16
Jan 2017

FFF White Nights 2017: Prevenge

Themen: FF White Nights 2017, Film, TV & Presse, Neues |

England 2016. Regie: Alice Lowe. Darsteller: Alice Lowe, Gemma Whelan, Kate Dickie, Jo Hartley, Dan Renton Skinner, Kayvan Novak, Mike Wozniak, Tom Davis, Tom Meeten

Offizielle Synopsis: Am Anfang steht eine drastische Gräueltat. Damit ist das psychologische Fundament für ihre hochschwangere Ruth gelegt! Es gibt kaum etwas, was der frisch gebackenen Witwe noch ein Lächeln abringt. Dafür spürt Ruth eine besondere Verbindung zu ihrem Ungeborenen: Sie meint, Befehle von ihm zu erhalten! Tödliche Befehle, denen sie nur allzu gerne nachkommt …

Kritik: War es bei „The Void“ die konzeptionslose Wirrnis der Handlung, die mich wütend machte, ist es bei „Prevenge“ die Hauptfigur und Hauptdarstellerin. Da sind die Grenzen fließend, denn Alice Lowe hat sich quasi den Thriller zur eigenen Schwangerschaft geschrieben und inszeniert. Eine Idee, die so prima ist wie die von Künstlerinnen, mit ihrem eigenen Menstruationsblut Bilder gegen den Hunger in Afrika zu malen. Die Frau ist als Mittelpunkt ihres eigenen Films unsäglich, ihr permanentes leeres Depri-Gesicht hat mich wirklich aggressiv gemacht. Sie spielt (ist?) eine dieser sitzengebliebenen Mittdreißigerinnen, die tagein tagaus nur darüber jammern, dass kein Mann eine Frau will, die tagein tagaus nur darüber jammert, dass kein Mann eine Frau… ad infinitum. Ihre Welt kreist ausschließlich um sie, und diese Welt ist schlecht. Emotional ist sie auf den Stand einer depressiven 14jährigen stehen geblieben. Niemand versteht mich. Buhuuu.

Wem die Frau übrigens bekannt vorkommt, der hat vielleicht die Kult-Sitcom “Garth Marenghi’s Dark Place” gesehen:

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Über diese unsäglich eitle Nabelschau hinaus hat „Prevenge“ keinerlei Handlung zu bieten. Ruth bringt Leute um, die sie für irgendwie mitverantwortlich an der eigenen Misere hält. Das stimmt zwar nicht, aber Ruth ist überzeugt, dass Ihr Baby im Bauch das so will. Und irgendwie sind ja alle Menschen Schweine, da trifft es nie den Falschen.

Wäre es wenigstens komisch oder ironisch gebrochen! Aber „Prevenge“ ist eine gelebte Schwangerschafts-Psychose, wenn ich mal auf Yeti-Sprech zurückgreifen darf. Er ist der Beweis, dass man von einem Film deprimiert werden kann – wenigstens (hoffentlich) nicht auch noch schwanger. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Alice Lowes einzige Motivation war, sich im letzten Trimester nicht zu Hause langweilen zu müssen – und dass die Hormone ihr jedes Verständnis dafür, was ein brauchbares Skript ausmacht, weggeblasen haben. Haltet ihr das für eine sexistische und arrogante Aussage von mir? Mag sein. Aber der Film und seine Macher haben bei mir jede Rücksicht auf soziale Konventionen verspielt. Alice Lowe war fies zu mir – bin ich halt fies zu ihr.

Oder ist das wieder so ein Männerding? Würde eine Frau, insbesondere nach einer durchlebten Schwangerschaft, eine ganz andere Solidarität zum Geschehen auf der Leinwand aufbauen? Gibt es da eine hormonelle Meta-Ebene, die sich mir verschließt? Ich fordere die Damenwelt unter meiner Leserschaft auf, sich zu äußern!

Das hier wäre eigentlich einer der seltenen 1 Punkte-Kandidaten (ich muss mal durchdenken, ob meine Skala überhaupt eine 0 beinhaltet). Aus diesem tiefen Tal der Trübnis reißt „Prevenge“ nur die Tatsache heraus, dass ein paar der Nebenfiguren ganz nett ge/überzeichnet sind.

Fazit: Eine dröge, deprimierende und gänzlich freudlose Mordserie einer drögen, deprimierenden und gänzlich freudlosen Hochschwangeren in einem drögen, deprimierenden und gänzlich freudlosen Film. Für gleichgesinnte Zuschauer. 2 von 10.

Shriek of the Yeti:

“Schwangerschafts-Psychose – der Film. Warum muss ich solches Egogewichse sehen? 3/10.”

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5 Kommentare
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heino
heino
16. Januar, 2017 16:10

Du könntest Alice Lowe allerdings auch aus “Sightseers” kennen, der vor einigen Jahren das FFF eröffnete, ebenfalls von ihr geschrieben war und ziemlich gut ankam.
Mir hat der Film insgesamt recht gut gefallen. Das ist zwar ein eitles Vanity-Ding, aber ich mag ihren fiesen Humor, der besonders bei dem Vorstellungsgespräch durchkam.

7/10

Marcus
Marcus
16. Januar, 2017 20:35

Da bin ich bei Heino. Nicht weltbewegende, aber durchaus guckbare, hübsch fiese, kleine, lakonische Horrorshow. So wie damals Sightseers eben. Weswegen der Film auch (wenn mich die Erinnerung nicht trügt) die gleich Wertung kriegt. 7/10.

Stuckimann
Stuckimann
18. Januar, 2017 20:15

Wir warten noch auf die Damenwelt unter Torstens Leserschaft. Bitte melde Dich!!

comicfreak
19. Januar, 2017 12:16

..gelesen hab ich, aber den Film kenn ich nicht

MissCharlesDexterWard
21. Januar, 2017 00:14

:)) ich glaube fast wirklich, dass der Film eher Frauen angesprochen hat. Ich fand ihn nun nicht sensationell, aber wirklich amüsant und verstehe schon, dass einen so ein Ding im Bauch mentaaal ganz schön durcheinanderwirbelt. Aber gut, am Schluss sahen wir ja, dass sie tatsächlich ein Ding an der Waffel hatte. Ich mochte auch diese klassisch englische Independentfilm-Deprostimmung. Die hat sie doch gut auf die Schippe genommen.