25
Aug 2012

FFF Movie Mania 2012 (21): When the lights went out

Themen: Fantasy Filmf. 12, Movie-Mania 2012 |

GROSSBRITANNIEN 2011 / 85 MIN / ENGLISCHE OV

REGIE PAT HOLDEN
DARSTELLER KATE ASHFIELD / STEVEN WADDINGTON / TASHA CONNOR / CRAIG PARKINSON / ANDREA LOW / GARY LEWIS / MARTIN COMPSTON

Offizielle Synopsis: “Es ist schrecklich!” Nein, die Begeisterung der Eltern fürs neue Eigenheim teilt die junge Sally Maynard ganz und gar nicht. Und es wird nicht besser: Nachts wackelt die Lampe im Kinderzimmer, ihre Spielsachen drehen am Rad und sogar die massive Standuhr macht sich selbständig. Bei den Eltern, die zunächst abwiegeln, muss der Poltergeist härter durchgreifen, bis auch sie an ihn glauben – mit durchschlagendem Erfolg!

Kritik: Ich sage das an dieser Stelle, weil ich es nicht immer wieder sagen will – dieser ganze “Basiert auf einer wahren Geschichte”-Hokuspokus geht mir auf die Nerven, schert mich nicht und spielt bei der Bewertung eines Films auch keine Rolle (mit einer Ausnahme). Es scheint einer der Trends des aktuellen FFF zu sein:

Dass “When the lights went out” massiv mit der “war so, in echt!”-Nummer wuchert (vor dem Nachspann wird die Authentizität noch einmal betont), verwundert nicht: er hat sonst nicht viel, womit er angeben kann. Selten habe ich einen “haunted house”-Film gesehen, der so wenig eigene DNA mitbringt, der so komplett geklont wirkt aus hundert mal gesehenen Versatzstücken, ohne dabei in der Summe die Qualität der Vorbilder auch nur ansatzweise zu erreichen.

Müde werden hier alle Punkte auf der Checkliste abgehakt: neues Haus, Mädchen fühlt sich unwohl, erste Auffälligkeiten, niemand glaubt ihr, stärkere Auffälligkeiten, Auszug ist keine Option, Recherche, Backstory des Geistes, (sehr hausbackener) Exorzismus, trügerischer Friede, Überraschung – der Geist ist noch da, Finale, Nachspann.

Gerade im Versuch, sich authentisch zu geben, schießt sich WTLWO massiv in den Fuss, denn die Ereignisse werden nie mehr als latent beunruhigend, bis zum Finale sind die Poltergeist-Attacken eher beiläufiger Natur. Grusel auf Valium, der an keiner Stelle nach oben oder nach unten ausschlägt, der sich nichts traut, nie überrascht. Da können 85 Minuten erstaunlich lang werden.

Es ist nicht so, dass man WTLWO nicht mögen MÖCHTE: selten wurde der Look der 70er Jahre so beneidenswert perfekt getroffen. Kostüme, Frisuren und Requisiten gehen eine unheilige braun-orangene Allianz zwischen Pressglas und Cord ein. David Cassidy und Buckaroo – together at last! Die Figuren passen sich nicht nur vom Look her an – hier wird noch geraucht und gesoffen, was das Zeug hält, Haarspray kommt aus Feuerlöscher-großen Dosen, Männer tragen Goldkettchen und Chris Norman-Matten.

Auch die Darsteller können überzeugen – in einem besseren Film könnten sie vielleicht sogar begeistern. Sie leben die drögen, von Wirtschaftskrisen geschüttelten 70er, in denen weder Facebook noch Starbucks Licht ins graue englische Leben brachten.

Aber es reicht nicht, weil die Spannungskurve eine Spannungsgerade bleibt und an keiner Stelle das Gefühl weicht, dass der Film jederzeit zu Ende wäre, wenn die Familie endlich Ruhe gibt und auszieht. So schielt man dann doch verdächtig oft nach der Uhr in der Hoffnung, bald bald wieder aus dem Kino und damit ins neue Jahrtausend schlurfen zu können.

Fazit: Ein zu müder und ereignisloser Poltergeist-Film, der seine Schwächen hinter gut getroffenem Zeitkolorit und behaupteter Authentizität nie ausreichend verstecken kann. Wer sich bei sowas gruselt, muss schon GANZ neu im Genre sein – oder eine massive Pussy.

http://www.youtube.com/watch?v=GYKz11JtD0A

P.S.: Schön war allerdings das Screening des Films im umwerfenden Sony Event Cinema – einem gigantischen Saal im IMAX-Format mit monströser Leinwand und üppigen Kunstledersitzen, die an Picards Popoplatz auf der Brücke der 1701-D erinnern.



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5 Kommentare
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Thies
Thies
26. August, 2012 03:05

Hab Deine Kritik nur überflogen, da ich den eigentlich auch auf meinem Plan markiert habe, aber zum “Based on a true storie”-Aspekt wollte ich auch kurz loswerden, dass dieser sehr unglaubwürdig wirkt, wenn der daraus enstandene Film (wie bei Ole Bornedals “The Possession”) dann wie ein lupenreines Exemplar eines bekannten und ausgearbeiteten Genres ausfällt. Reicht es den Filmemachern nicht durch Können und eigene Einfälle zu punkten, was im genannten Film durchaus der Fall ist?

Oder haben die Produzenten derart wenig Vertrauen ins eigene Werk, dass sie die “Ist alles wahr”-Karte ziehen, auf dass ein paar minderbemittelte Zuschauer den Atem anhalten und “Voll Krass, Alter” denken? Ich warte echt darauf den Schriftzug vor einem James Bond-Film oder einer Fortsetzung von “Herr der Ringe” zu lesen.

DMJ
DMJ
27. August, 2012 14:17

“Wer sich bei sowas gruselt, muss schon GANZ neu im Genre sein – oder eine massive Pussy.” – Schön gesagt!

Die “Wahre Geschichte”-Nummer geht mir inzwischen auch schon ziemlich auf den Zeiger. Wie ich ja schon sagte, wäre es an der Zeit, dass jemand den nächsten Schritt geht und noch eine weitere Textkarte hinterherschiebt: “Wirklich! Sie können meinen Kumpel Ulf fragen, dem seine Schwester ihre Kollegin war dabei!”

Thies
Thies
28. August, 2012 03:30

Bei John Landis letztjährigen Festivalbeitrag “Burke & Hare” kam wenn ich mich recht erinnere folgende Einblendung: “The following story is true (Pause) except for the parts we made up.” 😀

John
30. August, 2012 13:44

“Es scheint einer der Trends des aktuellen FFF zu sein”

NUR der vom FFF? Mein Lieber, Universal Soldier und Stirb Langsam beruhen ja auch auf meinen höchst persönlichen Erfahrungen!! Eigentlich gilt das für jeden Film, in dem der Titelheld John heißt – alles mal so oder so ähnlich passiert, und von mir nur leicht aufgemotzt weiter erzählt. True Story!!

Aber in allem ernst – es wäre ein Artikel wert, einfach mal alle diese “true stories” zu recherchieren und im direkten Vergleich nebeneinander zu stellen.