08/15” zum Thema zu sagen hat.
Aber da kommt halt die Qualität ins Spiel. Und wenn das deutsche SF-Produkt, das in Konkurrenz zu z.B. Galactica, Stargate oder Star Trek steht, nicht mithalten kann, dann liegt darin das Problem. Und nirgendwo anders

Wenn Du nicht alles in einen Topf werfen willst, fordere ich Dich noch mal auf, mal ein paar Titel von SF-Filmen/Serien deutscher Produktion zu nennen (und am liebsten welche, bei denen nicht der ganze Cast aus Amis besteht). Mir fällt da nicht viel ein: Millennium Mann, Trillennium (hieß es so?), Operation Phoenix. Und sonst?

Wortvogel
Wortvogel
28. August, 2007 23:12

“Wenn Du nicht alles in einen Topf werfen willst, fordere ich Dich noch mal auf, mal ein paar Titel von SF-Filmen/Serien deutscher Produktion zu nennen” – öh, habe ich je behauptet, dass es die gibt?! Wir diskutieren hier eigentlich über das Problem der ABWESENHEIT solcher Produktionen, oder habe ich das falsch verstanden?

Und natürlich ist das Forums-Volk irrelevant für die Quote (das predige ich auf Cons ja auch regelmäßig – passt den Fans nur nicht). Aber es ist durchaus wichtig, wenn es um die ENTWICKLUNG solcher Stoffe geht. Da wollen Senderchefs nämlich wissen, ob sowas wie “Ice Planet” auch bei der Zielgruppe ankommt, die nämlich durch fette Mundpropaganda erstmal den “Kult” schaffen muss, ohne den es bei sowas anscheinend nicht geht. Und diese Klientel macht außerdem das Gros der DVD-Käufer aus, und das wird schon lange nicht mehr unterschätzt.

Deine gesamte Argumentation geht an der Hauptfrage vorbei. Lass mich das mal nicht national, sondern dann eben global formulieren: Warum kritisieren Science Fiction-Fans Produkte, die sie noch nicht gesehen haben? Warum läßt sich aus der mangenlden Qualität der Serie A von Produktionsfirma B bei Sender C im Jahre 2001 schließen, dass Produktionsfirma X bei Sender Y mit Serie Z im Jahr 2008 nicht wirklich was Brauchbares zustande bringt? Das gesamte SF-Fandom besteht scheinbar aus großmäuligen Hellsehern. “Galactica” ist ein perfektes Beispiel – vorher haben sie alle geschrien, dass eine “Neugestaltung” nicht ginge, ohne die alte Crew sei eh alles Kacke, Verrat, Prostitution, Laberschwall. Das Ergebnis kennt man – ein Glück, dass Ron D. Moore auf das Geplärre nix gegeben hat.

Ich habe keine Probleme, Serien wie “Flash Gordon” und “Masters of Science Fiction” in Grund und Boden zu schreiben – NACHDEM ich sie gesehen habe.

Ich weiß, wovon ich rede – ich habe mal ein Panel bei einer Perry Rhodan-Con gemacht, wo wirklich JEDE Information zur geplanten Miniserie in der Luft zerrissen wurde, meistens auf der Schiene: “Das stand aber in Heft 1578 anders!”. Und JEDER Fan wußte, wie eine solche Miniserie aussehen MUSS – bitte genau so, wie ER sie sich vorstellt. Das war eine ganz bittere Erfahrung. Danach hat man keine wirkliche Lust mehr, den Fans einen Gefallen zu tun.

Und um es abzuschließen: SF war in Deutschland (im Gegensatz zu den USA und England) nie ein tragendes Genre. Es ist teuer zu produzieren, und die breite Masse der Zuschauer interessiert sich nicht dafür. Und damit rechnet sich der Spass für die meisten Produzenten einfach nicht.

Ein SF-Fan
Ein SF-Fan
29. August, 2007 13:56

Sicher glänzt das Genre durch Abwesenheit, aber ein paar Beispiele muss es geben, denn diese Diskussion begann ja nur, weil Du die Meinung vertrittst, dass sowieso jedes neue SF-Produkt von vornherein schlechtgeredet wird. Um eine solche Aussage zu treffen, muss es ja aber ein paar Beispielfälle geben.

Wieso das Forenvolk für die Entwicklung von Bedeutung ist, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Selbst der Dümmste bei einem Sender müsste kapieren, dass man einen “Kult” nicht erschaffen kann, bevor es das Produkt nicht gibt und Leute es wirklich gesehen haben.
Da kann einer die besten Ideen haben und sie super verpackt den Fans ums Maul schmieren, aber wenn es nichts zu sehen gibt, was soll dann da passieren? Ohne das Produkt wird sich auch keine entsprechende Fanmasse finden, die das gutheißen und wohlwollende Mundpropaganda machen wird.
“Ice Planet” wiederum ist ja ohnehin kaum als deutsche Produktion zu erkennen. Vor und hinter der Kamera amerikanisiert – das unterscheidet sich nicht nennenswert von US-Produktionen, allenfalls in der technischen Qualität aufgrund niedrigeren Budgets. Aber das ist dann auch nicht unbedingt hilfreich.
Ein deutsches SF-Produkt kann wahrscheinlich in Sachen Aufwand niemals mit den US-Konkurrenten mithalten. Es gibt in unserem Lande exzellente Effekte (beispielsweise bei Traumschiff Surprise – dort leider aufgrund des Kontextes ziemlich verschwendet), aber auf Fernsehniveau wird sich das nicht umsetzen lassen. Und keiner will wieder einen Alka-Selzer-Raumschiffstart á la Orion sehen. Das würde im Umkehrschluss heißen, dass SF moderat sein muss, beispielsweise in Form einer Actionserie mit SF-Elementen. Aber dann ist man wieder beim Millennium Mann, mit dem man die 30 Jahre alte Idee des Six-Million-Dollar-Man auf billige Art wiederaufgewärmt hat.

Das generelle Problem deutscher Serien ist aber doch, dass in den meisten Fällen die Qualität nicht stimmt. Und das geht querbeet durch alle Genres und Budgetgrößen. Warum sind originelle Serien wie “Dr. House” oder “Boston Legal” nicht auf deutsch möglich? Nicht als beschissene Nachahmerei wie “Beauty Queen”, sondern in Form von etwas Originärem. Auch erreicht keine der zigtausend Arzt- und Krankenhausserien die Qualität eines ER. Das Problem sitzt also tief: deutsche Serienkost ist per se minderwertiger und wird darum bei der Fanbasis auch immer einen schlechteren Stand haben, womit dann auch Vorabverisse einhergehen.
Und wenn dann mal tatsächlich eine originellere Idee wie “Arme Millionäre” daherkommt, dann schaltet kaum einer ein …

Fazit ist: ein deutsches Programm wird es im Vorfeld schwer haben. Wenn es aber kommt und die entsprechende Qualität hat, werden die Jammerlappen auch verstummen.

Nur alles beginnt eben mit einem qualitativ hochwertigen Produkt …

Wortvogel
Wortvogel
29. August, 2007 14:28

Mißversteh mich nicht – deine Analyse ist gut und richtig. Nur was die Ursachen und Hintergründe angeht, hakt es mitunter. Ich habe bei Sendern ein halbes Dutzend deutsche SF-Projekte scheitern sehen (Perry Rhodan, Astro Saga, Adam & Eve, Raumpatrouille 2.0, Blue Fields, Club of Karthage, Ice Planet). Das hängt natürlich damit zusammen, dass deutsche SF schwer zu produzieren ist (ich würde allerdings behaupten, mit der richtigen Methode ließe sich mit US-Serien mithalten). Aber sobald eine Pressemeldung rausgeht, zerreissen sich die Fans das Maul. Schau mal in den Foren nach, wie die Neuverfilmung von “Dune” runtergemacht wurde, noch bevor ein Meter Film belichtet war! Warum? Mit Uwe Ochsenknecht spielt ein Deutscher mit – das MUSS ja scheiße sein! Wenn DAS kein Selbsthaß ist, dann weiß ich nicht mehr (und nein, an dieser Stelle bringt es nichts, das fertige Produkt “Dune” zu kommentieren).

Wie du richtig sagst: Wo sollen Fans herkommen, wenn es noch gar kein Produkt gibt? Aber es ist doch komisch, dass es ANDERSRUM geht – ein nicht existentes Produkt kann viele Feinde haben, noch bevor die erste Klappe gefallen ist.

Was mich dazu bringt: Du hast die Frage immer noch nicht beantwortet, warum nicht erstmal abgewartet wird, bevor man nölt.

“Ein deutsches SF-Produkt kann wahrscheinlich in Sachen Aufwand niemals mit den US-Konkurrenten mithalten” – würde ich so nicht stehen lassen.

Was die Qualität der Bücher angeht, gebe ich dir Recht – aber woher sollen die tollen Autoren denn kommen, wenn man sie nicht lernen und Fehler machen läßt? Die Amis sind uns 40 Jahre voraus, was TV-SF angeht. Da muss unsere Autorengeneration erstmal reinwachsen. Das wird aber nie klappen, wenn man jeden holperigen Versuch gleich mit “steinigt ihn!” kommentiert.

Deutschland hat ja auch kein Lehrsystem für Drehbuchautoren (während es in den USA an jeder Ecke Drehbuchlehrgänge gibt).

Meine Forderungen: Die Sender brauchen mehr Mut, die Fans mehr Wohlwollen. Beides sehe ich nicht. Und darum kommt die deutsche TV-SF auch nicht voran.

A propos: Der Runner, Aeon, Deutschland 2030, Ijon Tichy – und wir können auch gerne bis zu “Operation Ganymed” und “Fleisch” zurückgehen…

Ein SF-Fan
Ein SF-Fan
29. August, 2007 23:00

“Was mich dazu bringt: Du hast die Frage immer noch nicht beantwortet, warum nicht erstmal abgewartet wird, bevor man nölt.”

Na ja, lässt sich schwer machen. So ist der Mensch, würde ich darauf lapidar antworten, basierend darauf, dass es ja nicht nur SF erwischt, sondern Film generell. Und auch abseits der Medien ist man schnell am Maulen, bevor man überhaupt irgendetwas gesehen hat.

Ob die negative Stimmung daran liegt, dass irgendwo ein Deutscher mitspielt, möchte ich so nicht unbedingt unterschreiben. Bei Lexx gab’s Eva Habermann und ich kann mich nicht an großes Gestänkere vor oder auch danach erinnern. Ganz anders bei der Nachfolgerin, die aber auch eine hundsmiserable Schauspielerin ist. Das eine bedingt das andere. Es gibt ja schon ein paar deutsche Mimen, die man gemeinhin unter dem Begriff “cool” ablegen könnte, Ochsenknecht gehört da aber nicht dazu. So stellt sich die Frage, wie die Fan-Erwartung gewesen wäre, hätte man einen Jürgen Prochnow genommen (der noch dazu damit ja auch einen Brückenschlag zum Lynch-Film gebildet hätte). Oder einen anderen, “angesagteren” oder zumindest fanaffineren Namen.

Knackpunkt sind wahrscheinlich die Sender, denn die müssen das Produkt erzeugen und etwaige Unkenrufe einfach ignorieren (ist ja nicht schwer, wird ja keiner gezwungen, Geek-Foren abzusurfen). Ob das dann gut ist oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Aber dann kann’s bewertet werden.

btw. “Fleisch” würde ich jetzt nicht als SF kategorisieren, den Rest hab ich ignoranter Weise nie gesehen (obschon mit die Ijon-Tichy-Bilder, die mir über den Weg liefen, schon abschreckten – sah einfach zu billig aus).

ingo
ingo
9. September, 2007 12:08

Hallo Wortvogel Thorsten 🙂

besten Dank für den tiefen einblick in die “andere Seite” vom BilderSchirm, der hier vor Jahren aus dem Fenster flog.

vorweg:
ich hab mir alle Folgen von LiL reingezogen. nicht live weil
arbeitsmäßig nicht zu machen aber auf der Senderseite sind ja
die Teile alle zu haben.

mann, ich bin over 50, Handwerker und bekennender vollidiot
aber die Serie gefiel mir wirklich. Unterhaltung ist ein hartes Geschäft, nich? Mir als zuschauer gefällts wenn ich den
Darstellern die blutende Feder des autorenteams ansehe,
das Herzblut und die Begeisterung, eine beschissene Welt um
ein klein wenig reichhaltiger, bunter und unterhaltsamer zu machen.

Habt Ihr eventuell vergessen, die Zielgruppenjustierung zu optimieren?:) kann ich mir bei einem werbungsfinanzierten
sender eigentlich garnicht so recht vorstellen.

Die Figuren der geschichte sind in fand ich sauber, schade dass die drummerin so schnell wieder verschwunden ist. “die Maske”
laurence special lob, nergvtoetend das verhalten von waschsalon
papa, charmant die beiden alten (seniorchef fireworks und chefin leonies) zuwenig “Bruce” in zusammenwirken mit laurence, (zu teuer??:) olivia weidenstein reife leistung einer zickendarstellung,
netter abgang (“ich bring sie alle um.”). michael macht zu wenig musik, studioband leider zu wenig “richtige ” probenarbeit gezeigt;

Studiotechniker klasse leistung; Szenen “in der Villa” nette
Einschübe in die laufende Handlung.

Ekelmeister Juniorchef “Klaus” kommt auch gut rüber (was gibts nicht alles an gemeinheiten, die man so in den ring werfen kann..)

janin spielt klasse, kaum zu glauben dass sie beide Typen so drauf hat und vor allem –durchhält–.

habe mir gerade die letzten drei folgen angesehen, schnell und schmerzloses ende. wenn schon ende dann wirklich, glw.

ich hätte euch mehr als die 7 prozent gegönnt, zumal ein tv abstinenzler wie ich ausgerechnet diese serie ungeduldig der naechsten folge vernascht hat. nun: die welt ist schlecht und
glücklicherweise unberechenbar.

gruss aus dem norden der republik
ingo

ingo
ingo
9. September, 2007 12:31

zum sf geschehen, kennst du andreas winterer?
kann man mal nicht sowas in scene setzen?
wahrscheinlich kennt ihr euch, andreas wohnt auch in münchen

http://www.scottbradley.de/index.php

Wortvogel
Wortvogel
9. September, 2007 12:35

Hallo Ingo! Nein, den Winterer kenne ich nicht – wider Erwarten sind die Autoren einer Großstadt nicht verpflichtet, einen Stammtisch aufzumachen 😉

Was meinst du, wie gerne ich mal gute Science Fiction (oder gerne auch Satire) machen würde. Aber geh damit mal zu einem Sender – die lachen dich gleich wieder zur Tür raus.

Aber ich gebe nicht auf!

ingo
ingo
9. September, 2007 13:00

tja, es ist wie die quote bei LiL,
die richtig guten dinge finden nur
die wenigsten richtig gut,
quote ist nicht mit den guten sondern
nur mit der masse zu machen.
die germannische antwort auf
per anhalter durch die galaxis
wartet noch auf realisation,
leider ist doug adams hinüber
auf die andere seite, roddenberry
nicht mehr unter uns, lem alt geworden
und was der hindernisse mehr sind.

Marsellinho
18. Oktober, 2007 00:17

Auch wenn die ganze Kiste hier ja schon durch ist, so wollte ich doch noch mein Lob hierlassen, nachdem ich gestern auf deine großartige Berichtserie gestoßen bin und sie mit Vergnügen verschlungen habe! Vielen Dank für diese erhellenden, wie auch unterhaltsamen Einblicke in das deutsche TV-Geschäft! Hoffe mal demnächst wieder eine ähnliche Geschichte zu lesen, wenn’s auch schwer wird, da man hier eben gerade dein Herzblut sehr merkt, dass du an die Serie gehangen hast.
Da tut es mir fast Leid, dass ich LiL nie eine Chance gegeben habe. Aber, wie schon erwähnt, auch ich gehöre nicht wirklich zur Zielgruppe…

soophie
soophie
23. November, 2007 15:31

gespannt habe ich alle Teile durchgelesen. Lotta habe ich ein oder zweimal gesehen (immer wenn ich vergessen hab, dass Simpsons ja nicht lief ;)) Ich mochte es nicht, ebenso wie ViB oder sowas. Aber es ist interessant, wie sowas abläuft. So gut geschildert, dass sogar ich ein wenig wehmütig auf das Aus von LiL schaue. Sehr schöne Beiträge, danke dazu

René
9. Mai, 2009 09:27

Danke für diesen coolen Bericht “von hinter die Kulissen”!

Oliver
11. August, 2009 13:00

Echt interessanter und spannender Einblick. Vielen Dank dafür 🙂

Der Drummer
Der Drummer
11. August, 2012 01:05

Bin ja etwas spät dran und auch nur zufällig hier aber der Blick hinter die Kulissen war echt Interessant.Hatte damals nix von der TN mitbekommen und darum leider auch nicht gesehen,wahrscheinlich Berufsbedingt.Durch Zufall bin ich bei MyVideo darauf gestossen und hab mir alle 130 Folgen angesehen.Da ich mal selber Musik gemacht habe war die Studio ausstattung ziemlich Interessant.Man da hät ich gerne mal ne Session durchgezogen.Vieleicht hät ichs damals sehen sollen und hätte die Prozente hochgetrieben damits nicht abgesetzt wird.
Zum Schluss gehöre leider auch nicht zur Zielgruppe Male 50+

Ines
Ines
9. Juli, 2014 19:00

Danke für deine Arbeit ! Eine DVD Edition wäre schön gewesen.

Nummer Neun
12. Mai, 2022 09:07

Spannend! Und auch in 2022 immer noch sehr interessant zu lesen.

Für 12% Marktanteil würde man der Produktion heute den roten Teppich ausrollen 😀