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Jul 2014

Ich hab’ ein Haus, kein kunterbuntes Haus: Altbau-Sanierung redux (1)

Themen: Neues |

Es mag den erst in diesem Jahrzehnt hinzu gestoßenen Lesern angeraten sein, sich die volle Saga meiner letzten Altbau-Sanierung durchzulesen. Zu teuer, zu stressig – aber seitdem ist halbwegs Ruhe, die Mieterin ist nett und die Wohnung in gutem Zustand.

Neben der Wohnung in Düsseldorf besitze ich ja noch das kleine Haus in Obergiesing, in dem ich von 2002 bis 2011 gewohnt habe. Echte Wortvogel-Veteranen haben mir schon ins Wohnzimmer geschaut und werden sich zudem erinnern, dass ich oft von einer anstehenden (weil dringend notwendigen) Sanierung des Dachgeschosses schwadroniert habe, das mir als Arbeitszimmer diente. Weil ich weder Zeit noch Lust noch Expertise hatte, mich mit so etwas rumzuschlagen, habe ich das Thema 10 Jahre lang erfolgreich vor mir her geschoben.

Jetzt ist Showtime.

Wir spulen in der Zeit zurück.

Als ich das Haus 2002 kaufe, ist klar, dass es nicht in Bestzustand ist: Das Dach ist nur mäßig gedämmt, die Elektrik ist uralt. die Haustür ein verrotteter Witz, einige Bodenkacheln gebrochen – und so ziemlich alles, was der Vorbesitzer renoviert hat, wurde in Eigenarbeit ohne Rücksicht auf Verluste hingeschlampt. Von außen sieht das Haus zu seinen besten Zeiten, als ich es frisch habe malern lassen, so aus:

STA60001 (2)  Ich habe mir das Häuschen auch eigenwillig, aber passend eingerichtet:

STA60019 x

Aber es lässt sich kaum leugnen, dass an vielen Stellen der Wurm drin ist:

STA60018 x

Mir gefällt auch der potthässliche Zaun nicht, der die Patio zur Straße abschließt, aber der Nachbar weigert sich, einem Austausch für ein schöneres Gestänge zu zu stimmen:

Patio 2

Nun ja, ich habe in diesen Jahren auch genug andere Sachen zu tun und als Junggeselle bin ich relativ schmerzfrei. Das kann erstmal so bleiben.

Was mich allerdings nachhaltig stört, ist die ungünstige Raumaufteilung, die den eh schon begrenzten Quadratmetern einiges abzwackt – durch die Eingangstür kommt man in einen kleinen Vorraum mit einer monströsen Stahlbeton-Treppe, die nach oben führt. Durch einen Durchgang kommt man in einen weiteren Vorraum, von dem Bad und Küche/Wohnzimmer zu erreichen sind.

Treppe 5

Es ist ein befreundeter Architekt, der mich auf eine praktikable Lösung gleich mehrerer Probleme hinweist: Warum nicht das Fenster im zweiten Vorraum (das zur Patio hinaus geht) zur Haustür umbauen und die jetzige Haustür zum Fenster mauern?

Schauen wir uns das am lebenden Objekt mal an – die Haustür direkt auf den Bürgersteig würde damit einem Fenster weichen und das Fenster in der Mitte der Längsseite wäre der neue Austritt:

STA60003 (2)

Der Effekt: Der bisherige erste Durchgangsflur würde schlagartig ein neues Zimmer werden, erstmalig ein Abstellraum in dem Haus, das mangels Unterkellerung sowieso wenig Stauraum bietet. Und von der Haustür ginge es nicht mehr direkt auf den Bürgersteig, sondern (gemütlicher) auf die Patio.

Es ist so sinnvoll, dass es fast schon erschüttert, dass in 170 Jahren niemand drauf gekommen ist. Ich mache eine mentale Notiz, das bei der großen Renovierung, die immer “nächstes Jahr” ansteht, zu berücksichtigen.

Das Dach ist eine der anderen neuralgischen Stellen – durch die mangelnde Dämmung heizt sich das Obergeschoss im Sommer zur Sauna auf, nur um im Winter zum Iglu abzukühlen. Mir kommt die Idee, das Dach nicht nur neu zu dämmen, sondern in Giebelform dem Nachbarhaus anzugleichen. Es gibt tatsächlich Pläne aus den 30er Jahren, dass das mal geplant und genehmigt worden war:

Umbaupläne3SB

Leider waren die Umbauarbeiten damals nie durchgeführt worden und im Jahr 2006 winkt die Sanierungsbehörde sofort ab: Das widerspricht dem Denkmalschutz. Denn tatsächlich unterliegt mein Haus als Bestandteil der Feldmüllersiedlung dem Ensembleschutz. Will sagen: Ich darf nicht beliebig rumdoktorn und muss ständig bei der Behörde um Erlaubnis fragen. Das macht jeden Umbau zäher und teurer, als er sein sollte.

Was mich ebenfalls abhält: Immer wieder lasse ich mir Kostenvoranschläge von Handwerkern machen. Die Kosten, mit denen ich als Laie rechne, werden dabei LEICHT übertroffen – um das Vier- bis Fünffache. Das rechnet sich nicht, auch wenn Mieter ortsüblich zahlen. So bleibt das Sanierungsprojekt weiter liegen.

Während das Projekt brachliegt, bzw. weiterhin “nächstes Jahr” ansteht, kämpfe ich für und gegen den Verfall. Durch meinen Aufenthalt verbraucht sich die Substanz natürlich weiter, der Putz bröckelt, die Billig-Armaturen im Bad geben den Geist auf, die Heiztherme zickt etc. Ich zahle auch teuer für nicht ganz so offensichtliche Versäumnisse des Vorbesitzers. Der hatte z.B. “vergessen”, beim Einbau der Heiztherme ein Stahlrohr in den Kamin einbauen zu lassen. Das rächt sich, als nach fünf Jahren eine Kombination aus Ruß und Regenwasser die Kaminsteine endgültig durchsotten hat und braune Brühe aus der Tapete quillt. Ich muss den halben Kamin neu mauern lassen – UND ein Stahlrohrsystem installieren.

Es tut mir weh, dass das schöne Haus, in dem ich sehr glücklich bin, immer mehr Macken bekommt, immer mehr Kompromisse verlangt. Ich will es retten, scheue mich aber gleichzeitig vor dem Aufwand und den Kosten. Bei einem denkmalgeschützten Haus kann man nicht einfach einen Trupp polnischer Handwerker anheuern – das muss alles professionell geplant, finanziert und genehmigt werden. Von jemandem, der sich schon mit dem Erwerb einer Monatskarte des Öffentlichen Nahverkehrs schwer tut, ist das ein bisschen viel verlangt.

Als ich 2011 mit der LvA zusammen ziehe und das Haus vermiete, fasse ich präventiv den Entschluss: Dieses Mietverhältnis wird temporär sein. Die Mieter zahlen eine für München lachhaft geringe Miete, akzeptieren dafür die Defizite (u.a. das schlecht gedämmte Dach), und müssen zum Ende des befristeten Mietvertrages, wenn es doch mal an die Renovierung geht, bereitwillig von dannen ziehen.

Aus dem einen Jahr, das ich so überbrücken will, werden insgesamt drei. Mit meinem Umzug nach Speyer will ich die Sache nun aber endlich angehen. Und erwartungsgemäß entwickelt sich daraus eine unendliche Geschichte, die sich zu erzählen lohnt…



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Goran
Goran
21. Juli, 2014 12:02

Berfristete Mietverträge lassen sich mit Privatmietern nicht für Wohnraum abschliessen.
Das schreiben zwar immer wieder Vermieter in Ihre Verträge, wird aber durchgehend vor Gericht als unzulässig abgebügelt.

Daher: Mieter schon anders losgeworden?^^

Edit: Eigenbedarf angemeldet?

Teleprompter
Teleprompter
21. Juli, 2014 12:35

Die geplante wesentliche Umgestaltung ist aber immer noch ein zulässiger Befristungsgrund, wenn ich das richtig sehe (§ 575 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Wenn man die Umgestaltung aber deutlich – auch über die ursprünglich angedachte – Befristung hinaus aufschiebt, kann man damit aber in der Tat in eine der Fußangeln oder Verlängerungsfälle reingeraten und hat dann ein unbefristetes Mietverhältnis an der Backe.

Wortvogel
Wortvogel
21. Juli, 2014 12:50

Die Befristung war anwaltlich geprüft und rechtens – und die Mieter hatten dadurch ein echtes Schnäppchen. Niemand hat gelitten.

Dietmar
Dietmar
21. Juli, 2014 13:59

*vorfreu*

(Schließlich weiß ich ja in ca. 150 Seiten, welches Schicksal auf Sigurd wartet und da braucht man ja wieder was zum Lesen …)

perseus
perseus
21. Juli, 2014 15:52

Irgendwie krude, dass der Vorbesitzer offensichtlich das Haus unbehelligt mehr oder weniger herumfuhrwerkend vergammeln lassen konnte, bei der aber nun fälligen Renovierung der Denkmalschutz einem auf die Pelle rückt.

Der Karsten
Der Karsten
21. Juli, 2014 16:02

Willkommen im Club.. wir schustern auch schon seit einem Jahr an der Planung für die Kernsanierung unseres Hauses und können jetzt bald endlich anfangen. ^^

Shah
Shah
21. Juli, 2014 19:54

Kernsaniere grad das ~500 Jahre alte Haus eines Freundes, das seit ~50 Jahren nimmer renoviert wurde.

Was.für.eine.Scheißarbeit.

Modriger Putz ist das eine, als Dämmstoff verwendete Nazizeitungen gehen auch noch durch, aber wegen besch..eidener Bauschuttverordnungen jeden Fitzel einzeln abtransportieren zu lassen oder <300 m² zu isolieren…..aus dem einen Jahr ist ganz schnell ein zweites geworden. Spaß machts bei allem gefluche trotzdem. Auch weils spannend ist, was die Vorbesitzer bei der nächsten Wand wieder vermurkst haben…

Baumi
22. Juli, 2014 01:28

@perseus:

Das ist ja das Blöde am Denkmalschutz: Der Staat kann nur regeln, was bei Sanierungen oder Umbauten zu beachten ist. Niemand kann einem Eigentümer verbieten, das eigene Haus vergammeln zu lassen. (Es sei denn, es ist vermietet, dann muss man natürlich den Verpflichtungen als Vermieter nachkommen.)

Darum sieht man ja immer wieder mal leere alte Häuser in gar nicht übler Lage vor sich hin rotten. Wenn die Besitzer einen genügend langen Atem haben, können sie warten, bis die notwendigen Instandsetzungskosten so weit gestiegen sind, dass ihnen eine Abrissgenehmigung erteilt wird, weil eine Renovierung wirtschaftlich nicht zumutbar wäre.

Ist, glaube ich, nicht ganz das, was man mit dem Denkmalschutz erreichen wollte…

Wortvogel
Wortvogel
22. Juli, 2014 11:32

@ Shah: So geht’s mir auch – jede Wand eine Überraschung…

@ Baumi: Das schrieb ich ja auch in meinem Beitrag zu Osterwieck. Es wird auch hier wieder auftauchen – die Behörden setzen manche Anforderungen so hoch an, dass sie sich selber ins Knie schießen, weil die Leute dann auch gleich auf die Sanierung verzichten. Mich fasziniert, dass da auch so gar kein Unterschied gemacht wird – mein Haus wurde 1840 als Einfach-Unterkunft für arme Handwerker gebaut und war nie für die Ewigkeit gedacht. Es ist nicht schön, nicht praktisch, nicht historisch relevant. Es unbedingt erhalten zu wollen, grenzt an Sturheit.

Der Karsten
Der Karsten
23. Juli, 2014 13:25

In Duisburg dürfen ganze Siedlungen nicht groß verändert werden.. obwohl das auch mal nur “einfache” Behausungen für Thyssen Mitarbeiter waren.. sehr unverständlich. Da macht auch keiner was dran (bis auf wenige Ausnahmen).

Martin Däniken
Martin Däniken
7. August, 2014 14:47

Mein Bruder und ich haben grade einen eingeschossigen Bungalow geerbt..von 1961.Die Decke ist masiv ausführt kann also noch was draufgesetzt werden und hat vor allem keinen Keller der ausgepumpt werden muss!Die Nachbarn im Neubau haben ne Tiefgarage und haben sehr viel Spass ;-).
Ein Vorteil von schmalen Stieegen oder Treppen ist Schutz vor Clowns weil diese grosse Schuhe haben 🙂 Stichwort:Coulrophobie

Dietmar
Dietmar
7. August, 2014 18:39

Und Bigfood. Der hätte es auch schwer. Schon praktisch …

Mike D
Mike D
26. September, 2014 00:28

Habe mich gerade wieder an diesen Artikel erinnert. Hat sich denn mittlerweile was berichtenswertes getan? Bin schon sehr gespannt!

XXX
XXX
15. März, 2015 23:13

Wie ging der Kampf mit dem Denkmalschutz eigentlich aus?

Wortvogel
Wortvogel
16. März, 2015 07:37

@ XXX: Update kommt dieser Tage. Ist aber gut gelaufen.

XXX
XXX
18. Oktober, 2015 19:04

Was tut sich mit deinen Umbau-Adventures?

Wortvogel
Wortvogel
18. Oktober, 2015 23:16

@ XXX: Läuft. Update kommt.

Maxhas
Maxhas
21. Februar, 2018 16:56

Ja wichtig ist immer das Haus im Einklang mit seinen alten Strukturen umzubauen, sonst geht der ganze Reiz verloren. Ich selbst habe mein Haus auch so sanieren lassen mit Hilfe einer Baufirma aus Wien.

War super der Service, kann nur jedem raten sowas auch zu machen.

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[…] Bild ist von 2010. Mein Haus ist noch unrenoviert (das Straßenschild liegt heute bei mir im Keller), der Aygo steht fast nagelneu neben meinem […]