30
Aug 2007

Ich bin der Meinung “Das war – SPITZE!” 2

Themen: Film, TV & Presse, Neues |

FragezeichenHINWEIS: ZUERST DEN VORHERIGEN TEIL LESEN!

Das saß ich nun als vor der Kamera, rutschte unsicher auf dem Hocker hin und her, wälzte im Kopf die Spiel- regeln, wie man vor einer Passbild-Kamera gut rüber- kommt (recht Schulter vor, leicht absenken), und kam mir vor wie Wim Thoelke im Praktikum. Die Fragen waren in der Tat einfach – ich beantwortete sie beiläufig, während ich mich freute, dass Kameras keinen Schweißgeruch aufzeichnen.

Ich fuhr an diesem Abend in der Überzeugung heim, die Sache komplett vergeigt zu haben.

Und doch (sonst käme dieser Artikel ja auch nie zur Pointe): So schlecht kann ich nicht gewesen sein. Drei Wochen darauf rief die Produktionsfirma aus Köln an. Man habe mein Band gesehen, mich für tauglich befunden, und wolle nun wissen, ob ich denn auch zwei Tage Zeit hätte, für die Aufzeichnungen vorbei zu schauen? Hatte ich natürlich.

Nun bat man mich noch, exakt drei Bücher zu meinen Spezial- gebiet („Science Fiction in Film und Fernsehen“) rauszusuchen. Ich fragte nach, warum das nötig sei – und kam auf diese Weise hinter das Geheimnis der „Koffer mit weiteren Büchern zu Ihrem Fachgebiet“, die man als Verlierer bei „Der große Preis“ immer in die Hand gedrückt bekam.

Es trägt sich nämlich folgendermaßen zu: Bei einer Quizsendung kann man es nicht riskieren, dass Kandidat und Schiedsrichter bei einer Frage auf unterschiedliche Antworten bestehen, weil sie einander widersprechende Bücher als Grundlage hernehmen. Simples Beispiel: Wer führte Regie bei „Das Ding aus einer anderen Welt“? Da KÖNNTE man „Christian Nyby“ sagen. Aber wer „Howard Hawks“ antwortet, liegt auch nicht ganz falsch. Die Filmhistoriker sind sich da uneins. Sowas kann die ganze Sendung versauen. Also bittet man den Kandidaten, jene Standardwerke beizubringen, aus denen dann die Fachfragen gestellt werden. Der Kandidat hat sein Wissen also aus derselben Quelle wie die Schiedsrichter in der Sendung. Und es waren genau diese Bücher, die bei „Der große Preis“ am Schluss im Koffer übergeben wurden.

Ich machte es mir erwartungsgemäß einfach, und suchte ein paar populärwissenschaftliche Bücher zum Thema Science Fiction raus, die wirklich nicht durch Faktentiefe überzeugten. Dort hielt man sich an die bekannten Filme und Serien, obskure Projekte blieben außen vor. Das reduzierte mein Fachgebiet auf den vergleichsweise leicht zu handhabenden Mainstream. Warum sollte ich mir auch selber Stöcke zwischen die Beine werfen?

In der Show erklärte mir übrigens ein Kandidat, es gäbe eine todsichere Methode, eine schon vergeigte Antwort rumzureissen:


Angenommen, man hat auf die Frage „Wer war der Hauptdarsteller in ‚Otto – Der Film’?“ leichtfertigerweise mit „Dieter Hallervorden“ geantwortet. Es ertönt eine Tröte, der Moderator stöhnt: „LEIDER falsch!“. Kein Problem: „Doch, es war Hallervorden – ich bin mir 100 Prozent sicher.“. Der Moderator fragt beim Schiedsrichter an. Dieser gibt als richtige Antwort „Otto Waalkes“ vor. Stur bleiben! „Das ist ein beliebter Fehler – aber ich bleibe dabei: Hauptdarsteller war Dieter Hallervorden“. Da die Sendung weitergehen muss, und ja auch niemand von sich behaupten kann, die letzte Weisheit zu besitzen, wird in den allermeisten Fällen nun entschieden, es mit einer Ersatz- frage zu versuchen. Die blamable „Fehlfrage“ wird aus der endgültigen Aufzeichnung rausgeschnitten.

Zurück zum Thema: Ich wurde also nach Hürth (dem Amateur als Köln-Hürth bekannt) eingeladen, Hotel und Zug inbegriffen (damals gab es die superbilligen Flugtickets noch nicht). Hotel wäre mir egal gewesen, denn schließlich konnte ich auch bei der Familie in Düsseldorf bleiben, aber man nimmt, was man kriegen kann. Ich hatte fünf verschiedene Klamottenkombinationen im Gepäck, denn obwohl die Folgen einer Woche an einem Tag aufgezeichnet werden, muss für den Zuschauer natürlich der Eindruck entstehen, zwischen den Folgen vergehe ein Tag. Und darum muss man sich in der halbstündigen Pause zwischen den Aufzeichnungen komplett umziehen. Es sei denn, man fällt in der ersten Runde raus.

Insgesamt sollte die ganze Veranstaltung zwei Tage dauern – ein Tag Einführung und “kennenlernen”, Tag 2 dann für die Aufzeichnungen. So lief es dann auch. In einem anonymen Studiogebäude kam ich mit ca. 5-8 “Mitkandidaten” in einen kleinen Raum, versorgt mit den üblichen Säften, Sprudeln, Keksen und Schokolade. Eine Produktionsassistentin bat uns, ein bißchen aus dem Nähkästchen zu plaudern, um die Stimmung zu lockern. Ich merkte schnell, dass ich der einzige Semi-Profi im Raum war – und der einzige, der schon mal in einem Studio gewesen war. Das machte mich zum ersten Mal ein wenig ruhiger, denn ich hatte sowas wie einen “Feldvorteil”. Außerdem hatte ich mir ein sehr einfaches Thema ausgesucht – es gab auch noch Experten über “Buddhismus” und “Tour de France”. Na ja, und “Falco”.

Irgendwann am Nachmittag kam dann auch Kai Böcking vorbei, der immer jugendliche und immer lächelnde Moderator, wegen dem ich aufgehört hatte, “Formel 1” zu gucken. Unsere Biographien hatte genug Überschneidungen, um es fast seltsam wirken zu lassen, dass wir uns hier zum ersten Mal sahen. Zum Beispiel war er jahrelang Moderator bei “Radio Gong” gewesen, als dieser Sender noch direkt unter der Redaktion der TV-Zeitschrift “Gong” angesiedelt war, bei der ich damals als Redakteur arbeitete. Kai ist “off camera” wesentlich weniger gelackt und geschniegelt als im Studio, und man muss der Fairness halber anerkennen, dass er sich total okay verhalten hat (bis zum grossen, geradezu spektakulär spannenden Finale dieser Erzählung – dranbleiben!).

Wir wurden auch noch durch das Studio geführt, damit die Lichter und die Positionierung der Kameras uns etwas vertraut wurden. Natürlich muss auch der Kandidat in so einer Sendung halbwegs wissen, wohin er gucken soll. Wie immer wirkte das Studio geradezu lächerlich klein, und es fiel mir erneut auf, wie gut man sich im Fernsehen darauf versteht, Größe künstlich zu erzeugen. Auf die winzigen Zuschauerränge passte vielleicht gerade mal eine Schulklasse, und viele Plätze waren sowieso für Angehörige der Kandidaten reserviert.

Man erklärte uns die Spielregeln – nicht nur der Show, sondern auch des Miteinanders. Dem anderen Kandidaten nicht rein- reden, den anderen Kandidaten nicht nervös machen, etc. Bei der allgemeinen Fragerunde, in der die Spieler gegeneinander antreten, muss man außerdem die komplette Formulierung der Frage abwarten, bevor man auf den Buzzer haut. Ich sage das nur, weil es morgen noch Thema sein wird, ähem…

Ich dachte einen Moment lang darüber nach, wie einfach es wäre, die Buzzer der anderen Kandidaten zu manipulieren, um meinen Sieg mit Hilfe der Elektronik zu garantieren. Mehr als einen Schraubenzieher und Kaugummipapier hätte auch Mac- Guyver bei diesen Konstruktionen nicht gebraucht. Anderer- seits: als ehrgeiziger Bastard kam für mich nichts anderes (aber auch nichts weniger) als ein ehrlicher Sieg in Frage. Um mich anzuspornen, hatte ich vorher im Freundeskreis geprahlt, dass ich “mal eben” nach Köln fahren müsse, um bei einer Gameshow 15.000 Mark zu gewinnen. Die Aussicht auf Häme ist ein guter Motivator…

Abends ging es dann ins Hotel aufs platte Land, und einige der Kandidaten hatten sich genug “berochen”, um auch ein wenig privat miteinander umzugehen. Ich fuhr mit der sehr sympathischen Schwester der Buddhismus-Kandidatin auf der vergeblichen Suche nach einer brauchbaren Pizzeria durch das Kölner Umland, nur um letztlich doch bei McDonalds zu enden.

Und an dieser Stelle muss ich mich schon korrigieren: Durch die Gegend fahren war nur möglich, weil ich meinen Wagen dabei hatte. Also habe ich das Angebot des Zugtickets von der Produktion gar nicht wahrgenommen, sondern bin mit dem eigenen Auto nach Köln gefahren. So wird ein Schuh draus…

Tag der Aufzeichnung: Wir hatten genug Zeit fürs Frühstück, vor Mittag sollte die Show gar nicht losgehen. Es gab eine gewisse Unruhe unter den Kandidaten, manche lasen sich noch einmal in die schwereren Bereiche ihrer Themen ein. Jeder hatte seine Tasche mit den Outfits dabei. Ich fragte bei der Maske im Studio, ob meine Glatze ein Problem sein, aber sie sagte: “Nö, da streichen wir nur etwas Abdecker drauf, damit sie nicht glänzt.” Dewi, die Bowlingkugel – nur echt im deutschen Fernsehen…

I’m ready for my closeup, Mr. DeMille…

Lesen Sie morgen: Lights, Camera – action! Dewi macht sich zum Affen, spielt gegen alle Regeln, nimmt keine Gefangenen.



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Peroy
Peroy
30. August, 2007 17:22

Ich halt’s vor Spannung kaum aus… alles unter “Ins Sudio Kotzen” wird der Erwartung jetzt schon nicht mehr gerecht… 8)

Fabi
Fabi
30. August, 2007 17:36

Den Trick mit “auf falsche Antwort bestehen” muss ich mir merken. Falls ich auch mal in die Situation kommen sollte *g*.

Florian
Florian
30. August, 2007 18:05

Dumme Frage, aber warum soll überhaupt der Anschein entstehen das die Finalrunde an einem anderen Tag stattfindet?

Wortvogel
Wortvogel
30. August, 2007 18:08

Der Zuschauer will (so glaubt man zumindest) den Eindruck haben, dass die Sendung täglich “frisch” sei, und man nicht einen Happen aus einem am Stück aufgezeichneten “großen Brocken” vorgesetzt bekommt.

Peter Krause
Peter Krause
31. August, 2007 04:03

Dein “Jugendfoto” (das mit Pam) ist aber auch nicht gerade un-photogen.
Klar, sonst hättest Du es wohl auch nicht hier veröffentlicht 😉

Mhh, also wenn ich jetzt im “großen Preis” mitgespielt hätte, und wäre einer der (mindestens zwei) Verlierer gewesen: dann bekomme ich als “Trostpreis” Bücher geschenkt, die ich längst gelesen haben sollte, aber halt leider nicht so ein Gedächtnis wie John von Neumann hatte? Netter Arschtritt …

Wortvogel
Wortvogel
31. August, 2007 09:26

Das ist genau der Punkt, Peter – es ist schon absurd, den Kandidaten ihre Loser-Bücher in die Hand zu drücken. Hoffentlich war wenigstens der Koffer aus Leder…

Peroy
Peroy
31. August, 2007 12:41

Wann geht’s weiter ? Ich bin schon ganz hibbelig…

Olsen
31. August, 2007 17:20

Auf die Frage nach dem “Ding aus einer anderen Welt” könnte man ja außerdem noch John Carpenter antworten, wenn das Entstehungsjahr in der Frage nicht näher spezifiert wird.

Wortvogel
Wortvogel
31. August, 2007 17:24

Nicht wirklich – Carpenters Version hieß lediglich “Das Ding”, bzw. “The Thing”.

Peroy
Peroy
5. September, 2007 11:01

Nicht wirklich – auf deutsch heißt der “Das Ding aus einer anderen Welt” und danach war gefragt…

Haha, “thing” als Anti-Spam Wortm, wie geil… 8)