21
Feb 2015

Das Konzept Wochenende

Themen: Neues |

Ich wollte gerade einen Kommentar zu einem Facebook-Beitrag von Daniel S. schreiben – aber nach einem halben Satz plingte eine kleine Glühbirne über meinem ungewaschenen Kopf und ein Engelschor schmetterte zum Leidwesen meiner Katzen: “BLOGIDEEEEEEE!!!”

Keine Ahnung, ob das hier für einen richtigen Artikel reicht, aber ich versuche es einfach mal ad hoc, ohne das zu planen.

Wochenende also. Daniel S. freut sich. Wochenende. Endlich Ruhe, endlich keine Arbeit. 48 Stunden Freiheit.

Aber ist das wirklich so? Oder ist das wirklich NOCH so? Oder nur bei mir?

Für mich hat sich das Wochenende in den letzten 30 Jahren massiv verändert. Gewicht und Definition sind mutiert, auch das Verhältnis zu den Werktagen ist nicht mehr das, was es 1990 war.

Es hat natürlich viel damit zu tun, dass ich 15 Jahre lang Freiberufler war und auch heute noch nicht im Büro sitzen muss, um zu arbeiten. Das allein verringert den gefühlten Bruch zwischen Werktagen und Wochenende. Ich sitze eigentlich immer mit dem Macbook auf dem Sofa.

Eine konkrete Arbeitsstruktur habe ich nicht – es kann also sei, dass ich mal einen ganzen Werktag verschlumpfe, aber den Sonntag damit verbringe, eine Reportage zu schreiben. Weil ich ein kreatives Sensibelchen bin, das dann am besten schreibt, “wenn mir danach ist”.

Damit verschwimmen Wochenenden und Werktage, weil die Arbeit und der Aufenthaltsort nicht die definierenden Faktoren sind. Primär “bemerke” ich das Wochenende daran, dass es für zwei Tage keine beruflichen Anrufe gibt, dass ich mir keine Sorgen machen muss, ob jemand Deadlines abfragt. Was ich am Wochenende arbeite, empfinde ich als deutlich weniger fremdgesteuert. Es ist Bonus-Arbeitszeit, die ich einsetzen kann, um die kommende Woche zu entlasten oder Nachlässigkeiten der vergangenen Woche aufzuholen. Oder ich lasse es bleiben.

Die Kehrseite der “außer Betrieb”-Zeit des Wochenendes ist natürlich, dass sie auch für alle anderen Menschen gilt. Hätte ich am Wochenende endlich mal die Zeit, Behörden anzurufen oder privater Organisation zu frönen, so scheitert manche Erledigung an der Tatsache, dass ich niemanden erreichen kann.

Zweiter Problemfaktor: Ladenschluss. Am Wochenende fällt mir gerne ein, was ich mal wieder kochen könnte. Meistens 10 Sekunden, bevor mir einfällt, dass die Läden zu haben und die frischen Zucchini von der Tankstelle vermutlich nicht meinen Ansprüchen genügen.

Bis in die 90er war das zugegebenermaßen noch schlimmer. Da machten die Geschäfte Samstag Mittag zu und die Bankfilialen waren sowieso geschlossen. Heute kann ich am Samstag bis 22.00 Uhr hier in Speyer beim Rewe einkaufen gehen und Bankgeschäfte mache ich seit 2003 ausschließlich online. Das ist praktisch und bequem – aber schon wieder eine Auflösung der Unterscheidung von Werktag und Sonntag.

Auch mein Medienkonsum richtet sich nicht nach linearen Vorgaben. Welche Filme und Serien ich schaue, entscheide ich aus dem Moment. Sonntag ist für mich nicht “Tatort”, Werktag ist für mich nicht “Gute Zeiten Schlechte Zeiten”.

Der Samstag war für mich traditionell nie ein Tag der Entspannung. Schon zu Zeiten fester Anstellung nutzte ich ihn, um gegen jede Vernunft einkaufen zu gehen und die Wohnung zu putzen. Es brauchte eine regelrechte Deprogrammierung, um mich dazu zu bringen, lieber am Mittwoch oder Donnerstag einzukaufen. Der Samstag hatte damals noch so was Hektisches im Sinne von “Hast du auch ja alles beisammen, bevor heute Mittag das ganze Land die Schotten dicht macht?!”

Heute sehe ich den Samstag entspannter. Die Läden haben lange auf, putzen muss ich nicht mehr selber und den Katzen ist es auch egal. Außer der Duftmarke “Wieder eine Woche geschafft” hat er für mich keine nennenswerte Bedeutung.

Es ist also nur der Sonntag mit seinen begrenzten Ladenschlusszeiten, der für mich das Wochenende definiert. Und den finde ich nicht mal so angenehm. Weil er irgendwie tot ist, weil ich Entspannung als den Verzicht auf Aktion sehe und nicht das mangelnde Angebot an Aktion. Und weil er irgendwie doch schon davon versaut wird, dass ihm der Montag folgt. Wie soll man dabei entspannen?

Demzufolge wäre eine völlige Aufgabe des Wochenendes im Sinne von Ladenschluss denkbar und eventuell erstrebenswert. Alles kann, nichts muss. Aber das ist auch keine Lösung. Weil der Mensch – unabhängig von der Frage, was er damit macht – eine Taktung braucht. Ein Tag, eine Woche, ein Monat, ein Jahr. Ich bin überzeugt, dass es dem Wohlbefinden nicht zuträglich wäre, wenn wir die kalendarischen Rhythmen einfach aufgeben würden, wenn es jenseits der Jahreszeiten nur noch einen Tages-Counter gäbe.

Stellt es euch mal vor: Keine Wochentage, kein Wochenende, keine Monate, keine Jahreszahlen. Wir befinden uns lediglich am Tag 735.475 nach Christus (oder nach irgendeinem anderen beliebigen Startpunkt). Gestern war 735.474, morgen ist 735.476. Meine Mutter ist demnach alt, weil sie vor 730.000 geboren wurde. Keine Epochen mehr, keine Jahrzehnte, keine Jahrhunderte – alles löst sich in einfachen ganzen Zahlen auf. Wir arbeiten nicht mehr auf das Wochenende hin, sondern im täglichen Trott auf die Rente mit 23.000 (Tagen). Es gäbe keinen zu feiernden Geburtstag mehr, weil der einen wiederkehrenden Jahreswechsel als Grundlage bräuchte. Überhaupt keine Jahrestage mehr, keine Feiertage, kein Weihnachten, kein Silvester.

Es klingt logisch, vernünftig, einfach – und doch leer und mechanisch. So eklig, dass es nicht mal Spaß macht, darüber nachzudenken. Und das meine ich, wenn ich sage, dass Menschen Rhythmen brauchen, die ihnen ein Gefühl von Leistung geben. Die Woche geschafft, das Jahr ist rum, schon wieder Weihnachten. Ein Zyklus schafft Vertrauen, weil er durch die Wiederkehr die Tage und Monate vertraut macht. Die Bindung historischer Ereignisse an wiederkehrende Daten bindet uns an diese Ereignisse. Sie erzeugt Geschichte, die wir festhalten können, derer wir gedenken.

Über die Logik der aktuellen Einteilung können wir aber durchaus diskutieren. Warum sieben Tage? Warum 12 Monate? Wäre es nicht z.B. deutlich vernünftiger, eine Zehn-Tage-Woche mit vier Tagen Wochenende einzuführen? Oder einen freien Tag alle drei Tage? Wären zehn Monate mit konstant 36 Tagen nicht vernünftiger als 12 mit Längen von 28 bis 31?

Ich merke schon, ich komme vom Hundertsten ins Tausendste, das Thema Wochenende rückt zugunsten esoterischer Gedankenspiele in weite Ferne – dabei wollte ich auf Facebook bloß das hier kommentieren:

“Lumm, Lumm, Lumm,
Daniel hüpft herum
Lumm, Lumm, Lumm,
Wochenendium…”



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Tante Jay
21. Februar, 2015 14:44

Ich kämpfe drum, überhaupt sowas wie Tagesstruktur wieder in mein Leben zu bekommen, was mir *völlig* abhanden gekommen ist.

Ja, Struktur ist wirklich nichts schlechtes.

Marcus
Marcus
21. Februar, 2015 14:51

“Demzufolge wäre eine völlige Aufgabe des Wochenendes im Sinne von Ladenschluss denkbar und eventuell erstrebenswert. Alles kann, nichts muss. ”

Aber letzteres gilt dann nur für dich. Diejenigen, deren Arbeitskraft für offene Läden notwendig ist, “müssen” ja dann nachwievor.

Genauso geht es allen “normal” Beschäftigten. Kein Wochenende mehr würde nicht mehr Freiheit bringen, sondern weniger Freizeit.

Und generell sehe ich das Wochenende anders als du. Es gefällt mir, dass es wenigstens mal einen Tag gibt, an dem nichts geht (und einen freien Tag davor, an dem man wenigstens ein paar Dinge erledigen kann). Hektik und Flexibilität sind an den anderen 5 Tagen gefragt, das reicht völlig.

Marcus
Marcus
21. Februar, 2015 14:56

Ach ja, und warum 12 Monate? Na für die Freunde der Mondphasen, für wen sonst? 🙂

Wortvogel
Wortvogel
21. Februar, 2015 14:59

@ Marcus: Das sind aber 29 Tage und 12 Stunden – außerdem war das nur eine historische Krücke, die wir problemlos ablegen könnten.

Tom
Tom
21. Februar, 2015 15:05

Wenn man das Fernsehprogramm mit Füßen treten möchte, ist Wochenende – oder Feiertag.

Marcus
Marcus
21. Februar, 2015 15:11

Trotzdem: das Jahr muss so lang sein, wie es ist, weil sonst die Jahreszeiten nicht mehr im Kalender fixiert sind.

Und einen weiteren Breakdown braucht man, denn wenn man das Jahr einfach als Tag 1 -365 führen will, wie setzt man dann sinnvolle Zwischenetappen, zB für alle möglichen Berichte, Rechnungsperioden, Gehaltszahlungen, etc. Und dafür sind 12 Monate weder schlechter noch besser als andere. Klar könnte man sagen, es gibt vier Jahreszeiten, also warum nicht vier Monate, oder acht, oder sechzehn? (Zehn Monate a 36 Tage geht nicht, dann bleiben (im Normalfall) 5 Tage über.)

Dito die Wochen: Alle drei Tage ein freier Tag würde den Arbeitsrhythmus sehr kurzatmig machen, zehn Tage arbeiten und vier Tage Wochenende würde noch größere Lücken in konstante Produktionsprozesse reißen, die man dann mittels teurer Wochenendarbeit schließen müsste – und viele (mich eingeschlossen) würden zehn Tage am Stück zu stressig finden. So wie es jetzt ist, ist es ein guter Kompromiss, finde ich.

Der Punkt ist, ich glaube nicht, dass es eine Einteilung für den Kalender gäbe, die Vorteile gegenüber der bestehenden bietet – insbesondere, wenn man den Aufwand einer Umstellung und der kontinuierlichen Unvergleichbarkeit (“Wann war dieses Jahr noch gleich Tag der deutschen Einheit?”) berücksichtigt. Und das reicht mir als Rechtfertigung. Never change a running system. 😉

Big Al
Big Al
21. Februar, 2015 15:15

Als im Einzelhandel beschäftigter Mensch ist mir und uns (den Kollegen in der Firma für die ich auch tätig bin) zumindest der Sonntag als ein deutlicher “Leuchtturm” sehr wichtig. Man kann als Kunde einen kleinen Teil seiner Waren die wir vertreiben durchaus auch im Online-Shop bestellen, 24/7/365. Ist allerdings eine ganz andere Schiene.
Für eine ausgiebige persöniche Beratung ist weiterhin der Besuch eines Ladengeschäftes erforderlich, Punkt Ende aus, nicht mit mir diskutierbar als Verkäufer mit 25-jähriger Erfahrung im Außendienst, zumindest in meiner Produktgruppe.Jeder sollte sich mal in die Person des Verkäufers/Beraters hineinversetzen (müssen) um dies zu akzeptieren.
Kurzum:
Wir brauchen ALLGEMEIN akzeptierte Rhythmen. Ohne geht es leider nicht. Wie diese für jeden einzelnen aussehen ist ein ganz anderes Thema zu dem eine für alle verträgliche Lösung in weiter Ferne liegt. Und diese Grenze verschiebt sich dank der neuen Medien und diverser (‘tschuldigung) pseudoinnovativ/progressiver Internetunternehmer immer mehr in Richtung “alles ist möglich” (und leider in der Praxis doch nicht umsetzbar, ich habe einiges davon hinter mir in “meinem” Bereich).

Wortvogel
Wortvogel
21. Februar, 2015 15:26

@ Big Al: “Für eine ausgiebige persöniche Beratung ist weiterhin der Besuch eines Ladengeschäftes erforderlich, Punkt Ende aus, nicht mit mir diskutierbar” – dann würde ich dir empfehlen, hier nicht zu kommentieren. Ich bevorzuge Leser, die ihre Thesen nicht zum ehernen Gesetz erklären.

@ Markus: “Dito die Wochen: Alle drei Tage ein freier Tag würde den Arbeitsrhythmus sehr kurzatmig machen, zehn Tage arbeiten und vier Tage Wochenende würde noch größere Lücken in konstante Produktionsprozesse reißen, die man dann mittels teurer Wochenendarbeit schließen müsste – und viele (mich eingeschlossen) würden zehn Tage am Stück zu stressig finden. So wie es jetzt ist, ist es ein guter Kompromiss, finde ich.”

Das siehst du in meinen Augen so weil du so geprägt wurdest. Ob ein dreitägiger Arbeitsrhythmis kurzatmig ist, wertest du ja am Vergleich mit der aktuellen Aufteilung – und die zehn Tage auch. Ich könnte dagegen halten, dass ein freier Tag alle drei Tage weniger bedeutet, weil man nur in 48stündigen Etappen arbeiten muss – das könnte für eine massive Senkung von Volkskrankheiten sorgen. Und vier Tage in der Zehntage-Woche wäre ein Segen für Menschen, die gerne Kurzurlaube machen. Da würde eine ganze Industrie drum herum wachsen.

“wie setzt man dann sinnvolle Zwischenetappen, zB für alle möglichen Berichte, Rechnungsperioden, Gehaltszahlungen, etc. ” – einfach: anhand der Tage. Alle 10 Tage, alle 20 Tage, alle 15 Tage, etc. Man könnte dann sogar völlig neue Systeme entwerfen, bei denen die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer des Auszahlungsrhythmus (und nicht mehr nur die Höhe) des Gehalts in die Verhandlungen mit einbeziehen.

Pogopuschel
Pogopuschel
21. Februar, 2015 15:33

Da ich einen nicht unbeträchtlichen Teil meines bisherigen Lebens als Student verbracht habe, ist mir das Konzept des Wochenendes nach der Schulzeit größtenteils entglitten. In manchen Semestern gab es einen Di-Mi-Do Seminarplan mit Wochenende von Freitag bis einschließlich Montag, in anderen Semestern gab es zahlreiche ganztägige Blockseminare, die über das ganze Wochenende gingen (einziger Unterschied: eine wunderbar leere Uni). Bei meinem Studium in Siegen fanden die meisten studentischen Aktivitäten (Party usw.) in der Woche statt, weil die meisten Studis nur die Woche über in der Stadt waren.
Während meiner Anstellung als Sozialpädagoge in einer Suchtklinik musste ich auch einmal im Monat am Wochenende Dienst machen (während des Zivildienstes im Krankenhaus noch viel öfters). Als ich nach einem Jahr auf eine halbe Stelle reduziert habe, konnte ich für mich eine Di-Mi-Do Arbeitswoche durchsetzen.
Bei meinem Zweitstudium in Berlin lief es ähnlich wie in Siegen, nur dass in Berlin sowieso die ganze Woche Party ist bzw. kulturelles Leben stattfindet. Wenn es Hausarbeiten zu schreiben galt oder Referate vorzubereiten, habe ich am Wochenende genauso daran gearbeitet, wie in der Woche.
Bei meiner letzten Festanstellung in der Jugendhilfe habe ich auch fast jedes Wochenende mindestens einen Tag gearbeitet, dafür regelmäßig in der Woche freigehabt.

Jetzt, wo ich Vollzeit als Freiberufler arbeite, versuche ich aber eine Fünftagewoche einzuhalten. Aus mehreren Gründen. Zum einen, damit ich nicht immer sieben Tage die Woche durcharbeite, sondern auch (relativ strukturierte) Erholungsphasen haben. Zum anderen, damit meine Auftraggeber nicht auf den Gedanken kommen, ich stände immer am Wochenende bzw. rund um die Uhr zur Verfügung. Ich gehöre nicht zu den Freiberuflern, die noch bis spät in die Nacht hinein arbeiten (eine gesunde Arbeitsstruktur mit begrenzten Arbeitszeiten führt beim Übersetzen auch zu besseren Ergebnissen) Wenn eine Deadline kurz bevorsteht oder sich mehrere Aufträge überschneiden, kann es gut sein, dass ich auch mal das Wochenende durcharbeite, versuche dann aber in auftragsschwächeren Phasen die Freizeit nachzuholen. Wenn das Wetter jetzt wieder besser wird, werde ich auch mal in der Woche einen Tag freimachen, um das schöne Wetter für eine Fahrradtour zu nutzen, die Arbeit hole ich dann am Wochenende nach. Es muss ja auch seinen Vorteil haben, Freiberufler zu sein, z. B. dass man seine wetterabhängigen Freizeitaktivitäten aufs Wochenende beschränken muss. Und um mir den Arsch aufzureißen, sind die Honorare, die ich bisher bekomme, nicht hoch genug.

Insgesamt empfinde ich das Wochenende aber als ein gutes Konzept bzw. eine gute Richtlinie, um nicht zu viel zu arbeiten und Freizeit und Berufliches besser abzugrenzen. Für viele in einer Vollzeitfestanstellung, denen ihre Arbeit keinen Spaß macht, ist das Wochenende ja immer so etwas wie ein Rettungsanker, ein kurzfristiges Ziel, auf das man sich freuen kann. Kenne ich aus meinem Freundeskreis gut, da wird der Montag auf die kreativsten Weisen verflucht, Mittwoch ist Bergfest, Donnerstag kann man es schon etwas lockerer angehen und Freitag kommt dann die rettende Erlösung, deren Spaß aber schon am Sonntag wieder vorbei ist, weil man da den schrecklichen Montag vor Augen hat. Das wäre kein Lebensmodell für mich. Zumal ich auch eher ein Nachtmensch bin und gerne später aufstehe (und dafür abends etwas länger arbeite). Aber das ist ein anderes Thema 🙂

Marcus
Marcus
21. Februar, 2015 15:35

“Man könnte dann sogar völlig neue Systeme entwerfen, bei denen die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer des Auszahlungsrhythmus (und nicht mehr nur die Höhe) des Gehalts in die Verhandlungen mit einbeziehen.”

Einwurf des Rechnungswesen-Spezis: kann man nicht. Wenn jeder seine eigene Taktung hat, kriegt man keine Periodenabschlüsse mehr hin. 😉

“Das siehst du in meinen Augen so weil du so geprägt wurdest.”

Hab ich auch so gemeint – kurzatmig für komplexere Jobs wie meinen. Wer bei VW am Band steht, kommt mit zwei Tagen Arbeit und einem Tag frei genauso gut klar, vielleicht sogar besser.

Und ich sagte ja auch, dass es u.a. MIR zu stressig wäre, zehn Tage durchzuarbeiten. Das muss nicht jeder so sehen. Aber dass jeder seinen eigenen Wunschwochenmodus kriegt, geht halt nicht.

Und Kurzurlaube sind nicht meins. 😉

Joachim Seitz
Joachim Seitz
21. Februar, 2015 15:36

Die Sache mit der 10-Tage-Woche wurde ja schonmal ausprobiert. Hat aber nicht so lange gehalten und kam auch nicht wirklich gut an.

Marcus
Marcus
21. Februar, 2015 15:41

Umgekehrt siehst du, Torsten, die Flexibilität auch nur deshalb als besser, weil du so geprägt bist. Was ich verstehe: als ich seinerzeit (naja, 2005-06) meine Diplomarbeit schrieb, fand ich es auch hilfreich, dann zu arbeiten, wenn mir danach war, ohne Rücksicht auf Tag oder Uhrzeit. Aber das ist halt eine kreative Tätigkeit, für die man eben während der “Schreibarbeit” keinen regelmäßigen Austausch mit anderen braucht. Wie das Reportagen schreiben.

Wortvogel
Wortvogel
21. Februar, 2015 15:50

@ Joachim Seitz: In der Tat, das wusste ich gar nicht:
“Auch nach dem 1792 eingeführten Französischen Revolutionskalender gab es eine Zehn-Tage-Woche. Pro Monat gab es drei solcher Zehn-Tage-Wochen, jeder Monat hatte also 30 Tage. Am Ende des Jahres wurden fünf Extratage angehängt. Zum 1. Januar 1806 schaffte Napoleon diese neue Zeitrechnung wieder ab.”

Wortvogel
Wortvogel
21. Februar, 2015 15:52

@ Marcus: Ich propagiere keine Abschaffung des Wochenendes, ich sehe ja selber die Notwendigkeit von Zyklen. Ich halte aber die Auflösung der Zyklen jenseits der Tage für ein spannendes Denkexperiment.

Eine computerisierte Buchhaltung wäre sehr leicht in der Lage, individuell zu rechnen.

Karsten
21. Februar, 2015 15:54

Als Freiberufler im Gaming-Bereich erkenne ich mich besonders bei den ersten Abschnitten wieder. Die Einteilung in Woche und Wochenende gibt es so gut wie nie. Eigentlich steht jedes Wochenende zumindest ein wenig Arbeit an, manchmal weil in der Woche ein paar private Sachen während der Arbeitszeit erledigt werden mussten und ich den liegengebliebenen Kram dann eben am WE aufholen muss. Mal, weil einem Auftraggeber Freitags eingefallen ist, dass er ´nen Artikel bis Montag braucht. Oder einfach auch nur, weil ich nicht in die Pötte gekommen bin oder für einen kommenden Test noch ein paar Stunden vor der Konsole sitzen darf. 🙂 Um Karneval rum hab ich mit Erstaunen festgestellt, dass die Normalsterblichen mal wieder frei hatten … ich nehme mir meine Feiertage halt, wenn keine Arbeit ansteht. Ab und an fühlt es sich schon so an, als würde ich in einer Parallelwelt mit vielen Vor- aber auch einigen Nachteilen leben 😉

Wortvogel
Wortvogel
21. Februar, 2015 15:57

@ Karsten: Ich sehe Sachen wie Karneval und Ostern auch eher als Sonderfälle wie das Wochenende. Die nehme ich nicht als Auszeiten, sondern als Störfälle wahr.

Pogopuschel
Pogopuschel
21. Februar, 2015 16:06

Kleiner Nachtrag von mir: Ich habe auch festgestellt, dass es auf Dauer sehr langweilig und eintönig wird, wenn jeder Tag (egal ob Wochenende oder Werktag) gleich abläuft. Habe mal versucht, meine Arbeit so auf sieben Tage die Woche zu verteilen, dass pro Tag nicht so viel anfällt. Aber insgesamt arbeite ich dann lieber fünf Tage etwas mehr, um dann zwei Tage frei bzw. Abwechslung zu haben.

Ich versuche, auch Feiertage einzuhalten und zumindest ein wenig Urlaub zu machen. Über Weihnachten habe ich zwei Wochen »Urlaub« gemacht und hätte in der Zeit keine Aufträge angenommen.

Earonn
Earonn
21. Februar, 2015 16:15

Dass ich jeden Tag einkaufen gehen kann, empfinde ich tatsächlich als entspannend. Wie der Wortvogel hatte ich nämlich auch das “Samstagnachmittagssyndrom”.
Wenn mir jetzt am Sonntagmorgen einfällt, dass ich ja Montag einen Kuchen mit ins Büro bringen muss, kann ich trotzdem noch alle Zutaten kaufen.
Allerdings würde ich mir kürzere Ladenöffnungszeiten wünschen, sonntags nur bis Mittag oder so. Und dass es nur für den Lebensmittelhandel gelten würde. Klar ist es nett, auch am Sonntag in den Buchladen zu gehen. Aber braucht man das nötiger als die Verkäufer ihr Wochenende?

Ahem, Wortvogel, dass mit den Behörden verstehe ich nicht so recht. Ich war bisher davon ausgegangen, dass Du deinen Tag mal abgesehen von Reportagefahrten frei einteilen kannst? Wäre es da nicht sogar einfacher für dich (im Vergleich zu uns Büronudeln), bei Behörden vorbeizuschauen? Dienstags zum Amt, und dafür sonntags arbeiten?

DJ Doena
DJ Doena
21. Februar, 2015 19:27

Ich arbeite am Wochenende formell nie.

Aber ich bin Software-Entwickler. Und in so einem Denkberuf kann man nicht einfach um 17:30 “den Hammer/Stempel fallen lassen”. Oftmals denke ich noch während des Nachhausewegs oder darüber hinaus über Designprobleme nach, die sich noch nicht haben lösen lassen.

Da kann es dann schon mal passieren, dass mir 22:00 die Lösung kommt und ich um 8:30 dann die Hälfte des Codes umschreibe, den ich am Vortag gerade erst erstellt habe.

Außerdem schreibe ich privat auch Software und liebe es, mich in neue Techniken einzutüfteln, ohne “das Handbuch zu lesen”.

Meistens muss ich mich dann Sonntag Nacht um 0:30 zwingen, aufzuhören, damit ich Montag wieder fit für die Arbeit bin.

Marcus
Marcus
21. Februar, 2015 22:40

Ein interessantes Konzept zum Drübernachdenken ist die Auflösung von Zyklen, Torsten, das stimmt. Ich zB habs getan und sehe keinen Sinn darin.

“Eine computerisierte Buchhaltung wäre sehr leicht in der Lage, individuell zu rechnen.”

Glaub es demjenigen, der das beruflich macht: nein. 😉

Peroy
Peroy
22. Februar, 2015 00:19

“Rinde statt Klopapier”… denkt mal darüber nach…

oibert
oibert
23. Februar, 2015 00:27

zu 3 Tage arbeiten, 1 Tag frei – ein Arbeitskollege von mir macht etwas ähnliches: er verteilt seinen Jahresurlaub von 30 Tagen auf jeden Mittwoch – er nennt das sein Mittwochenende. Durch Überstunden die bei unserem Beruf eh ständig anfallen schafft er es auch von den restlichen 22 Mittwochen viele zuhause zu verbringen.
Dadurch hat er allerdings nie mehr als 2 Tage, also das normale Wochenende am Stück frei.

Wortvogel
Wortvogel
23. Februar, 2015 07:51

@ Oibert: Klingt sexy.

heino
heino
23. Februar, 2015 08:40

Zum Buchhaltungsproblem bin ich völlig bei Marcus, langjährige Erfahrung lehrt, dass computerisierte Buchhaltung alles andere als flexibel ist. Ganz im Gegenteil, ohne feste Abrechnubgszyklen versinkt man im Chaos.

Da ist dann auch das grösste Problem dieser Überlegung zu finden:die ganze Welt müsste sich entsprechend umstellen, da ja quasi die gesamte Wirtschaft weltweit in Sachen Abrechnungszyklen vernetzt ist. Und das funktioniert überhaupt nicht mehr, wenn einzelne ausscheren.

Ich habe meine Zivi-Dienst im Altenheim abgeleistet und danach 10 Jahre im Einzelhandel und in diversen Call Centern gearbeitet, da gibt es sowas wie Wochenenden nicht. Meist hat man dann ersatzweise einen Tag in der Woche frei, was aber deutlich mehr Stress als Erholung verursacht, denn an diesem einen Tag muss man ja quasi alles erledigen, was so anfällt. Da ist ein Wochenende schon deutlich die bessere Alternative, denn man kann zumindest einiges auf den Freitag Nachmittag und den Samstag verteilen, was ich erheblich erholsamer finde. 10tägige Arbeitszyklen kenne ich auch noch aus dem Altenheim, das ist sehr anstrengend und zehrt an den Nerven. Wenn dann noch Schichtdienst dazu kommt, geht man schnell auf dem Zahnfleisch.

Generell finde ich die Situation jetzt schon in vielen Bereichen unangemessen belastend für die Mitarbeiter (Z.B. Einzelhandel, Pflege, Gastronomie), aber in vielen Branchen ist es halt nicht möglich, am Wochenende die Räder stillstehen zu lassen.

Wortvogel
Wortvogel
23. Februar, 2015 09:02

@ heino: Sorry, vielleicht habe ich mich da missverständlich ausgedrückt – ich meinte nicht, man sollte das System umstellen. Ich meinte nur, man sollte sich mal vorstellen, wie es wäre, wenn das System nie entstanden wäre. Dann würden die Computer heute auch ganz anderes funktionieren, weil ihre Programme ebenfalls nicht auf Zyklen basieren würden.

heino
heino
23. Februar, 2015 13:41

Ach so, das habe ich tatsächlich nicht so verstanden. Und wenn ich mir die anderen Kommentare hier durchlese, war ich da wohl nicht der einzige.

Trotzdem, feste Rhythmen sind mMn wichtig, weil uns sonst die Orientierung fehlt und ein System, in dem nur die Tage runtergezählt werden, halte ich für zu beliebig. Ob es nun unbedingt das jetzige – ja auch schon massiv aufgeweichte – System sein muss. Da es sich aber weitgehend bewährt hat, sehe ich keinen Grund zur Änderung.

Mencken
Mencken
23. Februar, 2015 23:13

Entscheidend scheint mir auch der Familienstand zu sein. Seit ich verheiratet mit Kindern bin, ist die Trennung Wochenende/Woche wieder so klar, wie es bis zum Abitur der Fall war.