22
Jun 2012

Lesenswertes aus dem Netz

Themen: Film, TV & Presse, Leseliste, Neues |

Ich weiß, das neue “Freitagsforum” habe ich bisher ein wenig vernachlässigt – es verlangt halt einige Vorbereitung und ich bin mir selber nicht immer sicher, WAS genau ich unter diesem Punkt eigentlich abhandeln will.

Da ich gestern einen Artikel über Jason Statham verlinkt habe, der sehr gut zeigt, dass ausführliche Lesestücke auch online zu finden sind, lasse ich euch heute mal in meine Sammelbüchse der letzten Monate schauen.

Ich empfehle zur Lektüre dringlich einen Browser-Zusatz wie Clearly, der die langen Texte auf Knopfdruck lesefreundlich formatiert.

Bei io9 (einer generell sehr empfehlenswerten Webseite) gab es vor einigen Wochen einen Artikel über Fehler, die angehende Autoren (Buch wie Film) sehr gerne machen, weil sie dem unbedingten Drang nachgeben, wahnsinnig smart und witzig sein zu müssen: “How Not to Be a Clever Writer”. Dem kann ich nur vollumfänglich zustimmen. Gerade der Versuch, alle Figuren witzig und cool wirken zu lassen, macht jede Chance zunichte, ihnen eigene Stimmen und Farben zu geben.

Es gibt immer mal wieder Einträge in der Filmographie von Regisseuren, bei denen man sich unweigerlich fragt: “Wieso zur Hölle hat er DAS denn gemacht?”. David Cronenbergs “Fast Company” ist ebenso ein Irrläufer wie David Lynchs “Straight Story” – mit dem einzigen Unterschied, dass Lynch sehr erfolgreich von seinem Schema abgewichen ist. Indiewire hat unter dem sperrigen Titel “When Celebrated Directors Lose The Plot: Interesting Left Turns And Failures In An Auteur’s Oeuvre” weitere schöne Beispiele zusammen getragen.

Only in Hollywood: Eine der sicher unglaublichsten Geschichten, die ich seit langem gelesen habe (und die selbst Stoff für einen Film böte), ist das Drama um Eric Red, den einstmals hoch gepriesenen Autor von “Hitcher” und “Near Dark”. Er hat unter extrem mysteriösen Umständen im Jahr 2000 einen so spektakulären wie tragischen Unfall verursacht. Der sorgsam recherchierte Artikel “Death Race 2000” lässt einen fassungslos zurück. Eric Reds einzige nennenswerte Projekte nach dem Unglück waren der kleine Gruselfilm “100 Feet” und der abgebrochene internationale Actionfilm “Stopping Power” von der deutschen Company actionconcept.

Es geht auch auf deutsch: “Tatort”-Autor Markus Stromiedel hat in der FAZ einen viel beachteten Artikel unter der Überschrift “Wie das Fernsehen Autoren vernichtet” geschrieben. Ich würde nicht unterschreiben, dass das Fernsehen Autoren vernichtet – es vernichtet die Chance auf gutes Fernsehen und oft genug sind die Autoren an dem Dilemma mitschuldig. Aber die Anekdoten, die Stromiedel erzählt, kommen mir durch die Bank unangenehm bekannt vor und ich kann den Artikel gerade zur Entzauberung des Autorendaseins empfehlen.

Zum Schluss noch etwas Statistik von BoingBoing, weil es eine meiner beliebten Thesen stützt: Videopiraterie ist nicht verantwortlich für den (weitgehend behaupteten) Niedergang der Filmindustrie. Nach meinen eigenen Recherchen sieht es so aus: Kopiert werden in hohem Maße die Filme, die auch im Kino fett absahnen. Der Beweis steht aus, dass z.B. “Avatar” Schaden erlitten hat, weil es relativ schnell einen DVD-Rip gab. Kleinere Filme werden weniger gesaugt, haben aber traditionell eine Zielgruppe, die trotzdem noch Geld für Silberscheibe auf den Tisch legt. “BitTorrent doesn’t hurt US box-office, delayed international releases drive downloading” stützt diese Vermutungen.

So, Lese- und Diskussionsstoff zur Genüge, sollte man meinen. Wenn Ihr selber noch gut recherchierte Artikel von allgemeinem Interesse kennt, dann seid mit Links nicht sparsam.



Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest

23 Kommentare
Älteste
Neueste
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen
heino
heino
22. Juni, 2012 09:05

Sehr schön, das sollte genug Lesestoff für den heutigen Tag bieten:-)

Uli
Uli
22. Juni, 2012 12:31

Ich hab noch einen zur Fußball-Berichterstattung im Fernsehen:
http://www.heise.de/tp/blogs/6/152220
“Talkendes Fußballexpertentum – Das öffentlich-rechtliche Staatsfernsehen leistet sich gut bezahlte Fußballexperten. Doch klüger und schlauer wird der Zuschauer davon nicht”

Achim
Achim
22. Juni, 2012 13:55

“Straight Story” zeigt, dass Lynch auch anders könnte, wenn er wollte. Es ist ein wunderbarer Film, der nur ein wenig mit den Jahren schlampt, nur stört das den Film nicht.
Peter Jackson gibts ja auch doppelt. Einmal den Macher von Bombastkino, ansonsten kann er auch leise Geschichten erzählen. Nur macht er halt beides relativ regelmäßig.
Und Marc Webb “fing an” mit (500) Days of Summer, jetzt macht er Amazing Spider-Man. Was hat ein Liebesfilm mit Zielgruppe heterosexuelle Männer von 20 – 50 (hauptsächlich 20 – 35) mit Spidey zu tun? Ich finde es müßig, groß über “Ausrutscher-Filme” zu berichten.

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 12:16

Ich stimme deiner Einschätzung zur “Video-Piraterie” zwar zu, weiß aber nicht ob “Avatar” da so ein gutes Beispiel ist. Er hat ja im Gegensatz zu anderen Filmen im Kino das Alleinstellungsmerkmal 3D.

Howie Munson
Howie Munson
23. Juni, 2012 12:20

? 3d geht auch zuhause mit Brille… bleibt also das Merkmal große Leinwand…

Wortvogel
Wortvogel
23. Juni, 2012 12:20

@ Mr_E: Das ist für die Diskussion irrelevant. Er hat kein “Alleinstellungsmerkmal”, weil viele Blockbuster mittlerweile in 3D sind und über 2 Milliarden Euro spielt man nicht wegen 3D ein. Das Argument ist ja: OBWOHL offensichtlich die gesamte Weltbevölkerung den Film ZWEIMAL gesehen haben muss, gab es fleißig Raubkopien. Sie haben aber dem Profit nicht geschadet.

Wortvogel
Wortvogel
23. Juni, 2012 12:27

@ Howie: Genau das sage ich ja – Leute WOLLEN ins Kino gehen. Und sie WOLLEN das “Erlebnis Kino” (mehr dazu in einem Beitrag, der morgen freigeschaltet wird). Und die Mehrheit der Leute hat es immer noch nicht drauf oder keine Lust, teilweise miserable Raubkopien aus dem Netz zu ziehen. Die Behauptung, die Kopiererei mache die Filmindustrie kaputt, ist in meinen Augen bis heute nicht nur unbelegt – der Versuch, sie zu belegen, wurde nie ernsthaft gemacht. Alles basiert auf hanebüchenen Hochrechnungen.

Es gibt bisher EINEN Film, bei dem die Macher klar sagen, dass in ihren Augen ein früher DVD-Rip die Kinochancen kaputt gemacht hat: “Soul Plane” mit Tom Arnold und Snoop Dogg. Go figure.

CypherCrowley
CypherCrowley
23. Juni, 2012 13:18

Uff! Bis ich alle verlinkten Beiträge durch habe ist das wohl eher das “Sonntagsforum” hier. Alleine der faszinierende Artikel über Eric Red ist wahnsinnig detailiert und umfangreich. Spannende Lektüre!

Danke auch für den Link zum io9-Artikel, ich habe mich bisher immer schwer getan meine Ideen für Comic-Stories in gute Geschichten zu formen. Der Beitrag war dahingehend so etwas wie ein eye-opener.

Was das Thema Raubkopien angeht sehe ich das eigentlich wie Mark Kermode:
http://www.youtube.com/watch?v=C8-NE8vWeLs

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 14:17

“Er hat kein “Alleinstellungsmerkmal”, weil viele Blockbuster mittlerweile in 3D sind und über 2 Milliarden Euro spielt man nicht wegen 3D ein.”

Ende 2009 ist ja wohl nicht “mittlerweile”.
Mittlerweile gibt es mehr als fünf 3D-Filme pro Jahr, das stimmt.

Es wurde damals doch diskutiert, ob Avatar wirklich so extrem viel mehr Zuschauer hatte, und welcher Anteil des Umsatzes vom 3D-Aufschlag auf den Ticketpreis generiert wurde. Wobei ich mich frage, warum nicht einfach nachher zum Vergleich die Aufschläge abgezogen wurden…
In dem Zusammenhang wurde auch kritisiert, daß zumindest in den USA die Zuschauerzahlen an sich gar nicht statistisch erfaßt werden, sondern nur die Umsätze.

Klar hat der Film auf jeden Fall einen Nerv getroffen und sich auch deshalb über die Zeit so gut gehalten.

Wie gesagt, im Grunde stimme ich ja zu.

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 14:21

…ich lese übrigens gerade den “Death Race 2000”-Artikel. Meine Güte.

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 15:02

Und noch eine Frage an den Wortvogel zu “Wie das Fernsehen Autoren vernichtet”:

So wie sich das hier und auch an manch anderer Stelle darstellt liegt das Problem bei den Entscheidungsträgern auf der Auftraggeber-Seite. Einerseits das Ego-Ding (“mein Projekt”-blabla) der Redakteure, andererseits der Punkt, daß Originalität und Mut nicht honoriert werden.
Weder von der Redaktion dem Autor gegenüber, noch hat die Redaktion was davon, wenn der Film zwar Anspruch hat, aber keine Quote. Das scheint ja auch bei den Öffentlichen das Hauptkriterium zu sein.

Siehst Du eine halbwegs naheliegende Lösung? Bzw. Chance daß sich was ändert?
Oder brauche ich das in Deutschland gar nicht probieren der neue Wedel oder Graf zu werden und spare gleich für den Umzug nach England?

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 21:07

Und da Dewi das anscheinend übergehen will sage ich es hier noch einmal explizit:

Der Faktor “3D” ist für Avatar ein Alleinstellungsmerkmal, weil

a) der Film der erste war, der sehr breit in 3D gestartet ist und somit zusätzlich über die Aufschläge für 3D verdient hat, vor allem bevor durch sowas wie “Clash of the Titans” wieder etwas Ernüchterung eingekehrt ist,

b) 3D für viele überhaupt der Grund war den Film im Kino zu schauen. Vgl. die Geschichten von wegen “meine Eltern gehen kaum ins Kino, aber Avatar fanden die total toll!”

Ich sage NICHT, daß Avatar sonst scheiße gelaufen wäre.
Ich sage, das 1995er Scriptment wäre genau so gut gelaufen, hätte aber zusätzlich bessere Kritiken bekommen!

Wortvogel
Wortvogel
23. Juni, 2012 21:53

@ Mr_E: Du führst eine Diskussion, um die es gar nicht geht. Es geht nicht um die Frage, WARUM Avatar mehr als 2 Milliarden eingespielt hat. Es geht um die Frage, ob die massive Raubkopiererei des DVD-Rips den Einnahmen geschadet hat. Ist das so schwer zu verstehen? Das Argument gilt genau so für Herr der Ringe, Harry Potter und die ersten drei Spider-Man-Filme. Alle wurden im Internet wie blöd kopiert, aber es hat dem Einspiel keinen Abbruch getan.

Ist es so schwer, beim Thema zu bleiben?

Howie Munson
Howie Munson
23. Juni, 2012 22:05

@Mr_E: nochmal: 3d mit Brille geht seit x jahren am heimischen PC, egal ob für eigene Videoaufnahmen oder Spiele.

Auch bei einer Schwarzkopie braucht man halt nur zwei Kameras oder eben durch insiderbeziehungen eine Kopie vom originalen 3d Material.

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 22:19

“Alle wurden im Internet wie blöd kopiert, aber es hat dem Einspiel keinen Abbruch getan.”

Und was ist mit den DVD/ BluRay-Verkaufszahlen?

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 22:21

“3d mit Brille geht seit x jahren am heimischen PC, egal ob für eigene Videoaufnahmen oder Spiele.” – wie viele Leute nutzen das zu Hause? Ohne Ironie, ich weiß es nicht, kann gut sein, daß ich der Technik da hinterherhinke.

“Auch bei einer Schwarzkopie braucht man halt nur zwei Kameras…”

Das kann nicht dein Ernst sein!

“…oder eben durch insiderbeziehungen eine Kopie vom originalen 3d Material.”

Da reicht eine 3D-BluRay. Übrigens, wie verkaufen die sich außerhalb von USA, Japan, England?

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 22:27

“Auch bei einer Schwarzkopie braucht man halt nur zwei Kameras”
Das halte ich für nicht machbar. Bin mir nicht ganz sicher, aber fast 😉

Wortvogel
Wortvogel
23. Juni, 2012 22:31

@ Mr_E: Seufz… die DVD-Zahlen waren sensationell. Lässt sich problemlos nachschlagen. Die TV-Quoten auch. Eine nennenswerte Mindereinnahme ist nicht belegbar. Wie bei “X-Men: Wolverine”, dessen DVD-Rip VOR dem Kinostart verfügbar war.

Ich hatte klar geschrieben, dass es von Avatar einen DVD-Rip gab. der wurde NICHT mit Kameras abgefilmt. Eine blitzsaubere 2D-Kopie.

Und nein, wir sind nicht dafür da, dir irgendwelche Verkaufszahlen aus irgendwelchen Territorien zu besorgen.

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 22:39

Woher will irgendjemand wissen, was “Wolverine” unter anderen Bedingungen eingenommen hätte?

Und da meine ich nicht nur Möglichkeiten im Internet, sondern das Wetter, die Jahreszeit, das Marketing, usw.

Mich wundert ja, daß der überhaupt so viel umgesetzt hat 😉

“Und nein, wir sind nicht dafür da, dir irgendwelche Verkaufszahlen aus irgendwelchen Territorien zu besorgen.” – den süffisanten Kram kannst Du dir ruhig sparen.

Wortvogel
Wortvogel
23. Juni, 2012 22:49

@ Mr_E: Was ich mir spare, entscheide ich immer noch selber, gelle? Du findest bestimmt viele Blogs, in denen du dich nicht so behandeln lassen musst.

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 22:50

Aus dem BoingBoing-Artikel:
“that is, people outside the US download movies because they can’t [yet] buy tickets to them.”

Wäre interessant, zu schauen, ob das bei “Prometheus” spürbar wird… Aber auch da: Wer sagt, daß evtl. auftretende schlechtere Verkaufszahlen nicht an der eher mäßigen Mundpropaganda liegen würden?

Mr_E
Mr_E
23. Juni, 2012 22:51

“@ Mr_E: Was ich mir spare, entscheide ich immer noch selber, gelle? Du findest bestimmt viele Blogs, in denen du dich nicht so behandeln lassen musst.” – das war keine Aufforderung, sondern ein Hinweis. Außerdem bist Du ja nicht blöd, da bräuchtest Du eigentlich keinen Sarkasmus, oder?

Achim
Achim
24. Juni, 2012 01:27

Soweit ich gehört habe, kommen viele Raubkopierer irgendwie an originale Quellen, während der Film noch im Kino ist, abgefilmte Rips sollen verdammt bescheiden aussehen.

Wim Wenders meinte ja in SR2 Thema Leute, inzwischen leider abgesetzt, 3d-Filme seien ja nicht abzufilmen. Klar, außer man hat ne 3d-Kamera und setzt der ne Brille auf. 😀

Ich gehe gerne ins Kino und selbst 3d habe ich jetzt doch schon zweimal gesehen. Nur leider ruckelt das System bei manchen Bewegungen, dafür kostet die Brille nur nen Euro und man muss sie nicht jedes mal neu kaufen.