17
Aug 2013

Fantasy Filmfest 2013 (4): Frankenstein's Army

Themen: Fantasy Filmf. 13, Film, TV & Presse, Movie-Mania 2013 |

FFF13 Amaray Wrap.EPS NIEDERLANDE/USA 2013 / 84 MIN / ENGLISCHE OV
Von: Richard Raaphorst. Mit: Karel Roden, Alexander Mercury, Joshua Sasse, Luke Newberry, Andrei Zayats, Mark Stevenson, Hon Ping Tang, Robert Gwylim
Darum geht’s: Eine russische Einheit kämpft sich im zweiten Weltkrieg durch zerstörtes Land. Immer mit dabei: ein Kriegsberichterstatter mit seiner Kamera. Gemeinsam entdeckt man in der ehemaligen Kirche eines kleinen Dorfes das Labor des Sohnes von Dr. Frankenstein, der aus Leichenteilen und Waffen groteske Monster baut, die Hitlers letztes Aufgebot darstellen. Schnell werden die Russen aufgerieben.
Gesammelte Gedanken: Man kann der Meinung sein, dass “Found Footage”-Filme durch sind. Ich bin dieser Meinung. Noch viel durcher sind aber “Found Footage”-Filme, die den “Found Footage”-Aspekt derart versemmeln wie “Frankenstein’s Army”. In dem Augenblick, in dem wir glauben sollen, dass der gesamte Film aus Dokumentaraufnahmen einer kleinen Schmalfilmkamera mit angetackertem Mikro besteht, bricht die filmische Wirklichkeit in sich zusammen. Dieses kleine Gerät filmt demnach nämlich in Farbe, in HD, nachts, und hat augenscheinlich Richtmikrofon sowie Rauschunterdrückung. Und die filmenden Protagonisten halten das Objekiv auch noch brav hoch, wenn sie schreiend und verletzt vor einem Nazi-Cyborg flüchten.
Ähhh… nö.
Von diesem “Rausschmeißer” erholt sich der Film nicht mehr, weil er auch darüber hinaus keine nennenswerten Qualitäten besitzt. Die Produktion ist billig und hässlich. Die Uniformen und Requisiten wirken so unglaubwürdig wie die Frisuren einiger “Soldaten”. Mehr als eine Handvoll Akteure sind nie zu sehen, es wird gerne gebrüllt und geflucht, um Drama vorzutäuschen. Kasperltheater. Weder wird eine nennenswerte Handlung entwickelt noch werden die Figuren irgendwie unterscheidbar gemacht. Und am Ende sind alle tot.
Und die Nazi-Zombie-Cyborgs? Der einzig sehenswerte Aspekt des Films. Krude Mischwesen aus Power Rangers und Steampunk, die ungelenk durch die Gänge stapfen. Kettensägen als Arme, Gewehrläufe als Beine, Metallzangen als Gesichter. Alptraumhaft, fast schon bemitleidenswert, so comic-esk wie ungeeignet, eine wirkliche Gefahr darzustellen. Keine Armee – eine Parade von Freaks, die über ihre Existenz als Nazi-Zombie-Cyborgs hinaus keine weitergehenden Eigenschaften besitzen.
Ich ahne schon, dass einige schmerbäuchige Allesgucker mit Heavy Metal-Shirts und Masturbationsphantasien über Sherri Moon Zombie “Frankenstein’s Army” für “kult” und “voll geil” halten werden. Sollen sie doch. Wer sich einen Restanspruch an das Genrekino bewahrt hat und auch vom schrägen B-Movie einen Unterhaltungswert über Splatter hinaus erwartet, findet hier keine Freude. Das ist alles so komplex und detailfreudig wie “Castle Wolfenstein 3D” anno 1992.
Während die Macher kein Mitleid verdienen, tut mir Karel Roden ein wenig leid. Der Mann ist ein echter FFF-Veteran, war schon mit Filmen wie “A lonely place to die“, “Cat Run” und “The Abandoned” vertreten. Neben Ron Perlman und Lena Headey ein Gesicht, das man immer wieder gerne sieht. Aber nicht in einem solchen Film.
Viele Ideen klingen im ersten (bierseligen) Moment besser, als sie letztlich sind. “Lesbian Vampire Killers” ist so eine. Das klingt geil, zieht den Nerds das Geld aus der Tasche – aber taugt es wirklich für einen kompletten Film? “Frankenstein’s Army” scheint genau so aus dem Faustschlag auf den Kneipentisch und dem Ausruf “Ich hab’s! Nazi-Zombie-Cyborgs!” entstanden zu sein. Und damit erschöpfte sich die Kreativität der Macher bereits.
Man sollte ein Trinkspiel draus machen – 30 buzzwords vom Stile “Ninjas”, “Undead”, “Nazis”, “Shark”, “House of the”, “Zombies”, “vs.”, “Strippers”, “Alien”, “Lesbian”, “Crazy”, “Blade”, “Space” und “War” auf Zettel schreiben, drei davon aus dem Hut ziehen – presto, Kultfilm!
“Undead Ninja Nazis”! “House of Alien Strippers”! “Zombie Shark Wars”!
Make it so.
ampel-rot7 Fazit: Über weite Strecken auf semi-professionellem Niveau gedrehter Monsterheuler, der aus seiner albernen Idee nicht ausreichend Saft ziehen kann und sich schnell in hysterischem Hauen und Stechen verliert.
Ein Film… dem zum Uwe Boll-Film eigentlich nur Uwe Boll fehlt.

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14 Kommentare
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flippah
flippah
17. August, 2013 08:08

Kennst du das Kartenspiel “Grabräuber aus dem All” und seine Fortsetzung “Kannibalen im Dschungel des Todes”? Ich glaube, das wäre was für dich. Da erfährt man, wie solche Filme entstehen.

Dietmar
Dietmar
17. August, 2013 09:17

Das Trinkspiel ist eine sehr schöne Idee! 🙂

MrFox
MrFox
17. August, 2013 10:14

Kann ich gar nicht genug zustimmen. Und das schlimme daran ist, ich hatte wirklich geglaubt, der könnte was sein. Aber da wusste ich noch nicht, dass das FoundFootage-Prinzip eisern durchgehalten wird. Selten war es so langweilig, unglaubwürdig und tödlich für einen Film wie hier. Schon der Moment, wo die russischen Soldaten durchweg englisch mit schlecht gespielten Akzent reden, beendet jede Möglichkeit, diesen Misthaufen ernst zu nehmen.
Umgekehrt behaupte ich aber, ohne diese inhaltlich wie formell katastrophale Entscheidung hätte der Film in klassischer Form durchaus etwas werden können. Die Monster sind schön schräg und die Grundkonstellation der Geschichte ist nicht verkehrt. Das macht das Ganze noch ärgerlicher…

Xenaris
Xenaris
17. August, 2013 10:46

Das Thema hat Frank Zander mit “Der Ururenkel von Frankenstein” launiger vertont. Irgendwie habe ich langsam das Gefühl, man sollte einigen Genremachern mal dringend Nazis und Zombies verbieten, damit sie mal auf ein paar neue Ideen kommen. Okay, und Filmmusikern Geigen, wenn es rührend werden soll, ich kann dieses schnulzige Gejammer nimmer hören, aber das ist ein anderes Thema.

Pogopuschel
Pogopuschel
17. August, 2013 12:03

Ah, danke für die Rezi. Das war noch so ein Wackelkandidat, auf den ich jetzt verzichten werden.
Auf Found Footage habe ich auch überhaupt keinen Bock mehr (auch wenn ich mir “Europa Report” ansehen werde), ebenso wie auf Zombies.

Peroy
Peroy
17. August, 2013 13:47

Ich würde eher den hier gucken als “Europa Report”…

comicfreak
comicfreak
17. August, 2013 16:28

*urgs*

DMJ
DMJ
17. August, 2013 18:47

Ich würde eher sagen, man kann inzwischen NICHT mehr der Meinung sein, dass “Found Footage”-Filme NICHT durch wären.
Ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass nochmal einer funktioniert, aber generell ist die Kuh inzwischen ausgemolken. Und gerade hier passt sie ja auch so gar nicht zum Konzept: Nazi-Zombie-Cyborgs sind cooles Spielzeug, entsprechend muss man sie auch präsentieren, anstatt sie in das Korsett eines auf Realismus bedachten Filmstils zu zwängen.

Goatleg
Goatleg
17. August, 2013 22:35

Beim Trinkspiel hat nur der Pech der “Nazis vs. War” aus dem Hut zieht 🙂
Das verkauft aich vielleicht nicht so gut …

Goran
Goran
18. August, 2013 20:08

Hach, da bin ich aber froh, dass mich das “found footage” sofort abgeschreckt hat, und ich mir dafür keine Karte besorgt habe.
Was wird denn der Trashfilm des Festivals?
Mir fehlt irgendwie noch ne richtige Spassgurke im Programm.

Honson
Honson
22. August, 2013 09:23

Nana, bitte keine Verurteilung von Heavy Metal Shirt Trägern. Auch wenn der Punkt klar geworden ist.

Jeff Kelly
Jeff Kelly
8. September, 2013 03:40

Das Kamera-Gimmick nervt wirklich von der ersten Minute an und tut dem Film wirklich nicht gut. Ich glaube der Film käme – auch bei Torsten – deutlich besser an wenn er mit klassischer Kameraarbeit gemacht worden wäre, selbst wenn so oder so eher wenig am Film dran ist.
Ich würde den Film aber eher nicht unter ‘found footage’ ablegen. Die Kamera zeigt uns den Film ja dauernd unter “First Person” Perspektive. Das und die Strukturierung der Szenen haben mich wirklich komplett an Videospiele erinnert. Die Kameraarbeit und Handlung erinnern mich mehr an jemanden der zu viel Bioschock, Wolfenstein oder Call of Duty gespielt hat und denkt diese Erzähl- und Präsentationsweise liesse sich auf Film übertragen als an ‘Paranormal Activity’ oder ‘The Blair Witch Project’.
Ausserdem ist found footage nicht nur durch es war eigentlich schon immer eher mehr Marketing-Gimmick der Kategorie ‘basiert auf einer wahren Begebenheit” als echtes Stilmittel. Das mag zu einer Zeit funktioniert haben als man einigen Leuten noch vormachen konnte Blair Witch wäre wirklich das zurückgelassene Filmmaterial echter Filmstudenten gewesen und die Tatsache, dass man sich nur Handkameras und keine 18 oder 35mm Filmkameras leisten konnte, zum bewussten Stilmittel erklärt hat. Als Trend ist es allerdings sirklich komplett durch.

noyse
9. September, 2013 16:01

völlig unnötig dieses Kamera Gedöns 🙁 Schon am Anfang in der Kirche wechseln bei ein und derselben Szene die perspektiven, was den einen Mann an der Kamera unglaubwürdig macht. Auch mit demTon mag ich mich nicht anfreunden. Sollte wirklich jemand gefilmt haben, dann sicher nicht mit Ton. Und das übliche was dann nervt: Da wird ne halbe Minute draufgehalten wie ein Soldat versucht seinen Rucksack aufzumachen (Film scheint keine Mangelware gewesen zu sein). Aber das ist das Gleiche was letztlich in meinen Augen auch Iron Sky das Genick bricht: eine nette Idee – falsch aufgezogen (bei IS – die komödie, bei FA der found footage look)

Marcus
Marcus
13. September, 2013 10:14

Das ist kein Found Footage-Film, das ist “wir haben kein Geld für ordentliche Coverage und Schnitt, also lassen wir einfach mitlaufen und sprechen ab und zu mit dem Kameramann, damit wir es Found Footage nennen können”.
Alle reden mit aufgesetztem “russischem” Akzent. Nervt wie Sau.
Der Rest ist nettes Creature Design meistens courtesy of “Resident Evil 6” (das Spiel) und “Bioshock” und splattrige Langeweile.
Braucht kein Mensch. 4/10.