09
Feb 2015

Cineastische Vorstrafen: Abkürzung als Umweg

Themen: Film, TV & Presse |

Zu den Sachen, für dich Facebook liebe, gehört die Tatsache, dass es Menschen wieder in mein Blickfeld schiebt, die ich lange vergessen oder verschollen wähnte. Das kann ein ehemaliger Crush sein, ein Klassenkamerad, oder einfach ein Kumpel aus Zeiten, als Kumpel zu haben furchtbar wichtig war.

Im Fall von Olaf (für’s Protokoll: Kumpel, kein Crush) ist das doppelt erfreulich, weil er quasi als Facebook-Gastgeschenk etwas mitbrachte – den Link zum ersten Film, an dem ich je beteiligt war.

Genau genommen ist es nicht der erste Film. Schon als ich 14 war, wollte ich mit ein paar Freunden “John Sinclair” verfilmen. Wir drehten auf Super 8 auch ein paar Monster-Testaufnahmen (Ghouls mit Schampoo über dem Gesicht für Schleimigkeit, Mumien mit per Uhu geklebten Hautfalten). Und ein oder zwei Jahre später startete ich mit Klassenkameraden den Versuch, im Rahmen eines Schulprojekts den SF-Actionthriller “Mission ASZERA” zu drehen. Auf Schwarzweiß-Video. Ich glaube, zwei Drehtage haben wir geschafft.

In der Kollegschule gab es dann Ende der 80er eine Film-AG, geleitet vom Regisseur Jürgen Kuhfuß. Von ihm habe ich wirklich viel gelernt, was Dramaturgie angeht, Filmsprache, erzählerische Notwendigkeiten. Manchmal verbrachten wir zwei Stunden damit, Filme wie “Wolfen” zu schauen und den Schnitt zu analysieren. Dann machten wir uns daran, gemeinsam eigene Kurzfilme zu entwickeln, zu drehen und zu schneiden.

Nun muss man einschränkend sagen, dass jeder in der AG mitmachen konnte. Man hatte sich also nicht “freiwillig” als Team gefunden. Und weil es eine an die Gesamtschule angeschlossene Kollegschule war, musste jeder das gleiche Recht haben, seine Ideen durchzusetzen. Das ist zwar demokratisch, dem kreativen Prozess aber nicht gerade förderlich.

Irgendwie einigten wir uns darauf, eine “urban legend” zu verfilmen. Auf 16 Millimeter, schwarzweiß, nachvertont. Meine primäre Aufgabe bestand darin, ein paar Ideen für Schnitt und Dramaturgie zu liefern, die dann in Storyboards umgesetzt wurden. Die Generation von iMovie und YouTube wird es sich kaum vorstellen können, aber geschnitten wurde “Abk.” (wir fanden es rasend cool, das Wort “Abkürzung” selbst abzukürzen) an einem echten Schneidetisch mit Klingen und Tesafilm. Was heute am Notebook eine halbe Stunde dauern würde, beanspruchte damals Nachmittage.

Olaf lieferte seinerzeit den Soundtrack – er hat auch mehr Details:

Dieser Kurzfilm wurde zwischen 1987 und 1988 von der Filmgruppe des “Lernort Studio” der Kollegschule Kikweg (heute Lore-Lorentz-Schule) in Düsseldorf konzipiert und realisiert. Gedreht wurde er mit einer älteren 16mm Arriflex Handkamera in schwarz/weiß und ohne Ton – Die Nachvertonung erfolgte erst später nach dem Bildschnitt.

Die am Film beteiligten Schüler erhielten VHS-Kopien. Ich habe meine Videokassette 2004 digitalisiert und dabei gleich noch einen alten Fehler korrigiert, da Bild und Ton gegen Ende des Films deutlich asynchron waren.

Die Geschichte, die erzählt wird, basiert etwas abgewandelt auf folgender “urban legend”: Jemand fährt nachts durch eine einsame Gegend und sieht den leblosen Körper eines Kindes auf der Straße liegen. Als er aussteigt, um zu helfen, sieht er, dass es nur eine Puppe ist. Ihm wird die Sache unheimlich und er läuft zum Auto zurück, schlägt die Fahrertür zu und braust davon… Als er später aussteigt, bemerkt er Blutspuren an der Autotür und findet vier abgeschlagene Finger in seinem Fahrzeug.

“Abk.” ist keine große Filmkunst, aber wer ein wenig genauer hinschaut, wird erkennen, dass wir damals mit sehr viel Leidenschaft und vollem Einsatz bei der Sache waren. Der Film wurde lediglich einmal öffentlich aufgeführt -1988 in der Düsseldorfer Zentralbibliothek. am Bertha-von-Suttner-Platz.

Und nun ohne weiteres Rumgerede – mein erster Abspann-Credit:

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Keine große Kunst, ich weiß – aber was ist schon Kunst?

Wir begannen danach noch einen Werwolf/Comedy-Kurzfilm, aber ich meine mich zu erinnern, dass der nie fertig gestellt wurde.



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6 Kommentare
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comicfreak
comicfreak
9. Februar, 2015 20:15

..cool.
Kommentar vom Junior: “SPANNEND! In Farbe und HD wär der voll peinlich.”

Dietmar
Dietmar
9. Februar, 2015 23:33

Ich habe die Geschichte damals geglaubt, als sie mir erzählt wurde. Erste Sünde.

Die zweite: Ich habe auch weiße Hosen getragen …

Die Filmprojekte, an denen ich so mitwirkte (zwei), zeigten aber auf jeden Fall schlechtere Ergebnisse. Da wusste niemand von uns, wie man das richtig anfangen sollte.

noergel
noergel
10. Februar, 2015 07:05

Wie bereits in der Edeka-Werbung gesagt:SUPERGEIL!

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
10. Februar, 2015 10:15

Sagt man neudeutsch tatsächlich “Crush” für Schwarm? Klingt suspekt 😉

Michel
11. Februar, 2015 11:17

Ach guck, der Kuhfi … (Kuhfuß Regisseur? War mir nicht klar) … klein ist die Welt. Bei dem hab ich Anfang der 90er mal ein paar Monate als Zeichner in seinem Trickfilmstudio gearbeitet (“Hallo, Herr Biber! So gut gelaunt?”). Dem bin ich bis heute vor allem dankbar, dass er mich auf Patricia Highsmith (die Romane) gebracht hat.

Steffen
Steffen
13. Februar, 2015 15:37

Sehr cool gemacht 🙂
Meine erste Filmerfahrung war auch in der Gesamtschule, damals (1998) hatte RTL2 ein Projekt “Filmregie statt Ecstasy”, und einer unserer Lehrer hatte ein ziemliches Faible für Filme. Es entstand dann ein sehr trashiges Musikvideo zum Song Suicide Lover einer kleinen Lokalband, die es schon ewig nicht mehr gibt – grandiose Grütze, wenn ich mir das heute angucke. Aber was hatten wir für einen Spaß beim Dreh und vor allem der Nachbearbeitung im Offenen Kanal an einem Amiga 1200 😀
Hat bei mir leider für nicht viel mehr gereicht als Hobbyprojekte und ab und an längere Eröffnungsfilmchen (mit selbstgebautem Greenscreen und geliehenen Softairknarren) für unsere lokale Lanparty, aber mein Interesse für Filmen und Spezialeffekte hatte es jedenfalls geweckt. Hab mich nur nie getraut, das mal bei Youtube hochzuladen, zumal ich gerne mal unlizensierte Heavy Metal als passende Hintergrundmusik genutzt habe.. Good times 🙂