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Mai 2014

B-Film Basterds 2014: Badass bad taste (3)

Themen: B-Film Basterds, Film, TV & Presse, Neues |

Man gestehe mir zu, dass ich am Samstag Abend einfach zu fertig war, um die letzen beiden Filme des Tages nachzuschieben. Und da es am nächsten Morgen „schon“ um 11 Uhr weiter ging, nutze ich nun die Rückfahrt für die abschließenden Reviews.

Vor“ Scarletto“ (aka „Bloody Pit of Horror“ aka „Crimson Executioner“) hatten die Filmgötter in Form von Doc Aula und Reini den Kurzfilm „Klopf nicht an die Tür des Teufels“ gesetzt, so eine Art Pseudo-Giallo-Bebilderung der Musik des Pseudo-Giallo-Projekts Sospetto. Nun sind ja schon Giallos oft nicht wirklich handlungsorientiert, aber hier konnten 23 Minuten sehr lang werden. Es wäre hilfreich gewesen, wenn die Macher mitgeteilt hätten, was die Geschehnisse auf der Leinwand zu bedeuten haben. Im Nachhinein wurde uns erklärt, dass da wohl zwei Hexen gegeneinander (aus der Ferne) kämpften. Gut zu wissen – zusammen reimen kann man sich das nicht. Es sei aber entschuldigend angemerkt, dass die Pseudo-Giallo-Musik an beste Goblin-Zeiten erinnert und ein paar stimmungsvolle Bilder durchaus den Schick des späten Giallo zu emulieren wissen – was allerdings wieder durch den elenden Videolook ein wenig negiert wird. Würde ich normalerweise nicht gut wegkommen lassen, aber bei einem B-Film Basterd-Festival gilt auch hier eine niedrigere Messlatte und es trägt wieder zur Bandbreite bei.

bloody_pit_of_horror-CopyDann aber „Scarletto“, ein betörend bunter Gruselstreifen im Stil billiger Schundromane, der zwar wenig Plot, aber (nach einem etwas ausgewalzten Beginn) ausreichend Wahnwitz und Hokuspokus mitbringt. Da knarzt die Eiserne Jungfrau, da wälzt sich das Bikinigirl auf dem Streckrahmen, da ölt sich der muskulöse Schlossherr genüsslich die Nippel, während er von der Verkommenheit der Welt schwafelt. Es passt, dass es inhaltlich um das Team eines Verlages geht, das Cover für Schundromane schießen will, denn ein ums andere Mal fühlte ich mich an Titelbilder von Romanreihen wie „Macabros“ und „John Sinclair“ erinnert.

Weder ein Klassiker des Genres noch ein schrecklicher Schocker – aber blutrote Unterhaltung für alle, die als Kinder gerne chipsfutternd Edgar Wallace-Filme geschaut haben.

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„Manos – The Hand of Fate“ war dann zu später Stunde sicher einer der Zuschauermagneten – ein Kultfilm vom Schlage „The Room“, der seinen Appeal einer Präsentation bei „Mystery Science Theatre 3000“ verdankt und mittlerweile per Crowdfunding soweit restauriert wurde, dass man ihn auch „separat“ anschauen kann, ohne sich die Augen am Pixelmatsch zu verderben.

ManosposterNur leider: „Manos – The Hand of Fate“ ist ein gar tückisch Biest, das seinem Ruf als vielleicht schlechtester Film aller Zeiten mit einer nonchalanten und nicht zu relativierenden Langeweile verdient. Hier wird minutenlang tonlos Auto gefahren, Amateurdarsteller reden massiv off sync im Kreis, die ganze Produktion strahlt eine Schmierigkeit und ein Desinteresse an Unterhaltung aus, dass man sich im Sitz windet. Das Sofa, der eigentliche Mittelpunkt einer der zwei Locations (die andere ist der Satansaltar), ist derart versifft, dass man sich als Kinobesucher hinterher die Hände waschen muss. Kombiniert mit der späten Vorstellung fühlt man sich ins Nickerchen geprügelt, nachdem den hämischen Kommentaren erstaunlich schnell die Munition ausgeht. Wie Hausgeselle Torgo wirkt „Manos“ ein wenig behindert und es fühlt sich nicht richtig an, darüber Witze zu machen.

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Ich hatte es eilig, danach ins Hotel zu kommen und ins Bett zu fallen.

Tag 3 des Festivals begann mit einem kleinen Frühstück bei Dunkin Donuts und „Zombies from Outer Space“, einem Streifen, den ich Doc Acula schon für das letzte Jahr ans Herz gelegt hatte. Auf diesem Blog sind Film und Filmemacher ja bereits im Kontext des Katusin-Debakels erwähnt worden.

zombies-from-outer-space-poster1 Es ist immer schön, eine deutsche Produktion zu sehen – diesmal sogar halbwegs aktuell und aus dem Amateurbereich. Inhaltlich handelt es sich bei ZfOS um eine Variante von „IT! The Terror from Beyond Space“, allerdings mit viel Liebe ins bayerische Voralpenland der Nachkriegszeit verlegt. Eine Mordserie, seltsame Kornkreise und geheime Absichten der Besatzer bilden den Hintergrund für eine zarte Liebesgeschichte zwischen der Magd Anna und einem jungen Wissenschaftler, der mitansehen muss, wie Aliens aus ihren Gräbern steigen. Zwischen Parodie und Hommage pendelnd, beeindruckt ZfOS durch bemühte, wenn auch nicht immer perfekte Ausstattung und den Anspruch, es endlich mal nicht bei einer banalen „Spacken werden im Wald abgemurkst“-Geschichte zu belassen. Hier werden tatsächlich Charaktere entwickelt, Subplots gebaut, Twists offenbart. Es ist ein „richtiger“ Film und keine von jeglicher Fähigkeit zur Einschätzung der eigenen Möglichkeiten und Talente befreite Laienproduktion.

Das ist die eine Seite.

Die andere Seite ist, dass gerade wegen des Anspruchs auch die Defizite von ZAfOS sehr deutlich zu Tage treten – teilweise inakzeptable schauspielerische Leistungen und erheblich zu lange, sehr lustlos vorgetragene Dialoge ziehen viele Szenen ins Unendliche, nehmen ständig das Tempo raus und torpedieren die meisten guten Ansätze in Sachen Charaktere und Humor. Es sind 90 Minuten, die nur 45 hätten sein dürfen. Da ist vieles knapp daneben – und für die Zuschauer dann eben doch dabei. ZfOS erinnert damit an „Nydenion“ von Jack Molk, der ebenfalls mit viel Aufwand und Fanliebe entstanden ist, beim Drehbuch und den Darstellern aber der eigenen technischen Expertise nicht gerecht werden kann.

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Trotzdem waren sich die meisten Besucher nach dem Ende des Films einig, dass man das zähe Erzähltempo und die schwachen Darsteller allemal unter den roten Teppich des Respekts kehren kann, den wir Martin Faltermeier für seine Ambitionen ausrollen, außerhalb der etablierten Systeme einen kommerziell verwertbaren und nicht nur auf die Horrorzielgruppe schielenden Genre-Streifen zu stemmen.

karamuratFür den nächsten Film wechselten wir Land, Anspruch und Ergebnis – „Kara Murat – Der Rächer von Anatolien“ ist ein vornehmlich aus Farben und Bärten bestehender Turksploitationkracher mit der Cüneyt Arkin, einer Mischung aus Pierre Brice und Götz George, die 30 Jahre lang das Aushängeschild der türkischen Actionproduktionen war. Der Mann hat einen Haarhelm wie Howard Carpendale zu seinen besten Zeiten, beherrscht souverän Trampolin-Fu und haut seine Gegner um wie weiland Bud Spencer. In „Kara Murat“ spielt er den gleichnamigen Comichelden, der ein paar in Geiselhaft genommene Botschafter des Sultans aus den Händen des bösen Mustafa befreien soll.

„Kara Murat“ ist das perfekte Gegenstück zu ZfOS – ein stürmischer Aufwecker, befreit von allen Ambitionen außer der, das Publikum mit Schlägereien und Streitereien im Minutentakt zu unterhalten. Es herrscht eine dem Comic angemessene Hoppla-Attitüde, zwei Schleiertanz-Stripteases dürften in den 70ern das anatolische Blut des Publikums mächtig in Wallung versetzt haben.

https://www.youtube.com/watch?v=4_ral7l-J4c

Wie in Videospielen hat Murat immer Flitzebogen, Geldbeutel oder Schwert zur Hand, wenn er sie braucht – obwohl er auf seinem Pferd sehr offensichtlich ohne Gepäck reitet. Dem Mann gehen nie die Pfeile aus und alle Gegner stellen sich brav in einer Reihe auf, um sich von ihm vermöbeln zu lassen. Da ist einer, den man zum Freund haben möchte.

Den Film gibt’s im Netz umsonst zu sehen:

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.myvideo.de zu laden.

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Kara Murat – Der Rächer Anatoliens – MyVideo

Erstaunt hat mich die Menge an Twists und wechselnden Loyalitäten, die den Film unberechenbar und damit durchaus spannend halten. Zwischendrin schickt Kara Murat außerdem seinen Vetter Lothar (danke, deutsche Synchro!) auf Drogenentzug, was amüsant unpassend wirkt – und bei den Türken augenscheinlich eine Sache von Minuten ist. Es gibt also immer wieder was zu entdecken.

Die Stimmung des Publikums hellte sich bei diesem Crowdpleaser deutlich auf, ich half mit einem Karton Donuts noch nach. Guten Freunden gibt man halt einen Arterienverkalker – oder zwei, oder drei…

geheimnisder14Nächste Station: Mexiko. Wir schreiben das Jahr 1959 und die einheimische Filmindustrie dreht fleißig Schundstreifen für ein anspruchsloses Publikum, die den US-Standards 20 bis 30 Jahre hinterher hinken. So ist auch „Das Geheimnis der 14 Geisterreiter“ kein solider Western im damals aktuellen Hollywood-Stil, sondern eine billig heruntergekurbelte Pferdeoper, deren sinnfreier Plot mit maskierten Bösewichten und einem milchgesichtigen „Geheimagenten der Regierung“ samt Superpferd „Silberpfeil“ deutlich den Geist der alten Schwarzweiß-Serials atmet. Einzig die Verwendung einer Pseudo-Wrestlingmaske für den (irrelevanten) Hauptbösewicht verweist auf die Herkunft. Außer der Farbe ist hier wirklich nichts aus den 30ern raus gekommen – weder die Dramaturgie, noch die Charaktere oder die Dialoge. Action beschränkt sich auf ein paar Faustkämpfe, Schießereien im Karnevallsstil und fleißigen Ritten hin und her durch den immer gleichen Steinbruch und in die Stadt hinein und hinaus, die aus vier Häusern besteht.

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Grundsätzlich kam der harmlose Familienwestern bei mir und dem restlichen Publikum ganz gut an – vor allem, nach dem wir einmal durchgezählt hatten, dass wir satte sieben Geisterreiter mehr geboten bekamen als die titelgebenden 14. Auch der unsägliche „comic relief“ in Form eines Sidekicks, der sich wirklich pausenlos in Fliegenpapier verheddert, sorgte erst für Fassungslosigkeit, dann für hämische Freude. Weniger amüsant waren allerdings die permanenten Aussetzer, die einen Neustart des Projektors (?) verlangten und das Erlebnis über eine Stunde lang unangemessen verhackstückten. Es ist dem miserablen Zustand der Kopie zu verdanken, dass das nachfolgende Programm verschoben werden musste und ich „Voyage of the Rock Aliens“ nicht bis zum Ende genießen konnte. Ärgerlich!

Vor dem letzten Film gab es eine Verlosung mit so vielen Preisen, dass eigentlich jeder Besucher ein oder zwei mal beglückt werden konnte. Ich selbst habe die legendäre TV-Serie „Belphegór“ von Pidax abgegriffen. Die LvA wird’s freuen.

Statt nun zügig zum Abschlussfilm überzugehen, tat uns Doc Acula einen weiteren Kurzfilm an: „Die Wildkatzen von St. Pauli“. In einem Bumsschuppen auf der Reeperbahn soll irgendein Deal laufen, drei hohlbirnige Macker werden von drei billigen Ischen mit dem Versprechen auf schnellen Fick gelockt, auf der Toilette und im Hinterhof kommt es zum Koitus und zur Exekution. Reingelegt! Sex & Crime der ganz billigen Sorte, ohne Sinn und Verstand (von einer tatsächlichen Story ganz zu schweigen), offenbar von Leuten gekurbelt, die das (und sich) für total geil halten. Eine Hommage an das Bahnhofskino der 70er, wie kolportiert wird? Dafür haben die Macher die Vorbilder (wie den grandiosen “Perrak“) nicht gut genug verstanden.

Es mag für so etwas ein Publikum geben und vielleicht sogar ein Festival – hier war es nicht und das war es nicht.

Zugegeben: Jetzt bin ich müde und leer – auf den glorreichen Abschluss mit “Voyage of the Rock Aliens” und mein Fazit müsst ihr bis morgen warten.



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comicfreak
comicfreak
12. Mai, 2014 08:36

..die frühkindlich traumatisierte Magd mit den schönen Äpfeln und dem geringen Wortschatz in ZfoS heißt Maria 😉
Wunderbare Darsteller, die radebrechendes Deutsch mit amerikanischer Färbung und bayerischem Akzent präsentierten 😀

Ach ja, vielen Dank für die Donuts, und RockAliens hat meine Begleitung zu hysterischen Lachattacken gepaart mit Fremdschämen für ihre Jugend getrieben 😉

Ein tolles Festival!

simop
simop
12. Mai, 2014 08:59

Im Übrigen war es kein Wunder, dass bei Manos irgendwann niemand mehr viel sagte – aus allen Ecken und Enden tönte leises Schnarchen… Da half vielfach auch das Adrenalin der vorherigen Trailer auf Drogen nichts mehr…
Manos. Listen and repeat.
Ich brauch den unbedingt. Für den Fall, dass ich mal wieder nicht schlafen kann. Besser als alles andere.

comicfreak
comicfreak
12. Mai, 2014 10:09

..übrigens hatte Maria was von nem Juliette-Lewis-Lookalike 😉

simop
simop
12. Mai, 2014 11:27

Comicfreak, was ich mir schon beim Film dachte – du solltest den Aliens etwas Bodylotion anbieten – die Haut um die Augen bei denen ist sehr trocken und reißt schon…
😉

Steffen
Steffen
12. Mai, 2014 11:28

Hehe, danke schonmal für die Eindrücke, ich habs leider verpeilt rechtzeitig in meinem Terminkalender was freizuschaufeln für das Festival.
Lief dort eigentlich schon Alluda Majaka? Das wäre denke ich auch ein Kandidat, allein schon diese Szene spricht für sich 😉
http://www.youtube.com/watch?v=sBy9aOBXR0Y

comicfreak
comicfreak
12. Mai, 2014 12:45

..simop, das waren doch Alienzombies, das g’hört so 😉

simop
simop
13. Mai, 2014 22:38

Hm… ist das morgen nicht bald vorbei…? 😉