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Mai 2014

B-Film Basterds 2014: Badass bad taste (2)

Themen: B-Film Basterds, Film, TV & Presse, Neues |

Eine Pause im Programm erlaubt mir, gleich den zweiten Schwung Reviews nachzuschieben. Auf geht’s, bevor die Pizza ins Hotel geliefert wird!
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Nach dem Brunch im O’Shea (bei dem lautstark Vor- und Nachteile obskurer Superheldenverfilmungen wie “Nick Fury” und “Generation X” diskutiert wurden und eine Rückkehr zur Eindeutschung von Comicbegriffen zu Debatte stand) ging es um 13.00 Uhr ins Kino: “Der Perser und die Schwedin”. Das las so mancher gerne erwartungsfroh als “Der Perverser und sechs Schwedinnen”. Angeblich die letzte existente Kopie eines obskuren Sittenstreifens der frühen 60er, mit dem sich ein iranischer Schauspieler ein Denkmal setzen wollte (er ist u.a. für Hauptrolle, Schnitt und Regie verantwortlich). Im zum Scheitern verurteilten Versuch, sich selbst zum Mittelpunkt einer (dürftigen) Spielhandlung zu machen, erinnert “Der Perser und die Schwedin” damit durchaus an “The Room”.
Gut, die Kopie ist nicht mehr dolle, ein echter Plot ist kaum vorhanden (persischer Stecher verliebt sich in London in schwedische Studentin, sie wird schwanger, dem Kindstod folgt das Happy End), die versprochenen Skandalszenen sind verhaltener Natur – aber was an Substanz fehlt, wird mit seltsam gedämpftem Zeitkolorit des “swinging London” kurz vor dem “swinging”-Teil wett gemacht. Teilweise werden zwei oder drei Musik- und Stripnummern aneinander geschnitten, um den Film mühsam über die Laufzeit zu bringen.
Eher als Obskurität denn als Delikatesse zu genießen – und damit goldrichtig bei den B-Film Basterds, die hinterher einstimmig verkündeten, dass sie in den 60ern angesichts der Erwachsenenwindeln, die damals als Unterwäsche durchgingen, kaum zur Fortpflanzung fähig gewesen wären.

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nov2012-poster-killer-shrewsMit “Return of the Killer Shrews” ging’s weiter und ausnahmsweise hatte ich keine Hoffnungen auf nennenswertes Entertainment. Autor und Regisseur Steve Latshaw hat locker ein Dutzend dieser unerträglich-gleichförmigen CGI-Monsterfilme für Leute wie Fred Olen Ray und Jim Wynorski geschrieben, die den Samstag auf dem Syfy-Channel und die DVD-Ramschkisten zumüllen. Ein Mann, dessen Bereitschaft zum Fankontakt leider nicht darüber hinweg täuschen kann, dass sein schreiberischer Werkzeugkasten nur aus einem Gummihammer besteht.
Und so ist das, was uns Latshaw als Fortsetzung und liebevolle Hommage an den 1959er-Heuler “The Killer Shrews” verkaufen will, nur ein weiterer Aufguss der “Reisegruppe auf einsamer Insel wird im Minutenabstand von erbärmlich getricksten Monstern dezimiert”-Nummer. Das hat so gar keinen Charme, der Zynismus der Macher unterläuft von vorne herein jede mögliche Häme des Publikums. Die Aussage “Der Film ist scheiße!” greift nicht, weil er nie mehr sein sollte. Auf keiner Ebene wurde versucht, mehr als gesichtslose Dutzendware zu schaffen – und der Hoffnung, den Streifen an den Syfy-Channel zu verhökern, ist auch die Abwesenheit von nackten Tatsachen zu verdanken, die in so einem Film wirklich zu Mindestausstattung gehören sollten.
Genau die Sorte Filmdreck, die ein echter B-Film Basterd nicht sehen will – und deshalb zumindest exemplarisch auf diesem Festival sehen muss. Passt.

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Wenn das Festival zu einem späteren Zeitpunkt nach Berlin kommt, wird auch noch das Original gezeigt, das nicht weniger scheiße war, aber durch die Aufarbeitung des MST3K-Teams zumindest eine gewisse Erträglichkeit mitbekommt:

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firegameUnd damit zu “Mission Firegame” (aka “Gold Raiders”), dem “Liebesgrüße aus Fernost” dieser Saison. Krachende Action mit asiatischem Einschlag und einem kaukasischen Supermann an der Front, eine debile Rainer Brandt-Synchro, die ständig versucht, den in Thailand gedrehten Agenten/Söldner-Film als “Exterminator”-Fortsetzung zu verkaufen, und ein Motorrad am Hängedrachen, das Raketen verschießt – what more could you possibly want?!
“Gut” im Sinne von gut ist “Mission Firegame” natürlich an keiner Stelle und “Liebesgrüße aus Fernost” fand ich ein bisschen knackiger. Aber es ist schon erstaunlich, welchen Aufwand der Film für allemal bescheidene Ansprüche treibt – das Entertainment ist billig, aber wahrlich auch üppig.
Wie diversen anderen Festivalbeiträgen würde man sich allerdings eine etwas bessere Kopie wünschen – bei aller Liebe zum Zelluloid sind die Kratzer, Risse, Flecken und Lücken zeitweise doch sehr störend. Eine blitzsaubere BlueRay-Projektion würde ich bevorzugen. Aber das ist Geschmacksache – und eine Frage der Verfügbarkeit.

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Um zu verdeutlich, wie “in sync” die Zuschauer des Festivals sind – als im Film der Satz auftaucht “The choppers are coming!”, rief die gesamte erste Reihe wie aus einem Schandmaul so laut wie begeistert “Get to da choppa!”
Heute Abend stehen noch “Scarletto – Schloss des Blutes” (aka “Bloody Pit of Horror”) und “Manos – Hands of Fate” in einer digital restaurierten Fassung an.

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DMJ
DMJ
11. Mai, 2014 14:20

“dem Kindstod folgt das Happy End”
Höhö – das ist schön formuliert. 😀
“B-Film Basterds, die hinterher einstimmig verkündeten, dass sie in den 60ern angesichts der Erwachsenenwindeln, die damals als Unterwäsche durchgingen, kaum zur Fortpflanzung fähig gewesen wären.”
Insoweit Pech für den Genpool, dass sich die Unterwäsche verändert hat. 😛

sergej
sergej
11. Mai, 2014 18:35

“…den B-Film Basterds, die hinterher einstimmig verkündeten, dass sie in den 60ern angesichts der Erwachsenenwindeln, die damals als Unterwäsche durchgingen, kaum zur Fortpflanzung fähig gewesen wären.”
Ob die Basterds sich ein Urteil über Mode erlauben sollten, wenn sie der Hausherr doch so beschreibt:
“Immer die gleichen teigigen, schlecht rasierten Gesichter in den mangelhaft passenden T-Shirts vom Vorjahr, immer die gleichen pubertären “ausziehen, ausziehen!”-Rufe…”
Manch eine(r) mag das nicht gerade als Fortpflanzungsförderlich erachten.

comicfreak
comicfreak
12. Mai, 2014 10:08

..nun, sonntags warens immerhin die T-Shirts von diesem Jahr 😉
Bei Mission Firegame sollte man noch erwähnen, dass es ein am sich automatisch während der Fahrt von der Schutzhülle befreiender (und wieder verpackender) Hängedrachen mit Raketen ohne Abschussvorrischtung verschießendem solarbetriebendem(!) Motorrad, das trotzdem Abgase ausstößt und mit für Feinde unhörbarem Summgeräusch unterwegs ist, handelt 😉
Ich übernehme keine Gewähr für obigen Satzbau, Schlafmangel..
Immerhin konnten wir am Samstag die Frauenquote um 300% in die Höhe treiben

simop
simop
12. Mai, 2014 11:25

Und wie! 😀 Streng genommen sogar – bezogen auf den Anfangsreferenzwert – ist das eine Steigerung ums Unendliche… 😉 Jaaa… jetzt darf ich Klugscheißen, ich habe jetzt die Tasse dafür… 😀
Ich werde als nächstes übrigens auch mal versuchen, auf groben Stollenreifen über ein schlackerndes Seil zu fahren… 😀 Oder doch lieber auf einer Rolle hinterher? Hm…
Aber ich glaube, ich muss erst noch andere Traumata des Wochenendes verarbeiten… 😀 die aber nichts mit den real anwesenden Personen zu tun haben, eher mit dem, was wir da so sahen…

Rudi Ratlos
Rudi Ratlos
12. Mai, 2014 15:36

Mh, “Mission Firegame” scheint ja nur geschnitten im Kino gelaufen zu sein – entspricht die Festival-Rolle denn der alten Fassung aus den 80ern? Ach ja, es heißt Blu-ray 😉

Wortvogel
Wortvogel
12. Mai, 2014 15:40

@ Rudi: Im Vergleich zum Trailer war unsere Fassung definitiv geschnitten.