07
Jun 2013

SSD ahoi! Umzug von der Drehscheibe zum Feststoff

Themen: Neues |

Ich liebe mein Macbook. Kein Notebook hat es geschafft, bei mir so lange das primäre Arbeitsgerät zu bleiben, ohne wegen der nachlassenden Performance oder der baulichen Qualität in Frage gestellt zu werden. Auch nach drei Jahren zeige ich keinerlei Interesse, mir ein neues Gerät anzuschaffen. Lautsprecher, Tastatur, Bildschirm, Akku, Robustheit – alles im grünen Bereich. Im Gegensatz zu meinen früheren PC-Notebooks habe ich das System auch nie “entmisten” müssen. Es gab zwar Betriebssystem-Updates (mittlerweile bin ich auf “Mountain Lion”), aber dafür muss man nicht bei Null anfangen. Der Mac sammelt auch weniger Datenmüll in obskuren Untermenüs. Als einzige Wartung lasse ich einmal im Monat “clean my Mac” drüber laufen und gut ist.
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Trotzdem merkt man dem System mittlerweile an, dass es nicht mehr “frisch” ist. Ich habe halt über die Jahre sehr viel installiert und deinstalliert, nicht alle Hintergrundprozesse kann ich konkret zuordnen – und seit ich wieder InDesign brauche, dauert es mir zu lange, bis der Computer eine .indd-Datei öffnet. 50 Sekunden, um genau zu sein. Wenn ich mehrere Programme laufen habe und dem System sage “Neustart, danach alle Programme wieder öffnen”, dauert es satte 3 Minuten und 50 Sekunden, bis ich meine Mails aktualisieren kann.
Ich habe keine Sekunde daran gedacht, ein neues Macbook zu kaufen. Das hängt nicht nur daran, dass ich Apples neue Einsteigerklasse für überteuert und zu spartanisch ausgestattet halte. Es widerstrebt mir schlicht, ein neues Gerät zu kaufen, nur weil die Performance ein wenig hinter her hechelt. Für so etwas gibt es schließlich Upgrademöglichkeiten.
Ich habe ausgiebig darüber nachgedacht, ob es sich lohnt. Man muss den ursprünglichen Kaufpreis und den Preis der Upgrades mit dem Preis und den Leistungsdaten eines neuen Geräts vergleichen. Bei mir sieht das so aus: bisher 800 Euro plus 50 Euro für 4 GB Speicher. SSD-Festplatte 256 GB kostet 150 Euro. Sind zusammen 1000 Euro, von denen ich allerdings nur 150 aktuell investieren müsste. Ein neues Macbook, das meine Anforderungen erfüllt, kostet mindestens 1400 Euro. Also Upgrade.
Speicher habe ich schon genug, den Prozessor kann man nicht austauschen – es ist also die Festplatte, die in den Ruhestand verabschiedet wird. Ähnlich wie Röhrenfernseher halte ich Festplatten mit physischen Schreib/Leseköpfen für ein Relikt der Computer-Steinzeit. Abgesehen von Formfaktor und Geschwindigkeit/Kapazität hat sich diese Technologie seit 30 Jahren nicht nennenswert verändert. Sie ist entwickelt worden für Desktops mit koffergroßen Gehäusen, nicht für kompakte transportable Geräte. SSD wird die Festplatte abwechseln, wie der Flachbildschirm die Röhre abgewechselt hat und der USB-Stick das CD-Laufwerk.
Weil ich die Kosten im Rahmen halten will, entscheide ich mich für die Samsung 840 Basic mit 250 GB für 145 Euro. Die ist auf jeden Fall für den Mac tauglich (manche SSDs zicken da ein wenig), gut bewertet und tausendfach erprobt. Die “Pro”-Version soll noch mal einen Tacken mehr Performance haben, ist aber auch deutlich teurer. Genau so die 500 GB-Variante (285 Euro).ssd1
Es gibt viele einfache Anleitungen im Netz, wie man ein Macbook aufrüsten kann. Das ermutigt mich. Trotzdem rufe ich Kumpel Oliver an, der einfach ein besseres Händchen hat, was Hardware-Umbauten angeht (und mehr Werkzeug hat er auch).
Vor den Einbau einer SSD hat das Komputer-Karma eine entscheidende Frage gesetzt: will ich mein aktuelles Betriebssystem samt aller Daten und Programme einfach von dem alten auf das neue Speichermedium klonen? Oder setze ich das gesamte System neu auf? Eine Weile lang tendiere ich zur kompletten Übernahme des alten Systems. Es ist eingespielt, funktioniert und läuft eigentlich ganz rund. Dank “Time Machine” habe ich auch immer die neuste Version greifbar, die sich nach dem Umbau mit zwei Klicks aufspielen lässt.
Andererseits: wenn man schon das System aufrüstet, sollte man es auch so ballastfrei wie möglich halten. Nach drei Jahren ist durchaus mal ein Neustart zumutbar. Wenn er denn problemlos funktioniert. Ich entscheide, mich nicht zu entscheiden: ich lege die Originale der größeren Software-Pakete wie Adobe Master Suite und Windows 7 ebenso bereit wie das neuste Time Machine-Backup. Man wird sehen.
Meine gesamten Arbeitsdaten, Mails und Fotos brauche ich übrigens nicht separat zu sichern – die liegen bei mir sowieso in der Cloud (per Google Drive und Dropbox).
Oliver kommt, schraubt und siegt. Der Einbau der SSD dauert keine fünf Minuten. Einziger Haken: die SSD wird beim Bootvorgang nicht erkannt. Einfache Lösung: Sie muss erstmal auf Apple formatiert werden. Auch das bietet der Bootvorgang an. Danach stehen die 250 GB zur Verfügung. Nun will das Macbook wissen, ob ich per Time Machine das System wieder herstellen will oder ob ich das Betriebssystem neu installieren möchte. Weil bisher alles so gut lief, entscheide ich ad hoc: “Alles neu macht der Mai.”
Beeindruckend, wie komfortabel Apple die Neuninstallation des Betriebssystems gestaltet. Ich kann aus dem Apple Store einfach die aktuelle Fassung als Image herunter laden und auf einen USB-Stick aufspielen. Den stecke ich beim Bootvorgang in den Rechner und schon habe ich die Möglichkeit, ein aktuelles OS zu installieren.
“Mountain Lion” ist nach einer knappen halben Stunde wieder drauf. Ich nehme unzählige Feinabstimmungen vor, die ich gewöhnt bin – die Scrollbewegung per Touchpad soll nicht mehr “natürlich” sein, die rechte untere Ecke des Touchpads ist der “zweite Mausklick”, neuer Hotkey für Screenshots, Bildschirmschoner, etc.
Dann kommt eine Sackladung an Freeware, die ich täglich brauche: Libre Office, Skype, Chrome, VLC, Dropbox, Google Drive, Evernote, Twitter. Dabei verfluche ich mal wieder, dass es Ninite nicht für Macs gibt. Es würde sooo vieles einfacher machen.
Google Drive, Evernote und Dropbox haben ratzfatz alle meine Daten neu aus der Cloud geladen, Chrome synchronisiert meine Favoriten und Erweiterungen fix in die neue Installation. Nach insgesamt einer Stunde ist das System fast wieder so, wie ich es unter der alten Festplatte gefahren habe. Ich installiere noch die Adobe Master Suite, was lange genug dauert, um in Ruhe einen Kaffee zu trinken.
Dann Windows 7 für das Bootcamp. Ich habe die DVD schon in der Hand, halte aber inne: zuletzt habe ich vor sechs Monaten in Windows gebootet. Irgendein Kleinkram, der mit XnView besser zu machen war als mit den korrespondierenden Apple-Programmen. Aber wann habe ich Windows 7 zuletzt wirklich gebraucht, wirklich damit gearbeitet? Ich kann mich kaum erinnern. Und so entscheide ich mich zum Praxistest: mein Macbook bleibt Windows-frei. Vorläufig. Sollte sich das als Fehler heraus stellen, kann ich Windows 7 immer noch nachinstallieren.
Es dauert summa summarum drei Stunden, das Macbook wieder komplett arbeitsfähig zu machen. Nur fünf Minuten davon hat der Umbau der Hardware beansprucht. In den nächsten Tagen werde ich immer mal wieder Details finden, die noch nicht angepasst sind (z.B. fehlen noch ein oder zwei gewohnte Einträge im Kontextmenü).Es gibt einen kurzen Moment der Unsicherheit, als ich realisiere, dass InDesign jetzt keine der “Liebes Land”-spezifischen Schriftarten mehr finden – diese kann ich aber problemlos aus dem letzten Time Machine-Backup rüber kopieren. Ich werde mich sicher auch noch auseinander setzen, die “trim”-Funktionalität zu aktivieren. Aber insgesamt läuft das System extrem rund.
Und nun die Gretchenfrage: was hat’s gebracht?
Ich kann natürlich nicht beurteilen, wie viel Perfomance-Gewinn der Festplatte zu verdanken ist und wie viel der Neuinstallation des Systems. Aber die Zahlen sprechen eine sehr eindeutige Sprache: InDesign startet statt in 50 Sekunden jetzt in 14 und der Neustart inklusive relevanter Programme dauert statt 3 Minuten und 50 Sekunden jetzt nur noch 1 Minute und 15 Sekunden. Generell reagiert das System deutlich schneller. Was vorher okay war, ist nun sehr flott. Mehr kann man nicht erwarten.
Sollte ich jemals wieder upgraden wollen, spiele ich mit dem Gedanken, das “super drive” des Macbook gegen eine große konventionelle (oder dann vielleicht bezahlbare große SSD) zu tauschen. Das ist wohl AUCH relativ einfach und für die seltenen Fälle, in denen ich eine Silberscheibe in der Hand habe, besitzen wir zwei externe DVD-Laufwerke für den Mac.
Fazit: Es war preiswert, überschaubar und hat sich rundum gelohnt. Der Einbau einer SSD verbunden mit einer Neuinstallation des Systems ist in meinen Augen empfehlenswert.



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Eule
Eule
7. Juni, 2013 11:26

Das Fazit kann ich aus eigener Erfahrung auch für ein sechs Jahre altes Thinkpad mit Windows XP genau so bestätigen.

flippah
7. Juni, 2013 11:55

sobald wieder etwas knete da ist, kommt bei mir auch ne SSD in die Maschine.

Nikolai
Nikolai
7. Juni, 2013 12:22

Eventuell könntest du noch dem RAM aufrüsten? Also nicht mehr, sondern schnelleren?

Wortvogel
Wortvogel
7. Juni, 2013 12:25

@ Nikolai: Unnötig. Es läuft ja jetzt sehr gut. Und das Macbook ist sehr beschränkt, was die Aufrüstmöglichkeiten des RAM angeht.

Sascha
7. Juni, 2013 13:03

Genau diese SSD hab ich meinem 2011er MacBook Pro vor gut einem halben Jahr auch gegönnt. Das System habe ich allerdings 1:1 übernommen, alles völlig problemlos. Der Einbau dieser SSD war die beste Entscheidung seit langem. Der Geschwindigkeitszuwachs bei der täglichen Arbeit ist enorm, Wartezeiten deutlich reduziert – und das für vergleichsweise wenig Geld. Für die Trim-Geschichte solltest du dir “Trim Enabler” ansehen. Einmal starten und aktivieren, Reboot, das war’s dann. Völlig stressfrei. Viel Spass mit dem 2. Leben deines MacBooks 🙂

Wortvogel
Wortvogel
7. Juni, 2013 13:05

@ Sascha: Jau, Trim Enabler habe ich vor einer halben Stunde aktiviert. Alles bestens.
Hätte ich geahnt, dass das SO einfach ist – ich hätte die SSD früher eingebaut. Allerdings werden die immer preiswerter, so habe ich noch was gespart.

bennim
bennim
7. Juni, 2013 13:21

Das Mac-Äquivalent zu Ninite heißt übrigens get mac apps und ist unter getmacapps.com zu finden.

Wortvogel
Wortvogel
7. Juni, 2013 13:26

@ bennim: AAAAARRGGHHHH!!!! Das hätte ich letzte Woche wissen müssen! Danke für den Tipp – wird mir sicher künftig von Nutzen sein. Sei auch an alle anderen Mac-User weiterempfohlen.

Mencken
Mencken
7. Juni, 2013 23:30

Für die regelmäßige Wartung kann ich Onyx und/oder Maintenance nur empfehlen, sind beide kostenlos.
Meine Macbook Erfahrungen sind ja leider genau gegenteilig, das Vorgängermodell (Mac Powerbook G4) hat allerdings auch ewig gehalten (allerdings ist die Lackierung recht schnell abgeschmolzen/gesplittert, was dann immer zu unschönen Stromschlägen beim Tippen führte).
Favorit in Punkto Langlebigkeit bleibt allerdings mein altes IBM Thinkpad, das bis zum letzten Jahr noch super durchgehalten hat und auch jetzt eigentlich nur eine neue Hintergrundbeleuchtung benötigt.

Nardon
9. Juni, 2013 13:49

Vor 4 Monaten stand ich vor einem ähnlichen Problem. Mein alter PC (noch AGP) war an seinen Grenzen des machbaren angelangt. Über die Jahre immer mal wieder nachgerüstet, musste jetzt ein neuer her.
Eine Entscheidung war auf ein Mainbord mit onBoard-Grafik zu setzen, was keine schlechte Entscheidung war, aber die Nachrüstung einer Hochwertigen Grafikkarte jetzt schon absehbar ist (Allerdings nur wegen meiner Spielerei, für andere Anwendungen bräuchte ich definitiv keine bessere).
Mit der SSD (128GB) habe ich mir schwer getan, wegen schon genanntem Preis/Kapazität Verhältnis.
Der Performanceschub ist allerdings enorm und deswegen habe ich auch SSD gewählt. Bin aber nach 4 Monaten am Limit und denke darüber nach ob ich mir als Speicher neben der SSD eine große HDD oder eine weitere SSD einbauen soll.

Vineyard
Vineyard
9. Juni, 2013 16:01

Als ich vor ein paar Jahren mir einen neuen Rechner gegönnt habe hab ich mir zwei Hds gegeönnt. Eine SSD für Betriebssystem und Co. und eine normale HDD für Spiele und andere Speicherfresser.
Hochbooten ist immer noch ein Traum, in weniger als 30 Sekunden bin ich schon on.^^ (Früher hats um die 2 Minuten gedauert.)

pa
pa
9. Juni, 2013 17:23

Hab mir vor 3 Jahren auch eine SSD im PC gegönnt. Ich glaube, das war der grösste Geschwindigkeitssprung, den ich je erlebt habe. Neue Rechner hab ich mir immer gekauft, wenn RAM, CPU oder HDD nicht mehr aktuell waren. Es ging halt immer etwas schneller, als die vorherige PC-Generation. Die SSD dagegen beschleunigte den Rechner um Lichtgeschwindigkeit.
Apropos, wie wär’s mit ‘nem Upgrade für den wortvogel.de-Server? Die Seite braucht seit Wochen immer fast ‘ne Minute zum Laden.

Wortvogel
Wortvogel
9. Juni, 2013 17:33

@ pa: So sehe ich das nach einer Woche SSD auch. Kleiner Aufwand, große Wirkung.
Du dürftest vor drei Jahren ganz schön geblecht haben, was die Preis/Kapazität-Ratio angeht, oder?
@ Vineyard: Ich war selbst überrascht, dass sich Hybrid-Laufwerke nicht durchgesetzt haben – 32 GB Flash reichen locker für das Betriebssystem und die meisten Programme, der Rest sind generell Dateien (Filme, Musik), bei denen die Geschwindigkeit minder relevant ist.

Exverlobter
Exverlobter
9. Juni, 2013 17:53

“wie der Flachbildschirm die Röhre abgewechselt hat und der USB-Stick das CD-Laufwerk.”
Also ich brauche mein CD/DVD Laufwerk noch ziemlich oft. Primär für Filme.

Nardon
9. Juni, 2013 18:48

@Exverlobter: Ich habe z.B. komplett auf Optische Laufwerke verzichtet. Win7 habe ich über USB installiert und alles weitere über das Internet.
Nach ca. 5 Std hatte waren 70GB meiner SSD belegt und mein PC hatte fast alles drauf was ich brauche.
Filme, Serien und Musik werden bei mir nur noch gestreamt.
Mir ist bewusst das das nicht jeder kann, wie z.B mein Bruder mit seiner DSL Lite (384kb/s up/down), allerdings mit einer 32.000er von UM kein Problem.

Vineyard
Vineyard
9. Juni, 2013 22:29

@WV: Vielleicht der Preis. Reine SSDs sind ja leider immer noch recht happig.
Meine SSD ist knapp 30 GB groß

pa
pa
19. Juni, 2013 15:03

Vor 3 Jahren kostete mich eine 64GB-SSD um die 200 EUR, darauf wurden dann bloss OS und alltägliche Programme (Office, Mail, Browser) installiert. Der Rest befindet sich auf ‘nem normalen 1 TB-HDD.

Wortvogel
Wortvogel
19. Juni, 2013 15:05

@ pa: Dieses System kann auch heute noch Sinn machen, wenn man relativ stressfrei zwei Platten im Gerät unterbringen kann. Trotzdem erstaunlich, dass meine SSD ein Viertel billiger ist als deine – aber vierfachen Speicherplatz mitbringt.