02
Dez 2012

It’s an Abby Sunday (31): This is your cat on drugs

Themen: Abby Sunday |

Es ist immer schwer, wenn das geliebte Haustier krank ist. Besonders, wenn sich nur schwer identifizieren lässt, was genau los ist. Abbys Anfälle nahmen in den letzten Wochen bedenklich zu, wir hatten sie mehrfach beim Veterinär, um alle möglichen Ursachen auszuschließen – bis am Schluss letztlich Epilepsie übrig blieb. Die kann man bei Katzen nicht testen, die kann man nur vermuten, wenn alles andere abgehakt ist.

Das klingt nun sehr schlimm. Epilepsie ist nicht schön. Man denkt an Menschen, die sich in Muskelkrämpfen winden, die nicht Auto fahren dürfen, die an ihrer eigenen Zunge ersticken können. Ganz so schlimm war es bei unserer Kleinen dann doch nicht: sie hat nur diese Anfälle, bei denen sie sich panisch putzt und wirr umher rennt. Und Auto fährt sie sowieso nicht gerne. Einmal im Monat könnten wir damit umgehen, zumal sie danach gleich wieder entspannt und nicht körperlich lädiert wirkt. Aber mittlerweile passierte es fast täglich und so etwas wollten wir ihr nicht zumuten. Man weiß ja auch nicht, wie viele graue Zellen bei so einer Attacke drauf gehen.

Also verschrieb uns der Tierarzt Phenobarbital, ein Human-Epileptikum, von dem wir ihr morgens und abends eine Tablette in das Nassfutter schmuggeln. Es kann die Epilepsie nicht heilen, sie in vielen Fällen aber kontrollierbar machen und die Symptome auf fast Null reduzieren.

Zum Glück hatte ich mich vorbereitet und war demnach auch vorbereitet auf das, was uns erwartete. Phenobarbital greift halt sehr stark in die Körperchemie der Katze ein. Es braucht vier bis sechs Wochen, damit der Körper sich auf die Dosis einstellen kann. Bis dahin ist die Katze wie sediert, träge, lethargisch und körperlich massiv geschwächt. Ab der ersten Tablettengabe sah Abby 20 Stunden am Tag so aus:

Kein angenehmer Anblick, wenn die Katze kaum noch unfallfrei auf das Sofa springen kann und jedes Nickerchen einem Wachkoma gleicht. Muskeln und Reaktionsfähigkeit sind stark reduziert – dummerweise hatten wir in der Woche gerade Katzentreppen an zwei Wänden installieren lassen, die wir aus Sicherheitsgründen gleich wieder sperren mussten.

Klar: das ist auch kein Leben. Bematscht geht es Abby nicht besser als mit den Anfällen. Aber: die Anfälle blieben fortan aus, obwohl der Tierarzt meinte, eine klare Besserung wäre frühestens nach drei Wochen feststellbar. Ich hielt es demnach für gut möglich, dass Abby bloß zu kaputt für die Anfälle war.

Die Wende kam schneller als erwartet: nach ziemlich exakt zwei Wochen machte es “klick”. Binnen 48 Stunden wurde Abby wieder lebendig, sprungfreudig und verspielt. Sicher (noch) nicht in dem Maße wie vorher, aber es schien wieder Lebensfreude in die Katze zurück zu kehren. Es war wieder Licht hinter den Augen zu sehen statt des “Außer Betrieb”-Schilds.

Natürlich verändert Phenobarbital ein Tier. Abby ist nicht mehr so aggressiv, nicht mehr so durchgeknallt, dafür umso schmusiger. Sie hat morgens einen neuen Lieblingsplatz, wenn sie zu uns ins Bett kriecht – ich muss die Beine anwinkeln und ihr unter meinen Knien eine “Höhle” bauen. Nach zwei, drei fast dramatischen Abstürzen hat sie die Katzentreppen so im Griff, dass sie auch in der Dunkelheit darüber auf den Kleiderschrank klettern kann.

Wir hätten nun Anfang der Woche beim Veterinär ihre Blutwerte messen lassen sollen – der Versuch, ihr eine Spritze ins Bein zu stecken, war der letzte Beweis für ihre wieder hergestellten Lebensgeister. Abby machte einen Krawall, der selbst die Tierärztin verblüffte. Nun muss sie über ein oral verabreichtes Narkosemittel in zwei Wochen stillgelegt werden, um an Blut zu kommen. Wie der Herr, so’s Gescherr…

Wäre es uns lieber, wenn Abby gesund wäre? Klar. Der Katze sicher auch. Meine alte Katinka sah den Tierarzt zum ersten Mal, als es in die Zielgerade ging. Marlowe auch. Aber man kann es sich nicht aussuchen – ein Tier zu haben bedeutet Verantwortung. Wir werden das gemeinsam durchstehen.



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Hennah
Hennah
2. Dezember, 2012 09:30

Ich finde das ganz großartig wie ihr das macht!
Viele Leute hätten das Tier schon einschläfern lassen, stattdessen habt ihr das gut im Blick und tut alles, damit es für die Katze tragbar wird.

Ich finde das toll!

Wortvogel
Wortvogel
2. Dezember, 2012 12:12

@ Hennah: Danke. Aber Verantwortung bedeutet leider auch, den Moment zu erkennen, an dem man dem Tier keinen Gefallen mehr tut. Glücklicherweise sieht es nicht so aus, als wäre das bei Abby der Fall.

Monika
Monika
2. Dezember, 2012 12:27

Ich lese Ihre Beiträge über Abby ziemlich regelmäßig (habe selbst 5 Katzen), sie sind nie langweilig. Mal lustig und auch mal etwas traurig, nachdenklich, so wie heute. Die letzten beiden Sätze haben mich berührt. Ich kann Ihnen da nur zustimmen. Ich wünsche Abby gute Besserung und Ihnen allen noch eine lange, gute Zeit miteinander.

Briza
Briza
4. Dezember, 2012 18:14

Vielleicht mag Abby ja, während sie etwas döst, andere Katzen/Katern zu schauen?
http://new.livestream.com/accounts/398160/events/1594566
Ein Livestream von John, der Katzen pflegt für “Purrfect Pals”.

Wortvogel
Wortvogel
4. Dezember, 2012 18:19

@ Briza: Das ist wirklich zu drollig. Aber wenn du mal die Abby-Beiträge durchschaust – wir hatten das mit Katzen-Videos schon getestet. Kann sie gar nicht drauf.

Briza
Briza
4. Dezember, 2012 18:28

Ah stimmt, da hab ich was verdrängt. Sah nur den Livestream und dachte nebenher an euch. Aber schön zu lesen, das es Abby den Umständen entsprechend besser geht. (: Ihr drei schafft das schon! (: