09
Aug 2014

Lost in Time (12): 50 Serien, die ihr verpasst habt

Themen: Film, TV & Presse, Neues, TV-Losers |

Ich habe im Rahmen dieser Reihe schon über Anthologie-Serien geschrieben und auch der heutige Beitrag wird nicht der letzte sein. Die folgenden Shows habe ich zusammen gelegt, weil sie wieder mal gut zueinander passen – freistehende Science Fiction-Episoden mit bekannten Gaststars und gerade mal ein Jahr Abstand bei der Ausstrahlung.

Für den Fall, dass ihr es noch nicht mitbekommen habt: Im Normalfall sind die Titel der Serien zu den entsprechenden Wikipedia-Einträgen verlinkt.

Perversions of Science

Ich weiß nicht mehr viel aus der Zeit, aber ich weiß noch, dass 1998 am Sunset Boulevard ein gigantisches Plakat mit dem Auge im Ei hing – so wurde ich erstmals gewahr, dass die Produzenten von “Tales from the Crypt” einen Ableger ihrer gerade in die Zielgerade gegangenen Horror-Anthologie auf die Beine gestellt hatten. Genau genommen ist “Perversions of Science” der zweite Versuch: Im Rahmen der “Tales” hatte es 1991 bereits einen Test-Spinoff gegeben, eine Kriegs-Anthologie namens “Two fisted tales” mit einer beeindruckenden Besetzung (Kirk Douglas, Brad Pitt und Dan Aykroyd). Aber ehrlich: Wer will eine Kriegs-Anthologie mit Twist-Geschichten sehen?

Nun sollten es also die Perversions of Science richten und ganz dem Titel gerecht deutlich urbaner, moderner und transgressiver zur Sache gehen. Weil mittlerweile die Ära von Internet, CGI und Cyberspace angebrochen war, schuf man einen sexy Roboter als “Host” und verlegte sich auf düstere Science Fiction-Geschichten aus den “Weird Science”-Comics von EC. pos

Wie beim Vorgänger ließ man sich vor und hinter der Kamera nicht lumpen: William Shatner nahm ebenso auf dem Regiestuhl Platz wie Walter Hill, Tobe Hooper und Russel Mulcahy. Es spielten u.a. Jeffrey Combs, Heather Langenkamp, Jeff Fahey, David Warner, Ron Perlman, Sean Astin, Wil Wheaton und Chris Sarandon mit.

Gerade mal 10 Folgen à 30 Minuten schaffte die Serie, bevor sie von HBO eingestellt wurde. Es gab wohl mal einen japanischen DVD-Release, aber der ist heute ein echtes Sammlerstück. In Deutschland lief die Serie nach meinen Informationen nie.

Woran’s lag? Ich denke, der Titel ist schon ein Abtörner. Das klingt nach Fetisch und Darkroom, nicht nach spaßiger SF. Hinzu kommt, dass die meisten Episoden wirklich auf billige Gimmicks hin inszeniert waren, was einfach nicht ausreichend Fleisch bietet. Ein gutes Beispiel dafür ist die Episode “The Exile”, die unter dem Strich nichts weiter ist als eine 25minütige Vorbereitung auf eine eher dümmliche-dünne Pointe:

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Für eine SF-Anthologieserie sollte man schon mehr im Köcher haben als für zynische Gruselgeschichten. Das Genre verlangt mehr – und “Perversions of Science” konnte nicht liefern.

Zumindest, was das inhaltliche Fundament angeht, mühte sich unser zweiter Kandidat deutlich mehr.

Welcome to Paradox

Von “Welcome to Paradox” bekam ich seinerzeit auf einer Filmmesse ein ziemlich cooles Presseheft in die Hand gedrückt. Das lief allerdings noch unter dem Titel “Betaville”. Die grundlegende Idee der Serie ist bestechend: Bekannte SF-Kurzgeschichten ebenso bekannter Autoren (Alan Dean Foster, A.E. van Vogt, James Tiptree jr., Donald E. Westlake) wurden so angepasst, dass sie alle in der futuristischen Stadt Betaville spielen. Das gibt der Serie einen deutlich stärkeren Zusammenhalt als andere Anthologien, in denen in jeder Folge alles neu etabliert werden muss.

Zwar konnte sich die kostengünstige kanadische Produktion, die zu den ersten selbst produzierten Serien des jungen SciFi-Channels gehörte, keine so teuren Regisseure und Stars leisten wie “Perversions of Science”, aber es reichte immerhin für Ice-T, Mayim Bialik, Henry Rollins und Alice Krige.

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Ihr ahnt, was jetzt kommt: nach 13 Folgen war Schluss.

Bei “Welcome to Paradox” sehe ich die Probleme etwas anders gelagert als bei “Perversions of Science”: Die Serie mühte sich deutlich mehr, inhaltlich anspruchsvolle Geschichten zu präsentieren, hatte aber einfach nicht das notwendige Budget. Die CGI, mit der profane kanadische Straßen und Häuser zu einer futuristischen Kulisse umgestylt wurden, sieht aus wie 1. Generation Amiga, blasse Farben und austauschbare Räumlichkeiten erinnern an die 70er Jahre. Grau und braun sind die dominanten Eindrücke, die auch von der oft lethargischen Regie kaum wett gemacht werden.

Wer will, kann sich das anhand der Pilotepisode “Our Lady of the Machine” mal ansehen:

https://www.youtube.com/watch?v=TfcjPBBdRGc

Von der blonden Darstellerin “Brandy Ledford” finden google-gestärkte Teenager übrigens schnell kompromittierendes Material – sie war unter den Namen “Jisel” und “Brandy Sanders” in den 90ern ein gefragtes Porno-Model. Aber das nur am Rande.

Wie dem auch sei: “Welcome to Paradox” mag das konzeptionelle Herz auf dem rechten Fleck gehabt haben, aber in der Ausführung war die Serie nie mehr als truschig.

Gestört hat mich der Doppelflop der SF-Anthologien damals nicht allzu sehr, denn schon seit 1995 lief mit schöner Regelmäßigkeit “Outer Limits” – und trotz manch schwacher Folge machte diese Serie fast alles richtig, was man als SF-Anthologieserie richtig machen kann. Und das 154 Folgen lang.

Wer sich übrigens weitaus umfangreicher über das Thema Genre-Anthologie-Serien informieren möchte, als ich hier bieten kann, dem lege ich diesen hervorragenden Überblick von Horrornews.net ans Herz.

Morgen gibt’s Pech und Schwefel.



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Peroy
Peroy
9. August, 2014 10:22

” Im Rahmen der “Tales” hatte es 1991 bereits einen Test-Spinoffgegeben, eineKriegs-Anthologie namens “Two fisted tales” mit einer beeindruckenden Besetzung (Kirk Douglas, Brad Pitt und Dan Aykroyd). Aber ehrlich: Wer will eine Kriegs-Anthologie mit Twist-Geschichten sehen?”

Das stimmt ja so nicht, der Episodenfilm läuft hierzulande ab und zu als “Drei Wege in den Tod” im TV und da hat nur die Geschichte mit Douglas eine Kriegsfilm-Thematik. In der Pitt-Story geht es um einen Geist, der bei ‘nem Dragster-Rennen ums Leben gekommen ist und jetzt als Toter Rache nimmt, oder so… müsste den mal wieder sehen, hab’ ich noch auf Tape rumfliegen…

Wortvogel
Wortvogel
9. August, 2014 10:25

@ Peroy: Das hätte ich in der Tat präziser formulieren können – Two fisted tales waren meisten action-orientiertere Geschichten, gerne mit einem Kriegs-Kontext. Gerade um auch im Rahmen der “Tales” zu funktionieren, hat man da vielleicht nicht die typischsten Stories ausgewählt.

Wortvogel
Wortvogel
9. August, 2014 11:56

Brauchst übrigens nicht in Kassetten kramen:
https://www.youtube.com/watch?v=3kyYCy9IQUI

Peroy
Peroy
9. August, 2014 18:59

Wo bleibt da der Charme des Analogen und das befriedigende Hoch einer erfolgreichen Expedition auf den Kassetten-Haufen…? 🙁

Wortvogel
Wortvogel
9. August, 2014 19:16

@ Peroy: Ich habe auch so Charme und kriege ohne Kassetten einen hoch.

Peroy
Peroy
9. August, 2014 21:53

“Der Charme des Analogen”, Dewi, nicht “der Anal-Loge”… wo der sich wieder so rumtreibt…

Mencken
Mencken
10. August, 2014 17:11

“Für eine SF-Anthologieserie sollte man schon mehr im Köcher haben als für zynische Gruselgeschichten.”

Finde ich nicht, in beiden Fällen sollte man was im Köcher haben. Das genannte Beispiel “Outer Limits” bestätigt das ja auch, mehr Anspruch oder Tiefe als bei den Gruselgeschichten war da auch nicht vorhanden.

Basiert “Our Lady of the machine” auf Fritz Leibers Roman?

Wortvogel
Wortvogel
10. August, 2014 21:14

@ Mencken: Die Tatsache, dass es misslungene SF-Anthologien gibt, bestätigt nicht die Notwendigkeit von Pfeilen im Köcher bei Gruselanthologien. Und “Outer Limits” hatte teilweise brillante Folgen, ich verweise nur als ein Beispiel auf “Inconstant Moon”. Natürlich war auch viel Ausschuss dabei, aber das ist par for the course.

“Out lady of the machine” basiert auf einer Kurzgeschichte von Alan Dean Foster.

Mencken
Mencken
11. August, 2014 14:14

@Wortvogel: nein, tut sie nicht, bestätigt umgekehrt aber auch nicht, dass das “Genre mehr verlangt”.
Outer Limits hatte tatsächlich etliche gute Folgen (die aber auch oftmals nur auf die Endpointe hinkonstruiert waren), aber auch nicht mehr als Serien aus anderen Genres und die schlechten Folgen waren meist auch richtig übel.

Ansonsten schade, Leiber hätte mich mal richtig gereizt.

Peroy
Peroy
11. August, 2014 16:12

Die guten Episoden von “Outer Limits”, an die ich mich erinnere, kann ich qn einer Hand abzählen… und wenn ich mir einen Finger abschneide, reicht’s immer noch…

Habe die Serie damals gehasst, denke nicht, dass ich da nochmal dirch muss. Durch die tatsächlich immergleiche schnöde Konstruktion auf eine möglichst negative Schlusspointe hin (Ausnahmen bestätigen die Regel) wurde der Quatsch schnell vorhersehbar… in 4 von 5 Fällen wusste man schon nach der Hälfte, wie’s ausgeht.