18
Apr 2012

Google Drive: Incoming! (NACHTRAG)

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Vor anderthalb Jahren hatte ich es in einem Beitrag über das Leben in der Googlesphäre angemahnt, lange wurde seine Notwendigkeit von Google bestritten, nun kommt es anscheinend doch – und wenn die Auguren Recht haben, schon nächste Woche.

Google Drive:

Momentan gibt es nicht viel zu berichten: 5 GB freier Speicherplatz sollen es wohl sein, abrufbar wahlweise über den Browser, ein Programm oder eine App. Automatische Synchronisation im Hintergrund ist selbstverständlich.

Kurzum: Es ist die Dropbox mit einem anderen Etikett – was mich nicht verwundert, denn ich habe Dropbox immer für das perfekte Vorbild eines G-Drive gehalten.

Machen wir uns nichts vor: Cloud-Speicher ist eine feine Sache, wenn man wie ich mehrere Gigabyte beruflich bedingte und relevante Dateien hat, die man nicht verlieren möchte, wenn das Haus abbrennt – und die man mitunter auch gerne auf dem Smartphone herzeigt. Ich habe den Cloud-Speicher auch schätzen gelernt, weil ich immer wieder auf verschiedenen Computern arbeite. Statt tonnenweise Dateien mitzuschleppen und dadurch auch ständig Aktualitätskonflikte zu haben, verbinde ich den Rechner, vor dem ich sitze, einfach mit meiner Cloud.

Zählen wir mal durch: Bei der Dropbox habe ich mittlerweile 11 GB Speicher, bei meinen beiden Gmail-Accounts nochmal über 15. Zusammen mit Google Drive bin ich auf über 30 GB kostenloser Online-Speicher. Würde ich versuchen, bei meinem aktuellen Internet-Anschluss Daten in dieser Menge hochzuladen, würde das im Bestfall mehrere Tage dauern.

Nun stellt sich natürlich die Frage: Warum Google Drive, wenn ich doch alle relevanten Daten im üppigen und gut durchprogrammierten Dropbox-Account habe? Soll ich wechseln, nur weil Google drauf steht und meine G-Leiste nächste Woche einen Button mehr spendiert bekommt?

Tatsächlich würde ich mich über Google Drive freuen, WENN Google endlich mal ein paar Versprechen wahr macht. Das fängt schon bei der Usability an. Ich fände es angebracht, wenn das Web-Interface google-typisch spartanisch, aber “unter der Haube” funktionsmächtig wäre. Bitte keinen Schnickschnack, der die Performance killt und jede Übersicht mit dazu. Der Einfachheit halber wäre ein handelsüblicher Dateimanager wie der Explorer oder der Finder ein guter Ausgangspunkt.

Der Umstieg von der Dropbox (die ich dafür ja nicht ganz aufgeben werde) macht nur Sinn, wenn Google sein Drive konsequent mit den anderen angebotenen Diensten verzahnt. Das heißt für mich in erster Linie: ENDLICH eine Möglichkeit, große Anhänge aus 20.000 Emails kopieren und dann löschen zu können. Idealerweise würde das Drive anbieten, Anhänge aus Email einzeln oder en bloc zu übernehmen, wo sie nicht mehr an die entsprechenden Nachrichten gekoppelt sind. Dann könnte man sie mit den mächtigen Suchalgorithmen von Google prima sichten und sortieren – nach Größe, Dateiformat, Alter, etc.

Die Möglichkeit, als überflüssig empfundene lustige 20Mb-Katzenvideos von 2008 zu löschen, ohne die zugehörige Email der Freundin zu verlieren, wäre dann nur einen Knopfdruck entfernt – da Google aber kein Interesse hat, Dateien aus seinen Klauen zu lassen, sehe ich dieses Feature in absehbarer Zeit nicht.

Wenn man also die Chance hat, Multimedia-Dateien nicht nur hochzuladen, sondern auch automatisch und komfortabel von Gmail zu übernehmen, ist es nur ein kleiner Schritt bis zum in Google Drive integrierten Mediaplayer. Google Docs kann schließlich auch jede Menge Dateiformate öffnen – warum sollte ich für einen MP3-Clip die Googlesphäre verlassen müssen?! Bei GMX gibt es so ein Mediacenter schon lange. Dort kann man die Dateien sogar für Außenstehende verlinken. Im Idealfall hält Google Drive alles an Anhängen vor, was ich je mit Gmail empfangen habe – und kann es auch anzeigen, bzw. abspielen. Es wäre technisch kein Problem, Handy-Videos innerhalb des Google Drive zu schneiden und dann auf Knopfdruck bei YouTube einzustellen. Man könnte aus den MP3-Dateien, die sich in Mails angesammelt haben, Playlisten für Google Music erstellen.

Darüber hinaus könnte ich mir vorstellen, Google Drive sowieso zum nativen Speicherplatz ALLER Google-Anwendungen zu machen. Warum die Google Docs und Youtube-Videos nicht ebenfalls dort vorhalten? Es macht ja wenig Sinn, wenn ich eine Datei in Google Docs speichere, sie aber zur Verwaltung in Google Drive erst exportieren muss. Das würde zudem zu Versionsunsicherheit führen. Einen guten Ansatz hat Google dafür ja schon bei den Labels in Gmail gefunden: Dateien liegen einfach vor. Die entsprechenden Dienste greifen nicht auf eigenen Speicher zu, sondern nur auf verlinkte Inhalte. Das würde den User, so er es mitbekäme, vielleicht überfordern – für das System Google ist es aber ein Klacks.

Es wäre auch denkbar, Google Drive darüber hinaus als integrierten persönlichen Sammelplatz wie Evernote zu verwenden. Dazu müsste es stärker in Chrome integriert werden, den Browser von Google (aber das erwarte ich sowieso). Man sieht ein Foto, das einen interessiert, eine ganze Webseite, ein Video? Einfach per Klick ins Drive verschieben, wo es vor dem digitalen Radiergummi sicher ist. So baut man im Laufe der Zeit ein eigenes Archiv auf, das sich komfortabel durchstöbern lässt.

Mit großem Datenspeicher kommt im Einzelfall auch hoher Datenverkehr. Google sollte sich den Gefallen tun und keine frühzeitigen Bremsen einrichten. Bei Dropbox ist es mir mehrfach passiert, dass mein Zugriff eingeschränkt wurde, weil ich meinem Bruder eine Videodatei zeigen wollte, dessen Download-Manager aber kurzfristig einen sehr hohen Datenverkehr bei Dropbox vortäuschte. Ärgerlich.

Fazit: Google hat durch das Google Drive die Chance, Usern endgültig den Sprung in die Cloud zu ermöglichen. Email, Bildverwaltung, Videos, Office, Kalender, Karten, Social Media und dann auch noch üppig Speicherplatz – alles von einer Seite aus erreichbar, alles in einem homogenen Umfeld, ohne den Umweg über die Festplatte, das Betriebssystem, oder installierte Programme. Es muss nur transparent und clever verzahnt werden. Aus den Google-Diensten muss die “Google Suite” werden.

Sexy, WENN man Google nicht als unersättliche Datenkrake sieht, die den gläsernen Konsumenten zu erschaffen sucht…

NACHTRAG: So, Google Drive ist da, ich habe die entsprechenden Desktop-Programme auch schon installiert, obwohl mein Account noch nicht freigeschaltet wurde. Wie es aussieht, schaut sich Google Drive tatsächlich sehr viel von der Dropbox ab – fairer hätte ich es gefunden, wenn sie den Laden gleich gekauft hätten. Wie von mir erhofft setzt Google darauf, innerhalb des Drives so viele Dateiformate wie möglich direkt anzeigen zu können, erstaunlicherweise sogar Profiformate wie Photoshop. Leider sieht es noch so aus, dass Drive sich weniger mit Gmail, sondern eher mit Google Docs verzahnt – das aber in der Weise, wie ich es vorausgesagt habe. Es bleibt zu hoffen, dass die offene Struktur der Software bald Plugins erlaubt, die z.B. die komfortable Verwaltung von Gmail-Anhängen ermöglicht.



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INeedMoney
INeedMoney
18. April, 2012 09:06

Jop Sexy auf jeden Fall.
Das andere ‘Problem’ ind den Clouds seh darin, dass de doch ressourcenverschwenderisch arbeiten müssen. Irgendwo muss ein Datenträger 24/7 mit Strom versorgt werden. Bin aber nicht genug in der Materie um zu wissen wie kritisch das ist. (Je mehr Leute clouds nutzen desto massiver würde das Problem)
Ich nehm das ganze clouding als reine Businesslösung wahr, die für viele hip ist aber nur von 3% der User für das genutzt wird, wofür es entwickelt wurde.
Für deine Branche aber sicher nen Segen 🙂

S-Man
18. April, 2012 10:06

Puuh… Ein schwieriges Thema. Ich habe mir eben nochmal deinen alten Artikel inkl. der Kommentare durchgelesen.
Ich muss sagen, dass ich dich bewundere für deine Fähigkeit, deinen Standpunkt so darzulegen, dass sogar ich als HardCore-Datenschutz-Fanatiker ins Schwanken komme. Bei dir klingt das alles nach FriedeFreudePfirsichtorte. Ich möchte gerne glauben, dass dem auch so ist.

Zuerst: Ja, ich kann mir vorstellen, dass die Services top sind. Immerhin hat Google ja ein gesteigertes Interesse daran, dich als Kunden zu halten. Und Google wär nicht Google, wenn es nicht ständig eine Innovation (Neuerung, Idee, Versuch, etc.) raushaut. Dafür beneide ich auch diesen Konzern.

Aber: Es gibt und gab in den letzten Jahren genug Meldungen über Regierungen und Konzernen, die mal eben meine intimsten Geheimnisse (Krankendaten, Einkommen, Aufenthaltsorte, Bekanntschaften) erfahren wollten und ggf. an Dritte weiter geben wollten (Bsp.: SWIFT-Abkommen, Mitschneiden von Bewegungsdaten durch Telekommunikationsanbieter). Ständig hört man: Huch, da sind wieder zig-Tausend Datensätze verloren gegangen. Der permanente Aufbau von Datenbanken zum Schutze der Bevölkerung, die Einführungsversuche von Internetzensur. Die Versuche, ISPs dazu zu verpflichten, sensibelste Datenpakete (Webseiten, Emails) nach “Urheberrechtsverstößen” zu durchsuchen.

Es gibt erste dokumentierte Fälle, wo genau solche Sachen Auswirkungen haben: Einreiseverbot in die USA weil mal irgendwo ein falsches Buch bei Amazon bestellt wurde, zweifelhafte “Gefahr-in-Verzug”-Hausdurchsuchungen. In Großbritannien häufen sich die Kameras auf den Straßen und sie führten das Verschlüsselungsverbot ein. Wir sind vielleicht noch nicht in einem Überwachungsstaat. Aber durch viele EU-Versuche, aber auch auf Regierungsebene einzelner Länder (inkl. der BRD) kommen wir ein ums andere Mal dem Ganzen ein kleines Stückchen näher. Ist meine Meinung.

Was hat das mit Google zu tun? In der Tat kenne ich keinen einzigen belegten Fall, wo Google grob fragwürdig mit den Daten seiner Nutzer umgegangen ist (was nicht heißt, dass es keinen gibt!). Das halte ich denen auch definitiv zugute. Aber wer garantiert mir denn nicht dafür, dass sie irgendwann sagen: Ha, jetzt haben wir die Daten aller Menschen, jetzt können wir sie gegen sie einsetzen? Nennt mich paranoid, und ja, das bin ich. Aber was, wenn der Konzern irgendwann sagt: Gut, Schluss mit den kostenlosen Diensten. Wir haben was wir wollten, jetzt kommt die Rechnung. Und damit meine ich nicht unbedingt finanzielle Sachen. Keine Ahnung, was sich irgendein kranker Kopf, der vielleicht irgendwann Entscheidungsgewalt erhält, ausdenkt. Wäre nicht das erste Mal, dass so etwas klappt (Jaja, Godwin’s Law). Die Daten, die du nun Google anvertraust, werden dort nie wieder wegzukriegen sein. Keiner garantiert dir, dass du, wenn du auf “Löschen” klickst, nicht irgendwo ein BackUp-Server schlummert, der den Delete-Befehl nicht kennt.
Und selbst, wenn Google nicht “böse” wird/ist. Wer garantiert mir denn, dass nicht irgendwann son Anti-Terror-Alles-Muss-Zu-Eurer-Sicherheit-Überwacht-Werden-Typ kommt und per Gesetz beschließt, dass alle Daten an die jeweilige Regierung ausgehändigt werden soll?

Was passiert dann? Bestenfalls nichts. Bestenfalls wissen die entsprechenden Leute lediglich, wann du wo auf Klo warst, welche Krankheiten du hast/hattest, mit wem du wann und wo geschlafen hast und welche politische Gesinnung du hast. Im schlimmsten Fall ziehen sie eine Verbindung zu dir über deine Kontakte zu irgendwelchen potentiellen Terroristen, finden irgendwo noch “Mein Kampf” bei dir auf der Platte (weil du es aus historischen Gründen lesen wolltest) und treten dir deine Tür ein mittels “Gefahr in Verzug”. Du landest irgendwo wegen Paragraph 129a StGB in einer dunklen Zelle. Und mit etwas Glück kommst du nach einigen Monaten frei, weil eine “Fehlentscheidung” vorlag und findest dein Leben in Scherben (Bsp: Andrej Holm).

Ja, ich bin paranoid. Aber die technischen und immer neuen rechtlichen Möglichkeiten schrecken mich davon ab, der “Cloud” zu vertrauen und meine Daten irgendwo bei jemanden zu lassen, den ich nicht kenne und wo ich genau Null Kontrolle drüber habe. Dazu kommt, dass ich als ITler auch nahe genug am Stoff stehe, um zumindest grob zu wissen, was technisch möglich ist, um an diese Daten ranzukommen.

Aber wie gesagt: Dies ist nur meine Meinung, und ein Stück weit auch meine Ängste. Aber wenn du dich wohl fühlst, dann umso besser 🙂 Ich wünsche dir (und uns), dass die WorstCase-Szenarien nicht eintreffen und du Recht behälst. Vielleicht werde ich eines Tages eines Besseren belehrt. Solange bleibe ich bei meinen doppelt verschlüsselten Festplatten und eigenen BackUp-Systemen.

Dennoch danke ich für den Einblick in die andere Denkweise. Angeregt zum Nachdenken hast du mich alle Mal 🙂

Gruß, S-Man

Nikolai
Nikolai
18. April, 2012 10:15

“Irgendwo muss ein Datenträger 24/7 mit Strom versorgt werden.”

Hast du schon einmal einen Serverpark gesehen?
Das sind teilweise sehr große Räume in denen schlichtweg ein Server neben dem anderen steht, 24/7 mit Strom versorgt wird und die Klmaanlage läuft auf Hochtouren.
Wofür die Server laufen, ob Cloud oder nicht, ist ganz egal.

Google hat 2011 in Singapur ein neues Rechenzentrum gebaut für schlappe 120 Millionen Dollar.
In USA stehen 6 Zentren und in Europa 2.

Ich glaube nicht, dass die Stromrechnung da noch irgendjemanden interessiert 😀

Torsten
18. April, 2012 10:45

Bei Online Speichern achte ich immer sehr auf eine clientseitige Verschlüsselung. Die Daten sollten also niemals unverschlüsselt den Computer des Anwenders verlassen.

Du schreibst, dass durch GDrive die Cloud endlich zum Endverbraucher bringen wird. Hier sehe ich aber ganz klar das Problem, dass ich keine verschlüsselten Daten in GDrive legen kann, wenn ich diese nachher mit Google Mail oder ähnlichem verbinden möchte.

Aber bisher sind sowieso alles nur Spekulationen. Warten wir ab, ob von Google irgendwann mehr kommt also nur Gerüchte.

Wortvogel
Wortvogel
18. April, 2012 10:51

@ Torsten: Ich halte verschlüsselte Daten nicht für notwendig. Ich habe mich vor einiger Zeit entschieden, den praktischen Komfort vor theoretische Sicherheitsbedenken zu setzen. Bisher bin ich damit ausgezeichnet gefahren. Das heißt natürlich nicht, dass man alle Bedenken fahren lassen sollte. Gottvertrauen ersetzt ja auch keinen Virenscanner.

Paddy-o
18. April, 2012 11:07

Zum Thema Verschlüsselung:
Das war doch lange Zeit ein großes Problem bei DropBox – da wurde ja so gut wie nix verschlüsselt – hat sich das zwischenzeitlich geändert?
Zum GAU kam es dann ja, als man sich durch einen Systemfehler zwischenzeitlich ohne Passwort auf fremde Accounts zugreifen konnte. Das war mir dann doch SEHR unheimlich.

@Torsten D.:
Muss ja niemand seine Platte doppelt verschlüsseln, wie S-Man, aber so Mindestanfroderungen clientseitige Verschlüsselung (zumindest bei der Übertragung, also SSL/https) laut Torsten (ohne D.) MUSS schon sein. Sonst liest jeder fröhlich deinen Kram mit (Facebook, Mails, Dropbox etc.) wenn du bei Starbucks im WLAN surfst…und kann ganz einfach deine Accounts übernehmen.

Michbech
Michbech
18. April, 2012 11:37

“Was hat das mit Google zu tun”

Das ganze hat absolut nix mit Google/Microsoft/Apple/sonstwer zu tun. Das sind alles Wirtschaftsunternehmen, und die wollen mit deinen Daten Geld verdienen. Diese Dienste sind ja (zumindest in der Basis-Version) hauptsächlich deshalb kostenlos, weil wir für Google/Facebook und Co. nicht die Kunden sind, sondern die Ware. Darüber muss man sich im Klaren sein wenn man diese Dienste benutzt. Darüber sollte man sich immer im Klaren sein, und sollte sich halt überlegen, welche Daten man diesen Firmen anvertraut und welche nicht. Brisante Daten lassen sich immer noch verschlüsseln. Wie viel Aufwand man dafür betreibt muss jeder für sich entscheiden. Ich für meinen Teil habe bei 90% meiner Daten überhaupt kein Problem, diese Google zu geben. Und die restlichen 10% würde ich NIE jemandem anvertrauen, noch nicht mal fürs Backup. Die mach ich lieber “klassisch” auf externen Datenträgern.

Doch ich denke, der Punkt auf den du hinaus willst ist eher: “Ha, jetzt haben wir die Daten aller Menschen, jetzt können wir sie gegen sie einsetzen?”

Dieser Punkt ist aber ein gesellschaftliches Problem und hat nix mit irgendwelchen Firmen zu tun. Unsere Regierungen bekommen zusehends Angst vor der eigenen Bevölkerung. Die Spielregeln haben sich durch durch die fortschreitende Vernetzung und die ständige Verfügbarkeit aller möglicher Informationen geändert. Was früher prima funktionert hat, wird zusehends unmöglich. Am Beispiel von ACTA konnte man sehen, das es eben nicht mehr so einfach möglich ist, im “Huckepack-Verfahren” Gesetzte durchzupeitschen, die vorher still und heimlich von irgendwelchen Lobbyverbänden in den Hinterzimmern verhandelt worden sind. Hier hat ja der selbe Mechanismus gegriffen, der auch im sog. “arabischen Frühling” beobachtet werden konnte. Die Menschen haben ihre Netzwerke benutzt, um gegen etwas Mobil zu machen. Im Fall von Ägypten war es die korrupte Regierung um den “ewigen Präsidenten”. Bei uns “nur” die Auflehnung gegen ein Gesetz das keiner will. Aber der Mechanismus dahinter war meiner Meinung nach der selbe.

Das schmeckt natürlich den alten Seilschaften gar nicht. Also braucht man Druckmittel gegen die Bevölkerung. Man muss Leute mundtot machen können (soweit, das “Störer” einfach aus dem Verkehr gezogen werden, sind wir zum Glück noch nicht). Das führt dann erstmal zu einem Überwachungsfetisch. Wer nix zu vergergen hat, braucht sich auch nicht um seine Daten sorgen (werden wir wohl bald wieder öfter hören vom Innenminister). Und alle anderen sind nach der Lesart halt Terroristen.

Klar, soweit ist es (noch?) nicht, aber ich denke die Tendenz ist sichtbar. Dieses Problem wird man aber nicht lösen, indem man Google/Microsoft oder “die Cloud” (was immer man auch darunter versteht) boykottiert. Vielmehr geht es darum, die BÜRGERRECHTE gegen die eigenen Regierungen/Parteien zu verteidigen. Selbst wenn ich nämlich “die Cloud” boykottiere, können die immer noch morgen mit nem Gesetz kommen, das alle Computer-Hersteller verpflichtet, einen Bundestrojaner vorzuinstallieren, Antivirenhersteller verbietet, diese zu erkennen und der Bevölkerung verbietet, diesen anderweitig zu löschen. Natürlich nur zum Schutz vor terroristen! 😉

Nikolai
Nikolai
18. April, 2012 12:26

“Doch ich denke, der Punkt auf den du hinaus willst ist eher: “Ha, jetzt haben wir die Daten aller Menschen, jetzt können wir sie gegen sie einsetzen?””

Ich glaube, genau das meint er nicht.
Aber das sollte er wohl besser selbst beantworten.

S-Man
18. April, 2012 12:49

Naja, ich denke, es ist nicht DER Punkt, aber doch einer. Michbech hat das sehr treffend formuliert: Es ist ein gesellschaftliches Problem, wenn ich Angst habe, dass Google mal eben alle Daten gegen die Verursacher wendet. Dagegen wird man nichts tun können. Es ist halt einfach so, dass ich in “der Gesellschaft” keinem Unbekannten blindlings vertraue.

Aber das Hauptproblem, und auch das hat er angesprochen, ist halt ein politisches. Ich habe schlicht Angst, dass irgendwann mal jemand kommt und sagt: “Hallo, liebes großes Google. Per Gesetz bist du jetzt der NSA unterstellt. Weil… Öhm… du bist zu groß… Oder so…”. Und dann ist es möglich, dass komische Vorgänge gestartet werden, die dann nicht mehr so weit von Orwell weg sind….

Gut, ich weiß jetzt nicht, ob mein Standpunkt dadurch klarer geworden ist. Ist halt ein verdammt komplexes Problem. Die einen sehen keine Probleme, die anderen zu viele (mit zu vielen futuristischen Konjunktiven). Der Weg durch die Mitte wird es sein.

Aber, um zum Thema zurück zu kommen, wie Torsten in seinen beiden Artikeln gut dargelegt hat: Die Mitte ist ineffizient. Entweder man ergibt sich solchen Konzernen ganz oder man hat am Ende vielleicht sogar mehr Mühe… Ich entscheide mich für die andere Seite. Aus Angst vor verklemmten, verbohrten, ängstlichen und korrupten Politikern und geldgeilen Konzernen.

AlphaOrange
AlphaOrange
18. April, 2012 13:32

Die Gefahr, dass Google irgendwann genug gesammelt hat und sich gegen seine Nutzer wendet, halte ich für ungefähr so plausibel wie die, dass sich in naher Zukunft die Roboter aufmachen, die Menschheit zu versklaven.
Warum sollte Google das tun? Bei einer Einzelperson kann das passieren, Menschen schließen halt manchmal kurz, vor allem, wenn sie sich betrogen fühlen und nehmen jeden Kollateralschaden dankbar mit. Aber bei einem Unternehmen kommt das doch der Zerstörung der gesamten Firmenexistenz gleich. Noch nicht einmal die ganzen hochgenommenen Filesharer etc. sind dadurch aufgefallen, all ihre Nutzer absichtlich noch schnell mit in den Abgrund zu reißen.
All diese Unternehmen leben vom Schutz ihrer Ware und die ist – wie oben schon richtig angemerkt, jeder einzelne Nutzer und seine Daten.

Da ist die Gefahr, dass Google irgendwann von äußeren Kräften gezwungen wird, seine Daten unter gewissen Voraussetzungen offenzulegen, viel realer.

Tyler
Tyler
18. April, 2012 20:29

Vor einigen Jahren wollte Steve Jobs Dropbox kaufen. Sie lehnten aber das Angebot von Apple ab und wollten unabhängig bleiben. Ich hoffe für sie das war kein Fehler. Die großen IT-Firmen können solche Dienst einfach quer subventionieren, aber ich würde es bevorzugen wenn solche “essentiellen” Dienste unabhängig bleiben.

Persönlich meide ich es mich von Internet-Diensten allzu abhängig zu machen. Google vertraue ich zwar datenschutzrechtlich, aber im Forum von hackernews.com gibts immer wieder Horrorstories von Leuten die ihren Zugriff bei Gmail verlieren, weil sie bei einem anderen Google Dienst irgendwelche Nutzungsbedingungen verletzt haben und alles miteinander verknüpft ist. Und das kriegt man auch nicht wieder hin! Weil Google keinen Kundensupport hat. Keinen schlechten Kundensupport, sondern einfach gar keinen. Zum Beispiel kann man vor Jahren eine sinnlose Kampagne für 20 Dollar in Adsense ausprobiert haben, den Account dort hat man inzwischen ganz vergessen, und heute läuft ein Crawler über die alten Daten und die Mustererkennung stuft einen als Spammer ein. Bam! Alle Dienste und Gmail gesperrt. Für immer. Weil es keinen Menschen gibt, dem man sein Leid schildern kann. Oder hier hat jemand seinen Gmail Account mit tausenden Kunden-Emails verloren, weil er leichtsinnig beim verknüpften Google+ Account als Geburtstag die Gründung seiner Firma eingegeben hat. Und Googles Nutzungsbedingung verlangt natürlich, dass man nicht minderjährig ist, sondern älter als 13 Jahre …
http://news.ycombinator.com/item?id=3217549

Das sind natürlich Einzelfälle und wahrscheinlich seltener als ein Lottogewinn, aber trotzdem krass potentiell höchst unangenehm. (Gäbe aber eine nette Sci-Fi Story ab: “Die Mühlen der Maschinenbürokratie” Plot Nummer 0815)

Ein anderes interessantes Nischen-Problem, was altmodische Desktop Programme nicht haben, ist der Zwangs-Update von Services: Die Autorin/Journalistin Kathrin Passig hat sich letzten Monat beschwert, dass sie ihre älteren Dokumente in Google Docs upgraden muss. Dabei verliert jedes Dokument aber leider seine Revision history:

https://plus.google.com/102711053819769437812/posts/DLi9Fo7DgrA

Tyler
Tyler
18. April, 2012 20:36

“Im Vertrauen darauf, dass Google ein vernünftiges Versionsmanagement hat und immer haben wird, habe ich aber nach dem Fertigstellen der meisten Texte meine unten dranhängende Materialsammlung gelöscht.”

Don’t trust.

Thor
Thor
19. April, 2012 02:23

Zum Thema Stromverbrauch gibts grade was ganz aktuelles.
Zitat:
“Würde man den Energieverbrauch sämtlicher Cloud-Rechenzentren der Welt aufsummieren, so würde sich laut der Studie dieses “Cloud-Land” hinter Japan und noch vor dem 800-Millionen-Einwohner-Land Indien an Platz 5 der Liste der weltgrößten Energieverbraucher einreihen.”

http://netzpolitik.org/2012/greenpeace-studie-die-cloud-als-funftgroster-energieverbraucher-der-welt/

noyse
noyse
25. April, 2012 12:27

@WV dafür haben die den emailspeicher angehoben auf aktuell 10GB

Wortvogel
Wortvogel
25. April, 2012 13:16

@ noyse: Ja, das ist lobenswert. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn ich die Anhänge in den Mails leichter ordnen, sortieren und löschen könnte. Es ist schlicht unverschämt, dass man ohne weitere Infos ein verschicktes Video kaum finden kann.