23
Okt 2008

“Hope” heißt Hoffnung (2): Set-Besuch

Themen: Film, TV & Presse |

buchkraussFünf Jahre habe ich insgesamt in das Projekt “Hope” investiert. Fünf Jahre, in denen ich keinen Moment gezweifelt habe. Es ist der Zweiteiler, an den ich ohne Angst meine gesamte weitere Karriere hänge. Wendepunkt, hoffentlich Höhepunkt, trotzdem auch Startpunkt.

Von der Entstehung werde ich beizeiten noch genauer berichten, schließlich ist bis zur Ausstrahlung noch mindestens ein halbes Jahr hin. Aber am 10.10. war ich bei den Dreharbeiten, und das wollte ich euch nicht vorenthalten.

“Hope” wird in München und im Umland gedreht, und zwar fast komplett an authentischen Schauplätzen. Es geht nur für sehr wenige Tage ins Studio, und das ist ungewöhnlich genug. Außendrehs und Locations sehen zwar toll und aufwändig aus, sind aber teurer, und schwer zu kontrollieren – immer wieder muss das komplette Team umziehen, und wenn das Wetter nicht mitspielt, verliert man neben einem Drehtag auch zigtausend Euro. Im Fall von “Hope” ging es aber nicht anders, denn kaum ein Handlungsort hat mehr als eine Handvoll Szenen (wenn man von Hopes Münchner Praxis mal absieht). Der Zweiteiler galoppiert schließlich durch über 50 Jahre, von London nach Leipzig, von Frankfurt nach München, vom Schwarzwald an die Front des Ersten Weltkriegs. Da lohnt es sich nicht, für zwei Minuten Sendezeit alles im Studio nachzubauen.

Einer der Bühnenbildner hat mir verraten, dass besonders Hopes Auto “Baby” Probleme bereitet hat, denn fahrtüchtige Vehikel Baujahr 1906 gibt es praktisch nicht mehr – und wenn, sind sie für kein Geld der Welt zu versichern. Also hat man Baby (eines der ersten Autos in München überhaupt) kurzerhand nachgebaut. Und es fährt sogar!

hopeset1Am Freitag, dem 10.10., wurde eine Sequenz gedreht, in der Hope und ihre Freundin Clara beim Versuch, in Leipzig Medizin zu studieren, konsequent torpediert und gedemütigt werden: Der Professor im Hörsaal nimmt sie nicht ernst, die ausschließlich männlichen Komilitonen reagieren anzüglich, und am Schluß werden die jungen Frauen sogar des Saales verwiesen, weil ihre bloße Anwesenheit “einen gesitteten Fortgang der Vorlesung unmöglich macht”.

Als ich diese Szene vor gut anderthalb Jahren erstmals schrieb, hatte ich einen dieser alten Hörsäle vor Augen, wie man sie in historischen Filmen gerne sieht – eine Art aufsteigende Arena mit Holzverschalung. Der Locationscout der Produktion fand aber in einem Krankenhaus der LMU ein noch schöneres Schmuckstück: Der ganze Saal war noch zeitgenössisch verkachelt! Und der Produzentin gelang es nach zähen Verhandlungen auch, eine Dreherlaubnis zu bekommen.

hopeset2Es gab nur ein Problem: Die Kopfseite des Saales, wo der Professor referieren sollte, war mit moderner Technik zugepflastert, und weder die modernen Lampen noch die elektrischen Geräte ließen sich so einfach verbergen. Man fand eine beeindruckend überzeugende Lösung: Es wurde eine Vorstellwand gebaut, die im Stil der restlichen Fliesung die modernen Teile des Saales verdeckte.

hopeset3Begeistert war ich auch von der Perfektion der restlichen Ausstattung: alte medizinische Schaubilder hatte man nach Vorbildern aus Leipzig rekonstruiert, und viele der im Saal versammelten Komparsen konnten mit beeindruckenden (angeklebten) Schnäuzern punkten.  Man lernt außerdem nie aus: Die Set-Fotografin hatte so eine Art schwarzen Schuhkarton um den Hals hängen, der eher nach laterna magica als nach moderner Spiegelreflex-Kamera aussah. Es stellt sich heraus, dass in der voluminösen Box die Kamera in Schaumstoff gebettet ist. Dadurch ist sie völlig lautlos, und es können Fotos gemacht werden, während die Filmkamera läuft.

hopeset4Es war schon fantastisch zu erleben, wie meine Dialoge bis auf das Komma genau auf Zelluloid gebannt wurden. Das habe ich in dieser Form bisher noch nicht erlebt. Regisseur Martin Enlen (“Tatort”, “Bella Block”) hat das Projekt beeindruckend souverän im Griff, und er war sich trotz der anstrengenden Dreharbeiten nicht zu schade, einmal mit dem lästigen Autor in die Kamera zu grienen.

Natürlich habe ich auch Heike Makatsch gesehen. Aber ich habe sie nicht angesprochen. Ein hilflos auf sie einstotternder Zeilenschinder KANN nicht gut für die Konzentration sein. Und Bilder habe ich von ihr auch nicht gemacht – sie hat nämlich ein Recht, die Freigabe abzulehnen. Und das wollte ich gar nicht erst riskieren. Sobald jedoch die ersten offiziellen Pressefotos genehmigt sind, werde ich sie euch natürlich zeigen.

Insgesamt bin ich vom Fortgang der Produktion begeistert, gleichzeitig aber auch beruhigt. Ich habe wahrlich genug Schindluder erlebt, der mit meinen Stoffen getrieben wurde, und in “Hope” setze ich (nomen est omen) große Hoffnungen. Der Set-Besuch hat mich erneut entflammt, und ich werde der Crew sicher noch einige Male auf die Nerven gehen. Und es wäre doch gelacht, wenn nicht noch irgendeine Requisite für mich abfällt, die ich als Erinnerungsstück mit nach Hause nehmen kann.

Hinterher war ich übrigens mit meiner guten Freundin D. noch im “Café Mozart” gleich um die Ecke. Dort herrscht Wiener Kaffeehaus-Atmosphäre, und es war mehr als bizarr, als ein halbes Dutzend Komparsen zur Drehpause dort einlief. Man fühlte sich tatsächlich sofort um 130 Jahre in die Vergangenheit versetzt – bis die Jungs ihre Handys rausholten…



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6 Kommentare
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comicfreak
comicfreak
23. Oktober, 2008 15:28

..schööön.

Aber jetzt hab ich Lust auf heiße Schokolade

zu-schauer-lich
23. Oktober, 2008 16:49

Technische Frage: lässt du dir set-besuche und dergleichen in die Verträge schreiben oder ist es reine Freundlichkeit, dass man Dich einläd?

jo
jo
23. Oktober, 2008 18:44

Die Set-Fotografin hatte so eine Art schwarzen Schuhkarton um den Hals hängen, der eher nach laterna magica als nach moderner Spiegelreflex-Kamera aussah.

Da sieht man mal, dass der Wortvogel keine scheuen Enten fotografiert ,) Sound blimps heißen die – meist ziemlich hässlichen – Kisten:

http://www.soundblimp.com/nikon.htm
http://www.penncamera.com/store/item.asp?ITEM_ID=6466&DEPARTMENT_ID=340
https://www.isarfoto.com/cms.php/de/0/Home/News/Im_Fokus/Lrmschutztaschen.html

Werden sonst vor allem in der Tierfotografie und Paparazzi verwendet …

Dieter
Dieter
23. Oktober, 2008 19:09

Wunderbar!

Hendy
24. Oktober, 2008 10:46

Hört sich ja klasse an, scheint wirklich eine sehr aufwändige Produktion zu sein – bin schon auf das Ergebnis, sowie natürlich weitere Hintergrundberichte, gespannt!

Wortvogel
Wortvogel
24. Oktober, 2008 14:40

@ zu-schauer-lich: Ich denke, man kann sich den Set-Besuch nur sehr beschraenkt vertraglich zusichern lassen. Es gibt Stars und Regsiseure, die fuehlen sich ohne den Autor im Ruecken wohler. Ich selber setze da lieber auf Freiwilligkeit.