31
Jan 2015

Bankgeheimnis: Alle doof

Themen: Neues |

Die heutige Anekdote ist schon fast 12 Jahre alt. Sie ereignete sich im ersten Quartal 2003, da wohnte ich gerade noch recht frisch in meinem eigenen Haus und hatte beruflich gerade auf “frei” umgestellt, was noch etwas stockend lief. Manchmal kam monatelang nix rein, dann gaben sich die Schecks die Klinke in die Hand. Und es passierte etwas, das mich dazu brachte, nach 30 Jahren die Hausbank zu wechseln.

Warum das gerade jetzt erzähle? Weil ich dieser Tage meine analogen wie digitalen Aktenberge entschlackt habe. Sowohl in den Ordnern im Regal als auch in den Ordnern auf der Festplatte ist nun alles perfekt sortiert und vollständig. Alle überflüssigen Schreiben, Beiblätter und obsolete Abrechnungen wandern morgen über den Schredder ins Altpapier.

Natürlich taucht bei solchen Aktionen das eine oder andere Kleinod auf, irgendeine Quittung, die an einen besonders blöden Fehlkauf erinnert oder Visitenkarte aus einem Hotel, wo man außergewöhnlich schönen Urlaub gemacht hat. Ich habe auch ein paar Details in meiner tabellarischen Biographie nachtragen können, z.B. den exakten Reisetermin von Kapstadt.

Aber darum geht’s nicht. Es geht um die Bank, deren Namen ich nicht nennen werde und bei der mir meine Eltern mein erstes Konto einrichteten, als ich vier Jahre alt war. Und weil der Mensch träge ist, bin ich bei der Bank geblieben. Auch, als sie Gebühren verlangte, wo andere Banken kostenlos dienstleisteten – sogar noch, als sie mir für meine erste große Hypothek von allen Ansprechpartnern das schlechteste Angebot machte. Ich finanzierte dann zwar woanders, aber meine Konten blieben bei dem Institut, an das ich gewöhnt war. Ich dachte, 30 Jahre gute Zusammenarbeit, das ist ja auch was wert.

Am Arsch die Räuber.

Ich hatte als festangestellter Redakteur beim GONG und bei ProSieben immer gut verdient und karg gelebt, mit meinem Kapital konnte die Bank prima spekulieren und Gewinne einfahren, von denen ich nur einen minimalen Bonus zu sehen bekam. Als Freiberuflicher und mit dem ersten Hauskauf auf den Schultern waren meine Finanzen nicht mehr ganz so stabil. Mitunter sackte ich auch mal weit in den Dispo – kein Problem, der lag ja bei mir bei fast 10.000 Euro und ich konnte immer binnen zwei oder drei Monate locker ausgleichen.

Mitten in der Vorbereitung auf eine Amerika-Reise bekam ich dieses Schreiben:

Dispo 1

Man muss sich verdeutlichen, dass ich weder Bankrotteur noch Schuldner war – meine Einnahmen flossen nur unregelmäßiger und jedes größere Minus wurde bald durch ein noch größeres Plus ausgeglichen. Es sollte sich auch in der Folge soweit normalisieren, dass ich nie wieder einen Dispo brauchen würde.

Ich dachte so bei mir: “Das kann man nach 30 Jahren Zusammenarbeit eigentlich auch fairer regeln – mit einem vorherigen Anruf, einer Bitte zum Gespräch. Ist ja nicht so, dass ich den Dispo gesprengt habe.”

Hatte ich auch nicht – bis die Bank mir den Dispo kürzte. Ein paar Tage später lag nämlich das nächste Schreiben im Briefkasten:

Dispo 2

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Die Bank räumt mir einen Dispo-Rahmen ein, den ich auch ausschöpfe. Dann kürzt mir die Bank kurzfristig und einseitig den Dispo-Rahmen und schickt sofort ein Schreiben hinterher, in dem die dadurch eingetretene Überschreitung des Dispo-Rahmens angemahnt wird. Und MIR wird dann auch noch eine “nicht genehmigte Kontoüberziehung” vorgeworfen.

Ihr kennt mich lange genug, um zu wissen, dass der Dewi keiner ist, der bei sowas ins Kissen heult. Eine halbe Stunde, nachdem ich den Brief geöffnet hatte, stand ich in der Filiale. Das freundliche “Ja bitte?” der Mitarbeiterin quittierte ich mit einem selbst für mich rüden “Den Filialleiter. Sofort.”

Der Filialleiter war so diese Sorte gegeelter Endzwanzinger mit dynamischer, aber für meinen Geschmack nicht seriöser Ausstrahlung. Ein Blender voller einstudierter Phrasen, die den Kunden einlullen sollen, aber letztlich nichts bedeuten – wie mein Fall ja bewies. Ich erklärte ihm kurz und knapp, was passiert war. Er schaute sich den Vorgang an und meinte dann: “Das kann vorkommen, die Kürzung des Dispos geschieht ja automatisch.”

Ich ließ mich auf keine Diskussion ein: “Haben Sie irgendeine Ahnung, was passiert wäre, wenn mir während meines Amerika-Urlaubs plötzlich die Kreditkarten den Dienst verweigert hätten? Ich erwarte, dass sie meinen alten Dispo-Rahmen wiederherstellen. Ich erwarte außerdem eine Entschuldigung.”

Beides bekam ich – zusätzlich zur Visitenkarte des Filialleiters, der mir versicherte, er würde sich künftig um meine Belange persönlich kümmern.

Too little, too late.

Einen Tag nach der Rückkehr aus Amerika kündigte ich alle meine Konten und die Kreditkarte bei der Bank. Dann stieg ich auf eine Online-Bank um, mit der ich seit nun 12 Jahren zufrieden bin. Ist die persönlicher als meine alte Bank? Kein Stück. Aber bei meiner alten Bank konnte ich mir dafür ja auch keinen Keks kaufen.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

27 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
Jojo
31. Januar, 2015 18:56

Dafür dass du die Bank nicht nennen wolltest, steht sie aber noch gut erkennbar im 2ten Brief 😉

Wortvogel
Wortvogel
31. Januar, 2015 19:00

@ Jojo: Ups – Flüchtigkeitsfehler – ist korrigiert!

Lukas
Lukas
31. Januar, 2015 19:01

Verfügungskredit? Satz mit x… 😀

Evo2Orange
Evo2Orange
31. Januar, 2015 19:10

Im Bild, das bei Facebook eingebunden ist, steht der Name übrigens auch noch….

Wortvogel
Wortvogel
31. Januar, 2015 19:19

Ach joh, dann ist das halt so.

comicfreak
comicfreak
31. Januar, 2015 19:45

..mein Dispokredit ist nach viel hängen und würgen und nur durch persönliche Beziehungen von 0 auf 1000.- hochgeschraubt worden.
Aber als Selbständige und Arbeitgeber von mittlerweile 3 Leuten ist man ja ein extremes Sicherheitsrisiko
😛
Für den Firmendispokredit von 10.000.-, den wir in den 18 Jahren noch nie ausgeschöpft haben, mussten wir Lebensversicherungen abschließen und bei der Bank als Sicherheit hinterlegen..

Manuela
Manuela
31. Januar, 2015 19:48

Das ist schon eine ziemliche Frechheit 🙁
Und Du hast völlig Recht, der Mensch ist ein Gewohnheitstier…

Ich bin – nach seltsamen Erfahrungen – jetzt bei 2 Raiffeisenbanken/Sparkassen glücklich. Kann ich nur empfehlen.

Früher hatte ich mal so einen Mini-Nebenverdienst und mein Konto bei einer großen Hamburger Sparkasse. Die Einnahmen waren auch eher regelmäßg, aber ich hatte ein Guthaben von ca 400 DM (ist schon büschen her), als ich mir Kontoauszüge ziehen wollte.
Karte rein, dann Mitteilung: ihre Karte wurde eingezogen. Melden Sie sich in Ihrer Filiale. da war ich baff.
In der Filiale wurde mir mitgeteilt, dass meine Einkünfte zu unregelmäßig und zu gering seien (hab aber immer brav Gebühren gezahlt, und das nicht zu wenig…), man meine Karte einbehalten und mir nahelegen würde, dass Konto aufzulösen. Fand ich echt klasse.

Aber diese Leute denken nicht nach … Erstmal spricht es sich herum (heute geht das ja nun richtig easy im web) und wenn ich heute mal ne Million im Lotto gewinnen würde, wüsste ich ganz genau, wo ich mein Geld NICHT hinbringen würde. Da bin ich nämlich nachtragend.
Und die können später noch so tolle Leute und noch so gute Konditionen bieten – never ever again.
Alte Marketing-Regel – es ist leichter, billiger und lukrativer, einen Kunden zu halten als einen neuen zu gewinnen ….

Wortvogel
Wortvogel
31. Januar, 2015 19:51

@ Manuela: “man meine Karte einbehalten und mir nahelegen würde, dass Konto aufzulösen.” – da kriege ich Hass.

Mencken
Mencken
31. Januar, 2015 19:57

So etwas ist mir leider schon bei diversen Banken passiert, sehe da mittlerweile keinen Sinn mehr drin, erneut zu wechseln.

Dietmar
Dietmar
31. Januar, 2015 23:03

Ich bin bei meiner Bank seit der Ausbildung. In der Zeit als Angestellter im öffentlichen Dienst war alles immer glatt aber der Bildungsbürger erlangte Oberhand und seit dem ist es haarig. Studiengebühren, mein Instrument für das Studium, Lebensunterhalt etc. ist alles bei meiner Bank kreditfinanziert. Alles, was reinkommt, geht in irgendeiner Weise wieder in den kleinen Betrieb. Sich selbst Gehalt auszahlen ist *hahaha* `Tschuldigung; kleiner Lachflash. *räusper* Das letzte Jahr war eines der aktivsten aber dadurch auch skurriler Weise besonders teuer (Merke: niemals ignorieren, wenn deine Gutmütigkeit ausgenutzt wird) und schloss mit einem satten Defizit nahe der Betriebseinstellung. Und Undankbarkeit. Aber wenigstens davon viel.

Bisher hat die Bank so etwas immer mitgemacht. Ganz problemfrei, freundlich und mit gutem Willen. Aber man wird nicht jünger … Jetzt habe ich durch die Umstände gezwungen meinen betrieblichen Schwerpunkt verlagert. Dadurch kommt weniger rein. Auf der anderen Seite sind die Kosten, die durch die bisherige, nennen wir es mal so, Partnerschaft (war von der anderen Seite eher der Versuch eines verkappten Angestellten-Verhältnisses mit den Vorzügen, Personalnebenkosten zu sparen) verursacht wurden, weg.

Meine BWA behauptet, dass das noch mal gut gehen wird. Wäre schön, wenn meine Bank auch weiter Geduld mit mir hat.

In knappen Worten: Was bin ich froh, dass ich Deine bzw. Eure Erfahrungen mit meiner Bank nicht machen musste!

Maitol
Maitol
31. Januar, 2015 23:37

ähnliches hatte ich letztes Jahr. Nach 17 Jahren Selbstständigkeit und 8000€ Dispo; fast nie genutzt, und wenn, binnen kurzen ausgeglichen, fiel der Sparkasse auf, das ich, nunja, selbstständig bin. Ergebnis: Geschäftskontoeröffnung ohne Dispo, Privatkonto Dispo runter auf 1500€ Danke fürs Gespräch.

flippah
flippah
1. Februar, 2015 02:30

so ähnlich ist es einer Bekannten gegangen: treue Bankkundin, und als es dann mal ein bisschen unruhiges Fahrwasser gab, gleich mal den Dispo gekündigt und in die Überschuldung getrieben. Mit Pfändung und allem.

Und da wundern sich die Banker, dass sie keiner mag.

Steffen
Steffen
1. Februar, 2015 10:41

Mit Dispogeschichten hatte ich bisher glücklicherweise kein Pech mit meiner Bank, dafür aber bei fast jeglichem Papierkram als es um größere Kredite ging.
Da gab es Falschinformationen zu Tarifen, angeblich gesendete aber nachweislich nie erhaltene unterschriebene Unterlagen, und vor allem Unfähigkeiten bei den “geschulten” Beratern.
Eigentlich müsste man denen all die Telefonate und den ganzen Aufwand in Rechung stellen, weil sie selbst nicht in der Lage sind ihre Arbeit richtig zu machen. Und die jonglieren mit massenhaft Geld anderer Leute herum.. furchtbare Branche.

DJ Doena
DJ Doena
1. Februar, 2015 13:02

Selbst Schuld. Willst mit Schulden auf Fernreise-Urlaub gehen.

Schämst du dich denn gar nicht?!?

😛

Wortvogel
Wortvogel
1. Februar, 2015 20:26

@ Doena: Wieso Urlaub? Aus dem Staub machen wollte ich mich!

Dieter
Dieter
2. Februar, 2015 11:31

Owei… die automatische Anpassung des Dispos klappte bei meiner Mutter auch sehr gut als Geschenk zum 75. Geburtstag. Nie in Saus und Braus gelebt, den Dispo höchstens mal in Anspruch genommen, wenn das Geld für das Heizöl noch nicht vom Sparvertrag auf dem Girokonto war. Aber zum 75. dann die Kürzung von 2000 Euro auf 0 Euro. Jupp, 0 Euro. Begründung der Mitarbeiterin im persönlichen Gespräch: “Wissen Sie, Menschen in Ihrem Alter…”. Das war zuviel. Die Konten führt jetzt eine andere Bank.

Wortvogel
Wortvogel
2. Februar, 2015 11:37

@ Dieter: Wow – das ist eklig.

noyse
2. Februar, 2015 11:58

Highlight war jedesmal wenn Arbeitslosengeld auf dem Konto aufschlug (und zwar unabhängig von deren Höhe!) der Dispo gestrichen worden ist spätestens nach dem zweiten Monat. Konnte man drauf warten.

Dieter
Dieter
2. Februar, 2015 12:16

@Wortvogel: Das ist die Fratze des ungebremsten Kapitalismus… widerlich

Dietmar
Dietmar
2. Februar, 2015 12:23

@Dieter:

Das ist die Fratze des ungebremsten Kapitalismus… widerlichst

Wenige Wochen nach dem Tod meiner Schwiegermutter bekamen meine Frau und Schwägerin einen mehrseitigen Hochglanz-Farbprospekt eines örtlichen Maklers mit Bildern ihres Elternhauses: “So könnte der Verkauf der Immobilie aussehen! … Wir wollen Sie für unser Konzept begeistern!”

Pietät hat da keinen Platz, wenn es um´s Geld geht.

Wortvogel
Wortvogel
2. Februar, 2015 12:52

@ Dietmar: DAS finde ich noch okay – es wird ja nicht auf jemandem rumgetrampelt, dem das noch weh tut. Darüber könnte ich fast noch lachen. Und es wegwerfen.

Ich behaupte ja schon lange, dass “Harry und Sally” ein Geheimcode ist, weil das Drehbuch zu wirklich jeder Lebenssituation den richtigen Dialog bereit hält. Auch hier:

“But really what’s so hard about finding an apartment? What you do is, you read the obituary column. Yeah, you find out who died, and go to the building and then you tip the doorman. What they can do to make it easier is to combine the obituaries with the real estate section. Say, then you’d have Mr. Klein died today leaving a wife, two children, and a spacious three bedroom apartment with a wood burning fireplace.”

Dietmar
Dietmar
2. Februar, 2015 14:05

@Wortvogel: Die Fettschrift war nicht von mir. Ich finde es sehr fragwürdig die Kinder einer kürzlich Verstorbenen auf diese Weise zu umwerben, um das Haus vielleicht als Makler verkaufen zu können. Begeisterung kam bei uns jedenfalls nicht auf. 🙂

OykoM
OykoM
3. Februar, 2015 11:01

man sieht eh an der Schrift um welche deutsche Bank es sich handelt…

Bernhard
Bernhard
3. Februar, 2015 12:32

Beim Thema Banken kann wohl jeder so seine Geschichte beisteuern.

Mein erstes Konto hatte ich bei einer Sparkasse. Als dann meine Karte von einem fremden Geldautomaten einbehalten wurde, war die Panik bei mir groß. Wie komme ich an mein Geld? Letztlich war die Karte kaputt und deshalb liefen alle drei Pin-Versuche ins Leere. Neue Karte musste her und ich sollte nochmal eine Kartengebühr zahlen, obwohl der Fehler nicht bei mir lag.

Jahre später sollte ich bei der Deutschen Bank meine neue Karte abholen. Die Dame am Tresen zerstörte vor meinen Augen meine alte Karte und übergab mir die Neue. Die wurde dann aber vom Kontoauszugsdrucker sofort eingezogen, weil man versehentlich die neue statt die alte Karte aus dem System gelöscht hatte. Menschlicher Fehler, trotzdem doof.

Letztes Jahr kommt ein Schreiben von der Netbank: “Ihre Karte wurde vermutlich an einem Geldautomaten von Betrügern ausgelesen und wurde deshalb von uns gesperrt. Eine neue Karte ist schon auf dem weg.” Als Zeitpunkt des Betrugsversuchs wird ein Datum ein halbes Jahr vorher genannt. Da dachte ich auch nur: Wenn meine Daten tatsächlich ausspioniert wurden, dann wäre mein Konto jetzt ein halbes Jahr später sicher leer geräumt.

Jetzt bin ich wieder bei einer anderen Bank, aber ich bin mir sicher, dass war noch nicht das letzte Problem mit einer Bank.

spaulding
spaulding
3. Februar, 2015 15:18

Tja, wie sagte mein Chef einmal:

“Wenn die Bank Kunde ist, dann ist alles prima. Sobald sich aber der Spieß umdreht, dann ist das schlecht.” Und er behielt Recht und es wurde schlecht…

Fake
Fake
4. Februar, 2015 21:42

Ein passender Spruch zu dem Thema ist wohl:
Eine Bank leiht dir einen Regenschirm – und verlangt ihn zurück, wenn es regnet.

Thorben
6. Februar, 2015 09:15

Genau die gleiche Erfahrung habe ich auch vor einigen Jahren mit meiner Hausbank gemacht – mit der selben Konsequenz 🙂