24
Aug 2012

FFF Movie Mania (19): Portrait of a Zombie

Themen: Fantasy Filmf. 12, Movie-Mania 2012 |

IRLAND 2011 / 87 MIN / ENGLISCHE OV

REGIE BING BAILEY
DARSTELLER GERALDINE MCALINDEN / RORY MULLEN / TODD FLETCHER / GERRY SHANAHAN / PATRICK MURPHY / STEVEN NEESON / SARA EAVAN / DIANE JENNINGS / SONYA O’ DONOGHUE / PAUL O’BRYAN

Offizielle Synopsis:

Mama, Papa, Zombie: Endlich ist sie da, die clevere Fake-Reportage für die Untoten-Fangemeinde. Im Fokus des Filmteams steht die Dubliner Familie Murphy, deren Sohn im Zuge eines epidemischen Ausbruchs zur lebenden Leiche mutierte. In Interviews beziehen die betroffenen Angehörigen, Nachbarn und Ärzte Stellung. Denn die Pflege eines gemeingefährlichen Schwerkranken daheim – gegen den Widerstand der Anrainer – ist eine eklige Angelegenheit. Billy fault in seinem Hinterzimmer vor sich hin und fällt, dem Hannibal-Lecter-Beißschutz zum Trotz, hier einen Nachbarn an und hat dort Appetit auf ein Ungeborenes.

Kritik: Ich habe bereits erwähnt, dass es mir während des Films extrem schlecht ging und dass es nicht an “Portrait of a Zombie” lag – ausschließen kann ich es aber auch nicht.

PoaZ ist konzeptionell so simpel, dass man es eigentlich nicht verkehrt machen kann – Fake-Doku über eine Arbeiterklasse-Familie, die sich mit der Loyalität zum Zombie-Nachwuchs immer mehr in die soziale Isolation manövriert, bis die Sache eskaliert. Das hätte auch eine schöne Allegorie über behindert oder straffällig gewordene Kinder sein können, garniert mit dem üblichen Schuss Medienkritik.

Leider ist es unfokussierter Rotz, der ohne nennenswerte Hauptfigur, ohne roten Faden und mit Zombie-Makeups, die teilweise aus der Geisterbahn zu stammen scheinen, nach zehn Minuten anödet, nach zwanzig Minuten nervt – und nach einer Stunde “Mistgabel und Fackel” googeln lässt.

Es ist wirklich schwer zu beschreiben, wie aggressiv uninteressant, völlig spannungsfrei und immer wieder in den Amateurfilm-Bereich kippend “Portrait of Zombie” ist, trotz einiger mutiger und glaubwürdiger Darsteller der irischen Arbeiterklasse.

Die größte filmische Sünde ist sicher der Fake-Doku-Ansatz – weil er zwar gesetzt, aber in keiner Szene UMgesetzt wird. Es handelt sich angeblich um eine Dokumentation über den Versuch einer Dokumentation des vorherigen Jahres (genau, schon DAS ist verwirrender Blödsinn), bei dem nicht nur die angebliche Footage beider Filmteams wild gemischt, sondern auch um normale Spielszenen erweitert wird. Man hat als Zuschauer keine Möglichkeit, die drei Erzählebenen zu unterscheiden, weil sie alle filmisch exakt gleich inszeniert sind. Nicht eine Doku-Szene wirkt echt oder handgemacht, alles ist zu offensichtlich gespielt und inszeniert (die Schnitte implizieren mitunter, dass der Kameramann an fünf Stellen gleichzeitig gewesen sein muss).

Weil der Film zwischen Ausbruch der Zombie-Plage, Höhepunkt und Epilog beliebig hin und her springt, kann sich so etwas wie eine Spannungskurve nie entwickeln. Da ist es auch schon egal, wenn zwei oder drei mal zu einem Fabrikgelände geschaltet wird, wo Gangster ein paar Zombie-Komparsen abknallen. Komplett sinnlos, ohne Bezug zur eigentlichen Handlung, aber 87 Minuten müssen ja irgendwie gefüllt werden.

Blendet man die komplett missratene erzählerische Komposition aus (was schwer genug ist), beleidigt PoaZ den Zuschauer auch noch mit Löchern in der Story, durch die man einen Truck schieben könnte. Es kommt also in Dublin zu einer Zombie-Seuche, die sich über Monate hin zieht – und keine Polizei greift ein, kein Militär, keine Regierung? Untote, die in Dutzenden durch die Straßen ziehen und Menschen anfallen, sind demnach eine Sache, die man eher unter Nachbarn regelt? Und die katholische Kirche stellt sich primär die Frage, ob man eine Frau und einen Zombie kirchlich trauen darf?

Himmelarschundzwirn.

Okay, Inszenierung eine Frechheit, Story dumm wie Brot – reißt denn wenigstens der Gore was raus? Ihr ahnt es: nein. Zwar wird reichlich gesplattert und das sogar mit offensichtlichen Anleihen an Romero und D’Amato, aber es hat in seiner Unbeholfenheit die Glaubwürdigkeit und den Schock-Effekt von “Zombie 90”:

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Gegen Ende greift der Regisseur / Autor / Produzent / Cutter / Casting Director Bing Bailey auch noch zur wackeligen Handkamera und zum Stroboskop-Schnitt, um Spannung zu implizieren, die sich trotzdem nicht einstellen will – wahrscheinlicher ist, dass man sich die Seele aus dem Leib kotzt.

Ich danke Chainsaw Horst für den besten Moment des Films, als er zum Nachspann flüsterte: “Testen wir doch mal das Publikum – anklatschen”. Er begann, vernehmlich zu applaudieren. Von geschätzten 200 Besuchern stimmten 20 mit ein. Schafe. Elende Schafe.

Fazit: Ein totaler Rohrkrepierer, der eine eh schon nicht besonders clevere Idee durch inszenatorische Inkompetenz und das Fehlen jeglicher Handlung vergeigt und den Zuschauer am Ende wütend zurück lässt. Ich verleihe erstmalig den FFF 2012 “Geld zurück!”-Award. Kinofans wird geraten, den Film weiträumig zu umfahren.

Sagt selbst – sieht das hier nach Doku-Footage aus?

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P.S.: Notiz an die Filmemacher: Um ein hochschwangeres Mädchen darzustellen, braucht es mehr als ein hastig unter das Spaghetti-Top gestopftes Sofakissen.



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gerrit
gerrit
24. August, 2012 12:52

hm. Sieht aus nach “so schlecht, dass es schon wieder gut ist.” Richtig viel Alkohol voraussetzend…

ChainsawHorst
ChainsawHorst
24. August, 2012 13:13

@gerrit

Leider falsch, da der Film in erster Linie einfach nur schlecht im Sinne von langweilig ist – einfach nur eine langatmige Verschwendungsmaschinerie an Zeit und Geld. Schwer vorstellbar, dass der Streifen nach 5 Bier oder der Droge deiner Wahl noch immer kein Ärgernis darstellt.
Das gesamte Teil scheint aus einem langgezogenen Akt zu bestehen und das dämliche Fanboygeseiere um offensitliche Fulci-, D’Amato- und Argento-Zitate hat man als Horrorfilmfan womöglich auch schon oft genug und auf weniger stümperhaftem Camcorder-Niveau gesehen.

Avoid at all cost.

DerTim
24. August, 2012 13:51

Uff, gut das ich den von meiner Liste gestrichen habe, weil er hier in HH zu einer für mich ungünstigen Zeit läuft. Ich fand die Grundidee ja noch ganz nett, aber nach diesem Review hört sich das ganz schlimm an.

Normalerweise schau ich mir die Trailer von den Filmen die ich sehen will nicht an, was ich hier jetzt nachgeholt habe: und siehe da, es sieht auch schlimm aus…

Thies
Thies
24. August, 2012 13:59

@Wortvogel: “nach zehn Minuten anödet, nach zwanzig Minuten nervt – und nach einer Stunde “Mistgabel und Fackel” googeln lässt.” 😀

Made my day! Und vielen Dank für die Warnung.

Dr. Acula
24. August, 2012 14:19

Da nach meiner Erfahrung in Berlin wirklich JEDER Scheißdreck Klatschwillige findet, wundert mich der Erfolg des Experiments gar nicht…

Comicfreak
24. August, 2012 14:29

..gruselig, aber auf die falsche Art..

DMJ
DMJ
24. August, 2012 14:49

Ich möchte aber gern wissen, wieviele Leute sich jetzt des Horstens Gesicht gemerkt haben als “Die Pfeife, die nach PoaZ geklatscht hat”. 🙂

Aber der Film klingt wirklich total vergurkt. Passend: Der ähnlich konzipierte Roman “Anonyme Untote” scheiterte ja auch fulminant und versagte besonders beim world building (hier von mir weiter ausgeführt http://www.weirdfiction.de/article_database/s-g-browne-anonyme-untote/ ).

Dr. Acula
24. August, 2012 15:37

“Ich möchte aber gern wissen, wieviele Leute sich jetzt des Horstens Gesicht gemerkt haben als “Die Pfeife, die nach PoaZ geklatscht hat”.”

Die kennen den doch bestimmt alle schon…

DMJ
DMJ
24. August, 2012 16:07

Stimmt, die hatten bestimmt schon vorher genug Gründe, ihn zu lynchen.