08
Jan 2014

25 Frauen: Als Geschichte noch einen Händedruck hatte (2)

Themen: Neues |

Wo waren wir stehen geblieben? Beim ersten Tag meines Zivildienstes, genau.
Zum Einstieg nahm mich mein „Vorgänger“, der noch ein paar Monate bleiben würde, zu den alten Damen mit. Es ist wichtig, offiziell vorgestellt zu werden – könnte ja sonst jeder kommen und behaupten, er sei vom Amt.
An dieser Stelle ist es vielleicht angebracht, noch einmal genauer zu erklären, worin mein Job bestand. 25 Damen im Alter zwischen 60 und 92 hatte ich zu betreuen, jede wurde mit einer knappen Stunde pro Woche eingeplant. Es ging NICHT um Pflege. Ich musste die alten Damen weder ins Bad schleppen noch ins Bett, ich verabreichte keine Medikamente und kochen stand ebenso nicht auf meiner Liste. Meine Aufgabe war „Altenhilfe light“: einkaufen, Treppe putzen, staubsaugen, Fenster wischen. Maximum meiner Verantwortlichkeit war es, Rezepte vom Arzt abzuholen. Für alles sonst gab es „echte“ Pfleger – und wenn die nicht reichten, musste über eine anderweitige Unterbringung der Damen gesprochen werden. Im Grunde genommen sicherte ich vielen meiner „Klientinnen“ 20 weitere Monate in der gewohnten und geliebten Umgebung.
Im Normalfall sollte eigentlich die Familie solche Arbeiten übernehmen, darum musste in jedem Einzelfall festgestellt werden, dass eine Fürsorge seitens der Verwandtschaft ausgeschlossen ist. Es gab nur eine Situation, in der das zu einem Problem wurde: Eine Dame hatte praktisch immer ihren faulen Sack von Sohn daheimsitzen, wenn ich zum Putzen kam. Ich durfte dann rund um seine Füße herum saugen. Es war meiner Klientin sichtlich peinlich und mit einer Tafel Schokolade wollte sie mich bestechen, das nicht im Amt zu erzählen, wo der Sohn „berufliche Unabkömmlichkeit“ geltend gemacht hatte. Den Gefallen konnte ich ihr leider nicht tun – ich benachrichtigte die zuständige Sozialarbeiterin, die den Sohn daraufhin kräftig ins Gebet nahm.
Ich merkte schnell, dass es für die Frauen vor allem auf eines ankam: Verlässlichkeit. Wenn man verspricht, um 10.00 Uhr da zu sein, dann kann man denken „wen schert’s, die hat doch eh nix zu tun“. Aber genau darum geht es: Für die meisten dieser Menschen war ich einer der seltenen fixen Punkte in ihrem Leben und sie brauchten die Zuverlässigkeit. Ich stellte mich auch darauf ein, Treppen und Fenster nicht bei jeder Klientin gleich zu putzen, sondern „so wie das sein muss“ – und das war bei jeder anders. Ebenso beim Einkauf: Die Damen wollten nicht irgendeinen Streichkäse, nicht irgendein Mineralwasser. Die hatten sehr „gesetzte“ Geschmäcker und es war nicht meine Aufgabe, diese zu ändern. Darum waren Einkaufszettel auch immer eine sorgsam besprochene Sache, bis ich nach ein paar Monaten sattelfest genug war, aus dem Kopf die Marken und Packungsgrößen zu kennen, die gewünscht waren.
Man darf auch nicht vergessen, dass ich in einem sozialen Brennpunkt meinen Dienst schob. Wer hier lebte, war nie reich gewesen – und war es mit der mageren Rente (so es denn eine gab) erst recht nicht. Meine Klientinnen mussten oft genug mit dem Pfennig mehr rechnen als ich. Freund Frank in München (der aus der Schulung) hatte es einfacher, denn seine Runde drehte er in Schwabing, wo alte Damen manchmal in 8 Zimmer-Wohnung lebten, von denen sechs das ganze Jahr über verschlossen blieben. Die schickten ihn nicht zum ALDI, sondern zum Viktualienmarkt.
Weil sich in Düsseldorf gerade auf breiter Front das Kabelfernsehen durchsetzte, gehörte zu meinen Aufgaben in diesen Monaten auch, die teilweise äonenalten TV-Geräte der Klientinnen so einzustellen, dass sie auf ihrer Fernbedienung auch die neuen Programme fanden. Das stellte sich als schwierig heraus, weil die Damen einfach nicht zwischen Programmtaste und Programm unterscheiden konnten. Das Erste lag auf der Taste 1, das Zweite auf Taste 2, auf Taste 3 fand man das Dritte Programm. Soweit logisch. Dass sich auf Taste 4 ein Programm befand, das nicht „Das Vierte“ hieß, da war schon Schluss mit dem technischen Verständnis. Wenigstens konnte ich Tele5 auf Taste 5 legen. Danach wieder nur Probleme. Ich klebte Zettelchen mit Senderlisten auf die Rückseiten der Fernbedienungen, bin aber ziemlich sicher, dass zumindest „meine“ Damen niemals die neuen Sender eingeschaltet haben. Teufelszeug. Braucht kein Mensch.
So mancher Leser denkt wahrscheinlich jetzt „boah, wie langweilig, Tüten schleppen und Treppen putzen für olle Schachteln“. Das kann man so sehen und einige meiner Zivi-Kollegen gingen den Job vielleicht auch mit dieser Einstellung an. Aber ich kann nicht bestreiten, dass mich die alten Damen begeistert haben. Weil sie so verschieden waren, so eigen, so warm und so lebendig. Jede war für sich genommen ein vergilbtes Fotoalbum, ein alter Film, eine Schellack-Platte. Ich ging jede Woche auf 25 Zeitreisen.
Das fing schon bei den Wohnungen an, in denen die Frauen nicht selten seit ihrer Kindheit oder seit ihrer Hochzeit wohnten (wir reden also oft von der Kaiserzeit). Es ist ein mir bis heute unerklärliches Phänomen, aber jeder Mensch bleibt irgendwann in seiner Entwicklung stehen. Dann friert der Stil der Wohnung ein, es wird nur noch erneuert, was kaputt geht. Bei den alten Damen konnte man teilweise auf das Jahr genau abschätzen, wann das passiert war: die eine Wohnung sah nach 1955 aus, die andere nach 1968, manche hatten ihre Einrichtungen und Tapeten aus den 70ern herüber gerettet. Es waren zumeist homogene Eindrücke, aber eben wie aus der Zeit gefallen. In einer Wohnung musste ich dann auch mit einem AEG Vampir Staubsauger aus den 40er Jahren arbeiten – der lief noch ganz prächtig, nur alle drei Minuten knallte die Sicherung raus und er fing ungut an zu müffeln. Die Worte meiner Chefin ehrend nahm ich es hin, statt der Klientin einen neuen Sauger aufschwatzen zu wollen.
Bei Frau B. wurde ich erstmals einer Ottomane ansichtig. So etwas kannte ich bis dahin nicht. Aber unverschämt bequem sah das Teil schon aus. Ich bemerkte auch einen bösen Kratzer in der Seitenwand des Kleiderschranks. Auf meine Frage, ob man den nicht mal raus schleifen lassen sollte, winkte Frau B. ab: „Ach was – der ist noch aus dem Krieg. Ein Granatensplitter“. Meine Begeisterung war sofort geweckt: „Echt jetzt? Ein Splitter aus dem Zweiten Weltkrieg?“ Sie schüttelte den Kopf: „Neee, aus dem Ersten!“
Einen etwas eigenen Umgang mit der militärischen Vergangenheit pflegte auch Frau E., eine Dame der ganz alten Schule, die mich strengen Blickes beobachtete, wenn ich bei ihr die hohen Fenster putzte. Irgendwann fragte sie dann mit klarer Stimme: „Wieso sind Sie eigentlich  nicht beim Bund, junger Mann?“ Ich hatte gelernt, dass alten Menschen durchaus nicht der Sinn für Sarkasmus abhanden kommt, darum entgegnete ich etwas flapsig: „Weil Sie dann niemanden hätten, der Ihnen die Fenster putzt“. Diese Antwort stellte sie sichtlich zufrieden und sie nickte: „Als ich jung war, da hätten Sie der Damenwelt gut gefallen – so schlank und groß“. In der Tat entsprach ich mit meinen damaligen 60 Kilo bei 188 Zentimeter Körpergröße mehr dem Schönheitsideal der 20er als der 80er Jahre.
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Natürlich gab es auch Damen, deren Besuch ich nicht mit heller Freude entgegen sah. Frau C. war so eine. Während ich bei ihr putzte, musste ich mir jedes Mal eine Stunde lang anhören, wie einsam sie war und dass niemand sie je besuchte. Sie sprach mit einem weinerlichen polnischen oder ungarischen Akzent, der was von Wehklagen hatte. Ihre Nachmittage verbrachte Frau C. grundsätzlich in Sprechstunden und Wartezimmern, obwohl sie nach allen Maßstäben der ärztlichen Kunst nicht krank war. Sie brauchte nur Menschen um sich herum. Irgendwie tragisch und traurig, aber mein Mitleid hielt sich in Grenzen. An Frau C. lernte ich, dass Menschen im Alter meist zurück erhalten, was sie im Leben davor gegeben haben. Wer zeit Lebens offen und freundlich war, muss sich auf der Zielgeraden nicht um Gesellschaft sorgen. Wer nur meckert und nölt, hat auch niemanden, der gerne mit ihm Kaffee trinkt. Diese Erkenntnis bestätigte sich bei allen anderen Klientinnen.
Ach ja, der Kaffee. Der Tee. Der Kuchen. Die Kekse. Die Schokolade. Es war natürlich streng verboten, von den Damen Geschenke anzunehmen. Auch und gerade weil sie so dankbar waren, dass sich jemand um sie kümmerte. Und die Stunde Arbeitszeit war eigentlich auch strikt für Arbeit eingeplant. Aber oft genug war ich nach 20 Minuten fertig und ich gönnte mir und den Klientinnen die Zeit zum Plausch. Das war in vielen Fällen wichtiger als polierte Vasen und saubere Fenster. Ich hörte gerne zu, wenn die Frauen von früher erzählten, von den Männern, die im Krieg geblieben waren und deren Schwarzweißfotos meist noch perfekt erhalten im Rahmen auf dem Fernseher standen. Wen schert es, wenn sie sich manchmal wiederholten, wenn ich so manche Anekdote drei oder vier Mal zu hören bekam?
Die besten Geschichten kamen von Frau H., einer bezaubernden Mittachtzigerin in einer kleinen Hochparterre-Wohnung der frühen 60er. Sie war ihr Leben lang nicht aus Oberbilk raus gekommen, was nach ihrer Aussage aber nur bis in die 50er ein Problem darstellte: „Dann bekamen wir ja einen Fernseher“. Im Schrebergarten hatte sie seinerzeit einen Haufen Alkoholika „vor dem Russen“ verbuddelt, weil es hieß, gerade im betrunkenen Zustand wäre der Ivan auf deutsche Frauen scharf. Nur leider hatte sie sich in den Wirren der Nachkriegszeit nicht gemerkt, wo genau die Schnapsflaschen verscharrt waren und fürchtete auch in den späten 80er Jahren noch, man könnte sie irgendwann wegen alkoholvergifteter Würmer und Maulwürfe belangen.
Frau H. war es auch, die mir eine Anekdote erzählte, die mich später zu einer Szene in „Dr. Hope“ inspirierte (die es allerdings nicht in die letzte Drehbuchfassung schaffte): Irgendwann um 1910 herum hatte Frau H. mit anderen Düsseldorfern auf einem Bahnsteig gestanden, als über ihrem Köpfen plötzlich ein Doppeldecker-Flugzeug am Himmel erschien. Für die Menschen am Boden war es die erste Begegnung mit diesem Boten der neuen Zeit und vor lauter Staunen und Begeisterung verpassten sie den Zug, der ein- und unverrichteter Dinge wieder abfuhr.
Eine ganz besondere Beziehung pflegte Frau H. zu Frau H2., die auf der anderen Straßenseite im ersten Stock wohnte und schon 92 Jahre alt war. 60 Jahre konnten sich die Damen durch die Wohnzimmerfenster beobachten, ihre Männer hatten in den 30er Jahren jede Woche Skat gespielt. Manchmal sagte Frau H2. tadelnd: „Frau H. hat gestern Abend erst wieder nach Mitternacht das Licht gelöscht!“, woraufhin ich sie freundlich zurecht wies: „Na na, das heißt doch, dass Sie selber noch wach waren“. Frau H. wiederum wollte unbedingt wissen, was Frau H2. so machte.
Die beiden haben sich nie getroffen. In 60 Jahren, die sie in der gleichen Straße lebten und sich durch ihre Wohnzimmerfenster zuwinken konnten. Ich dachte manches Mal darüber nach, ein Treffen zu arrangieren, auf Kaffee und Kuchen. Doch auch hier galt: Respekt. Es war nicht an mir, etwas zu forcieren, was das Leben den beiden Damen offensichtlich nie aufgedrängt hatte.
Frau H. war auch die einzige Klientin, der ich jemals meine Privatnummer gegeben habe. Zur Wahrung der Distanz war uns eingeschärft worden, grundsätzlich nur das Telefon im Zivi-Büro zu nutzen. Manche Damen konnten sehr anhänglich werden und hatten dann wenig Respekt vor der Privatsphäre ihrer Putzhilfe. Bei Frau H. machte ich mir diese Sorge allerdings nicht und so schrieb ich ihr eines Tages meine Nummer auf in der Überzeugung, dass sie diese sowieso nie nutzen würde.
Ich sollte mich irren.
Eines Nachts klingelte gegen 23.00 Uhr bei mir das Telefon. Ich lag schon im Bett und empfand das als sehr unhöflich, weil alle meine Freunde wissen, dass ich nach 22.00 Uhr nicht mehr gestört werden will. Ich nahm grantig den Hörer ab, entspannte mich aber sofort, als ich merkte, dass eine sehr zittrige Frau H. dran war. „Herr Torsten?“, flüsterte sie hörbar ängstlich. „Ich glaube, ich sterbe.“
Was sagt man in so einem Moment?
Meine Reaktion: „Kommt gar nicht in Frage. Bleiben Sie auf dem Sofa sitzen, ich rufe die Ambulanz und bin ich fünf Minuten bei Ihnen“. Ich glaube, so schnell bin ich noch nie Fahrrad gefahren. Der Krankenwagen war schneller, und als ich quietschend vor der Haustür anhielt, wurde Frau H. gerade eingeladen. Die Diagnose des Ersthelfers: „Kleinerer Herzkasper, nicht dramatisch, aber wir nehmen sie sicherheitshalber für die Nacht mit ins Krankenhaus“.
Auch wenn es von Amts wegen nicht gewünscht war: Frau H. wurde in den 20 Monaten die Oma, die ich nicht mehr hatte – und ich wurde der dritte Enkel. Sie selbst äußerte mal, dass mich von den anderen beiden nur unterschied, dass ich immer für sie da sei und nie Geld wollen würde. Ich konnte nur hoffen, dass sie ihrer Familie gegenüber nicht so offen sprach.
Über Frau G. habe ich an anderer Stelle schon mal geschrieben, weil ihr Lebensgefährte ein großer Harry Piel-Fan war. Sie gehörte zu den Omas, die immer schon den Tee fertig hatten, wenn ich kam. Es wartete auch immer eine Scheibe dieser luft- und sichtdicht verpackten Rührkuchen aus dem Supermarkt auf mich. Die Gespräche mit Frau G. waren freundlich und lebensfroh, auch wenn sie mit Frau H.’s intellektueller Schärfe nicht mithalten konnte. Darum war ich auch umso verdatterter, als sie eine Tages fast ansatzlos sagte: „Also ich glaube das mit den sechs Millionen ermordeten Juden ja nicht.“
Ach. Du. Heilige. Scheiße.



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Dietmar
Dietmar
8. Januar, 2014 08:50

Schönheitsideal hin oder her: das Mädchen zu Deiner rechten ist aber sehr niedlich.
Abgesehen davon hältst Du mich mit einem schönen Text von der Arbeit ab!
*faustschüttel*

Dietmar
Dietmar
8. Januar, 2014 08:55

„Wieso sind Sie eigentlich beim Bund, junger Mann?“

Fehlt da ein “nicht”?

Lutz
Lutz
8. Januar, 2014 10:28

Schöner Artikel. Und ein guter Cliffhanger am Ende.
Ansonsten ist Frau H2 ja mindestens 5 Jahre älter als Frau H. Ist doch selbstverständlich, dass sie dann ein bisschen länger wach bleibt.

Knud
Knud
8. Januar, 2014 10:30

Stand Frau H. wirklich auf dem Bahngleis oder doch nur auf dem Bahnsteig? Mit einem ein- und ausfahrenden Zug macht das schon einen wesentlichen Unterschied aus.

Wortvogel
Wortvogel
8. Januar, 2014 10:34

@ Dietmar/Knud: Danke, ist korrigiert.

Howie Munson
Howie Munson
8. Januar, 2014 10:53

[Meta-OT]Ich hoffe mal das letzte Zitat wird nicht von Google hochgeratet… und hoffentlich landet der Link nicht bei 6vor9… *duck*[/Meta-OT]

So mancher Leser denkt wahrscheinlich jetzt „boah, wie langweilig, Tüten schleppen und Treppen putzen für olle Schachteln“.

De waren dann aber auch nicht zur Grundausbildung beim Bund, da muss man noch viel langweiligere und vor allen sinnlose Dinge tun: Waffenreinigen war grundsätzlich erst nach der vorher festgelegten Zeit fertig (also mehr als der doppelten Zeit, die für die meist unbenutzen Waffen nötig war) und wer 5 Minuten eher “fertig” sein wollte durfte sich dreimal vom “verantwortlichen” Uffz dumme Sprüche anhören, ergo ging man dazu über, gemächlich die Waffe zu polieren und dann nur flüchtig als einer letzten kontrolliert zu werden… Anfangs bestand der Uffz auch darauf, dass wir dabei singen, zum Glück wußte einer welches Lied der Hauptfeldwebel gar nicht ertragen könnte, erst recht nicht, wenn man laut & schief singt. *g*
Wenn man bei alten Menschen etwas “sinnloses oder landweiliges” tut, haben die wenigsten davon ein bisschen mehr Lebensfreude und die meisten sind dafür auch extrem dankbar. So gesehen wäre es wohl sinnvoller gewesen die Wehrpflicht in eine Dienstpflicht umzuwandeln und die Alternative “Wehrdienst” begründungsbedürftig machen…
BTW:Meinst du wirklich eine Ottomane wie auf dem Wikipedia Bild (erscheint mir nicht “unverswchämt bequem”) oder eher was in Richtung Chaiselongue (was meine Mutter eben auch als Ottomane bezeichnen würde, im Gegensatzt zur Wikipedia *g*)

Wortvogel
Wortvogel
8. Januar, 2014 11:20

@ Howie: Da ich sehr wenig mit solchen Möbeln zu tun habe, mag das sein. Die Erinnerung ist kein sehr hoch aufgelöstes Bild, wie bei den Digitalkameras muss man mit zunehmendem Alter Abstriche machen.

Nikolai
Nikolai
8. Januar, 2014 12:30

“Bei Frau B. ich erstmals einer Ottomane ansichtig.”
Da fehlt doch auch etwas?

Kai
Kai
8. Januar, 2014 12:37

Das mit dem “nicht rauskommen” ist auch durchaus typisch gewesen für diese Generation. Die weiteste Reise, die meine Oma (Jahrgang 1911) je unternommen hat, ging nach Böhmen (in den 30er Jahren). Ab ’44 war sie Kriegerwitwe und hat ihren Heimatort praktisch nicht mehr verlassen.
Aber schöne Geschichten hier – wie überhaupt Geschichte immer am interessantesten ist, wenn sie im wahrsten Sinne begreifbar wird.
Das älteste Photo in meiner Familie bspw. (korrekterweise ein Photo einer Daguerreotypie) zeigt meinen Ur-Ur-Ur-Großvater ca. 1855. Der war als junger Mann noch im Krieg. Gegen Napoleon, 1813 bei Leipzig… 🙂

Endstille
Endstille
8. Januar, 2014 12:46

“Herr Thorsten? Ich glaube, ich sterbe.”
*schluck*

Konsumdichter
Konsumdichter
8. Januar, 2014 17:16

“Dann friert der Stil der Wohnung ein, es wird nur noch erneuert, was kaputt geht. Bei den alten Damen konnte man teilweise auf das Jahr genau abschätzen, wann das passiert war.”
Tolle Beobachtung und Formulierung, merci

Howie Munson
Howie Munson
8. Januar, 2014 19:58

@Wortvogel: Ich hab da auch nur Viertelwissen…

Exverlobter
Exverlobter
8. Januar, 2014 21:14

“Irgendwann fragte sie dann mit klarer Stimme: „Wieso sind Sie eigentlich nicht beim Bund, junger Mann?“ Ich hatte gelernt, dass alten Menschen durchaus nicht der Sinn für Sarkasmus abhanden kommt, darum entgegnete ich etwas flapsig: „Weil Sie dann niemanden hätten, der Ihnen die Fenster putzt“.”
Verdammt, warum fallen mir nie so schlagfertige Antworten ein. Klingt auf den ersten Blick eher nach einer Antwort aus einem Drehbuch. Das jemandem so etwas auch im wahren Leben einfallen kann, ist schon erstaunlich.

Wortvogel
Wortvogel
8. Januar, 2014 21:34

@ Exverlobter: Ich würd’ sagen, wenn’s nicht so wäre – aber ich BIN so schlagfertig. Ist eine Folge des harten Trainings an der Gesamtschule und beim Gong.

keepshowkeeper
9. Januar, 2014 20:07

So, erstmal die Frage: wie hast du es geschafft, die 16-jährige Sharon Stone auf deine Bude zu kriegen? Ein Wahnsinn.
Bei dem Bericht über deine Zivi-Zeit ist mir der Kiefer dauer-heruntergeklappt, weil ich teilweise dachte “ist der Typ ich selber”? Deine Zivi-Autobio deckt sich EXAKT mit meinen Erfahrungen und Gedanken zur gleichen Zeit zur gleichen 20-monatigen Tätigkeit. Auch ich habe MSHD (Mobiler Sozialer HilfsDienst) beim Roten Kreuz gemacht, und auch mir sind die Omis damals völlig ans Herz gewachsen.
Nachdem ich dreimal bei ihnen geputzt und ihr Vertrauen gewonnen hatte, ging es nur noch um gemeinsam Kaffetrinken, Kuchenessen und Geschichten von damals anhören. Wäre das heute, würde ich aus diesen Geschichten ein eigenes Blog basteln.

Torsten
13. Januar, 2014 15:27

A propos “Ach. Du. Heilige. Scheiße.”:
Da gibt es doch noch diesen Witz über die beiden alten Damen, die unmittelbar nach dem Krieg in einer Düsseldorfer Straßenbahn sitzen, als die eine fragt, wie denn die nächste Haltestelle hieße.
– Adolf-Hitler-Platz.
– Aber nein, gute Frau, das heißt jetzt Graf-Adolf-Platz!
– Graf-Adolf-Platz? Sehnse mal, das hat der gute Mann sich auch verdient.